Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Jänner 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in der Strafsache gegen Alice T***** wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB in dem zu AZ 39 U 134/17w des Bezirksgerichts Hernals und zu AZ 18 U 365/17z des Bezirksgerichts Linz geführten Kompetenzkonflikt nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß §
60 Abs 1 zweiter Satz
OGH-Geo. 2005 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Hauptverfahren ist vom Bezirksgericht Linz zu führen.
Text
Gründe:
Mit am 24. Oktober 2017 beim Bezirksgericht Hernals eingebrachtem Strafantrag vom 10. Oktober 2017 legte die Staatsanwaltschaft Wien Alice T***** zur Last, sie habe ihre im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber Nikola K***** von 1. Jänner 2014 bis 1. Oktober 2017 gröblich verletzt, und erachtete durch dieses Verhalten das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB verwirklicht (ON 11).
Das Bezirksgericht Hernals überwies die Sache wegen örtlicher Unzuständigkeit dem Bezirksgericht Linz (§ 38 erster Satz StPO; ON 1 S 3 verso). Dieses nahm gleichfalls seine örtliche Unzuständigkeit an und verfügte die Vorlage der Akten – verfehlt über das Oberlandesgericht (Oshidari, WK-StPO § 38 Rz 13; vgl den nur auf Delegierungen anzuwendenden § 590 Geo) – an den Obersten Gerichtshof.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 36 Abs 3 erster Satz StPO ist jenes Gericht für das Hauptverfahren zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde. Beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 StGB ist dies jener Ort, an dem der Unterhaltspflichtige die Unterhaltszahlung hätte leisten sollen, also in der Regel dessen Wohnsitz (RIS-Justiz RS0127231 [T2]). Da es sich bei diesem Vergehen um ein Dauerdelikt handelt (Markel in WK2 StGB § 198 Rz 64), ist somit bei Wohnsitzwechsel innerhalb des Tatzeitraums jeder Wohnsitz des Unterhaltspflichtigen Tatort (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 1). Aus § 37 Abs 2 StPO ergibt sich der Grundsatz der Anknüpfung an das frühere kriminelle Handeln, weshalb von mehreren Wohnsitzen innerhalb des Tatzeitraums der früheste den Ausschlag für die Zuständigkeit gibt (RIS-Justiz RS0126604, RS0127231 [T3]).
Da die Angeklagte nach der Aktenlage (ON 14) bis zum 18. März 2014 im Sprengel des Bezirksgerichts Linz polizeilich gemeldet war, ist insoweit – mangels gegenteiliger Hinweise (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 25 Rz 4) – von einem dort gelegenen (früheren) Tatort auszugehen.
Schlagworte
Strafrecht;Textnummer
E120663European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0140NS00091.17V.0110.000Im RIS seit
03.03.2018Zuletzt aktualisiert am
03.03.2018