TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/3 99/01/0138

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Veröffentlicht am 03.05.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §11 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des am 6. September 1995 geborenen A F, vertreten durch S F, beide in W, vertreten durch Mag. Dipl.-Ing. Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rainergasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Oktober 1998, Zl. 205.143/0-IV/29/98, betreffend Erstreckung von Asyl (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mutter des Beschwerdeführers stellte nach der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage mit Schreiben vom 3. Juli 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl und beantragte u.a. die "Ausdehnung des Verfahrens" auf den Beschwerdeführer.

Das Bundesasylamt wies den Asylerstreckungsantrag mit Bescheid vom 13. August 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG), ab. Begründend wurde ausgeführt, der Asylantrag der Mutter sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. Juli 1998 (gemeint wohl: 12. August 1998) gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden. Da somit zum Entscheidungszeitpunkt keine Asylgewährung an einen im § 10 Abs. 2 AsylG angeführten Angehörigen vorliege, sei der Asylerstreckungsantrag abzuweisen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der Asylantrag der Mutter sei zwar mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden, die Behörde habe jedoch mit demselben Bescheid gemäß § 8 AsylG von Amts wegen festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mutter in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht zulässig sei, und habe diese Entscheidung mit der Abweisung des Asylantrages verbunden. Der Beschwerdeführer sei Staatsbürger der Bundesrepublik Jugoslawien, gehöre der albanischen Volksgruppe im Kosovo an und habe zuletzt in einem Dorf gewohnt, welches von Panzereinheiten der Bundesarmee der Bundesrepublik Jugoslawien zur Gänze zerstört worden sei. In Anbetracht der ständigen Zunahme der Kampfhandlungen und Menschenrechtsverletzungen im Kosovo bestünden im Sinne des § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 Fremdengesetz stichhaltige Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Da hinsichtlich seiner Mutter eine entsprechende Feststellung getroffen worden sei, sprächen zudem auch Gründe der Familienzusammenführung dafür, die Abweisung des Asylerstreckungsantrages mit einer Feststellung gemäß § 8 AsylG zu verbinden. Abschließend stellte er den Antrag, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. August 1998 zur Gänze aufzuheben und bescheidmäßig festzustellen, dass seine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Fremdengesetz unzulässig sei.

Der unabhängige Bundesasylsenat wies die Berufung mit Bescheid vom 1. Oktober 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 AsylG ab. In der Begründung führte der unabhängige Bundesasylsenat aus, der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien und habe am 3. Juli 1998 durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag gemäß § 10 Abs. 1 AsylG auf Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyls gestellt. Das Bundesasylamt habe diesen Asylerstreckungsantrag mit Bescheid vom 13. August 1998 gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Asyl durch Erstreckung könne lediglich dann gewährt werden, wenn der diesbezügliche Antrag zulässig sei, einem der in § 10 Abs. 2 AsylG genannten Angehörigen des Asylwerbers auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt worden und die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 MRK mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich sei. Die Voraussetzungen für die Asylerstreckung seien im Falle des Beschwerdeführers nicht erfüllt. Der Asylantrag der Mutter sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. August 1998 gemäß § 7 AsylG rechtskräftig abgewiesen worden. Da der Mutter des Asylerstreckungswerbers sohin kein Asyl in Österreich gewährt worden sei, liege die gemäß § 10 Abs. 1 geforderte Voraussetzung, nämlich die einen Angehörigen im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG betreffende Asylgewährung, nicht vor, sodass dem Asylwerber folglich auch durch Erstreckung kein Asyl habe gewährt werden können. Dem Berufungsvorbringen betreffend die aktuelle Situation im Kosovo sei entgegenzuhalten, dass ein derartiges Vorbringen in einem Verfahren gemäß § 10 in Verbindung mit § 11 AsylG nicht berücksichtigt werden könne. Zum Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, dass eine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Fremdengesetz unzulässig sei, sei festzuhalten, dass bei Entscheidungen über eine Asylerstreckung eine Non-refoulement-Prüfung gesetzlich nicht vorgesehen sei. Die Fremdenbehörden hätten jedoch darauf Bedacht zu nehmen, dass die dem Beschwerdeführer aus Art. 8 MRK im Hinblick auf die rechtskräftige positive Entscheidung gemäß § 8 AsylG (Refoulement-Verbot) hinsichtlich seiner Mutter erfließenden Rechte gewahrt würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass der Asylantrag seiner Mutter im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits rechtskräftig abgewiesen war. Er erblickt jedoch eine Rechtswidrigkeit darin, dass der angefochtene Bescheid keine Feststellung darüber enthalte, ob der Asylantrag der Mutter als offensichtlich unbegründet oder aus anderen Gründen als unbegründet abgewiesen worden sei. Gemäß § 11 Abs. 2 AsylG gelte ein mit einem anderen Asylantrag der Sache nach verbundener Asylerstreckungsantrag als eigener Asylantrag, wenn der fremde Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, außer der Antragsteller verzichte nach Belehrung ausdrücklich darauf. Mangels gegenteiliger Feststellungen im angefochtenen Bescheid sei im Zweifel anzunehmen, dass der Asylantrag seiner Mutter als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden sei. Die belangte Behörde sei daher zu Unrecht nicht gemäß § 11 Abs. 2 AsylG vorgegangen.

