Entscheidungsdatum
09.02.2018Index
41/02 Passrecht FremdenrechtNorm
NAG §8 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Mandl über die Beschwerde des Herrn X. Y. (geb.: 1981, StA: Vereinigte Staaten), vertreten durch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 03.05.2017, Zl. MA35-9/2985077-03, mit welchem der Antrag vom 27.01.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG idgF iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG idgF abgewiesen wurde,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
II. Dem Beschwerdeführer wird ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 NAG für die Dauer von zwei Jahren erteilt.
III. Gemäß § 53b AVG in Verbindung mit § 76 Abs. 1 AVG sowie § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19.1.2018 zur GZ: VGW-KO-074/31/2018 mit 166,40 Euro bestimmten Barauslagen für den zur mündlichen Verhandlung am 16.1.2018 beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher auferlegt. Der Beschwerdeführer hat diese erwachsenen Barauslagen in Höhe von 166,40 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Kosten sind auf das Konto, Kontonummer: AT16 12000 00696 212 729, lautend auf MA 6, BA 40 zu entrichten.
IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 27.1.2017 ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Rot-Weiß-Rot Karte (§ 41/2/4) selbständige Schlüsselkraft“, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 3.5.2017 abgewiesen wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservices Wien vom 23.2.2017 und vom 28.4.2017 negativ ausgefallen seien, weshalb abzuweisen wäre.
Dagegen erhob der BF Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien und führte darin zusammengefasst aus, dass die AMS-Gutachten unschlüssig seien, die darauf fußende Entscheidung auf Rechtsirrtümern beruhe und aus der Erteilung des Aufenthaltstitels sehr wohl ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinn des § 24 AuslBG für Österreich resultieren würde, weshalb das AMS-Gutachten falsch sei.
Den Gutachten könne nicht entnommen werden, woraus das AMS seine Beurteilung ableite. Konkret habe das AMS nicht dargelegt, warum eine Investitionssumme von Euro 100.000 im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht ausreichen sollte und warum es nur die zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandenen Arbeitnehmer gewichte, nicht aber eine Zukunftsprognose vorgenommen habe. Nicht nachvollziehbar sei außerdem, warum das AMS auf den Transfer von Know-how und Technologie nicht eingehe. Gerade in diesem besonderen Fall, wo im Mittelpunkt der Betrachtung ein Terrorismus-Experte mit langjähriger Erfahrung und ein Technologie-Startup stünden, wäre eine Prüfung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens gemessen an gerade diesen Punkten jedenfalls geboten gewesen.
Der BF habe die von Judikatur und seit der Novelle auch in Zukunft gesetzlich geforderten Euro 100.000 nachweislich in sein österreichisches Unternehmen und somit in die österreichische Wirtschaft investiert. Damit liege ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital vor und ist durch die Niederlassung des BF und der damit verbundenen Eröffnung eines neuen Marktes ein positiver Impuls für die österreichische Wirtschaft zu erwarten.
Der BF habe selbst bereits Euro 98.246 in sein Unternehmen investiert und reiche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Investitionssumme von Euro 59.000 aus, um einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen bejahen zu können. Auch sei die Big Data Analyse auf dem Gebiet der Terrorabwehr ein neuer Markt. In ganz Europa gebe es keinen einzigen direkten Konkurrenten für das Produkt des Unternehmens des BF, der Alleingesellschafter und Geschäftsführer sei. Zwar gebe es in Österreich momentan ca. 40 Unternehmen, welche in diesem Bereich bzw. im Bereich der Datenbearbeitung tätig seien, jedoch gebe es in Österreich niemanden, der eine auch nur annähernd ähnliche Dienstleistung wie dieses Unternehmen anbiete. Das Unternehmen des BF wäre demnach nicht nur eines der ganz wenigen Datenanalyseunternehmen, sondern vor allem das einzige mit Spezialisierung auf Terrorabwehr bzw. der Vorhersage von Anschlägen und Anschlagswahrscheinlichkeiten. Durch die Kontakte des BF zu Organisationen wie E., NATO oder A. in Wien bestehe auch die realistische Chance dieses Geschäft in Österreich und Europa aufzubauen. Entsprechende Gespräche seien bereits im Gange und bestehe in Anbetracht der momentanen globalen Unsicherheit auch ein definitives Marktinteresse für die Dienstleistungen des BF. Die Umsatzerwartung für 2021 betrage Euro 26 Millionen bei einem Ertrag von knapp Euro 13,7 Millionen.
Im Businessplan des BF würden die angestrebten Euro 1,3 Millionen aus der ersten Investorenrunde für IT Infrastruktur, Personal und Raummiete angeführt. Eine solche Summe könne entgegen der Auffassung des AMS nicht als „keine Investitionen“ oder eine solche „in geringem Umfang“ bezeichnet werden.
Es gebe ein großes Interesse ausländischer Investoren in das Unternehmen des BF und somit in den österreichischen Standort zu investieren und werde auf die bereits getätigten Investitionen von Euro 150.000 einer singapurischen Investorin verwiesen. Auch werde über Investitionskapital eines luxemburgischen Investmentfonds verhandelt.
Zur Schaffung von Arbeitsplätzen werde auf den Businessplan verwiesen und würden die nächsten zwei Jahre mindestens 18 neue Personen angestellt und Arbeitsplätze geschaffen werden, wobei in den Bereichen Analyse und Programmierung eine Mehrfachbesetzung geplant sei. Die Branche des Unternehmens des BF habe ein enormes Wachstumspotenzial und keinen direkten Konkurrenten in Europa, wogleich es sich beim Unternehmen des BF um ein Startup handle, welches erst finanzielle Mittel benötige, um einen größeren Mitarbeiterstab etablieren zu können. Seit dem Zeitpunkt der Antragstellung würden bereits vier weitere Personen (freie Dienstnehmer) für dieses Unternehmen arbeiten. Auch sei die angestrebte Umsatzerwartung von Euro 16 Millionen im Jahr 2021 ohne Einstellung einer großen Anzahl an Mitarbeitern gar nicht zu erreichen.
