Index
L6500 Jagd, WildNorm
B-VG Art140 Abs1 / PrüfungsumfangLeitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Regelungen über die Jagdfreistellung von Grundstücken im Kärntner JagdG 2000; spezifisches öffentliches Interesse in Österreich und im Besonderen in Kärnten an einer flächendeckenden Jagdbewirtschaftung zur Hintanhaltung von Wildschäden im Wald angesichts der im europäischen Vergleich höchsten Schalenwilddichte; kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht eines die Jagd aus ethischen Gründen ablehnenden Grundeigentümers durch die Verpflichtung zur Duldung der Jagdausübung; Erfordernis einer Umzäunung des Grundstücks für ein "Ruhen der Jagd" nicht unverhältnismäßigSpruch
I. §15 Abs2 und Abs3 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 (K-JG), LGBl Nr 21, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E1354/2015 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer näher bezeichneter Waldgrundstücke in Spittal an der Drau mit einer Gesamtfläche von rund 6,5 ha. Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2014 beantragte er bei der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau, dass seine Grundstücke für jagdfrei erklärt werden, mit der Folge, dass auf diesen Grundstücken keine Tiere erschossen (i) und keine Wildhegemaßnahmen wie zum Beispiel Fütterungen durchgeführt werden dürfen (ii), alle jagdlichen Maßnahmen zu unterlassen sind (iii), die Errichtung von der Jagd dienenden Einrichtungen wie von Futter- oder Leckplätzen sowie von Schieß- oder Hoch-ständen sowie allen sonstigen jagdlichen Einrichtungen untersagt wird (iv) und die Entfernung von der Jagd dienenden Einrichtungen wie Futter- oder Leck-plätzen sowie von allen sonstigen jagdlichen Einrichtungen der Jägerschaft aufgetragen oder dem Grundstückseigentümer erlaubt wird (v).
Der Beschwerdeführer begründete den Antrag damit, dass durch die Ausrottung der heimischen Tierarten Luchs, Wolf und Bär sowie durch Fütterungen der Wildbestand unnatürlich hoch sei. Dadurch sei es fast unmöglich, einen Jungwald heranzuziehen. Der Beschwerdeführer lehne die Jagd grundsätzlich ab, was sich etwa in seiner beinahe veganen Lebensweise zeige. Er trete für eine natürliche Regulierung des Wildbestandes durch die Wiederansiedelung von Bären, Luch-sen und Wölfen und die Unterlassung von Fütterungsmaßnahmen ein.
1.2. Die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau wies den Antrag mit Bescheid vom 21. Jänner 2015 zurück. Ein Verfahren zur Jagdfreistellung von Grundstücken aus ethischen Gründen sei im Kärntner Jagdgesetz nicht vorgesehen.
1.3. Das Landesverwaltungsgericht Kärnten wies die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde ab. Das Kärntner Jagdgesetz sehe eine Jagdfreistellung auf Waldgrundstücken nicht vor. Vielmehr fließe das Jagdrecht aus dem Grundeigentum, sei mit diesem verbunden und könne als selbständiges Recht nicht begründet werden. Da es keine gesetzliche Grundlage für eine Erledigung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages gebe, sei zutreffend ein zurückweisender Bescheid erlassen worden.
2. Gegen diese Entscheidung wurde eine, auf Art144 B-VG gestützte, Beschwerde erhoben, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der als verfassungswidrig bezeichneten Gesetzesbestimmungen der §§1 Abs1 iVm 2 Abs2 litb iVm 6 Abs1 Kärntner Jagdgesetz 2000 (K-JG), LGBl 21 (Wv) idF 85/2013, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird. Auszugsweise wird in der Beschwerde Folgendes vorgebracht:
"Das Kärntner Jagdgesetz idF LGBl Nr 21/2000, zuletzt geändert durch LGBl Nr 85/2013, sieht eine zwangsweise Bejagung von Grundstücken vor. Dies gilt insbesondere für Grundstücke mit einer Fläche von weniger als 115qm [gemeint wohl: 115 ha], die in einem Gemeindejagdgebiet zusammengefasst sind.
Grundstückseigentümer haben keine Möglichkeit, auch nicht aus ethischen Überlegungen, die Jagd auf ihren Grundstücken zu verbieten. Dies gilt sowohl für Eigenjagdbesitzer, die gemäß §2 Abs3 K-JG bei sonstiger Strafbarkeit gemäß §98 Abs1 Z3 K-JG einen Jagdausübungsberechtigten bestellen müssen, auch wenn sie aus ethischen Gründen die Jagd ablehnen, als auch für Waldeigentümer, deren Grundstücke in einer Gemeindejagd zusammengefasst sind. Diese haben überhaupt keine Möglichkeit auf die Jagdausübung Einfluss zu nehmen.
Zwar wird eine pauschale Entschädigung für das Jagdrecht bezahlt, diese ist jedoch mit weniger als EUR 10 pro Hektar sehr gering. Für Verbissschäden durch das Wild wird keine gesonderte Entschädigung gezahlt. Im Übrigen sei darauf verwiesen, dass es dem Beschwerdeführer nicht auf Entschädigungszahlungen ankommt, sondern er die Jagd in der heute praktizierten Form aus ethischen Überzeugungen ablehnt.
