TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/1 LVwG-2018/25/0063-6

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Veröffentlicht am 01.02.2018
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Entscheidungsdatum

01.02.2018

Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LSD-BG 2016 §21 Abs3 Z3
LSD-BG 2016 §19 Abs3 Z11
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am **.**.****, wohnhaft Adresse 1, Z, vertreten durch die BB Unternehmensberatungs GmbH, Adresse 2, Y, vom 19.12.2017 gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin von X vom 22.11.2017, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 2 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird Herrn A folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:

„Sie sind handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit iSd § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C mit Sitz der Unternehmensleitung in W, Adresse 1, ohne Betriebssitz in Österreich.

In dieser Eigenschaft haben Sie es zu verantworten, dass die C als Arbeitgeberin einen Arbeitnehmer, und zwar

Herrn DD, geb. **.**.****,

am 02.06.2017 um ca. 09:00 Uhr (Datum der Kontrolle) zur Erbringung von Arbeitsleistungen, nämlich zur Durchführung von Fenstermontagearbeiten an der Fassade, von W grenzüberschreitend nach Österreich auf die Baustelle „V“, Adresse 3, X, entsandt hat, ohne dass seitens der Arbeitgeberin die behördliche Genehmigung der Beschäftigung dieses entsandten Arbeitnehmers im Sitzstaat des Arbeitgebers gemäß § 19 Abs. 3 Z 11 LSD-BG am Arbeitseinsatzort im Inland, nämlich auf der Baustelle „V“, Adresse 3, X, während des Entsendezeitraums bereitgehalten noch diese der Abgabenbehörde unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich gemacht wurde.

Sie, Herr AA, haben dadurch als nach außen zur Vertretung berufenes Organ C, welche Arbeitgeberin war, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

§ 26 Abs. 1 Z 3 iVm § 21 Abs. 1 Z 3 LSD-BG, BGBl. I Nr. 44/2016 iVm § 9 Abs. 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

1.000,00

36 Stunden

§ 26 Abs. 1 1. Strafsatz LSD-BG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen:

100,00

Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe / Kosten / Barauslagen) beträgt daher

1.100,00

Euro“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher seitens der Beschuldigtenvertreterin argumentiert wird, dass im Zuge der Kontrolle auf der Baustelle eine W-Aufenthaltskarte für den Arbeitnehmer DD vorgelegt worden sei. Diese Karte gelte als Bestätigung sowohl für den aufrechten Aufenthaltstitel, als auch für eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung in W. Die Bewilligung sei am 06.02.2017 von der Verwaltungseinheit Z in W ausgestellt worden und bis 05.01.2018 gültig. Somit sei die den Kontrollorgangen vorgelegte Aufenthaltskarte zum Kontrollzeitpunkt gültig gewesen. Es werde Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

II.      Sachverhalt:

Am 02.06.2016 fand um 09.00 Uhr auf der Baustelle „V“ in X, Adresse 3, eine finanzpolizeiliche Kontrolle nach dem LSD-BG und AuslBG statt. Dabei wurden acht Arbeitnehmer der Firma C bei Fenstermontagearbeiten angetroffen. Es bestand ein Entsendeverhältnis zwischen der Firma C als Auftragnehmerin und der E Metallbau GmbH als Auftraggeberin. Bis auf den Arbeitnehmer DD, der so wie die anderen kontrollierten Arbeitnehmer eine bosnische Staatsbürgerschaft besitzt, konnte für sämtliche Arbeitnehmer die schriftliche Ausfertigung der Beschäftigungserlaubnis in der Republik W vorgewiesen werden. Für DD wurde die Ausweiskarte seiner Einzelaufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung vorgewiesen, welche am 06.02.2017 von der Verwaltungseinheit in Z ausgestellt wurde und eine Gültigkeit bis 05.01.2018 besaß. Ob auf der Baustelle die schriftliche Ausfertigung der Beschäftigungserlaubnis von D tatsächlich vorhanden war oder nicht, kann nicht festgestellt werden. Sie wurde jedenfalls nicht gefunden und vorgezeigt. Mit Bescheid des Arbeitsamtes der Republik W vom 11.02.2015 wurde für den Arbeitnehmer DD, geboren **.**.**, Staatsangehöriger von U, als Monteur für Metallkonstruktionen die Beschäftigungserlaubnis bis 10.02.2018 in der Republik W erteilt. Aufgrund dieses Bescheides wurde für DD die oben beschriebene Ausweiskarte von der Behörde ausgestellt.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den einander nicht widersprechenden Angaben in der Anzeige der Finanzpolizei und des Beschuldigten.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren sind folgende Bestimmungen des Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetzes maßgeblich:

„4. Abschnitt

Formale Verpflichtungen bei grenzüberschreitendem Arbeitseinsatz

Meldepflicht bei Entsendung oder Überlassung aus einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft

§ 19

(…)

(3) Die Meldung nach Abs. 1 hat für jede Entsendung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden:

1. Name, Anschrift und Gewerbeberechtigung oder Unternehmensgegenstand des Arbeitgebers im Sinne des Abs. 1, Umsatzsteueridentifikationsnummer,