Durch die Niederlassung des BF käme es sowohl zum Transfer von wesentlichem Know-how im Bereich Terrorismusabwehr als auch zur Einführung einer marktführenden Analyse-Software.
Der BF sei einer der weltweit führenden Experten zum Thema Terrorismus und Terrorabwehr insbesondere für die Bereiche Social Media und Internet. Er sei Gründer und Präsident der NGO „T.“, welche in über 30 Ländern Terrorismusforschung betreibe. Der BF publizierte regelmäßig in bekannten und facheinschlägigen Zeitschriften. Neben der federführenden Aufgabe bei T. arbeite der BF seit Jahren für große staatliche und private Organisationen und sei zum Beispiel acht Jahre für die A. in Wien tätig gewesen. Außerdem bestehe ein Trainervertrag mit E.. Der BF sei Leiter und Berater bei der ersten internen Diskussion über die Internetnutzung durch Terroristen im NATO Hauptquartier und Berater der OSZE gewesen. Der BF habe auch für das österreichische Bundesheer einen Vortrag zum Thema Terrorismusabwehr gehalten. Der BF sei ein ehemaliger Assistenzprofessor der University auf M. und würde durch die Niederlassung des BF ein mittelbarer und unmittelbarer Transfer von wesentlichem Know-how über Terrorismus und Big Data Analyse nach Österreich stattfinden.
Der BF habe ein weiteres an ihn gekoppeltes Unternehmen entwickelt („C.“). Hierbei handle es sich um eine hochkomplexe Analyseplattform, welche Daten sammle und auswerte, um den Kunden neben Zukunftsprognosen auch die Möglichkeit zu bieten, unmittelbar Informationen über aktuelle Geschehnisse zu erhalten. In Österreich existiere kein anderes Unternehmen und trage hier der BF als Experte wesentlich zu einer Ent- und Weiterentwicklung der Software bei.
Neben dem gesamtwirtschaftlichen sei auch ein sozialer Nutzen anzuführen, geplante Terroranschläge könnten früh erkannt und somit verhindert werden. Der BF bringe hierfür nicht nur die Technologie, sondern auch das entsprechende Know-how im Bereich der Terrorabwehr nach Österreich.
Das Unternehmen des BF sei eng mit dessen Gründer und Geschäftsführer verbunden, woraus sich ergebe, dass das Unternehmen in seinem momentanen Status zwingend am Wohnort des Antragstellers betrieben werden müsse. Mit der Nichterteilung der beantragten Karte wäre das Unternehmen gezwungen, aus Österreich auszuwandern.
Es werde sohin beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in der Sache selbst zu entscheiden und dem Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels stattzugeben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
In einer weiteren Stellungnahme samt Urkundenvorlage wurde ausgeführt, dass nunmehr eine Summe von Euro 1.549.965 als Neuinvestition sowie eine Summe von Euro 134.002,30 aufgrund der Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital der Gesellschaft, sohin insgesamt Euro 1.683.967,30 erreicht würden. Die genannte Summe wurde in weiterer Folge aufgeschlüsselt und wurde auf ein als Beilage angeschlossenes Konvolut verwiesen.
Am 16.1.2018 fand vor dem Verwaltungsgericht Wien die beantragte öffentliche mündliche Verhandlung statt, welche unter Zuziehung eines Dolmetsch für die englische Sprache folgenden Verlauf hatte:
Der BFV verwies auf das bisherige Vorbringen und führte weiter aus:
Es wurden weitere Investoren für das Unternehmen des BF gefunden (3 Business Angels und 3 Risikoinvestoren). Die W. ist eine Investitionsgesellschaft (Gründerfonds des Bundes), dessen Prüfung und strenge Kriterien dennoch zu einer staatlichen Investition für das Unternehmen des BF geführt haben. Verwiesen wird auf den Firmenbuchauszug.
Das derzeitige Investitionsvolumen liegt bei 2 Mio. Euro, wobei der Großteil für Mitarbeiter bzw. Personalkosten vorgesehen ist. Derzeit sind 11 Dienstnehmer in Vollzeit beschäftigt und bei der GKK angemeldet. Die Anmeldung kann nachgereicht werden. Weiters sind drei freie Dienstnehmer im Unternehmen beschäftigt, zwei davon in Österreich.
Auszugehen ist, dass sich die Mitarbeiteranzahl jährlich verdoppeln wird, da es sich um einen wachsenden Markt handelt. Es gab mediale Auftritte des BF und seines Unternehmens im TV (ORF, Arte). Weiters wird eine Presseaussendung des W. zum Unternehmen des BF vorgelegt (Beilage ./A).
Das Investitionskapital ist derzeit etwa zur Hälfte inländisch und zur Hälfte ausländisch. Der inländische Anteil soll sich mit fortschreitendem Wachstum vermindern und der ausländische Anteil sich erhöhen.
Ein Dienstnehmer im Unternehmen des BF ist Australier (F. K., geb. 1979), dem eine Rot-Weiß-Rot Karte ausgestellt wurde.
Das Gewerbe ist unverändert aufrecht, als gewerberechtlicher GF ist nach wie vor der BF tätig, die Arbeitnehmer werden kollektivvertraglich bzw. darüber entlohnt.
