Entscheidungsdatum
30.01.2018Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §4 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Königshofer über die Beschwerde des Herrn A. K. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat ..., vom 08.04.2017, Zl. VStV/917300362279/2017, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I.1. Die Landespolizeidirektion Wien erließ gegen den Beschwerdeführer ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:
„Sie sind am 09.03.2017 um 05.35 Uhr in Wien, V.-gasse, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl Sie und die Person(en) in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen haben.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von € 90,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 21 Stunden gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO
Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen: € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt. Der Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 100,00.“
2. In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Beschwerde bestreitet der Beschwerdeführer, ein anderes Fahrzeug beschädigt zu haben. Das zeige sich auch daran, dass sein Fahrzeug keine Schäden aufweise.
3. Das Verfahren stützt sich auf eine Anzeige des Herrn D. Kn. vom 09.03.2017. Dieser gab an, der Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... habe bei einem Ausparkvorgang sein Fahrzeug beschädigt (Kratzer vorne links an der Stoßstange).
In Beantwortung der Lenkererhebung vom 10.03.2017 wurde der Beschwerdeführer als Lenker des Fahrzeuges zur Tatzeit angegeben.
4. Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführer wurde der Anzeiger vom Verwaltungsgericht aufgefordert, Nachweise für den Eintritt eines Schadens (Schadensmeldung, Gutachten, Kostenvoranschlag, etc.) vorzulegen und mitzuteilen, ob der Schaden bereits repariert wurde. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.
5. Es wurde erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.
Voraussetzung für die in § 4 StVO 1960 normierte Anhalte- und Meldepflicht ist, dass es zu einem Verkehrsunfall (das ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis, das sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ereignet und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat) gekommen und das Verhalten des Beschuldigten am Unfallort damit in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist. Die Meldepflicht setzt somit als objektives Tatbildmerkmal den Eintritt wenigstens eines Sachschadens voraus.
Im Verwaltungsstrafverfahren hat die Behörde einem Beschuldigten die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nachzuweisen. Im gegenständlichen Fall war es dem Gericht mangels Mitwirkung des (angeblich) geschädigten Fahrlenkers nicht möglich festzustellen, ob der behauptete Sachschaden tatsächlich eingetreten ist.
Da somit das Vorliegen eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden nicht objektiviert werden konnte, war der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen.
II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzlichen Bestimmungen.
III. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Belehrung
Gegen diese Entscheidung besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung der Entscheidung durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und ist die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen. Für die Beschwerde bzw. die Revision ist eine Eingabegebühr von je EUR 240,-- beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel zu entrichten. Ein diesbezüglicher Beleg ist der Eingabe anzuschließen.
Ferner besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Der Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision bzw. Beschwerde nicht mehr zulässig ist. Wurde der Verzicht nicht von einem berufsmäßigen Parteienvertreter oder im Beisein eines solchen abgegeben, so kann er binnen drei Tagen schriftlich oder zur Niederschrift widerrufen werden.
Dr. Königshofer
Schlagworte
Ausparkvorgang; Fahrzeug; beschädigt; Geschädigter; Mitwirkung mangelhaft; EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.027.6891.2017Zuletzt aktualisiert am
02.03.2018