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10/04 WahlenNorm
B-VG Art6 Abs3Leitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung eines Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend Versagung der Berichtigung des Wählerverzeichnisses für die Wahl des Bundespräsidenten durch Streichung einer Person aus der Wählerevidenz wegen Nichtvorliegens eines Hauptwohnsitzes; Anknüpfung an den am Stichtag gemeldeten Hauptwohnsitz in Wels nicht rechtswidrigSpruch
Der Anfechtung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren
1. Am 22. März 2016 stellte der Anfechtungswerber gemäß §5 Abs2 Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 (BPräsWG) iVm §28 Nationalrats-Wahlordnung 1992 (NRWO) beim Magistrat der Stadt Wels den Antrag, "die Gemeindewahlbehörde möge das Wählerverzeichnis dahingehend berichtigen, als Frau […] Z[.] mangels Vorliegen[s] eines Hauptwohnsitzes in der [...]straße […] vom Wählerverzeichnis der Stadt Wels […] zur Bundespräsidentenwahl am 24.04.2016 gestrichen wird". Der Anfechtungswerber begründete dies insbesondere damit, dass Frau Z. (im Folgenden: die Betroffene) zwar im Wählerverzeichnis ausgewiesen würde, sie nach seiner persönlichen Wahrnehmung und jener seiner Frau jedoch an dieser Adresse "tatsächlich nicht wohnhaft" sei.
2. Über diesen Berichtigungsantrag entschied die Gemeindewahlbehörde mit Beschluss vom 25. März 2016, dass die Betroffene nicht "aus dem Wählerverzeichnis" zu streichen sei; dies wurde dem Anfechtungswerber gemäß §30 Abs2 NRWO am selben Tag von der Gemeinde mitgeteilt.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Anfechtungswerbers vom 25. März 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht gemäß §5 Abs2 BPräsWG iVm §§24 Abs1, 28 und 32 NRWO als unbegründet ab. Dabei stellte das Bundesverwaltungsgericht insbesondere fest, dass die Betroffene seit 24. März 1970 an ihrer Anschrift in Wels mit Hauptwohnsitz und seit 4. September 1998 an ihrer Anschrift in Wien mit einem Nebenwohnsitz gemeldet sei. Die Betroffene habe am 2. Februar 2016 — angesichts eines erhöhten Betreuungsbedarfes ihrer Mutter seit ca. November 2015 — in ihrer Wohnsitzerklärung ihre Aufenthaltsdauer über den Verlauf eines Jahres mit 205 Tagen an der Anschrift in Wels und 160 Tagen an jener in Wien beziffert. An der Anschrift in Wels lebe sie gemeinsam mit ihrer Mutter, an jener in Wien gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten. Die Betroffene sei somit am relevanten Stichtag, dem 23. Februar 2016, mit Hauptwohnsitz an der Adresse in Wels gemeldet gewesen. Dieser Meldestatus habe sich durch die von der Betroffenen (zeitnah zum Stichtag) abgegebene Wohnsitzerklärung vom 2. Februar 2016, in der sie die überwiegende Aufenthaltsdauer über den Zeitraum eines Jahres in Wels angegeben habe, bestätigt. Auch die Berücksichtigung der sonstigen Kriterien des §1 Abs7 und 8 Meldegesetz 1991 zur Begründung des Hauptwohnsitzes eines Menschen führe in Anbetracht der getroffenen Feststellungen zu keinem anderen Ergebnis. Die Gemeindewahlbehörde sei daher zu Recht dem Berichtigungsantrag des Anfechtungswerbers auf Streichung der Betroffenen aus dem Wählerverzeichnis der Stadt Wels zur Bundespräsidentenwahl am 24. April 2016 nicht beigetreten.
4. Mit seiner auf Art141 Abs1 litg B-VG gestützten Anfechtung begehrt der Anfechtungswerber, "der Verfassungsgerichtshof möge der Anfechtung stattgeben und das bekämpfte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit des Verfahrens aufheben". Begründend führt er dabei – neben dem bereits im Zuge der Antragsstellung erstatteten Vorbringen – auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass ihm weder im Verfahren vor der Gemeindewahlbehörde noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit gegeben worden sei, sich zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere zu der von der Betroffenen abgegebenen Wohnsitzerklärung vom 2. Februar 2016, zu äußern. Überdies sei die Entscheidung der Gemeindewahlbehörde nicht in der äußeren Form eines Bescheides ergangen, weil diese weder mit Bescheid überschrieben noch begründet worden sei, wodurch es dem Anfechtungswerber verwehrt gewesen sei, die Entscheidung der Gemeindewahlbehörde substantiiert bekämpfen zu können. Die Entscheidung stehe im Widerspruch zum Grundsatz eines fairen Verfahrens und der Waffengleichheit nach Art6 EMRK. Überdies verstoße das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gegen die viertägige Entscheidungsfrist des §5 Abs2 BPräsWG iVm §32 NRWO, weil die Beschwerde bereits am 25. März 2016 erhoben und darüber erst am 31. März 2016 entschieden worden sei.
5. Die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine "Äußerung" erstattet, in der sie den Behauptungen der Anfechtungsschrift entgegentritt.
6. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer "Gegenschrift" aber abgesehen.
II. Rechtslage
1. Die §§2 und 5 des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971 – BPräsWG, BGBl 57/1971 idF BGBl I 158/2015, lauten wie folgt:
"§2. Zur Leitung und Durchführung der Wahl des Bundespräsidenten sind nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes die Sprengelwahlbehörden, Gemeindewahlbehörden, Bezirkswahlbehörden, Landeswahlbehörden und die Bundeswahlbehörde berufen, die nach der Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO, BGBl Nr 471, jeweils im Amt sind. Im Übrigen sind auf diese Wahlbehörden die einschlägigen Bestimmungen der NRWO, einschließlich der Bestimmungen über die internationale Wahlbeobachtung (insbesondere §20a NRWO), sinngemäß anzuwenden.