Abschließend werde hingewiesen, dass, wie bereits in der Beschwerde ausgeführt, die Nichtgewährung des beantragten Aufenthaltstitels die genannten Investitionen gefährden und beeinträchtigen würde und eine Abwanderung nach sich zöge.
Auf Befragen der Verhandlungsleiterin gab der BF an:
Ich war jahrelang in Österreich mit einem Aufenthaltstitel „Student“ aufhältig, ich habe Politikwissenschaften studiert, Doktoratsstudium. Es ist noch nicht beendet. In den USA habe ich einen Master in Internationalen Studien, das war 2005.
„Nonproliferation Studies“ (2005) meint die Verhinderung der Verbreitung des Einsatzes von chemischen und biologischen Waffen.
Ich bin seit dem Jahr 2005 in Österreich, ich habe bei internationalen Organisationen gearbeitet, z.B. bei der A. 8 Jahre lang und zwar von 2005 bis 2013. Mein Arbeitsvertrag wurde nach 5 Jahren zweimal verlängert. Danach hat das Arbeitsverhältnis geendet.
Auf Frage, wie es zu dieser Geschäftsidee und Entwicklung der Software etc. gekommen ist:
Ich habe als Präsident einer NGO (T.) europäische Regierungen bei der Terrorbekämpfung beraten und im Zuge dessen die Software entwickelt. Dies stand im Eindruck der Syrienkrise und des Anschlusses verschiedener Europäer an den IS. Diese Tätigkeit fand außerhalb der Arbeit für die A. statt.
Auf Frage, wieso in der globalen technischen Welt mit einer Software von Österreich aus das Unternehmen betrieben werden soll:
Österreich ist ein neutrales Land, die Sicherheit bei der Entwicklung der Software ist sehr wichtig, es gibt große Talente und Potenzial vor Ort. Ich habe mir auch noch London, Berlin und Niederlande angeschaut und mich schließlich für Österreich entschieden.
Auf Frage, ob und warum die ständige Anwesenheit des BF im Unternehmen in Österreich erforderlich ist:
Ich bin Geschäftsführer des Unternehmens, die Mitarbeiter arbeiten alle hier, das Unternehmen ist im Aufbau und wir wachsen. Auf Vorhalt, dass von drei freien Dienstnehmern zwei in Österreich arbeiten: Auch bei dem einen freien Dienstnehmer im Ausland ist die Kontrolle gegeben, er arbeitet in der Ukraine.
Das Unternehmen wurde im Jänner 2016 gegründet. Damals war ich Geschäftsführer und Gesellschafter. Heute hat die Gesellschaft acht Gesellschafter. Das Gewerbe ist Softwareentwicklung.
Zu den angegebenen 11 Vollzeitmitarbeitern kommen noch 3 in Teilzeit dazu.
Von meiner Seite wurden bisher EUR 100.000,-- in das Unternehmen investiert. Dieses Geld kommt von meinen Ersparnissen, ich habe bei der A. gut verdient und Geld gespart und auch die Pension der Vereinten Nationen erhalten. Ich kann dies durch Sparkontenauszüge nachweisen.
Auf Vorhalt der Beilage 3 und 4 zur Beschwerde:
Es wurde von mir das einbezahlt, was das Unternehmen gerade gebraucht hat.
Der BFV führt dazu aus, dass durch die Kapitalerhöhung im Oktober 2017 die Gesellschafter Kapital in die Gesellschaft einbezahlt haben, dies hat auch der BF getan. Insgesamt kommt es auf diesem Weg zu den genannten EUR 100.000,--.
Auf Vorhalt der Beschwerdeseite 7, dritter Absatz und der dort erstgenannten Arbeitnehmerbezeichnung:
Ein solcher Arbeitnehmer entwickelt, das was man direkt am Bildschirm sehen kann. Er muss eine Programmiersprache beherrschen. Er braucht einen Abschluss an der TU, die meisten haben das.
Zur zweitgenannten Arbeitnehmerbezeichnung:
Ein solcher Mitarbeiter hat mit künstlicher Intelligenz zu tun, er braucht ein Programmier-Grundwissen mit TU-Abschluss.
Zur drittgenannten Arbeitnehmerbezeichnung:
Ein solcher Mitarbeiter ist auch ein Programmierer mit einer eigenen Computersprache/Java, z.B. auch mit TU-Abschluss.
Auf Befragen des BFV gibt der BF an:
Es handelt sich hierbei um hochtechnische Tätigkeiten, die Mitarbeiter werden entsprechend entlohnt.
Der BFV korrigiert zum Schriftsatz vom 4.10.2017 zur Seitenangabe:
Anstatt der Seite 36 und 37 im Schriftsatz findet sich der entsprechende Passus in Punkt 3 (3.3. und 3.4.) zum Investment Agreement. Hingewiesen wird weiters, dass Partei dieses Vertrages die W. sind, welche sich in öffentlicher Hand befindet.
Auf Befragen der VHL gibt der BF weiters an:
Wir haben ein Büro mit 250 m² auf der M.-Straße mit einer Miete von EUR 3.400,-- monatlich gemietet. Wir sind seit Jänner 2018 dort. Es stehen sicher 14 PC dort, einige Server. Es gibt ein Besprechungszimmer und eine Küche. Alle Mitarbeiter arbeiten dort. Die Geräte wurden über mein eigenes Investment und das von anderen finanziert. Ein solcher leistungsstarker Computer kostet ca. EUR 1.500,-- bis EUR 3.000,--.
Das Unternehmen hat derzeit keine Schulden.
Auf Frage nach der Auftragslage des Unternehmens:
Die ersten 1 ½ Jahre wurde in Entwicklung und Aufbau investiert. Wir haben nun Kunden in Österreich und internationale Kunden.