2. Name und Anschrift der zur Vertretung nach außen Berufenen des Arbeitgebers,

3. Name und Anschrift der Ansprechperson nach § 23 aus dem Kreis der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer oder der in Österreich niedergelassenen zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen (§ 21 Abs. 2 Z 4),

4. Name und Anschrift des (inländischen) Auftraggebers (Generalunternehmers),

5. die Namen, Anschriften, Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern und zuständigen Sozialversicherungsträger sowie die Staatsangehörigkeit der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer,

6. Zeitraum der Entsendung insgesamt sowie Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung der einzelnen Arbeitnehmer in Österreich, Dauer und Lage der vereinbarten Normalarbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer,

7. die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts und Beginn des Arbeitsverhältnisses beim Arbeitgeber,

8. Ort (genaue Anschrift) der Beschäftigung in Österreich (auch andere Einsatzorte in Österreich),

9. in den Fällen des § 21 Abs. 2 Angabe der Person (genaue Anschrift) oder der Zweigniederlassung (genaue Anschrift), bei der die Meldeunterlagen und Lohnunterlagen bereitgehalten werden,

10. die Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung des maßgeblichen österreichischen Kollektivvertrages,

11. sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung,

12. sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, jeweils die ausstellende Behörde sowie die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer oder eine Abschrift der Genehmigung.

(…)

Bereithaltung von Meldeunterlagen, Sozialversicherungsunterlagen und behördlicher Genehmigung

§ 21

(1) Arbeitgeber mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben folgende Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort im Inland während des Entsendezeitraums bereitzuhalten oder diese den Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich zu machen:

1. Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, oder Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit), sofern für den entsandten Arbeitnehmer in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht; kann der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Erhebung durch Nachweise in deutscher Sprache belegen, dass ihm die Erwirkung der Ausstellung dieser Dokumente durch den zuständigen Sozialversicherungsträger vor der Entsendung nicht möglich war, sind gleichwertige Unterlagen in deutscher Sprache (Antrag auf Ausstellung des Sozialversicherungsdokuments E 101 oder A 1, und Bestätigung des zuständigen Sozialversicherungsträgers, dass der Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung der ausländischen Sozialversicherung unterliegt) bereitzuhalten;

2. die Meldung gemäß § 19;

3. die behördliche Genehmigung der Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers gemäß § 19 Abs. 3 Z 11 oder Abs. 7 Z 8, sofern eine solche erforderlich ist.

Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Bei mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich sind die vorgenannten Unterlagen bereits ab Einreise in das Bundesgebiet im Fahrzeug bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Verpflichtung nach dieser Bestimmung als Arbeitgeber.

(…)“

V.       Erwägungen:

§ 21 Abs 1 Zif 3 LSD-BG verweist hinsichtlich der bereit zu haltenden behördlichen Beschäftigungsgenehmigung für den entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers auf § 19 Abs 3 Zif 11 leg cit. Diese Genehmigung muss die ausstellende Behörde, die Geschäftszahl, das Ausstellungsdatum und die Geltungsdauer enthalten.

All diese Merkmale erfüllt der von DD vorgewiesene Ausweis betreffend seine Einzelaufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung. Auch wenn die ausstellende Behörde und Geschäftszahl nicht mit der schriftlichen Ausfertigung vom 11.02.2015 ident sind und die Gültigkeitsdauer enger gehalten ist, als in diesem Bescheid, handelt es sich dabei um einen behördlichen Ausweis über das Vorliegen einer zur Tatzeit gültigen Beschäftigungsgenehmigung mit den in § 19 Abs 3 Zif 11 LSD-BG beschriebenen Merkmalen. Für die Kontrollorgane war damit unzweifelhaft erkennbar, dass für diesen Arbeitnehmer eine im Entsendestaat gültige Beschäftigungsgenehmigung vorliegt.

Im vorliegenden Fall unterscheiden sich die Rechtsauffassungen zwischen Finanzpolizei und Beschuldigtem in der Weise, dass die Finanzpolizei nur die schriftliche Ausfertigung der Beschäftigungsgenehmigung als behördliche Genehmigung im Sinn der § 21 Abs 1 Zif 3 iVm § 19 Abs 3 Zif 11 LSD-BG als solche behördliche Genehmigung betrachtet, der Beschuldigte jedoch genauso den amtlichen Ausweis über die Einzelaufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung.

Die erwähnten Gesetzesbestimmungen sprechen nur von einer behördlichen Genehmigung der Beschäftigung und beschreiben den Mindestinhalt, den diese Genehmigung enthalten muss. Im Ermittlungsverfahren hat sich ergeben, dass sowohl die schriftliche Ausfertigung, als auch die Ausweiskarte diese Kriterien erfüllen.

Wenn das Gesetz die Beschäftigungsgenehmigung nicht so konkret beschreibt, ob darunter nur der Genehmigungsbescheid selbst oder auch der behördliche Ausweis über die Beschäftigungsgenehmigung zu verstehen ist, darf diese Unklarheit im Strafverfahren nicht zu Lasten des Beschuldigten ausgelegt werde, weshalb die im konkreten Fall für DD vorgewiesene Einzelaufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung als vorschriftsgemäß anzusehen und der Beschwerde damit Folge zu geben war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Beschäftigungsgenehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.25.0063.6

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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