§5. (1) Die Wahlberechtigten sind in Wählerverzeichnisse einzutragen, die vor jeder Wahl des Bundespräsidenten neu anzulegen sind.
(2) Für die Eintragung der Wahlberechtigten in das Wählerverzeichnis, das Berichtigungs- und Beschwerdeverfahren, die Teilnahme an der Wahl und den Ort der Ausübung des Wahlrechts gelten im Übrigen die §§22 Abs2 letzter Satz, 23 bis 37 NRWO mit der Maßgabe, dass Abschriften des Wählerverzeichnisses auch von zustellungsbevollmächtigten Vertretern verlangt werden können, die Wahlvorschläge einzubringen beabsichtigten (§7)."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wahl des Nationalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO), BGBl 471/1992 idF BGBl I 158/2015, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"3. Abschnitt
Erfassung der Wahlberechtigten
Wählerverzeichnisse
§23. (1) Die Wahlberechtigten (§21 Abs1) sind in Wählerverzeichnisse einzutragen. Für die Wählerverzeichnisse ist das Muster in Anlage 2 zu verwenden.
(2) Die Anlegung der Wählerverzeichnisse obliegt den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes.
(3) Die Wählerverzeichnisse sind von den Gemeinden unter Bedachtnahme auf §21 Abs1 auf Grund der Wählerevidenz anzulegen.
(4) Die Wählerverzeichnisse sind in Gemeinden, die nicht in Wahlsprengel eingeteilt sind, nach dem Namensalphabet der Wahl- und Stimmberechtigten, wenn aber eine Gemeinde in Wahlsprengel eingeteilt ist, nach Wahlsprengeln und gegebenenfalls nach Ortschaften, Straßen und Hausnummern anzulegen.
Ort der Eintragung
§24. (1) Jeder Wahlberechtigte ist in das Wählerverzeichnis des Ortes (der Gemeinde, des Wahlsprengels) einzutragen, wo er am Stichtag seinen Hauptwohnsitz hat. Für im Ausland lebende Wahlberechtigte bestimmt sich der Ort ihrer Eintragung in das Wählerverzeichnis nach den Angaben in der Wählerevidenz.
(2) Jeder Wahlberechtigte darf in den Wählerverzeichnissen nur einmal eingetragen sein.
(3) […]
(4) Ist ein Wahlberechtigter im Wählerverzeichnis mehrerer Orte (Gemeinden, Wahlsprengel) eingetragen, so ist er unverzüglich aus dem Wählerverzeichnis, in das er zu Unrecht eingetragen wurde, zu streichen. Hiervon sind der Wahlberechtigte und die Gemeinde, in deren Wählerverzeichnis er zu verbleiben hat, unverzüglich zu verständigen.
[…]
Berichtigungsanträge
§28. (1) Innerhalb des Einsichtszeitraums kann jeder Staatsbürger unter Angabe seines Namens und der Wohnadresse gegen das Wählerverzeichnis bei der zur Entgegennahme von Berichtigungsanträgen bezeichneten Amtsstelle (§25 Abs2) schriftlich oder mündlich Berichtigungsanträge stellen. Der Antragsteller kann die Aufnahme eines Wahlberechtigten in das Wählerverzeichnis oder die Streichung eines nicht Wahlberechtigten aus dem Wählerverzeichnis begehren.
(2) Die Berichtigungsanträge müssen bei der Amtsstelle, bei der sie einzubringen sind, noch vor Ablauf des Einsichtszeitraums einlangen.
(3) Der Berichtigungsantrag ist, falls er schriftlich eingebracht wird, für jeden Berichtigungsfall gesondert zu stellen. Hat der Berichtigungsantrag die Aufnahme eines Wahlberechtigten zum Gegenstand, so sind auch die zur Begründung des Berichtigungsantrages notwendigen Belege, insbesondere ein vom vermeintlich Wahlberechtigten, soweit es sich nicht um einen im Ausland lebenden Staatsbürger handelt, ausgefülltes Wähleranlageblatt (Muster Anlage 1 des Wählerevidenzgesetzes 1973) anzuschließen. Wird im Berichtigungsantrag die Streichung eines nicht Wahlberechtigten begehrt, so ist der Grund hierfür anzugeben. Alle Berichtigungsanträge, auch mangelhaft belegte, sind von den hierzu berufenen Stellen entgegenzunehmen und weiterzuleiten. Ist ein Berichtigungsantrag von mehreren Antragstellern unterzeichnet, so gilt, wenn kein Zustellungsbevollmächtigter genannt ist, der an erster Stelle Unterzeichnete als zustellungsbevollmächtigt.
(4) Wer offensichtlich mutwillig Berichtigungsanträge stellt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.
Verständigung der zur Streichung beantragten Personen
§29. (1) Die Gemeinde hat die Personen, gegen deren Aufnahme in das Wählerverzeichnis ein Berichtigungsantrag gestellt wurde, hiervon unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Gründe innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen des Berichtigungsantrages zu verständigen. Den Betroffenen steht es frei, binnen vier Tagen nach Zustellung der Verständigung schriftlich oder mündlich Einwendungen bei der zur Entscheidung über den Berichtigungsantrag berufenen Behörde vorzubringen.