Gefragt nach einem Kunden: Es gibt eine Absichtserklärung mit der Polizei in Dubai; 12 potentielle Kunden; wir rechnen mit einem Anstieg in den nächsten 3 bis 5 Monaten.
Auf Befragen des BFV gibt der BF weiters an:
Zu den 12 potentiellen Kunden zählen z.B. das Bundeskriminalamt, das BMI, Telekommunikationsunternehmen.
Gefragt nach der Besonderheit der Software: Sie ist neu und innovativ und speziell für die Probleme dieser Stellen geeignet.
Befragt nach den Problemen dieser Stellen: Die Milliarden an Daten (Big Data) werden von uns reduziert und auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten.
Auf Befragen der VHL gibt der BF weiters an:
Der Dienstnehmer We. ist nach wie vor beschäftigt und Gesellschafter.
Auf Vorhalt des Businessplanes Seite 4:
Wir überlegen noch wegen der Patentierung. Ein anderer Weg wäre es als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis weiterhin zu sichern. Es handelt sich hier um eine grundlegende strategische Entscheidung.
Ich wohne in einer Mietwohnung gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin und ihrem Kind, die monatliche Miete wird zur Hälfte zwischen uns geteilt. Ich bin krankenversichert.
Auf Befragen des BFV gibt der BF weiters an:
Meine Lebensgefährtin ist ebenso Amerikanerin und arbeitet in der A. in Wien.
Nach Durchsicht der Unterlagen zur Beschwerde:
Zur Beilage 3 und 4 gibt der BFV an, dass er noch Kontoauszüge zu den Monaten Mai 2017 bis dato vorlegen wird.
Zur Beilage 6: BF: Ich weiß nicht mehr, wozu dies vorgelegt wurde.
Zur Beilage 7: BF: Mit diesem Papier wurde den künftigen Gesellschaftern die Investition in das Investment erleichtert. Mittlerweile ist dieser luxemburgische Investor Gesellschafter der Gesellschaft und wird auf das Firmenbuch verwiesen.
Zur Beilage 8: BF: Auch dieses Papier ist mittlerweile umgesetzt worden.
Zur Beilage 10: BF: Das ist die Mitarbeiterliste zum damaligen Zeitpunkt. Die letzten zwei Genannten sind mittlerweile nicht mehr für das Unternehmen tätig, ansonsten ist das Personal gewachsen.
Zur Beilage 11: BF: Das ist ein Auszug von unserer Website vom Juni 2017, mittlerweile suchen wir weitere Mitarbeiter.
Zur Beilage 12: BF: Ist nicht bedeutend.
Zur Beilage 13: BF: Lebenslauf
Zur Beilage 14: BF: Es handelt sich hier um eine Publikation für das österreichische Bundesheer, eine Jahresvorschau 2015, ich nehme an, ich habe es 2014 geschrieben. Es war auf der Internetseite des BM für Verteidigung veröffentlicht.
Außerdem bin ich der Herausgeber einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift, und zwar der meist gelesenen.
Zur Beilage 15: BF: Hier wird unsere Haupttechnologie beschrieben, es handelt sich hier um unsere Haupterfindung.
Zur Beilage 16: BF: Hier werden unsere technischen Fähigkeiten beschrieben.
Zur Beilage 17: BF: Hier werden Technologien von Mitarbeitern verglichen. Das Kreuz bei den Mitbewerbern heißt, dass dies nicht entsprechend ist.
Zur Beilage 18: BF: Das ist eine Beschreibung und Erklärung unserer Software bzw. eines unserer Produkte.
Zur Beilage 19: BF: Das ist eine Zusammenfassung und Darstellung eines Wettbewerbs. Ich und die anderen Angestellten haben dies geschrieben.
Zur Beilage 20: BF: Das Dokument ist nicht mehr aktuell. Dies hat schließlich zur Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital geführt.
Zur Beilage 21: BF: Die Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital findet sich darin und es wird auf die Schedule 3.2. verwiesen (Cu.).
Zur Beilage 22: BF: Die beiden Shareholders Agreement: Einmal Gesellschaftervertrag und einmal Gesellschaftsvertrag.
Der Sachverständige bringt dazu vor:
Nach dem Ergebnis der Vernehmung des BF (11 Vollzeit und 3 Teilzeitbeschäftigte, nunmehr 10 Gesellschafter) stellt sich für mich dennoch die Frage nach dem gesamtwirtschaftlichen Impuls. Wesentlich wäre der Nachweis von z.B. Vereinbarungen mit den vom BF genannten Kunden.
Der BFV gibt dazu an:
Verwiesen wird auf § 24 AuslBG. Die Beschäftigung von Mitarbeitern im Unternehmen ist gegeben, es sind ausländische Investoren nachweislich beteiligt, es wurde in Betriebsmittel investiert, das Unternehmen hat keine Schulden und ist daher das Risiko einer Insolvenz derzeit nicht gegeben und wird zuletzt auf das Potential des Unternehmens im Zusammenhang mit seinen Produkten verwiesen. Aus dieser Darstellung sei der gesamtwirtschaftliche Nutzen evident. Investitionskapital sowie Know-how ist bereits nach Österreich geflossen.
Dem BFV wurde aufgetragen, binnen zwei Wochen Nachweise zur ausgeführten Auftragslage vorzulegen (z.B. Vereinbarungen von Investitionen oder Referenzen). Unterlagen, welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten, werden von der Akteneinsicht ausgenommen und sicher verwahrt.
Weiters die Anmeldung der Dienstnehmer zur GKK Wien, die erwähnten Kontoauszüge sowie Nachweise zu den vom BF angeführten Ersparnissen, aus welchen er die Investitionen tätigte.