Dieser Einwand ist nicht berechtigt. Zwar enthält der angefochtene Bescheid keine nähere Darstellung, warum der Asylantrag der Mutter abgewiesen wurde, dennoch ist ihm zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Abweisung nicht gemäß § 6 AsylG als offensichtlich unbegründet, sondern gemäß § 7 AsylG aus anderen Gründen erfolgte. Der behauptete Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hätte jedenfalls auch als eigener Asylantrag gewertet werden müssen. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zeigt dieses Vorbringen schon deshalb nicht auf, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufung vom 5. September 1998 wohl auf Kampfhandlungen und Menschenrechtsverletzungen im Kosovo hingewiesen hat, dies jedoch im Zusammenhang mit seinem Berufungsbegehren, bescheidmäßig festzustellen, dass seine Zurückschiebung oder Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Fremdengesetz unzulässig sei. Davon abgesehen steht ein allfälliger zusätzlich gestellter eigener Asylantrag einer die Asylerstreckung ablehnenden Entscheidung nicht entgegen.

Der angefochtene Bescheid ist aber auch nicht deshalb rechtswidrig, weil er keine Feststellung gemäß § 8 AsylG enthält. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 99/01/0219, ausgeführt hat, sieht § 8 AsylG eine Non-refoulement-Prüfung nur im Falle der Abweisung eines Asylantrages vor. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Begründung jenes Erkenntnisses, das im Übrigen eine Schwester des Beschwerdeführers betroffen hat, verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich schließlich auch nicht veranlasst, der Anregung des Beschwerdeführers zu folgen, ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Teile des § 11 AsylG zu beantragen. Zwar trifft es zu, dass im Falle einer Abweisung eines Asylantrages gemäß § 7 AsylG eine Umdeutung von Erstreckungsanträgen in (eigene) Asylanträge - anders als bei Zurückweisung als unzulässig oder bei Abweisung als offensichtlich unbegründet - in § 11 Abs. 2 AsylG nicht vorgesehen ist. Darin ist allerdings keine Benachteiligung solcher Erstreckungswerber zu erblicken. Während sich nämlich Erstreckungswerber im Falle der Zurückweisung oder der Abweisung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet sofort zu entscheiden haben, ob sie die Umdeutung des Erstreckungsantrages in einen eigenen Asylantrag akzeptieren sollen, was nur Erfolg verspricht, wenn sie umgehend eigene Asylgründe geltend machen können, oder ob sie auf die Umdeutung verzichten sollen, womit gemäß § 11 Abs. 2 AsylG eine Antragssperre für eigene Asylanträge verbunden ist, sind Erstreckungswerber wie der Beschwerdeführer in der Lage, parallel zu ihrem Erstreckungsverfahren jederzeit selbst Asylanträge zu stellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/01/0231).

Da somit weder die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorliegt noch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem Bescheid zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen bestehen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010138.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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