Entscheidungsdatum
07.02.2018Index
86/01 Veterinärrecht allgemein;Norm
TierschutzG 2005 §6 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Vizepräsidenten Dr. Larcher über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Z, Adresse 1, vertreten durch RAe BB & CC, Z, Adresse 2, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.10.2017, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Tierschutzgesetz (TSchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 40,-- zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.10.2017, Zl ****, wurde dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt 1. zur Last gelegt, er habe am 17.06.2017 um ca 21:00 Uhr DD, geb. xx.xx.xxxx, wohnhaft in Adresse 3, dazu veranlasst, dass dieser mit seinem Jagdgewehr die beiden Hunde des Beschwerdeführers („M“, belgischer Schäferhund und „O“, deutsche Schäferhündin) im Zwinger auf der X-Alm in Z, Adresse 1, erschießen solle, obwohl das wissentliche Töten von Wirbeltieren nur durch einen Tierarzt erfolgen darf und keiner der Ausnahmetatbestände nach § 6 Abs 4 Z 1 bis 4 Tierschutzgesetz (TSchG) vorgelegen habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs 4 iVm § 38 Abs 1 Z 2 TschG iVm § 7 1. Fall VStG begangen, weshalb über ihn unter Zugrundelegung des § 38 Abs 1 Z 2 TSchG eine Geldstrafe von Euro 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) verhängt wurde. Der von ihm zu leistende Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG mit Euro 20,00 bestimmt.
Unter Spruchpunkt 2. des obgenannten Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Y wurde das Strafverfahren zum Tatvorwurf, der Beschwerdeführer habe am 17.06.2017 um ca 21:00 Uhr DD dazu veranlasst, dass dieser mit seinem Jagdgewehr die beiden Hunde des Beschwerdeführers („M“, belgischer Schäferhund und „O“, deutsche Schäferhündin) im Zwinger auf der X-Alm in Z, Adresse 1, ohne vernünftigen Grund getötet und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs 1 TSchG begangen zu haben, gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG 1991 eingestellt.
In der fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 15.11.2017 gegen Spruchpunkt 1. des beschwerdegegenständlichen Straferkenntnisses wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach mehrmaligem erfolglosem Versuch, die Tierärztin zu erreichen, den Jagdaufseher DD kontaktiert und um Hilfe gebeten. Nachdem es zu keiner Beruhigung der Tiere gekommen sei und diese weiterhin aggressiv im Zwinger getobt haben, sei für den Beschwerdeführer die Erschießung der Hunde die einzige Möglichkeit gewesen, um ihnen weitere Qualen zu ersparen. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Jagdaufseher DD seien zu der Auffassung gekommen, dass eine rasche Tötung der Tiere erforderlich sei, um den beiden Tieren die behebbaren Qualen zu ersparen und die Gefährdung von Personen oder Sachen hintanzuhalten.
Aufgrund dieser Beschwerde wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.
Am 13.07.2017 wurde vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Beschwerdeführer selbst und der Aufsichtsjäger DD sowie PI EE als Zeugen einvernommen wurden.
II. Sachverhalt:
AA, geb. xx.xx.xxxx, wohnhaft in Z, Adresse 1, war Halter der beiden Hunde „M“, belgischer Schäferhund (Chip-Nr. *****) und „O“, deutsche Schäferhündin (Chip-Nr. *****). Es bestand für beide Hunde ein bescheidmäßig auferlegter Maulkorbzwang.
Am 17.06.2017 kam es zu einem Angriff der beiden Hunde auf eine Wanderin. Der Beschwerdeführer unterhielt zum damaligen Zeitpunkt eine Almhütte mit Gastbetrieb. Für die Unterbringung der Hunde standen zum einen zwei Zwinger, welche eine Größe von jeweils 4x12 Meter aufweisen, zur Verfügung. Zum anderen war das gesamte Haus des Beschwerdeführers mit einem starken Maschendrahtzaun umzäunt. Die Hunde waren am besagten Tag während des Gastbetriebes jeweils im Zwinger untergebracht. Der Beschwerdeführer fütterte die Hunde am Abend des 17.06.2017 gegen 20:00 Uhr und ließ sie anschließend aus den Zwingern, nachdem er sich vergewisserte, dass sich keine Autos bzw Gäste in der Nähe der Almhütte befunden hatten. Anschließend ging der Beschwerdeführer mit beiden Hunden spazieren. Die beiden unangeleinten und ohne Maulkorb versehenen Hunde bemerkten plötzlich ein anwesendes Wanderpaar und gingen auf die Frau los. Es kam zu einer Bissverletzung am Unterarm der Frau, welche ihr der Hund „M“ zufügte. Der Beschwerdeführer holte die Hunde mit Befehl zurück und versperrte diese wieder. Wenn auch nicht zweifelsfrei feststellbar ist in welchem der Zwinger.