Förderkriterien des W. werden gegebenenfalls auch vorgelegt werden.
Ebenso wird binnen der angeführten Frist der Nachweis der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge für den BF nachgewiesen werden.
Von Seiten des BFV und des Sachverständigen werden keine weiteren Beweisanträge gestellt.
Binnen Frist erfolgte die Vorlage der angeführten Urkunden.
Zusätzlich wurde auf hg. Aufforderung beglaubigte Übersetzung des Passus 3.2 zum Investment Agreement samt Anhang, Bilanz 2016 und Kontoauszug per 30.1.2018 vorgelegt.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Aufgrund des Aktes der belangten Behörde, der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Urkunden und dem Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Der BF ist am … 1981 geboren und Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Reisepass des BF hat eine Gültigkeit bis 26.5.2022.
Die K. GmbH (FN ...) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 4.1.2016 errichtet und am 16.1.2016 in das Firmenbuch eingetragen. Geschäftsführer und Gesellschafter ist der BF.
Die Gesellschaft hat laut Firmenbuchauszug zehn Gesellschafter. Neben dem BF als Geschäftsführer und Gesellschafter sind dies der im Verfahren vertretende Rechtsanwalt Mag. St. mit einer Stammeinlage von Euro 1671, V. mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 6580, We. mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 6606, Cu. mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 3250, S. mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 7116, W. KG mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 5693, W. GmbH mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 776, P. KG mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 4529 und H. mit einer Stammeinlage in Höhe von Euro 2660. Somit ist ein Stammkapital in Höhe von Euro 57.558 im Firmenbuch ausgewiesen.
Im behördlichen Verfahren wurden gutachterliche Stellungnahmen des Arbeitsmarktservice Wien vom 23.2.2017 und vom 28.4.2017 eingeholt und dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt.
In der gutachterlichen Stellungnahme vom 23.2.2017 wird vom AMS Wien zusammengefasst ausgeführt, dass aus der beantragten Tätigkeit kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinne des § 24 AuslBG zu ersehen sei und ein solches als gegeben erachtet werde, wenn durch die Verrichtung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit entweder ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital oder die Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen erfolge. Aus dem Dienstleistungsangebot lasse sich kein Geldfluss vom Ausland in das Bundesgebiet erkennen. Die Beschäftigung eines Angestellten sowie zwei Mitarbeitern im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses begründe keine Schaffung von Arbeitsplätzen in einer für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen relevanten Dimension. Die Zusammenarbeit mit Freiberuflern bedinge keine Eingehung eines Arbeitsverhältnisses. Eine ökonomische Gesamtbedeutung liege bei den aufgezeigten Fakten nicht vor, weshalb der BF nicht als selbstständige Schlüsselkraft nach § 24 AuslBG zu qualifizieren sei.
In der gutachterlichen Stellungnahme vom 28.4.2017 wird zusammengefasst ausgeführt, dass auch aufgrund der vorgelegten Unterlagen ein Geldfluss vom Ausland in das Bundesgebiet nicht zu erkennen und ein diesbezüglicher Nachweis nicht erbracht worden sei. Zudem würden im Bereich der Softwareentwicklung naturgemäß keine Investitionen in Immobilien und nur in geringem Umfang in Maschinen und Anlagen (etwa für Server und Computer) getätigt werden. Die Beschäftigung von zwei Angestellten sowie zwei Mitarbeitern als Freiberufler begründe keine Schaffung von Arbeitsplätzen in einer gesamtwirtschaftlich relevanten Dimension. Auch werde durch die Ausübung des Gewerbes der Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik ein zusätzlicher positiver Impuls für die österreichische Wirtschaft nicht bewirkt. In dieser Branche würden zahlreiche Unternehmen ihre Dienstleistungen anbieten und sei daher eine Bereicherung der inländischen Wirtschaft nicht zu sehen.
Laut Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria hat die K. GmbH das Gewerbe mit dem Wortlaut „Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“ angemeldet. Der BF ist gewerberechtlicher Geschäftsführer.
Der BF hat Urkunden vorgelegt, wonach er einen Bachelor of Arts in History der Universität … vom 17.5.2003 und einen Master of Arts International Policy Studies und das Zertifkat in Nonproliferation Studies … vom 14.5.2005 habe.
Der BF hält sich seit dem Jahr 2005 in Österreich auf und hat bei der A. in Wien von 2005 bis 2013 gearbeitet. Der BF war mit Aufenthaltstitel Student aufhältig und hat Politikwissenschaften studiert, das Studium (Doktorat) ist nicht beendet.
Der BF ist Präsident einer NGO („T.“), publiziert in fachlich einschlägigen Medien und war bereits im Fernsehen.
Das Unternehmen des BF hat entgegen der Aussage des BF in der mündlichen Verhandlung laut Beschäftigtenstand der Wiener Gebietskrankenkasse vom 29.1.2018 nicht 11 Vollzeitmitarbeiter, sondern neun und einen geringfügig beschäftigten Angestellten. Sämtliche Dienstverhältnisse wurden laut dieser Aufstellung der Wiener Gebietskrankenkasse in der Zeit zwischen 21.4.2017 und 27.11.2017 geschlossen. Das Angestelltenverhältnis auf geringfügiger Basis wurde am 27.11.2017 laut der genannten Aufstellung geschlossen. Der Gesellschafter We. ist seit 1.5.2016 auch Angestellter des Unternehmens des BF.
Als Beilage zur Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid wurde eine Personalliste des Unternehmens beigelegt, welche einen damaligen Mitarbeiterstand von acht Mitarbeitern inklusive dem Geschäftsführer auswies. Die Hälfte der Mitarbeiter war nach dieser Liste freiberuflich beschäftigt.