(2) Die Namen der Antragsteller unterliegen der Amtsverschwiegenheit. Den Strafgerichten sind sie auf Verlangen bekanntzugeben.
Entscheidung über Berichtigungsanträge
§30. (1) Über einen Berichtigungsantrag hat binnen sechs Tagen nach Ende des Einsichtszeitraums außerhalb von Wien die Gemeindewahlbehörde, in Wien die Bezirkswahlbehörde zu entscheiden. §7 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 findet Anwendung.
(2) Die Gemeinde hat die Entscheidung dem Antragsteller sowie dem von der Entscheidung Betroffenen unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
Richtigstellung des Wählerverzeichnisses
§31. Erfordert die Entscheidung eine Richtigstellung des Wählerverzeichnisses, so hat die Gemeinde nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung sofort die Richtigstellung des Wählerverzeichnisses unter Anführung der Entscheidungsdaten durchzuführen. Handelt es sich hierbei um die Aufnahme einer vorher im Wählerverzeichnis nicht verzeichneten Person, so ist ihr Name am Schluß des Wählerverzeichnisses mit der dort folgenden fortlaufenden Zahl anzuführen und an jener Stelle des Wählerverzeichnisses, an der sie ursprünglich einzutragen gewesen wäre, auf die fortlaufende Zahl der neuen Eintragung hinzuweisen.
Beschwerden
§32. (1) Gegen die Entscheidung gemäß §30 Abs1 können der Antragsteller sowie der von der Entscheidung Betroffene binnen zwei Tagen nach Zustellung der Entscheidung bei der Gemeinde schriftlich eine Beschwerde einbringen. Die Gemeinde hat den Beschwerdegegner von der eingebrachten Beschwerde unverzüglich mit dem Hinweis zu verständigen, dass es ihm freisteht, innerhalb von zwei Tagen nach der an ihn ergangenen Verständigung in den Beschwerdeakt Einsicht und zu den vorgebrachten Beschwerdegründen Stellung zu nehmen.
(2) Über die Beschwerde hat binnen vier Tagen nach ihrem Einlangen bei der Gemeinde das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden.
(3) Die Bestimmungen der §§28 Abs2 bis 4 und 30 Abs2 sowie §31 sind anzuwenden.
[…]
Teilnahme an der Wahl
§36. (1) An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind.
(2) […]"
3. Die §§1 und 2 des Wählerevidenzgesetzes 1973, BGBl 601/1973 idF BGBl I 158/2015, lauten wie folgt:
"§1. (1) In jeder Gemeinde ist eine ständige Wählerevidenz zu führen. Die Wählerevidenz dient als Grundlage für die vor einer Wahl des Bundespräsidenten oder des Nationalrates sowie bei Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen anzulegenden Verzeichnisse.
(2) Die Führung der Wählerevidenz obliegt den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich. Die Wählerevidenz ist innerhalb der Gemeinden gegebenenfalls nach Regionalwahlkreisen, Ortschaften, Straßen und Hausnummern, wenn aber eine Gemeinde in Wahlsprengel eingeteilt ist, auch nach Wahlsprengeln anzulegen.
(3) Die Wählerevidenz ist, sofern nicht die Voraussetzungen des Abs4 vorliegen, in Karteiform zu führen. Die Karteiblätter haben für jeden Wahl- und Stimmberechtigten die für die Durchführung von Wahlen, Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen erforderlichen Angaben, das sind Familiennamen oder Nachnamen, Vornamen, Geschlecht, Geburtsdatum, bei Wahlberechtigten mit Hauptwohnsitz im Inland außerdem die Wohnadresse, zu enthalten. Bei im Ausland lebenden Wahlberechtigten ist die Wohnadresse nach Möglichkeit ebenfalls zu erfassen. Gleiches gilt für eine E-Mail-Adresse des Wahlberechtigten.
(4) In Gemeinden, denen für Zwecke der Gemeindeverwaltung elektronische Datenverarbeitungsanlagen zur Verfügung stehen, können diese auch für die Führung der Wählerevidenz verwendet werden, wenn die Einsichtnahme in die Wählerevidenz (§3) gewährleistet ist.
§2. (1) In die Wählerevidenz sind aufgrund der im Melderegister enthaltenen Angaben alle Männer und Frauen einzutragen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, vor dem 1. Jänner des Jahres der Eintragung das 14. Lebensjahr vollendet haben, vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen sind und in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben. Für Personen, die auf Grund der Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde festgenommen oder angehalten werden, gilt in wahlrechtlichen Angelegenheiten der vor dieser Festnahme oder Anhaltung zuletzt begründete Wohnsitz oder Hauptwohnsitz als Wohnsitz oder Hauptwohnsitz, sofern sie über keinen anderen Wohnsitz oder Hauptwohnsitz außerhalb des Ortes der Festnahme oder der Anhaltung verfügen.
(2) Erfasste Personen, die ihren Hauptwohnsitz in eine andere Gemeinde verlegen, sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Eintragung in die Wählerevidenz dieser Gemeinde einzutragen. In der Wählerevidenz der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz aufgegeben haben, sind sie zu streichen. Zu diesem Zweck hat die Gemeinde, in der die Eintragung in die Wählerevidenz erfolgt, die Gemeinde, in deren Wählerevidenz die Streichung vorzunehmen ist, unter Angabe der früheren Wohnadresse von der neuen Eintragung unverzüglich und nachweislich zu verständigen. Verlegt eine erfasste Person, die aufgrund der Entscheidung eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde festgenommen oder angehalten wird, ihren Hauptwohnsitz an den Ort ihrer Festnahme oder Anhaltung, so hat die Gemeinde des Ortes der Festnahme oder Anhaltung jene Gemeinde, in der die erfasste Person bisher ihren Hauptwohnsitz hatte, unverzüglich und nachweislich zu verständigen, dass die erfasste Person aufgrund Abs1 zweiter Satz weiterhin in der Wählerevidenz dieser Gemeinde eingetragen zu bleiben hat. Die Verständigungen können entfallen, wenn der jeweils zugrundeliegende Vorgang durch einen Vorgang im Zentralen Melderegister belegt ist.