Nachdem die Verletzte erstversorgt war und die verständigte Rettung und Polizei abfuhr, ging der Beschwerdeführer zurück zu seinen Hunden und stellte fest, dass diese nach wie vor sehr aggressiv waren. Der Beschwerdeführer rief daraufhin die Tierärztin FF an, schilderte ihr den Vorfall und ersuchte um Einschläferung der Tiere. Die Tierärztin war jedoch aufgrund eines anderen Notfalls verhindert und konnte nicht kommen.
Der Beschwerdeführer kontaktierte daraufhin DD und bat ihn um Hilfe. DD war Berufsjäger und ist noch Aufsichtsjäger im Revier W. Er war dem Beschwerdeführer als erfahrener Jäger bekannt.
DD fuhr zum Beschwerdeführer und sah sich die Hunde vor Ort an. Er war der Meinung, dass die Hunde ein aggressives Verhalten aufwiesen und der Hundehalter AA mit der Situation überfordert war.
Es kann nicht festgestellt werden, dass durch das aggressive Verhalten und Toben im Zwinger Qualen bei den Hunden herbeigeführt wurden.
DD tötete die beiden Hunde des Beschwerdeführers jeweils mit einem gezielten Schuss in den Hinterkopf. In beiden Fällen führten die Schüsse zum sofortigen und schmerzlosem Tod der Hunde.
Aufgrund des Vorfalls am 17.06.2017 fuhr PI EE am folgenden Tag zum Beschwerdeführer um ihn über das Vorgehen bei Hundebissen und die damit zusammenhängenden Tollwutuntersuchungen zu informieren. Zu diesem Zeitpunkt fand er jedoch nur mehr die beiden Hundekadaver vor.
III. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Abschluss-Bericht der Polizeiinspektion Z vom 19.06.2017, Zl ****, dem Straferkenntnis der belangten Behörde vom 27.10.2017, Zl ****, der Niederschrift der Bezirkshauptmannschat Y über die Einvernahme des Beschwerdeführers vom 02.08.2017, Zl ****, der Beschwerde des Beschwerdeführers vom 15.11.2017, **** sowie den Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugenaussagen während der mündlichen Verhandlung.
Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer Halter der beiden Hunde „M“ und „O“ war. Ebenfalls außer Streit steht, dass die Hunde am 17.06.2017, nachdem sie zuvor eine Wanderin angegriffen und durch Biss in den Unterarm verletzt hatten, durch den Aufsichtsjäger DD mittels Schuss in den Kopf getötet wurden.
Bezüglich der Verwahrung der Hunde unmittelbar nach dem Angriff auf die Wanderin hat der Beschwerdeführer teilweise widersprechende Angaben gemacht. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 02.08.2017, Zl ****, gab der Beschwerdeführer an, dass die Hunde in den Zwinger gesperrt wurden. Ebenso ist sowohl in der Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 25.10.2017 als auch im Beschwerdeschriftsatz des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers vom 15.11.2017 ausgeführt, dass die Hunde nach dem Angriff im Zwinger verwahrt waren. Bei der Einvernahme des Beschwerdeführers während der mündlichen Verhandlung konkretisierte er auf Nachfrage der Tierschutzombudsperson seine Angaben dahingehend, dass er die Hunde nicht in den kleinen Zwinger (je Hund ein Zwinger in der Größe von 4x12 Meter) sondern in das umzäunte Grundstück versperrte. Im Abschluss-Bericht der Polizeiinspektion Z vom 19.06.2017, Zl ****, wird ausgeführt, dass sich die beiden Hunde bei Eintreffen der Beamten am Tatort um 20:55 Uhr in ihren Zwingern befunden haben. Das Gericht folgt den Angaben der amtshandelnden Beamten im Abschluss-Bericht der PI Z und konnte der Beschwerdeführer das Gericht in der Verhandlung von der Glaubwürdigkeit seiner diesbezüglichen Angaben nicht überzeugen.
