Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
CEMT-VV 1996;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des A Ö in S, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Moritschstraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 18. September 1997, Zl. 1997/2/7-4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 9. Jänner 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. September 1996 um 23.00 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Lkw mit Anhänger auf der B 100 an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt, wobei er einen gewerblichen Güterbeförderungstransport von Lengberg (Österreich) zu einem Entladeort in Loria (Italien) durchgeführt habe, obwohl er sich nicht im Besitz der erforderlichen CEMT-Genehmigung, die zum Drittlandverkehr berechtige, befunden habe. Er habe hiedurch die Bestimmungen des § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Z. 6 des Güterbeförderungsgesetzes verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. September 1997 wurde die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortfolge "obwohl sie sich nicht im Besitz der erforderlichen CEMT-Genehmigung, die zum Drittlandverkehr berechtigt, befanden" durch die Wortfolge "obwohl sie nicht die erforderliche CEMT-Genehmigung, die zum Drittlandverkehr berechtigt, bei dieser Fahrt mitgeführt haben", ersetzt wurde. Die belangte Behörde sprach weiters aus, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 6 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593/1995, zur Last gelegt werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, eine Gegenschrift wurde aber nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 593/1995 (GüterbefG), können Vereinbarungen über die grenzüberschreitende Beförderung von Gütern gemäß § 7 auf Grundlage dieses Bundesgesetzes geschlossen werden, wenn der Umfang des zwischenstaatlichen Güterverkehrs dies erfordert. In den Vereinbarungen ist vorzusehen, dass Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen auf der Grundlage der Gegenseitigkeit Fahrten nach, durch und aus Österreich durchführen können. Dabei können auch zwischenstaatliche Kontingente festgelegt werden, bei deren Ausmaß die verkehrsmäßigen und volkswirtschaftlichen Interessen Österreichs sowie der Schutz der Bevölkerung und Umwelt zu berücksichtigen sind. Die Vergabe der Kontingenterlaubnis gemäß Abs. 2 vierter Satz durch ausländische Behörden kann vereinbart werden. Die Kundmachung der Kontingente erfolgt durch Verlautbarung in der offiziellen Zeitschrift des Fachverbandes und der Fachgruppen des Güterbeförderungsgewerbes.
Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 17/1998) sind die Kontingenterlaubnis gemäß § 8 Abs. 2 sowie auf Grund eines Abkommens mit einer Staatengemeinschaft über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen einschließlich allfälliger nach diesem Abkommen erforderlicher Bescheinigungen bei jeder Fahrt mitzuführen und den Organen der Straßenaufsicht sowie den Grenzorganen, sofern deren Aufgaben Zollorganen übertragen sind, diesen Organen, auf Verlangen vorzuweisen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer andere als die in Z. 1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes sowie zwischenstaatlicher Vereinbarungen gemäß § 8 dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.
In der Begründung des von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnisses erster Instanz wurde die Bestrafung des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit begründet, der aus dem Spruch ersichtliche Sachverhalt ergebe sich auf Grund der Anzeige der Zollwacheabteilung für mobile Überwachung vom 16. Oktober 1996. Der Beschwerdeführer habe ein Fahrzeug, das in Deutschland zum Verkehr zugelassen sei, verwendet, sei nach Österreich eingereist, habe dort bei einem näher bezeichneten Unternehmen in Nikolsdorf geladen und habe in weiterer Folge zum Entladeort nach Loria (Italien) gelangen wollen, sei jedoch an der Grenzkontrollstelle Sillian-Arnbach gestoppt worden. Hiefür wäre eine CEMT-Genehmigung erforderlich gewesen, deren Vergabe sich nach der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr BGBl. Nr. 12/1996 ergebe. § 8 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes wende sich nicht ausschließlich an Unternehmer, denn ein Kraftfahrzeuglenker, der das Beförderungsunternehmen "repräsentiert und oftmals allein verantwortlich handelt", könne "durchaus auch Normadressat des § 23 Abs. 1 Z. 6 oder 7 Güterbeförderungsgesetz sein". Der Beschwerdeführer habe den Sachverhalt verwirklicht und sei daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu bestrafen.