(3) Erfasste Personen, die ihren Hauptwohnsitz in das Ausland verlegen und diesen Umstand der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz aufgeben, schriftlich anzeigen, sind für die Dauer ihres Auslandsaufenthalts, längstens jedoch über einen Zeitraum von zehn Jahren, in der Wählerevidenz dieser Gemeinde zu führen. Zum Zweck der Verständigung über die Durchführung von Nationalratswahlen (§39 Abs2 der Nationalrats-Wahlordnung 1992), Bundespräsidentenwahlen (§5a Abs5 des Bundespräsidentenwahlgesetzes 1971), Volksabstimmungen (§5 Abs3 des Volksabstimmungsgesetzes 1972 in Verbindung mit §39 Abs2 der Nationalrats-Wahlordnung 1992) oder Volksbefragungen (§5a Abs2 des Volksbefragungsgesetzes 1989 in Verbindung mit §39 Abs2 der Nationalrats-Wahlordnung 1992), zum Zweck der amtswegigen Zusendung einer Wahlkarte oder Stimmkarte (§2a Abs6) oder zum Zweck der Übermittlung einer Information durch die Gemeinden gemäß §2a Abs4 letzter Satz haben die erfassten Personen der Gemeinde auch die Wohnadresse im Ausland (§1 Abs3) mitzuteilen. Nach Möglichkeit haben sie auch eine E-Mail-Adresse bekannt zu geben. Für deren Wiedereintragung gilt §2a Abs4.
(4) Erfasste Personen, die zum Präsenz- oder Ausbildungsdienst einberufen werden, sind, außer im Fall einer Verlegung ihres Hauptwohnsitzes während der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes, in die Wählerevidenz der Gemeinde einzutragen, in der sie vor dem Zeitpunkt, für den sie einberufen wurden, ihren Hauptwohnsitz hatten. Sind sie in diesem Zeitpunkt schon in einer Wählerevidenz eingetragen, so wird diese Eintragung durch die Einberufung zum Präsenz- oder Ausbildungsdienst nicht berührt.
(5) Jede Person darf nur einmal in den Wählerevidenzen eingetragen sein."
4. Die §§1, 15, 15a und 17 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 – MeldeG), BGBl 9/1992 idF BGBl I 52/2015, lauten – auszugsweise – wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§1. (1) […]
(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.
(8) Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.
(9) […]
Berichtigung des Melderegisters
§15. (1) Erhält die Meldebehörde vom Tod eines angemeldeten Menschen Kenntnis, hat sie die Abmeldung durchzuführen. Hat sie Grund zur Annahme, dass eine Meldung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorgenommen oder unterlassen wurde, so hat sie die An- oder Abmeldung, in den Fällen des §11 Abs1 auch die Ummeldung von Amts wegen vorzunehmen. Im übrigen hat sie das Melderegister, soweit es unrichtige oder unvollständige Meldedaten enthält, zu berichtigen. Die Berichtigung der Wohnsitzqualität einer Unterkunft (§1 Abs6 oder 7) ist nur nach einem Verfahren gemäß §15 Abs7 oder nach einem Reklamationsverfahren (§17) zulässig; sie hat unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Weisung oder den Bescheid zu erfolgen.
(1a) Zur Überprüfung der Meldedaten dürfen die Meldebehörden in den Fällen des Abs1 in öffentliche Register Einschau halten.
(2) Von einer beabsichtigten An-, Ab- oder Ummeldung von Amts wegen hat die Meldebehörde den Meldepflichtigen zu verständigen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Erhebt der Meldepflichtige gegen eine solche Maßnahme Einwendungen, so ist die An-, Ab- oder Ummeldung, falls die Einwendungen nicht berücksichtigt werden, mit Bescheid vorzunehmen.
(3) Im Falle der Ab- oder Ummeldung von Amts wegen hat der Meldepflichtige die bei der Anmeldung ausgefolgten Meldezettel der Meldebehörde unverzüglich vorzulegen; diese hat gemäß §4 Abs4 vorzugehen.
(4) Die Meldebehörde, die eine Um- oder Anmeldung von Amts wegen vornimmt, hat dem Meldepflichtigen zwei von ihr ausgefertigte und mit dem Anmeldevermerk versehene Meldezettel auszufolgen. Erfolgte die amtliche Anmeldung deshalb, weil sich der Unterkunftgeber zu Unrecht weigert, die Meldezettel zu unterschreiben (§8 Abs1), so hat die Meldebehörde das Beziehen der Unterkunft auf dem Meldezettel zu bestätigen.
(5) Meldebehörden, die ohne Zusammenhang mit einem Reklamationsverfahren (§17) Grund zur Annahme haben, daß ein bei ihnen mit Hauptwohnsitz angemeldeter Mensch dort keinen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, haben dies dem Bürgermeister mitzuteilen.
(6) Zur Vorbereitung und Durchführung eines Reklamationsverfahrens sind die Bürgermeister ermächtigt, für die Feststellung, ob der Betroffene In der Gemeinde einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, alle von der Meldebehörde ermittelten Daten sowie all jene Daten zu verarbeiten, die sie selbst in Vollziehung eines Bundes- oder Landesgesetzes ermittelt haben.