Hinsichtlich der Feststellung, dass die beiden Hunde keine Qualen erlitten haben, muss zunächst der Begriff „Qual“ näher erläutert werden:
Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage definieren „Qualen“ als „eine gewisse Zeit andauernde erhebliche Beeinträchtigungen des betroffenen Tieres“ (vgl RV 446 BlgNR, 22. GP 14). Ähnlich definiert Duden „Qual“ als eine „länger andauernde, [nahezu] unerträgliche Empfindung des Leidens“ (siehe https://www.duden.de/rechtschreibung/Qual, Abfrage am 06.02.2018). Sie können aus Schmerzen oder Leiden, aus Hunger aber auch aus Angst resultieren (Herbrüggen/Randl/Raschauer/Wessely, Österreichisches Tierschutzrecht2, Kommentar zu § 8 Tierschutzgesetz, S 51). Der Sachverhalt hat wiedergegeben, dass die Hunde nicht von außen beeinträchtigt waren, bspw durch Zufügen von Schmerzen oder durch eine Verletzung im Rahmen eines Unfalls, sondern vielmehr sicher im Zwinger verwahrt waren und lediglich selbst ein aggressives Verhalten an den Tag legten. Aggressives Verhalten ist ein Gemütszustand, der höchstens insoweit zu einer Gefahr von Qualen führt als sich die Hunde in ihrem Rausch der Aggressivität selbst verletzen. Dazu gab es weder in den Aussagen der Beteiligten noch nach Einschätzung des Gerichts Anhaltspunkte.
Der Beweisantrag des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, die Tierärztin FF zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass der Beschwerdeführer sie am 17.06.2017 abends kontaktiert und um die Einschläferung seiner Hunde ersucht hat, diese allerdings keine Zeit gehabt habe, war abzuweisen. Das Gericht geht diesbezüglich von einer wahrheitsgemäßen Aussage des Beschwerdeführers aus und legt das Faktum, dass die Tierärztin vom Beschwerdeführer angerufen wurde, der rechtlichen Beurteilung zu Grunde und konnte daher von der Zeugenvernehmung abgesehen werden.
IV. Rechtslage:
Die hier relevanten Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (TSchG), BGBl I Nr 118/2004 idF BGBl I 114/2012 lauten wie folgt:
„Verbot der Tötung
§ 6.
(1) Es ist verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten.
(2) Es ist verboten, Hunde oder Katzen zur Gewinnung von Nahrung oder anderen Produkten zu töten.
(3) Die Tötung von Tieren zum Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung ist nur an wissenschaftlichen Einrichtungen und nur insoweit zulässig, als sie für den angestrebten Zweck unerlässlich ist und nicht durch alternative Methoden ersetzt werden kann.
(4) Unbeschadet der Verbote nach Abs. 1 und 2 darf das wissentliche Töten von Wirbeltieren nur durch Tierärzte erfolgen. Dies gilt nicht
1. für die fachgerechte Tötung von landwirtschaftlichen Nutztieren und von Futtertieren (§ 32),
2. für die fachgerechte Tötung von Tieren im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung gemäß Abs. 3,
3. für die fachgerechte Schädlingsbekämpfung,
4. in Fällen, in denen die rasche Tötung unbedingt erforderlich ist, um dem Tier nicht behebbare Qualen zu ersparen.
Strafbestimmungen
§ 38.
(1) Wer
1. einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt oder
2. ein Tier entgegen § 6 tötet oder
3. an einem Tier entgegen § 7 Eingriffe vornimmt oder
4. gegen § 8 verstößt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.
(2) In schweren Fällen der Tierquälerei ist eine Strafe von mindestens 2 000 Euro zu verhängen.
(3) Wer außer in den Fällen der Abs. 1 und 2 gegen §§ 5, 7, 8a, 9, 11 bis 32, 36 Abs. 2 oder 39 oder gegen auf diese Bestimmungen gegründete Verwaltungsakte verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 3 750 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 7 500 Euro zu bestrafen.
(4) Nach Maßgabe der Abs. 1 bis 3 ist auch zu bestrafen, wer es duldet, dass eine seiner Aufsicht oder Erziehung unterstehende nicht deliktsfähige Person diesem Bundesgesetz oder den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den in Bescheiden enthaltenen Anordnungen zuwiderhandelt, obwohl er die Tat hätte verhindern können.
(5) Der Versuch ist strafbar.
