Entscheidungsdatum
21.02.2018Norm
BBG §42Spruch
W266 2169805-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf HALBAUER, Bakk. Phil. als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 23.06.2017, OB XXXX , betreffend die Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996" in den Behindertenpass in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass dessen Spruch lautet: "Der Antrag vom 2.6.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung einer Cholesterindiät aufgrund eines Herzleidens wird als unzulässig zurückgewiesen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien (in der Folge: belangte Behörde), vom 23.06.2017, OB: XXXX , wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 30.5.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) in den Behindertenpass abgewiesen.
1.2. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei und nach diesem Gutachten die Vorraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen.
1.3. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen.
1.4. Weiters führte die belangte Behörde in ihrer Begründung an, dass die Eintragung "Gesundheitsschädigungen gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBL. Nr. 303/1996, liegen vor" bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20 % vorzunehmen sei.
1.5. In der gegen diesen Bescheid erhobenen fristgerechten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie aufgrund der Aufforderung des Finanzamtes eigentlich vorgehabt habe, die Cholesterindiät in ihren Behindertenpass einzutragen. Diese Cholesterindiät sei ihr vor 16 Jahren nach ihrem Herzinfarkt vom Bezirksamtsarzt bescheinigt und sei auch vom Finanzamt immer berücksichtigt worden. Da auf dem Antragsformular der belangten Behörde jedoch keine Spalte für Cholesterindiät vorhanden gewesen sei, sei es ihr nicht möglich gewesen dieses Ansuchen vorzubringen. Sie werde in Folge weitere Unterlagen nachbringen.
1.6. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Nach Einsicht in den behördlichen Verwaltungsakt, in das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten sowie Einholung eines aktuellen Auszuges aus dem zentralen Melderegister, steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
1.2. Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin, am XXXX geboren und wohnhaft in XXXX .
1.3. Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 vH.
1.4. Aufgrund ihres Antrages vom 30.5.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" erfolgte eine aktenmäßige Stellungnahme einer medizinischen Sachverständigen für Allgemeinmedizin über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung.
1.5. Das gegenständliche Gutachten der Sachverständigen wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem angefochtenen Bescheid gesendet.
1.6. Die Beschwerdeführerin kreuzte zwar auf dem Antrag auf Zusatzeintragung im Behindertenpass die "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich (VO BGBl. 303/1996) (Krankendiätverpflegung wegen Magenkrankheiten und anderen inneren Krankheiten)" an, zielte jedoch auf eine Zusatzeintragung für Cholesterindiät aufgrund ihres Herzleidens ab.
1.7. Es liegt jedenfalls kein Magen bzw. Darmleiden oder ein Malignom im Verdauungstrakt und auch keine Funktionsstörung des endokrinen Systems, vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen beruhen betreffend Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, Wohnadresse, Behindertenpass und Sachverständigengutachen auf den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin am Antragsformular, sowie auf den übereinstimmenden Unterlagen im Verwaltungsakt sowie auf dem eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
2.2. Dass die Beschwerdeführerin eine andere Zusatzeintragung wollte, als von ihr angekreuzt, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen. Dass weder ein Magen bzw. Darmleiden noch ein Malignom im Verdauungstrakt und auch keine Funktionsstörung des endokrinen Systems vorliegt, ergibt sich aus der im Akt befindlichen gutachterlichen Stellungnahme sowie auch aus den Angaben der Beschwerdeführerin selbst.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3. Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
3.4. Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
3.5. Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
3.6. Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
3.7. Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet gemäß § 1 Abs. 5 der anzuwendenden Verordnung ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
3.8. Gemäß § 4 Abs. 1 lit i ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist; diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.
3.9. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen für außergewöhnliche Belastungen (BGLB. Nr. 303/1996 idgF) sind als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
-
Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
-
Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit . 51 Euro
-
Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
Daraus folgt:
3.10. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin folgend, zielte diese mit ihrem Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" eigentlich auf die Eintragung der ihr aufgrund ihres Herzleidens verordneten Cholesterindiät ab.
3.11. Gemäß § 1 Abs. 4 Z 1 lit i der der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber des Passes eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist, einzutragen. Dies jedoch nur, wenn eine Funktionsbeeinträchtigung im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie Malignome des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorliegen. Abschnitt 07 betrifft Funktionsbeeinträchtigungen im Verdauungssystem, Abschnitt 09 das Endokrine System und Abschnitt 13 Malignome. Da bei der Beschwerdeführerin, wie sie selbst in der Beschwerde ausführt, jedoch keine Funktionseinschränkungen der genannten Voraussetzungen vorliegen, scheidet eine Eintragung ihrer Cholesterindiät nach dieser Bestimmung aus.
3.12. Da es sich bei der in § 1 Abs. 4 leg. cit. vorgenommenen Aufzählung nicht um eine taxative Aufzählung handelt (arg. jedenfalls) ist zu prüfen, ob die beantragte Eintragung nicht dennoch möglich wäre. Dies ist im Ergebnis jedoch zu verneinen: Die Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 1 lit i leg. cit. verweist zunächst auf § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen für außergewöhnliche Belastungen, welche als Mehraufwendung eine Krankendiätverpflegung bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit vorsieht. Das Herzleiden der Beschwerdeführerin ist wohl eine innere Krankheit. Die Eintragung einer Gesundheitsschädigung im Sinne der Notwendigkeit einer Krankendiätverpflegung ist jedoch nur bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorzunehmen. Da auch die anderen Zusatzeintragungen betreffend Krankendiätverpflegungen nur bei konkret vorliegenden Leiden mit einem Grad der Behinderung von mindestens 20% vorgenommen werden dürfen, ist in diesen Fällen eine Erweiterung auf andere Diäterfordernisse nicht zulässig.
3.13. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid dahingehend zu ändern, dass der Antrag auf die begehrte Zusatzeintragung unzulässig zurückzuweisen war.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
3.14. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.15. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3.16. Da der Antrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
ZU B) Unzulässigkeit der Revision:
3.17. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.18. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.19. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt A) wurde der klare Wortlaut der angewandten Normen wiedergegeben und konnte sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf diesen stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zurückweisung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W266.2169805.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.03.2018