(7) Ist ein Mensch mehr als einmal mit Hauptwohnsitz gemeldet, so hat er seinen Hauptwohnsitz an jener Unterkunft, an der er sich zuletzt mit Hauptwohnsitz angemeldet hat. An den anderen Unterkünften ist er durch den Landespolizei-direktor, sofern die betroffenen Gemeinden nicht im selben Bundesland liegen, durch den Bundesminister für Inneres von Amts wegen umzumelden; Abs2 gilt mit der Maßgabe, daß die Weisung an die betroffene Meldebehörde, ihr Melderegister zu berichtigen, zugleich mit der Verständigung des Betroffenen zu ergehen hat.
Wohnsitzerklärung
§15a. (1) Der Bürgermeister ist ermächtigt, von Menschen, die in der Gemeinde angemeldet sind, zum Zweck der Überprüfung der Richtigkeit der im Melderegister gespeicherten Daten die Abgabe einer Wohnsitzerklärung zu verlangen. Die Wohnsitzerklärung hat inhaltlich dem Muster der Anlage C zu entsprechen. Der Betroffene hat die Wohnsitzerklärung binnen angemessener, vom Bürgermeister festzusetzender, mindestens vierzehntägiger Frist abzugeben.
(2) Die mit der Wohnsitzerklärung ermittelten Daten sind vier Monate nach Einlangen beim Bürgermeister zu löschen, es sei denn, dieser hatte die Einleitung eines Reklamationsverfahrens beantragt. Nach Beendigung eines Reklamationsverfahrens sind die Daten jedenfalls zu löschen. Eine weitere Wohnsitzerklärung darf von einem solchen Menschen in dieser Gemeinde erst nach Ablauf von drei Jahren verlangt werden, es sei denn, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse, die für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen des Betroffenen maßgeblich sind, offensichtlich geändert haben.
Reklamationsverfahren
§17. (1) Der Landeshauptmann führt über Antrag (Abs2) ein Reklamationsverfahren durch und entscheidet darüber, ob ein Mensch, der in einer Gemeinde seines Landes mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, dort weiterhin den Hauptwohnsitz hat. Über einen Antrag gemäß Abs2 Z2 wird das Verfahren jedoch vom Bundesminister für Inneres geführt, wenn sich die beiden betroffenen Gemeinden in verschiedenen Bundesländern befinden.
(2) Das Reklamationsverfahren wird über Antrag des Bürgermeisters
1. der Gemeinde, in der ein Mensch mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, oder
2. einer Gemeinde, in der ein Mensch zwar nicht mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, aber einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, geführt. In diesem Verfahren sind der Betroffene, der Antragsteller und der Bürgermeister der Gemeinde, in der der Betroffene mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, Partei.
(3) Die Entscheidung wird auf Grund des Vorbringens der Parteien getroffen, die zur Mitwirkung in besonderem Maße verpflichtet sind; die Bürgermeister dürfen hiebei jedoch nur Tatsachen geltend machen, die sie in Vollziehung eines Bundes- oder Landesgesetzes ermittelt haben und die keinem Übermittlungsverbot unterliegen. Bestehen auf Grund dieser Vorbringen Zweifel darüber, ob der Betroffene In einer bestimmten Gemeinde (Abs2 Z1 oder 2) einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, so kann zum Ermittlungsergebnis eine Stellungnahme des Österreichischen Statistischen Zentralamtes eingeholt werden.
(3a) Anträge gemäß Abs2 Z2 sind auch ohne Nachweis des Bestehens eines Mittelpunktes der Lebensbeziehungen in dieser Gemeinde zulässig, wenn der Betroffene keine vollständige oder eine in sich widersprüchliche Wohnsitzerklärung abgegeben hat, obwohl er unter Setzung einer Nachfrist auf diese Folge hingewiesen wurde. In Fällen, in denen der Bürgermeister ein Reklamationsverfahren beantragt, nachdem der Betroffene trotz Hinweises auf diese Folge seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Wohnsitzerklärung innerhalb der Nachfrist nicht nachgekommen ist, haben die Bezirksverwaltungs-, Schul-, Kraftfahr- und Finanzbehörden sowie die Träger der Sozialversicherung dem Bürgermeister auf Anfrage alle Hinweise auf das Vorliegen eines Wohnsitzes des Betroffenen, dessen Ehegatten, Lebensgefährten oder eingetragenen Partner und dessen ledige minderjährige Kinder mitzuteilen; solche Auskünfte können auch von der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices eingeholt werden, die zur Auskunftserteilung verpflichtet ist. Dieses Auskunftsrecht kommt dem Bürgermeister auch zu, wenn sich ein Betroffener – trotz Hinweises auf diese Folge – weigert, im Reklamationsverfahren mitzuwirken.
(4) Wird der Hauptwohnsitz des Betroffenen aufgehoben, so ist diesem in dem Bescheid außerdem aufzutragen, binnen einem Monat bei der für seinen nunmehrigen Hauptwohnsitz zuständigen Meldebehörde die erforderliche Meldung vorzunehmen; dies gilt nicht, wenn Grund zur Annahme besteht, der Betroffene habe im Inland keinen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen.
(5) Der Bescheid ist nach Eintritt der Rechtskraft den für die betroffenen Gemeinden zuständigen Meldebehörden mitzuteilen. Die für die Unterkunft gemäß Abs2 Z1 zuständige Meldebehörde hat allenfalls auf Grund des Bescheides ihr Melderegister mit dem Datum der Rechtskraft des Bescheides zu berichtigen.