Die Rechtslage in Kärnten entspricht damit fast deckungsgleich jener in Deutsch-land vor dem Gesetz zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften vom 29.5.2013. Mit dem zitierten Gesetz wurde §6a in das Bundesjagdgesetz aufgenommen. Dadurch wurde es in Deutschland für Waldeigentümer möglich, einen Antrag zu stellen, wonach Grundstücke jagdfrei erklärt werden können, wenn der Eigen-tümer glaubhaft macht, die Jagd aus ethischen Gründen abzulehnen (jagdfreie Bezirke).
Die genannte Änderung des deutschen Bundesjagdgesetzes erfolgte aufgrund einer Entscheidung des EGMR: Mit Urteil vom 26.6.2012 zu Beschwerde Nr 9300/07 hat die Große Kammer des EGMR festgestellt, dass das deutsche Jagdrecht und die darin vorgesehene Zwangsbejagung gegen Art1 des 1. Zu-satzprotokolls der MRK verstoßen. Dabei hat der EGMR im Wesentlichen auch jene Aspekte berücksichtigt, die in Österreich für eine Verfassungsmäßigkeit des durch das Kärntner Jagdrecht erfolgenden Eingriffs in die Freiheit des Eigentums vorgebracht werden könnten, nämlich insbesondere eine Abwägung zwischen dem Eigentumseingriff und öffentlichen Interessen. Während die Kleine Kammer im Urteil vom 20.1.2011 noch von der Rechtmäßigkeit des Eingriffs ausging (und die Interessensabwägung zugunsten der Bejagung ausging), hat die Große Kam-mer des EGMR mit Urteil vom 26.6.2015 entschieden, dass die Zwangsbejagung jedenfalls (und unabhängig von einer etwaigen Entschädigung) dann gegen Art1 des 1. Zusatzprotokolls der MRK verstößt, wenn der Grundstückseigentümer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt. Ein Eigentümer ist in seiner eigentums-rechtlichen Disposition grundsätzlich durch die Gewährleistungen von Art1 des 1. Zusatzprotokolls der MRK geschützt.
Beim Urteil des EGMR vom 26.6.2012 zur Rechtslage in Deutschland handelt es sich um die Fortsetzung einer gefestigten Rechtsprechung des EGMR, da sinnge-mäß ähnliche Urteile bereits in Hinblick auf das Jagdrecht in Frankreich und Luxemburg ergangen waren.
Nichts anderes gilt auch für Österreich, wo der MRK und ihren Zusatzprotokollen ja Verfassungsrang zukommen.
Im konkreten Fall sind die Ausführungen des EGMR im Urteil vom 26.6.2012 aufgrund der deckungsgleichen Rechtslage in Kärnten und Deutschland (vor dem Gesetz zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften vom 29.5.2013) unmittelbar auch für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Kärntner Jagdgesetzes heranzuziehen.
Bei einem Vergleich des Kärntner Jagdgesetzes mit der vom EGMR im Urteil vom 26.6.2012 zu beurteilenden Rechtslage in Deutschland ist festzustellen, dass die Interpretation von Art1 des 1. Zusatzprotokolls der MRK durch den EGMR auch mit der Kärntner Rechtslage nicht in Einklang zu bringen ist.
Die im Kärntner Jagdrecht vorgesehene Zwangsbejagung von Waldgrundstücken (sowohl betreffend Eigenjagden als auch betreffend Gemeindejagden) wider-spricht somit Art1 des 1. Zusatzprotokolls der MKR und damit österreichischem Verfassungsrecht."
3. Die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau hat die Verwaltungsakten vorgelegt, aber von der Erstattung einer Äußerung abgesehen. Auch das Landes-verwaltungsgericht Kärnten sah von der Erstattung einer Äußerung ab.
