Entscheidungsdatum
05.02.2018Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
ZustG 2010 §17 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Lehne über die Beschwerde des AA, vertreten durch BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.10.2017, **** betreffend Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit einer Strafverfügung, Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend der Einspruchsfrist und betreffend der Zurückweisung eines Einspruches als verspätet,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Gegen den Beschwerdeführer wurde aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion Schwaz eine Strafverfügung vom 29.12.2016, **** wegen Übertretungen des § 4 Abs 1 lit a StVO und des § 4 Abs 5 StVO 1960 mit einem Gesamtbetrag von Euro 450,00 erlassen. Der erste Zustellversuch erfolgte am 12.01.2017, der Beginn der Abholfrist war am 12.01.2017. Der Inhalt der Sendung langte am 02.02.2017 bei der Bezirkshauptmannschaft Y ein. Es folgte sodann die Androhung der Exekution gegen den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24.02.2017, ****. Mit E-Mail vom 06.03.2017 ersuchte der Vertreter des Beschwerdeführers um die Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Bescheides und die Zustellung des Bescheides an ihn als Vertreter. Mit dem Schreiben der belangten Behörde vom 06.03.2017, ****, zugestellt am 09.03.2017 wies die belangte Behörde daraufhin, dass die Strafverfügung rechtswirksam am 12.01.2017 zugestellt worden wäre. Mit dem Tage der Hinterlegung gelte die Strafverfügung als zugstellt und sei somit am 27.01.2017 in Rechtskraft erwachsen. Zudem werde auf § 17 Abs 3 Zustellgesetz verwiesen. Mit dem E-Mail vom 16.03.2017 wies der Vertreter des Beschwerdeführers darauf hin, dass sich der Beschwerdeführer vom 12.01.2017 bis 25.01.2017 stationär an der psychiatrischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses W aufgehalten habe und legte dazu eine Bestätigung der Klinik vor. Sein Sohn habe bei der Rückkehr keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden. Mit dem Bescheid vom 30.03.2017 wies die Erstbehörde den Einspruch als verspätet zurück. Die E-Mail vom 06.04.2017 wurde dem bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers die Strafverfügung zu Kenntnis übermittelt. In dem Schreiben vom 11.04.2017 wies der Vertreter des Beschwerdeführers darauf hin, dass er nicht Einspruch erhoben habe, sondern nur die Aufhebung der Vollstreckbarkeit beantragt habe. Falls diesem Antrag nicht stattgegeben werde, werde der Antrag gestellt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung eines Einspruches zu bewilligen, da der Beschwerdeführer die Hinterlegungsanzeige offensichtlich übersehen habe, was als Wiedereinsetzungsgrund anzusehen wäre. Nach einem Ersuchen der belangten Behörde bestätigte der Briefträger, dass er den Brief an den Beschwerdeführer seinerzeit ordnungsgemäß in die Abgabeeinrichtung eingelegt habe. Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2017, **** wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung als verspätet zurück.
Da sie nicht vorher über den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit entschieden hatte behob das Landesverwaltungsgericht durch seinen Richter Mag. Spielmann diese Entscheidung, da zuerst über den Hauptantrag gewesen wäre. Nunmehr hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid,
1. den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit als unzulässig zurückgewiesen,
2. den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet zurückgewiesen und
3. den Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Mit der fristgerecht erhobenen Beschwerde hat der Vertreter des Beschwerdeführers die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde beantragt, da einerseits keine ordnungsgemäße Zustellung vorgelegen wäre und der Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtzeitig gewesen wäre. Insgesamt wäre damit auch die Verspätung des Einspruches rechtswidrig. Es wurde gleichzeitig ein Verhandlungsantrag gestellt.