Festzustellen ist daher, dass das Unternehmen des BF im Juni 2017 einen Mitarbeiterstand von acht Personen angegeben hat, wovon vier freiberuflich tätig waren und nunmehr laut Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse einen Mitarbeiterstand von neun Vollzeitbeschäftigten und einen geringfügig beschäftigten Angestellten hat. Die Zahl der Mitarbeiter, insbesonders der in Vollzeit Beschäftigten, hat sich demnach deutlich erhöht.
Zur geforderten Qualifikation der Mitarbeiter hat der BF in der mündlichen Verhandlung genaue Ausführungen gemacht und dargelegt, welche Anforderungen für diese Stellen erfüllt sein müssen. Auf der Homepage der K. GmbH finden sich nach hg. Recherche des Weiteren auch Stellenangebote für technisch einschlägige Stellen, was eine Erweiterung der Geschäftstätigkeit nahe legt und auch durch die Anfragen von Interessenten am Produkt des Unternehmens bekräftigt wird (Beilage./23, sie weiter unten).
Laut Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, vom 30.1.2018 besteht entgegen des in der mündlichen Verhandlung geäußerten Verdachtes des Sachverständigen des AMS Wien auf dem Beitragskonto des BF zurzeit kein Rückstand.
Der BF hat laut Überweisungsbeleg der Bank Austria am 6.10.2016 Abfindung/Pensionszahlung der Vereinten Nationen in Höhe von Euro 62.054,11 erhalten.
Aus einem Schreiben einer Investmentmanagerin der W. GmbH in Wien vom 29.1.2018 ergibt sich, dass diese Gesellschaft am Unternehmen des BF seit 2017 beteiligt ist, diese Investition getätigt wurde, weil das Unternehmen des BF unter anderem die Investitionsrisiken und dem Investmentfokus entsprochen hat und umfangreiche Due Diligence Prüfungen von externen Beratern durchgeführt wurden, das Unternehmen des BF als eines mit hohem Wachstumspotenzial angesehen wird und nach Ansicht dieser Managerin der BF als Geschäftsführer und Gründer des Unternehmens die wichtigste Rolle für den Erfolg des Unternehmens spiele und somit ein Wohnsitz in Österreich unerlässlich sei.
Der BF hat durch Vorlage von elektronischem Schriftverkehr Interessenten und potentielle Vertragspartner bescheinigt. Es handelt sich hierbei sowohl um private Personen und Unternehmen als auch um staatliche Stellen. Eine genauere Bezeichnung ist dem Akt in Beilage ./23 zu entnehmen und erfolgt eine Nennung dieser Stellen in Hinblick auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Unternehmens an dieser Stelle nicht.
Der BF hat die Steuererklärung für das Jahr 2011 zu seinem Einkommen bei den Vereinten Nationen vorgelegt, aus welchem sich ein solches in Höhe von Dollar 101.321 ergibt.
Aus dem vorgelegten Kontoauszug zum Konto mit der Nummer AT … ergeben sich für den Zeitraum August und September 2017 insbesonders die dem Firmenbuch korrespondierenden Stammeinlagen der Gesellschafter. Im Oktober 2017 wurden sodann laut diesem Kontoauszug von fünf Gesellschaftern Einzahlungen auf das Konto der Gesellschaft des BF vorgenommen, welche sich zwischen Euro 719 und Euro 271.424,57 bewegen und der im Verfahren angesprochenen Kapitalerhöhung durch die Gesellschafter und den BF korrespondieren.
Aus dem Kontoauszug für das Konto mit der Nummer AT … ergibt sich die am 20.7.2017 vom BF vorgenommene „Einzahlung Stammkapital“ in Höhe von Euro 15.510 sowie am 1.6.2017 das Darlehen bzw. die Zahlung des BF an die Gesellschaft in Höhe von Euro 4000, am 2., 16., 30.11.2016 in Höhe von zwei Mal Euro 5000 und einmal von Euro 3000, am 3.10.2016 (Euro 1767,23), am 14.10.2016 (Euro 3135,28), am 18.10.2016 (Euro 5000), am 19.10.2016 (Euro 10.000), am 29.9.2016 (Euro 2500), am 28.9.2016 (Euro 1764,95), am 1.9.2016 (Euro 4003,44) usw. (Beilage./31).
Festzustellen ist, dass der BF im Jahr 2016 immer wieder Zahlungen in unterschiedlicher Höhe an das Unternehmen geleistet hat. Der BF hat Ersparnisse von früheren Einkommen. Der BF hat Pensionszahlungen bzw. eine Abfindung von den Vereinten Nationen erhalten. Aus den oben dazu genannten Beträgen aus diesen Quellen erscheint eine Finanzierung der Gesellschaft durch den BF in einer Höhe von insgesamt ca. Euro 100.000 plausibel. Dass das aus unselbständiger Erwerbstätigkeit bei einer Organisation der Vereinten Nationen in Wien stammende Einkommen sowie Pensions- und Abfindungszahlungen an den BF als Drittstaatsangehörigen als Investitionskapital zu werten ist, das nach Österreich transferiert werden kann, kann aufgrund der Einkommenssteuererklärung des BF für das Jahr 2011 in den USA festgestellt werden.
Mittels in beglaubigter Übersetzung des Investment Agreement (Beilage./21) (Punkt 3.2. und 3.3) vorgelegten Urkunden samt Bilanz für das Jahr 2016 konnte die Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital nachvollzogen werden.