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides, in dessen Spruch sie die Tatumschreibung dahin modifizierte, der Beschwerdeführer habe nicht die "erforderliche CEMT-Genehmigung, die zum Drittlandverkehr berechtigt", bei dieser Fahrt mitgeführt, und mit welchem sie dem Beschwerdeführer eine Übertretung des § 9 Abs. 1 GüterbefG (an Stelle des von der Erstbehörde genannten § 8 Abs. 1) zur Last legte, darüber hinaus aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 25. Juli 1997 angegeben habe, er sei am Tattag beim Grenzübergang Arnoldstein (aus Italien kommend) nach Österreich eingereist. Er hätte zuvor einen Tiertransport von Deutschland nach Italien durchgeführt und sei mit dem leeren Lkw auf der Retourfahrt gewesen. Somit sei dem gegenständlichen Transport eine Einreise aus Italien nach Österreich (und nicht etwa aus Deutschland) vorausgegangen. Da es sich somit um einen Drittlandverkehr gehandelt habe, wäre für diesen Transport eine CEMT-Genehmigung erforderlich gewesen. Eine solche Bewilligung habe der Lenker (Beschwerdeführer) zweifellos nicht mitgeführt. Normadressat des § 23 Abs. 1 Z. 6 des GüterbefG sei nicht nur ein allfälliger Konzessionsinhaber, sondern jeder "Zuwiderhandler".
Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist. Hiebei hat der Beschwerdeführer das subjektive Recht darauf, dass ihm die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten wird. Ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch kann durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf Seite 1001 zu E 11f angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Der von der belangten Behörde in den Spruch als durch den Beschwerdeführer verletzte Verwaltungsvorschrift aufgenommene § 9 Abs. 1 GüterbefG sieht allgemein vor, dass eine Kontingenterlaubnis gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. sowie auf Grund eines Abkommens mit einer Staatengemeinschaft über den grenzüberschreitenden Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen einschließlich allfälliger nach diesem Abkommen erforderlicher Bescheinigungen bei jeder Fahrt mitzuführen und den zuständigen Organen vorzuweisen sind, enthält jedoch keine weitere Konkretisierung dieser Verpflichtung, etwa durch eine Bezugnahme auf jene Dokumente, zu deren Mitführung und Vorweisung die belangte Behörde den Beschwerdeführer für verpflichtet erachtet und deren Nichtmitführung sie ihm daher zur Last gelegt hat. Im Übrigen hat es die belangte Behörde auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides unterlassen, im einzelnen darzulegen, auf Grund welcher Vorschriften sie zur Auffassung gelangte, der Beschwerdeführer hätte eine "CEMT-Genehmigung" mitführen müssen; die von der Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides angeführte Verordnung BGBl. Nr. 12/1996 war erstmals auf diejenigen CEMT-Genehmigungen anzuwenden, die für das Jahr 1997 ausgegeben wurden.
Auf Grund der oben dargestellten Rechtslage war die Anführung bloß des § 9 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 1 Z. 6 GüterbefG als verletzte Verwaltungsvorschrift verfehlt. Denn es hätte im Sinne des § 44a Z. 2 VStG der Anführung derjenigen Verwaltungsvorschrift im Spruch des angefochtenen Bescheides bedurft, die die Erforderlichkeit der konkreten Unterlage vorsieht, die der Beschwerdeführer mitzuführen unterlassen hat.
Da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid insoweit die Rechtslage verkannt hat, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde auch auf die Frage einzugehen haben, warum sie nicht zu dem Ergebnis gelangte, dass hier eine Transitfahrt vorlag (Art. 3 Z. 1 Abs. 1 der Verwaltungsvereinbarung, BGBl. Nr. 879/1992; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385, und vom 8. September 1998, Zlen. 98/03/0036, 0212), sondern von einem "Drittlandverkehr" ausging.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 3. Mai 2000
Schlagworte
Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten VerwaltungsvorschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997030370.X00Im RIS seit
20.11.2000