(6) Gegen den Bescheid können die Bürgermeister, die im Verfahren Parteienstellung hatten, Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an das Landesverwaltungsgericht und gegen dessen Erkenntnis Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Örtlich zuständig ist das Landesverwaltungsgericht jenes Landes in dem der Betroffene bei Einleitung des Reklamationsverfahrens mit Hauptwohnsitz angemeldet war."
5. §3 der Verordnung der Bundesregierung über die Ausschreibung der Wahl des Bundespräsidenten, die Festsetzung des Wahltages und des Stichtages, BGBl II 28/2016, lautet:
"§3. Als Stichtag wird der 23. Februar 2016 bestimmt."
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß – dem durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 neu geschaffenen – Art141 Abs1 litf B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen, gemäß litg leg.cit. zudem über die Anfechtung von selbstständig anfechtbaren Bescheiden und Entscheidungen der Verwaltungsbehörden sowie – sofern bundes- oder landesgesetzlich vorgesehen – der Verwaltungsgerichte u.a. in diesen Fällen. Vom zitierten Begriff der "Wählerevidenzen" sind auch Wählerverzeichnisse (Wählerlisten) umfasst (vgl. VfSlg 19.944/2015). Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die (gemäß Art130 Abs5 iVm Art141 Abs1 litg B-VG) in den Fällen der lita bis f des Art141 Abs1 B-VG ergehen, sind keiner Beschwerde auf Grund des Art144 B-VG, sondern allein der Anfechtung auf Grund des Art141 B-VG zugänglich (vgl. wiederum VfSlg 19.944/2015, sowie VfGH 11.3.2015, E156/2015; 11.3.2015, E157/2015).
1.2. Gemäß §67 Abs4 VfGG sind auf "das Verfahren über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen […] die Bestimmungen dieses Abschnittes über Wahlanfechtungen, die auf die Rechtswidrigkeit eines Bescheides oder einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichtes gegründet werden, sinngemäß anzuwenden". Eine Regelung über die Anfechtungslegitimation bei Wahlanfechtungen enthält §67 Abs2 Satz 2 VfGG: Demnach sind zur Anfechtung von Wahlen "Wählergruppen (Parteien) berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter. Sieht die Wahlordnung keine derartige Anmeldung von Wahlvorschlägen vor, so richtet sich die Berechtigung zur Anfechtung von Wahlen vor dem Verfassungsgerichtshof nach den besonderen Bestimmungen solcher Wahlordnungen. Eine Wahlanfechtung kann auch der Wahlwerber einbringen, der behauptet, dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt wurde". Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, dass diese Regelung des VfGG, wie schon Aufbau und Systematik zeigen, auf die Anfechtung von Volkswahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern (insbesondere Nationalrats-, Landtags- und Gemeideratswahlen) zugeschnitten ist und Verfahren über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen nicht berücksichtigt. Läge in dieser Gesetzesnorm eine abschließende Regelung der Legitimation auch zur Anfechtung von Aufnahmen in oder Streichungen aus Wählerevidenzen nach Art141 Abs1 litf B-VG, würde dies zur Folge haben, dass auch einem von der rechtswidrigen Nichteintragung (Streichung) in (aus) eine(r) Wählerevidenz betroffenen Wahlberechtigten keine Legitimation zur Anfechtung dieser Entscheidung zukommt; dies obgleich er dadurch in seinem durch Art60 Abs1 iVm Art26 Abs1 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Wahlrecht des Bundespräsidenten verletzt wäre (vgl. etwa VfSlg 11.220/1987, 11.676/1988, 15.016/1997, 15.437/1999, 18.521/2008). Eine sinngemäße Anwendung von §67 Abs2 VfGG auf Verfahren über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen (Wählerverzeichnisse) und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen (Wählerverzeichnissen) kommt somit nicht in Betracht.
1.3. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung hervorgehoben hat, ist die Anfechtungslegitimation – bei Fehlen entsprechender bundesgesetzlicher Regelungen – unmittelbar aus Art141 B-VG selbst abzuleiten (vgl. VfSlg 9044/1981, 9912/1984, 15.816/2000, 19.648/2012, 19.785/2013; VfGH 18.2.2016, WIII1/2016). Gemäß Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann die Anfechtung gemäß litg auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens gegründet werden. Demnach ist für die Beurteilung der Frage, welchen Personen in Verfahren über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen (Wählerverzeichnisse) und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen (Wählerverzeichnissen) Anfechtungslegitimation zukommt, auf die einfachgesetzliche Ausgestaltung des zugrunde liegenden Verfahrens Bedacht zu nehmen:
Gemäß §5 Abs1 BPräsWG sind Wahlberechtigte in Wählerverzeichnisse einzutragen, die vor jeder Wahl des Bundespräsidenten neu anzulegen sind. Für das Berichtigungs- und Beschwerdeverfahren gelten gemäß §5 Abs2 BPräsWG dabei die §§28 bis 32 NRWO. Gemäß §28 NRWO kann innerhalb des Einsichtszeitraumes jeder Staatsbürger unter Angabe seines Namens und der Wohnadresse gegen das Wählerverzeichnis bei der zur Entgegennahme von Berichtigungsanträgen bezeichneten Amtsstelle (§25 Abs2 NRWO) schriftlich oder mündlich Berichtigungsanträge stellen. Der Antragsteller kann die Aufnahme eines Wahlberechtigten in das Wählerverzeichnis oder die Streichung eines nicht Wahlberechtigten aus dem Wählerverzeichnis begehren. Über einen Berichtigungsantrag hat außerhalb von Wien die Gemeindewahlbehörde zu entscheiden (§30 Abs1 NRWO). §32 NRWO sieht vor, dass gegen die Entscheidung über Berichtigungsanträge gemäß §30 Abs1 NRWO der Antragsteller sowie der von der Entscheidung Betroffene bei der Gemeinde schriftlich eine Beschwerde einbringen können, über die das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hat.