(6) Die Behörde hat bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3, sofern sie nicht nach § 21 Abs. 1a des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, vorgeht, ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung für das Wohlbefinden der gehaltenen Tiere unbedeutend sind. Die Behörde hat den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid zu ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Unter den in diesem Absatz angeführten Voraussetzungen können die Kontrollorgane gemäß § 35 von der Erstattung einer Anzeige, erforderlichenfalls nach Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch den Beanstandeten, absehen; sie haben den Täter in solchen Fällen in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam zu machen.
(7) Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn eine in Abs. 1 bis 3 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
(8) Abweichend von § 31 Abs. 2 erster Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach diesem Bundesgesetz ein Jahr.
Die hier relevanten Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 120/2016 lautet wie folgt:
„§ 6
Eine Tat ist nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.“
„Anstiftung und Beihilfe
§ 7
Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.“
V. Erwägungen:
Eingangs wird festgehalten, dass sich die Beschwerde lediglich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet und die belangte Behörde das Strafverfahren bezüglich des Tatvorwurfs der Tötung eines Tieres ohne Grund eingestellt hat. Es war daher zu prüfen, ob die Tötung der beiden Hunde durch den Aufsichtsjäger DD gegen § 6 TSchG verstößt bzw ob ein Ausnahmetatbestand erfüllt wird oder es zu einem Ausschluss des Verschuldens durch Notstand kommt.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 2 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu Euro 7500,--, im Wiederholungsfall bis zu Euro 15.000,-- zu bestrafen, wer ein Tier entgegen § 6 tötet. Gleiches gilt gemäß § 7 VStG für den Bestimmungstäter, wenn er vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung durch einen anderen veranlasst.
Nach § 6 Abs 4 TSchG darf das wissentliche Töten von Wirbeltieren nur durch Tierärzte erfolgen.
Die Tötung muss unter Zufügung der geringsten möglichen Belastung, möglichst rasch und schmerzlos unter Bedachtnahme auf den grundsätzlich geltenden Tierärztevorbehalt durchgeführt werden.
Wenngleich die Tötung durch den erfahrenen Aufsichtsjäger DD als möglichst rasch und schmerzlos anzusehen ist, war diese nach dem klaren gesetzlichen Wortlaut des § 6 Abs 4 TschG einem Tierarzt vorbehalten.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass die sofortige Tötung - noch am selben Abend –unbedingt erforderlich war, um den Hunden unbehebbare Qualen zu ersparen, so ist dem entgegenzuhalten, dass das Vorliegen von unbehebbaren Qualen aufgrund des aggressiven Verhaltens der Tiere verneint wird. Unter Qualen iSd § 6 Abs 4 Z 4 TSchG sind – wie in den Feststellungen dargetan – eine gewisse Zeit andauernde erhebliche Beeinträchtigungen des betroffenen Tieres zu verstehen. Das sind bspw schwere Verletzungen, welche dem Tier starke Schmerzen bereiten und keine Heilung mehr zulassen. Im gegenständlichen Sachverhalt deuten die Umstände nicht auf derartige Qualen hin.
Darüber hinaus verlangt der Ausnahmetatbestand des § 6 Abs 4 Z 4 TSchG die Erfüllung des Tatbestandes „nicht behebbare“ Qualen, was das Vorliegen von Qualen über einen längeren Zeitraum ohne Aussicht auf Heilung derselben voraussetzt. Auch dieser Tatbestand wird im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. So war es dem Beschwerdeführer gemäß der Aussage des Zeugen DD möglich, die Hunde angeleint aus dem Zwinger zu bringen und unmittelbar vor der Tötung auf Kommando derart ruhigzustellen, so dass dem DD ein lege artis Kopfschuss gelang. Aufgrund der Tatsache, dass die Hunde auf Kommandos reagierten und zumindest kurzzeitig eine Beruhigung herbeigeführt werden konnte, kann nicht von einem zeitlich unbegrenzten Zustand der Aggressivität gesprochen werden und war somit das Abwarten auf die Euthanasierung durch einen Tierarzt zumutbar. Somit liegt der geltend gemachte Ausnahmetatbestand nach § 6 Abs 4 Z 4 TSchG gegenständlich nicht vor, weshalb die Tötung der beiden Hunde einem Tierarzt vorbehalten war.