Ein Kapitaltransfer ins Bundesgebiet hat nach dem Firmenbuchstand durch den Investor Cu. in Singapur, S. in Luxemburg und H. in Berlin stattgefunden, wobei die beiden zuletzt genannten Länder keine Drittstaaten im Sinn des NAG sind.
Dass der W. KG und W. GmbH sich an der Gesellschaft des BF als Gesellschafter und mit Investitionen beteiligt hat, dies nach Durchlaufen eines Prüfprozesses erfolgt ist etc., kann gegenständlich dahin gestellt bleiben, da es sich hierbei nicht um einen Kapitaltransfer im Sinn des § 24 AuslBG handelt.
Der BF hat angegeben, im Büro in der M.-Straße Personal Computer und Büroausstattung zu haben. Diese Aussage erschien in Zusammenhang mit der nunmehr vorgelegten Mitarbeiteranzahl nachvollziehbar. Auch erscheint lebensnah, dass ein leistungsfähiger Rechner zwischen den vom BF angegebenen Euro 1500 bis 3000 kostet. Damit hat der BF Anschaffungen für den Standort des Unternehmens glaubhaft gemacht.
Der BF wohnt in Wien, in welcher Wohnung auch die (derzeit schwangere) Lebensgefährtin mit ihrem Kind lebt und welche auch Mieterin der Wohnung ist. Die monatliche Miete wird zur Hälfte geteilt. Die Lebensgefährtin ist bei der A. in Wien beschäftigt. Der BF ist bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft krankenversichert.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 8 Absatz 1 Z 1 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" zur befristeten Niederlassung und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die eine schriftliche Mitteilung oder ein Gutachten gemäß §§ 20d Absatz 1 Z 1 bis 4 oder 24 AuslBG erstellt wurde.
Gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG kann Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 AuslBG vorliegt.
Gemäß § 41 Absatz 4 NAG ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen, wenn das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung im Fall des § 24 AuslBG negativ ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 AuslBG werden AusländerInnen als selbstständige Schlüsselkräfte zugelassen, wenn ihre beabsichtigte Erwerbstätigkeit insbesondere hinsichtlich des damit verbundenen Transfers von Investitionskapital in der Höhe von mindestens Euro 100.000 oder der Schaffung von neuen oder Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen von gesamtwirtschaftlichen Nutzen ist oder zumindest eine Bedeutung für eine Region hat.
Gemäß § 24 Abs. 3 hat die nach dem beabsichtigten Betriebssitz zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice binnen drei Wochen das im aufenthaltsrechtlichen Zulassungsverfahren gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen nach Abs. 1 oder Abs. 2 unter Anhörung des Landesdirektoriums zu erstellen.
Die Behörde stützt die Abweisung des Antrages des BF auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitel auf den Umstand, dass die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien negative Gutachten erstellt habe.
Zu den grundsätzlichen Erfordernissen eines Gutachtens judiziert der Verwaltungsgerichtshof in stRspr, dass ein solches einen Befund und das eigentliche Gutachten ieS enthalten muss. Der Befund ist die vom Sachverständigen – wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten ieS. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (vgl. VwGH 17.2.2004, 2002/06/0151). Das Verwaltungsgericht hat weiters im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen, und ist daher gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinanderzusetzen und es entsprechend zu würdigen, zumal an die Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auch insofern dieselben Anforderungen zum Tragen kommen wie bezüglich verwaltungsbehördlicher Entscheidungen nach dem AVG (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0045 ua).
Das im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren eingeholte Gutachten des Arbeitsmarktservices Wien vom 23.2.2017, ergänzt durch die gutachterliche Stellungnahme vom 28.4.2017, kommt zum Schluss, dass der BF nicht als selbständige Schlüsselkraft im Sinne des § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes anzusehen ist. Nach umfassender Verfahrensergänzung im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren – so wurden etwa eine mündliche Verhandlung zur Sache durchgeführt und Unterlagen nachgefordert – hielt der Amtssachverständige des Arbeitsmarktservices Wien seine gutachterlichen Stellungnahmen aufrecht und stellte abschließend die belegbare Nachfrage nach dieser Dienstleistung in Frage. Diese Nachfrage wurde vom BF durch Anfragen von Interessenten und an Interessenten und potentielle Vertragspartner im Verfahren glaubhaft gemacht.
Zum Verfahren betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41 Absatz 1 Z 4 NAG judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass zwar § 41 Abs. 3 Satz zwei NAG (nunmehr § 41 Abs. 4 letzter Satz NAG) im Zusammenhang mit der Erteilung von Niederlassungsbewilligung ausspricht, dass der Antrag ohne weiteres abzuweisen ist, wenn das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft (§ 24 AuslBG) negativ ist. Dies bedeutet aber – bei verfassungskonformer Interpretation – nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann bzw. dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die im § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. VwGH 23.9.2010, 2008/21/0618 ua).
Der Verwaltungsgerichtshof sprach im gegebenen Zusammenhang aus, dass sich aus § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergibt, dass für die Beurteilung, ob eine - beabsichtigte - selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, dass ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist. Dieser Impuls muss jedenfalls durch die selbständige Tätigkeit des Fremden bewirkt werden. Dies bedeutet, dass die unternehmerischen Entscheidungen, die den zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen, vom Fremden selbst getroffen werden müssen (vgl. VwGH, 18. Mai 2006, Zl. 2005/18/0525, VwGH, 14. Dezember 2006, Zl. 2003/18/0258; VwGH, 16. Jänner 2007, Zl. 2005/18/0190 sowie zuletzt etwa VwGH, 6. August 2009, Zl. 2008/22/0382).
