TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/19 W236 2186276-1

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Veröffentlicht am 19.02.2018
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Entscheidungsdatum

19.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W236 2186276-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch seine Mutter XXXX , diese vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2018, Zl. 1179848707-180086376, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 und Abs. 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, stellte am 25.01.2018 als in Österreich am XXXX nachgeborenes Kind der subsidiär schutzberechtigten XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, und des asylberechtigten XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit dem o.a. Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 03.10.2019 (Spruchpunkt III). Begründend wird darin ausgeführt, dass für den minderjährigen Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden seien. Da in seinem Fall "auch keinem anderen Familienmitglied der Status des Asylberechtigten zuerkannt" worden sei, komme für den minderjährigen Beschwerdeführer auch eine Zuerkennung im Familienverfahren nicht in Betracht. Da der Mutter des minderjährigen Beschwerdeführers jedoch der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, sei auch dem minderjährigen Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Familienverfahren zuzuerkennen und diesem eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen gewesen.

3. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der minderjährige Beschwerdeführer am 14.02.2018 fristgerecht Beschwerde. In dieser wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der Vater des minderjährigen Beschwerdeführers asylberechtigt sei und sich aus dem Antrag des minderjährigen Beschwerdeführers ergebe, dass sich dieser auf die Gründe seines Vaters und seiner Mutter beziehen würde. Aus der vorgelegten Geburtsurkunde ergebe sich eindeutig die Familienangehörigeneigenschaft zum Vater des minderjährigen Beschwerdeführers, sodass diesem ebenfalls der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren zuzuerkennen gewesen wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der minderjährige Beschwerdeführer wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet als Sohn der XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, und des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, geboren. Er ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe. Dem Vater des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2016, Zl. 830935302-1682325, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

1.2. Der minderjährige Beschwerdeführer stellte am 25.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2018, Zl. 1179848707-180086376, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wurde (Spruchpunkt I.); gleichzeitig wurde dem minderjährigen Beschwerdeführer jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.10.2019 erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der minderjährige Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

1.3. Der minderjährige Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Dem minderjährigen Beschwerdeführer ist eine Fortsetzung des Familienlebens mit seinem in Österreich asylberechtigten Vater in einem anderen Staat nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin wurde bereits durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Grund an dieser zu zweifeln.

Die Familienangehörigkeit des minderjährigen Beschwerdeführers zu seiner Mutter und zu seinem Vater ergibt sich aus der bereits bei der Antragstellung in Vorlage gebrachten österreichischen Geburtsurkunde.

Die Feststellung zur Flüchtlingseigenschaft des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers ergibt sich aus dem mit der Beschwerde in Vorlage gebrachten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2016, mit welchem dem Vater des minderjährigen Beschwerdeführers der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Weiters ergibt sich dies aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister.

2.2. Das Datum der Antragstellung und die Feststellungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

2.3. Die Feststellung zur Unbescholtenheit des minderjährigen Beschwerdeführers ergibt sich aus dessen Alter.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A)

3.1.1. Wesentliche Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht iSd § 2 Abs. 3 leg. cit. straffällig geworden ist (Z 1), die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist (Z 2) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status gemäß § 7 anhängig ist (Z 3).

Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Diese Bestimmungen gelten sinngemäß auch für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 34 Abs. 5 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Gemäß § 34 Abs. 5 AsylG 2005 gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

3.1.2. Wie bereits oben unter Punkt II.1. festgestellt, ist der minderjährige Beschwerdeführer der am XXXX nachgeborene Sohn des XXXX , dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2016 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (originäres) Asyl gewährt und festgestellt wurde, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da dem Vater des minderjährigen Beschwerdeführers durch die oben genannte Asylgewährung das stärkste Recht gewährt wurde, hat der minderjährige Beschwerdeführer als dessen Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 gemäß § 34 Abs. 4 und 5 leg. cit. das Recht, ein gesondertes Erkenntnis mit demselben Inhalt zu erhalten.

Da sich im Verfahren überdies keine Hinweise auf Asylausschluss- oder Asylendigungsgründe ergeben haben sowie keine, dass hinsichtlich des Vaters des minderjährigen Beschwerdeführers ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig wäre, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dem minderjährigen Beschwerdeführer ein Familienleben mit seinem Vater in einem anderen Staat möglich wäre, war dem minderjährigen Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 und Abs. 4 AsylG 2005 ebenfalls Asyl zu gewähren und gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. auszusprechen, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.1.3. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit in Bezug auf den Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes aufweist (vgl. VwGH, 28.05.2014, Ra 2014/20/0017).

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W236.2186276.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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