Die Tötung eines Tieres kann gerechtfertigt sein, wenn sie im Rahmen einer Notwehr- oder Notstandshandlung erfolgt. Eine Notwehrsituation kann dann angenommen werden, wenn ein Tier als Angriffsmittel verwendet wird (zB Hetzen eines Hundes auf eine Person). Der rechtfertigende Notstand setzt einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil für ein Rechtsgut (zB Leben, körperliche Unversehrtheit, Eigentum) voraus. In dieser Situation ist die Tötung eines Tieres dann gerechtfertigt, wenn sie der Rettung eines Rechtsgutes dient, das höherwertig ist als das Leben des Tieres und ein gelinderes Mittel zur wirksamen Abwehr des Nachteils nicht in Frage kommt.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass die Tötung auch notwendig war, um die Gefährdung von Personen oder Sachen hintanzuhalten so muss dem entgegengehalten werden, dass die Tiere zum Zeitpunkt der Tötung versperrt waren. Selbst wenn – wie der Beschwerdeführer vorbringt – die Tiere lediglich in der großen Umzäunung versperrt waren und der Beschwerdeführer sich vor den Tieren gefürchtet hat, hätte der Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er die Tiere problemlos mit Futter und Spielen aus der Versperrung herausholen konnte, um die Tötung durch DD durchführen zu lassen, das gelindere Mittel der Versperrung in den beiden Zwingern ergreifen müssen. Ein Zuwarten auf den nächsten Tag für die Einschläferung durch einen Tierarzt wäre dadurch problemlos möglich gewesen.
Darüber hinaus hätte der Beschwerdeführer, nachdem feststand, dass die Tierärztin der beiden Hunde durch einen Notfall verhindert war, diese um die Kontaktdaten eines anderen Tierarztes für die Einschläferung der beiden Hunde noch am selben Abend bitten können.
Zusammenfassend lag damit kein Ausnahmetatbestand des § 6 Abs 4 TschG vor und war die Tötung auch nicht durch eine Notstandshandlung iSd § 6 VStG entschuldigt. Der Beschwerdeführer hat als Anstifter iSd § 7 VStG die strafbare Handlung gesetzt, indem er vorsätzlich veranlasst hat, dass der Aufsichtsjäger DD seine beiden Hunde tötet und hat dieser dadurch die Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs 4 TSchG iVm § 38 Abs 1 Z 2 TSchG begangen. Somit hat das vorsätzliche Verhalten des Beschwerdeführers ursächlich dazu geführt, dass eine andere Person den objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung verwirklicht.
Der Beschwerdeführer hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung somit auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Die Bestrafung erfolgte damit dem Grunde nach zu Recht.
Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 2 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu Euro 7500,--, im Wiederholungsfall bis zu Euro 15.000,-- zu bestrafen, wer ein Tier entgegen § 6 tötet. Gleiches gilt gemäß § 7 VStG für den Bestimmungstäter, wenn er vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung durch einen anderen veranlasst.
Das wissentliche Töten von Wirbeltieren bleibt grundsätzlich dem Tierarzt vorbehalten, um die fachkundige und tierschutzgerechte Tötung sicherzustellen. Vom Tierärztevorbehalt ausgenommen sind lediglich die in § 6 Abs 4 Z 1 bis 4 TSchG genannten Fälle. Indem der Beschwerdeführer die Tötung seiner beiden Hunde durch den Aufsichtsjäger DD ohne Vorliegen eines Ausnahmegrundes veranlasst hat, hat er dem normierten Tierärztevorbehalt zuwidergehandelt. Wie oben ausgeführt, war hinsichtlich des Verschuldens von Absichtlichkeit auszugehen.
Im Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister vom 10.08.2017 scheinen zwei Delikte nach dem Landespolizeigesetz und eine Ermahnung nach dem Tierschutzgesetz auf. Als mildernd wurde berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer nicht einschlägig strafvorgemerkt aufscheint, erschwerend wurde nichts gewertet. Zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gab der Beschwerdeführer an, dass er derzeit ein Monatseinkommen in der Höhe von € 292,84 habe.
Aufgrund der oben angeführten – für die Strafzumessung relevanten – Kriterien ergeben sich gegen die verhängte Geldstrafe insgesamt keine Bedenken. Mit der verhängten Geldstrafe wurde der gesetzliche Strafrahmen zu 2,66 % Prozent ausgeschöpft. In Anbetracht des Unrechtsgehalts der begangenen Verwaltungsübertretung ist die verhängte Geldstrafe in dieser Höhe als schuld- und tatangemessen zu betrachten und aus generalpräventiven Gründen erforderlich.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG)
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Larcher
(Vizepräsident)
Schlagworte
Wirbeltieren; Wissentlichkeit; Qualen; Tötung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.23.2651.6Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018