Obgleich der Anfechtungswerber zwar nicht selbst von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes betroffen ist, wird ihm durch die genannten Be-stimmungen bereits im Berichtigungsverfahren der Wählerverzeichnisse eine Antrags- und Beschwerdelegitimation und somit Parteistellung eingeräumt. Im Hinblick darauf, dass eine Anfechtung gemäß Art141 Abs1 Satz 2 B-VG auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens zu gründen ist und keine andere Beschränkung der Anfechtungslegitimation vorgesehen ist (vgl. etwa Art144 Abs1 B-VG), ist die Anfechtungslegitimation des Anfechtungswerber gegeben (vgl. idS VfSlg 15.816/2000).
1.4. Eine auf Art141 B-VG gestützte Anfechtung ist rechtzeitig, wenn sie innerhalb der in §67 Abs4 iVm §68 Abs1 VfGG festgelegten (vierwöchigen) Anfechtungsfrist eingebracht wird. Die am 12. April 2016 eingebrachte Anfechtung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. März 2016, die dem Anfechtungswerber noch am selben Tag zugestellt wurde, erweist sich somit als rechtzeitig.
1.5. Da keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist die Anfechtung zulässig.
2. In der Sache
2.1. Eine Anfechtung gemäß Art141 Abs1 litg B-VG kann auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens gegründet werden. Der Verfassungsgerichtshof hat einer Anfechtung stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens erwiesen wurde und auf das Verfahrensergebnis von Einfluss war.
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur in den Grenzen der vom Anfechtungswerber in der Anfechtungsschrift behaupteten Rechtswidrigkeiten nachzuprüfen. Es ist ihm hingegen verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Wahlverfahrens darüber hinaus von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl. VfSlg 17.589/2005, 19.245/2010, 19.908/2014; VfGH 25.9.2015, WI5/2015; 24.11.2015, WI12/2015 ua.; 24.2.2016, WI9/2015 ua.; 1.7.2016, WI6/2016).
2.3. Der Anfechtungswerber bringt zusammengefasst vor, dass er das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes der Betroffenen auf Grund seiner persönlichen Wahrnehmung als nicht gegeben erachte. Die Entscheidung der Gemeindewahlbehörde sei nicht in der äußeren Form eines Bescheides ergangen; weder sei diese mit Bescheid überschrieben noch begründet worden. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei er nicht einvernommen und daher Art6 EMRK verletzt worden. Auch habe das Bundesverwaltungsgericht nicht innerhalb der in §32 Abs2 NRWO vorgesehenen viertägigen Frist entschieden.
2.4. Soweit der Anfechtungswerber geltend macht, dass es sich bei der dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugrunde liegenden Erledigung um keinen der Beschwerdeerhebung an das Verwaltungsgericht zugänglichen Bescheid handle, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Erledigung dann als Bescheid zu qualifizieren ist, wenn sie von einer Verwaltungsbehörde gegenüber individuell bestimmten Personen erlassen wird und eine konkrete Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt; wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, ob sie nun unter Einhaltung der von den Verwaltungsvorschriften für die Bescheiderlassung aufgestellten Voraussetzungen erlassen worden ist oder nicht (s. etwa VfSlg 19.622/2012 mwN). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gemäß ArtI Abs3 Z4 EGVG die Verwaltungsverfahrensgesetze in Wahlangelegenheiten nicht anzuwenden sind (vgl. VfSlg 19.733/2013 mwN). Das Bundesverwaltungsgericht ist zu Recht vom Vorliegen eines Bescheides ausgegangen.
2.5. Der Anfechtungswerber ist mit seiner Behauptung, die Betroffene sei rechtswidrigerweise in das Wählerverzeichnis der Stadt Wels aufgenommen worden, nicht im Recht. Dabei ist – auf das Wesentliche zusammengefasst – von folgender Rechtslage auszugehen:
2.5.1. Gemäß §5 BPräsWG iVm §36 NRWO nehmen an der Bundespräsidentenwahl nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind. Gemäß §5 BPräsWG iVm §23 NRWO sind die Wahlberechtigten bei der Bundespräsidentenwahl in Wählerverzeichnisse einzutragen, deren Anlegung den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes obliegt. Gemäß §5 Abs2 BPräsWG iVm §24 Abs1 NRWO ist jeder Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis des Ortes (der Gemeinde, des Wahlsprengels) einzutragen, wo er am Stichtag seinen Hauptwohnsitz hat. Die Wählerverzeichnisse sind dabei von den Gemeinden unter Bedachtnahme auf §21 Abs1 NRWO (Wahlrecht) auf Grund der Wählerevidenz anzulegen (§23 Abs3 NRWO). §1 Abs1 Wählerevidenzgesetz 1973 sieht korrespondierend dazu vor, dass in jeder Gemeinde eine ständige Wählerevidenz zu führen ist. Diese dient als Grundlage für die vor einer Wahl des Bundespräsidenten oder des Nationalrates sowie bei Volksbegehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen anzulegenden Verzeichnisse. Gemäß §2 Abs1 leg.cit. sind in die Wählerevidenz auf Grund der im Melderegister enthaltenen Angaben alle Männer und Frauen einzutragen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, vor dem 1. Jänner des Jahres der Eintragung das 14. Lebensjahr vollendet haben, vom Wahlrecht zum Nationalrat nicht ausgeschlossen sind und in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben. Gemäß §2 Abs2 leg.cit. sind Personen, die ihren Hauptwohnsitz in eine andere Gemeinde verlegen, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Eintragung in die Wählerevidenz dieser Gemeinde einzutragen. In der Wählerevidenz der Gemeinde, in der sie ihren Hauptwohnsitz aufgegeben haben, sind sie zu streichen.
Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 18.551/2008 ausgeführt hat, liegt der mit dem Wählerevidenzgesetz 1973 verfolgte Zweck darin, bei der Führung der Wählerevidenz im Prinzip alle Wahlberechtigten zu erfassen und dabei allenfalls auftretende Zweifelsfragen der Wahlberechtigung ohne den Zeitdruck einer bevorstehenden Wahl rechtlich einwandfrei lösen zu können. Daher ist bei der Anlegung des jeweiligen Wählerverzeichnisses auf diese möglichst umfassende Wählerevidenz zurückzugreifen; im Übrigen soll der Kreis der Wahlberechtigten im Wählerverzeichnis nur mehr aktualisiert werden.
2.5.2. Der Begriff des Hauptwohnsitzes ist in der Rechtsordnung an mehreren Stellen definiert. Gemäß Art6 Abs3 B-VG ist er dort begründet, wo sich eine Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, hier den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu schaffen. Trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen einer Person auf mehrere Wohnsitze zu, so hat sie jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem sie das überwiegende Naheverhältnis hat (vgl. ebenso §1 Abs7 MeldeG). Durch die Verweisung des §23 Abs3 NRWO auf die Wählerevidenzen, denen wiederum gemäß §2 Abs1 Wählerevidenzgesetz 1973 die nach dem MeldeG zu erstellenden Melderegister zugrunde liegen, wird deutlich, dass bezüglich der Bestimmung des Hauptwohnsitzes auf die melderechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen ist (vgl. dazu auch die Erläut. zur RV des Hauptwohnsitzgesetzes, 1334 BlgNR 18. GP, 14). Das MeldeG enthält in diesem Sinn spezifische Regelungen zur Feststellung des Hauptwohnsitzes einer Person (vgl. dazu etwa §15 leg.cit. zur Berichtigung des Melderegisters, §15a leg.cit. zur Abgabe einer Wohnsitzerklärung sowie §17 leg.cit. zum Reklamationsverfahren).
2.5.3. In Anbetracht der dargestellten Rechtslage und des Umstandes, dass der Anfechtungswerber als Grund für das Nichtvorliegen eines Hauptwohnsitzes der Betroffenen (§28 Abs3 NRWO) lediglich auf seine "persönliche Wahrnehmung" und jene seiner Ehefrau verwiesen hat, kann der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht entgegengetreten werden, wenn es für die Frage, ob die Betroffene aus dem Wählerverzeichnis zu streichen ist, an ihren zum Stichtag, dem 23. Februar 2016 (§3 VO BGBl II 28/2016), nach dem MeldeG gemeldeten Hauptwohnsitz in Wels anknüpft und sich bei der Begründung insbesondere auf ihre gemäß §15a MeldeG erstattete Wohnsitzerklärung vom 2. Februar 2016 stützt, wonach die Betroffene ihre Aufenthaltsdauer – angesichts eines erhöhten Betreuungsbedarfes ihrer Mutter – über den Verlauf eines Jahres mit 205 Tagen an der Anschrift in Wels und 160 Tagen an jener in Wien bezifferte. Im Hinblick auf Art6 Abs3 B-VG und §1 Abs7 Satz 2 MeldeG, wonach für den Fall, dass die sachlichen Voraussetzungen eines Hauptwohnsitzes (§1 Abs7 Satz 1 MeldeG) bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zutreffen, er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen hat, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat, kommt nämlich der zeitnah zum Stichtag erstatteten Wohnsitzerklärung besondere Bedeutung zu (vgl. idS die Erläut. zur RV des Hauptwohnsitzgesetzes, 1334 BlgNR 18. GP, 12, wonach bezüglich der Frage, zu welchem Wohnsitz ein "überwiegendes Naheverhältnis" besteht, "die persönliche Einstellung des Betroffenen […] den Ausschlag [gibt]"; vgl. Thienel, Art6 B-VG, in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 1. Lfg., 1999, Rz 85 ff.; vgl. VfSlg 19.964/2015). Eine vom Anfechtungswerber behauptete Rechtswidrigkeit des Verfahrens hat sich somit nicht ergeben.
2.6. In Anbetracht der unter Pkt. III.2.5. dargestellten Sach- und Rechtslage kann dem Bundesverwaltungsgericht ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren nicht vorgeworfen werden (vgl. idS VfSlg 15.016/1997 mwN). Entgegen der Ansicht des Anfechtungswerbers sind Verfahren über die Aufnahme und Streichung von Personen aus Wählerverzeichnissen von Art6 EMRK nicht umfasst (vgl. mwN Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention6, 2016, §24, Rz 14, wonach Rechte aus dem politischen Bereich keine "civil rights" darstellen).
2.7. Da eine Rechtswidrigkeit des Verfahrens somit nicht erwiesen werden konnte, konnte auch die Nichtbeachtung der viertägigen Entscheidungsfrist des §32 Abs2 NRWO nicht von Einfluss auf das Verfahrensergebnis sein (Art141 Abs1 Satz 3 B-VG).
IV. Ergebnis
1. Der Anfechtung ist daher nicht stattzugeben.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Wahlen, Wählerevidenz, Wahlrecht, Bundespräsident, Wohnsitz, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2016:WIV1.2016Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018