In der hiergerichtlichen mündlichen Verhandlung vom Jänner 2018 galt der erstinstanzliche Akt als verlesen. Der Postbeamte wurde einvernommen und bekräftigte nochmals, dass er seinerzeit die Hinterlegungsanzeige ordnungsgemäß in den Schlitz des in Frage kommenden Briefkastens gelegt habe. Fehler könnten immer passieren, aber er könne sich an einen solchen Fehler nicht erinnern. Im Rahmen des Parteiengehörs hat die belangte Behörde die Bestätigung ihres angefochtenen Bescheides beantragt. Es spreche nichts für eine Fehlerhaftigkeit der Hinterlegung.
II. Sachverhaltsfeststellungen:
Nach der Einvernahme des Postbeamten und aufgrund der Übereinstimmung mit dem Rückschein wird davon ausgegangen, dass eine ordnungsgemäße Hinterlegungsanzeige am 12.01.2017 hinterlassen wurde. Der Beschwerdeführer war von 12.01.2017 bis 25.01.2017 stationär in einer Krankenanstalt untergebracht. Dadurch verlängerte sich die Einspruchsfrist bis zum 09.02.2017. Der Beschwerdeführer hat erst am 06.03.2017 per E-Mail Einspruch erhoben. Erst am 11.04.2017 hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Fall gestellt, dass die Aufhebung der Vollstreckbarkeit nicht erfolgreich wäre. Über die Möglichkeit des Wiedereinsetzungsantrages bzw die Notwendigkeit desselben hatte der Vertreter des Beschwerdeführers aber schon am 09.03.2017 durch die Zustellung des Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.03.2017, **** Kenntnis.
III. Beweiswürdigung:
An der Ordnungsgemäßheit der Zustellung gab es durch die Ausführungen des Postbeamten keine Zweifel. Die gesundheitsbedingte Abwesenheit des Beschwerdeführers ist nur vom 12.01. bis 25.01.2017 dokumentiert. Daher ist von einer Rückkehr innerhalb der Abholfrist auszugehen, womit die Abholfrist bis 09.02.2017 maximal verlängert wurde. Tatsächlich wurde der Einspruch erst am 06.03.2017 erhoben und war somit außerhalb der zweiwöchigen Frist.
IV. Rechtslage:
Nach § 49 Abs 2 VStG hat der Einspruch binnen zwei Wochen zu erfolgen. Er muss nicht begründet werden. Nach § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument wenigstens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam an den das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeitsbestätigung eines Rückstandsausweises über eine Strafverfügung oder ein Straferkenntnis dann erfolgen, wenn es zu einer Exekutionsführung beim zuständigen Bezirksgericht erfolgt. Vorher ist ein derartiger Antrag unzulässig. Der belangten Behörde ist zudem darin zu folgen, dass die Strafverfügung am 10.02.2017 in Rechtskraft erwachsen ist. Es wurde zu Recht auch von der Verspätung des Einspruches ausgegangen. Da der Vertreter des Beschwerdeführers am 09.03.2017 Kenntnis über die Möglichkeit der Verspätung des Einspruches hatte, wäre er verpflichtet gewesen, binnen zwei Wochen ab dem 09.03.2017 den Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Dieser Wiedereinsetzungsantrag wurde aber tatsächlich erst am 11.04.2017 gestellt. Der belangten Behörde ist auch darin zu folgen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zu spät ist. Da sich Wiedereinsetzungsantrag als verspätet erweist ist, ist auch die Zurückweisung des Einspruches als verspätet zur Recht erfolgt.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Von der Rechtsprechung des VwGH zur Zulässigkeit von Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeitsbestätigung (unter anderem Erkenntnis vom 28.6.2017, R0 2015/07/0016 oder vom 1.8.2017, Ro 2015/06/0006) wurde nicht abgegangen. Diese ist auch nicht als uneinheitlich anzusehen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Lehne
(Richter)
Schlagworte
Verspäteter Wiedereinsetzungsantrag; Erstattung von Einwendungen erst im Exekutionsverfahren möglich;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.16.2741.5Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018