In diesem Zusammenhang judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung weiters, dass die Zahlung der Stammeinlage grundsätzlich keinen Transfer von Investitionskapital iSd § 24 AuslBG darstellt (vgl. etwa VwGH, 5. Mai 2011, 2008/22/0309, VwGH, 22. Juli 2011, Zl. 2009/22/0354).
Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass der BF im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachweisen konnte, einen Betrag in der Höhe von Euro 50.044,87 der Gesellschaft als Darlehen zur Verfügung gestellt zu haben, welches Darlehen in Eigenkapital umgewandelt worden ist. Ein Betrag in der Höhe von Euro 18.677 diente laut Firmenbuch der Einzahlung der Stammeinlage und kann daher unter Beachtung der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als Investitionen im Sinne des § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetzes gewertet werden. Fest steht, dass der BF einen Betrag von ungefähr Euro 100.000 in K. GmbH investiert hat. Diese Mittel wurden durch den BF aus früheren Einkommen bzw. daraus resultierenden Ersparnissen auf das Konto der Gesellschaft des BF transferiert. Der BF hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dargelegt, dass bereits Anschaffungen von leistungsstarken Computern erfolgt sind, ein Büro gemietet wurde, sowie dass bereits Arbeitnehmer beschäftigt werden. Somit ist festzuhalten, dass den in den gutachterlichen Stellungnahmen des Arbeitsmarktservice Wien beschriebenen Bedingungen zur Qualifikation des BF als selbstständige Schlüsselkraft Genüge getan wurde.
Des Weiteren ist festzuhalten, dass das bezeichnete Gewerbe in Österreich und insbesondere in Wien evidenter Maßen durch einen Wettbewerb und eine mittlere Unternehmerdichte qualifiziert ist. Wie auch in den eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen des Arbeitsmarktservice Wien zum Ausdruck gebracht, sind in diesem Bereich bereits ausreichend Mitbewerber etabliert. Der BF hat im gesamten Verfahren betont, ein EDV-Spezialist mit Schwerpunkt Terrorismusbekämpfung und Big Data Analyse zu sein und so eine Nische abzudecken, welche zumindest seit der Syrien-Krise eine erhöhte Relevanz habe. Der BF hat durch die Ausbildung in den USA auf dem Gebiet der International Studies und Nonproliferation Studies einen fachlichen Schwerpunkt nachgewiesen, welcher im Zusammenhang mit der über acht Jahre erfolgten Tätigkeit bei der A. in Wien sowie Auftritten und Publikationen in Medien, facheinschlägig bekannten Zeitschriften, Herausgeber einer einschlägig wissenschaftlichen Fachzeitschrift und als Präsident einer NGO auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung, ein Profil ergibt, das sich von den herkömmlichen EDV-Dienstleitungen abzuheben im Stande ist. Der BF selbst hat Kapital in das Unternehmen in der Höhe von ca. Euro 100.000 transferiert, hat Gesellschafter und Investoren für das Unternehmen gewinnen können, woraus sich ein weiterer Kapitalzuwachs und -transfer ergibt. Eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung in Hinblick auf den Kapitaltransfer im Sinn des § 24 AuslBG ist daher nicht von der Hand zu weisen.
Die Beschäftigung von neun Arbeitnehmern, wobei nach den vorgelegten Unterlagen von Vollzeitbeschäftigungsverhältnissen auszugehen ist, stellt für sich genommen nach Ansicht des Gerichtes einen zusätzlichen Impuls für die österreichische Wirtschaft dar. Der BF hat durch Anfragen und Schriftverkehr mit Interessenten und potentiellen Vertragspartnern zumindest ein Interesse in der Wirtschaft und dem öffentlichen Sektor an den Produkten des Unternehmens dargelegt. Durch diesen Umstand zeigte der BF, dass das Unternehmen über Kontakte verfügt und in der Lage ist, weitere Kunden zu akquirieren, was wiederum mit einem zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften einhergehen würde. Der BF hat somit mit seinem Unternehmen zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen beigetragen und erfüllt damit die Voraussetzung des § 24 Abs. 1 AuslBG.
Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass ein zusätzlicher Impuls für die österreichische Wirtschaft durch die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitel an den BF zu erwarten ist, weil der BF bereits mit neun Mitarbeitern am Standort Wien tätig ist und damit eine Vermehrung bzw. Verdoppelung der Mitarbeiter in Vollzeit seit Juni 2017 festzustellen ist. Bereits getätigte sowie künftige Investitionen und Aufträge, welche sich im personalintensiven EDV-Bereich abspielen, können einen zu erwartenden zusätzlichen Bedarf an Arbeitskräften im bezeichneten Geschäftsfeld und einen positiven Impuls für die heimische Wirtschaft darstellen.
Ebenso scheinen die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels erfüllt. Der Anspruch auf eine ortsübliche Unterkunft wurde nachgewiesen, der BF ist sozialversichert und sind keine Erteilungshindernisse oder Versagungsgründe im Verfahren hervor getreten.
Da die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel gegenständlich erfüllt waren, war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Dauer der Gültigkeit des erteilten Aufenthaltstitels gründet auf § 41 Abs. 5 NAG.
Die Vorschreibung der Gebühren für den zur mündlichen Verhandlung beigezogenen Dolmetsch gründet auf die im Spruch genannte Gesetzesstelle.
H I N W E I S
Die Vorschreibung der Kosten für den beigezogenen nichtamtlichen Dolmetscher gründet sich auf die angeführten Gesetzesstellen. Die Kosten sind auf das Konto, Kontonummer: AT16 12000 00696 212 729, lautend auf MA 6, BA 40 zu entrichten.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Sachverständigengutachten, Beweismittel, freie Beweiswürdigung, Widerlegbarkeit, selbständige SchlüsselkraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.074.9199.2017Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018