4. Bei der Behandlung dieser Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §15 Abs2 bis Abs4 K-JG entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 10. Dezember 2015 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"[…]Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der Beschwerdeführer als Eigentümer von Grundstücken im Gemeindejagdgebiet grundsätzlich gezwungen ist, die Jagdausübung auf seinen Grundstücken durch dritte Personen zu dulden. Das ergibt sich aus der Bestimmung des §2 Abs2 litb K-JG, wonach im Ge-meindejagdgebiet die Gemeinde jagdausübungsberechtigt ist. Aus dem im K-JG etablierten Regelungssystem ergibt sich, dass ein Grundeigentümer im Gemein-dejagdgebiet, der die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, keine adäquate Möglichkeit hat, die Jagdausübung auf seinem Grundstück zu verhindern. Diesen vorläufigen Schluss zieht der Verfassungsgerichtshof aus der Bestimmung des §15 K-JG, die in Abs1 bestimmte Grundstücke von der Bejagung ausnimmt (insbesondere die zu Häusern und Gehöften gehörigen, durch Umfriedung vollständig abgeschlossenen Höfe und Hausgärten und Flächen in unmittelbarer Nähe zu nicht derart abgeschlossenen Gebäuden sowie industriellen oder ge-werblichen Zwecken dienende Werksanlagen) und für sonstige Grundstücke in Abs2 regelt, dass das Ruhen der Jagd beantragt werden kann. Die Jagdbehörde hat dem Antrag stattzugeben, wenn das Grundstück durch eine feste Umfriedung dauernd umschlossen ist, wobei eine Verhagung durch landesübliche Weidezäu-ne nicht ausreicht (§15 Abs3 K-JG). Daraus scheint sich zu ergeben, dass die Umfriedung eine gewisse Höhe und Festigkeit aufweisen muss und damit unzu-mutbare Kosten verbunden sein können (vgl. EGMR 29. April 1999, Fall Chassag-nou u.a. gegen Frankreich, Appl. Nr 25.088/94, 28.331/95 und 28.443/95, Rz 82). Im Gesetzesprüfungsverfahren wird zu prüfen sein, ob vor dem Hinter-grund der […] Rechtsprechung des EGMR [Chassagnou u.a. gegen Frankreich, Schneider gegen Luxemburg, Urteil vom 10. Juli 2007, Appl. Nr 2113/04, und Herrmann gegen Deutschland, Urteil vom 26. Juni 2012, Appl. Nr 9300/07] und ausgehend von der Annahme, dass die darin getroffenen Aussagen ungeachtet der alpin geprägten Topographie und der Besonderheiten der Fauna im Land Kärnten und der mit der Jagd verbundenen öffentlichen Interessen in Österreich auf die Kärntner Rechtslage übertragbar sind, die ausnahmslose Duldungspflicht iSd Art1 Abs2 1. ZP EMRK gerechtfertigt ist, zumal der Eingriff in das Eigentumsrecht wegen der damit einhergehenden Pflicht des Beschwerdeführers, eine ethisch abgelehnte Aktivität auf dem eigenen Grundstück dulden zu müssen, eine besondere Intensität aufzuweisen scheint."
5. Die Kärntner Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:
5.1. Die Bestimmung des §15 Abs2 bis Abs4 K-JG sei für das Anlassverfahren nicht präjudiziell. Der Antrag des Beschwerdeführers, dass seine Grundstücke für jagdfrei erklärt werden, habe sich nicht auf das in §15 K-JG geregelte Verfügen des "Ruhens der Jagd" bezogen. Mit dieser Verfügung seien auch nicht jene Rechtswirkungen verbunden, die der Beschwerdeführer in seinem Antrag angestrebt hätte. Es erscheine daher ausgeschlossen, dass die Behörde die Bestimmung des §15 Abs2 bis Abs4 K-JG im Anlassverfahren anzuwenden gehabt hätte.
5.2. In der Sache bringt die Kärntner Landesregierung vor, dass eine dauernde Einfriedung gemäß §15 Abs2 K-JG dem Jagdausübungsberechtigten als faktische Orientierungshilfe diene und notwendig sei, um das Aus- und Einwechseln von Wild auf jagdfreie Grundstücke und den Rückzug von Wild auf diese Grundflächen zu verhindern. Durch die Einfriedung sollen sie dem Schalenwild nicht mehr als Einstands- und Äsungsfläche zur Verfügung stehen. Ohne Einfriedung bestünde die Gefahr, dass auf den Grundflächen keine Maßnahmen zur Erhaltung eines gesunden Wildbestandes getroffen werden könnten. Abschussnotwendiges Wild könnte grundsätzlich nicht erlegt und Maßnahmen zum Schutz vor Raubwild oder vor wildernden Hunden und Katzen und zum Schutz vor Wildkrankheiten nicht ergriffen werden. Es wäre mit einem höheren Maß an Wildschäden auf diesen Grundstücken und in ihrer Umgebung zu rechnen. Dies würde insbesondere die Land- und Forstwirtschaft in der Nachbarschaft betreffen. Auch für die im Rahmen der Jagdausübung gebotene Nachsuche von Wild sei eine räumliche Abgrenzung von Bereichen, die der Jagdausübung entzogen werden sollen, aus Gründen des Tierschutzes unerlässlich. Die Verpflichtung des Eigentümers, die Jagd auf seinem Grundstück zu dulden, sei durch das öffentliche Interesse an einer geordneten Jagdwirtschaft und Jagdpolizei gerechtfertigt. Die Jagdfreistellung einzelner Grundstücke würde das rechtspolitische Konzept und Ordnungssystem des K-JG aushöhlen und überhaupt in Frage stellen. Nur durch eine planmäßige Ausübung der Jagd könne ein artenreicher und gesunder Wildbestand erzielt und erhalten werden. Die effektive Jagdausübung sei auch im Interesse des Waldschutzes geboten. Kärnten zähle zur alpinen biogeographischen Region, weshalb ein großer Anteil der Waldfläche Schutzwaldfunktion habe. Da forstwirtschaftlich eine rechtzeitige und ausreichende Verjüngung der Wälder erforderlich sei, bedürfe es korrespondierender jagdlicher Maßnahmen, um den waldgefährdenden Wildbestand zu begrenzen. Das gelte umso mehr für den Schutzwald.
Die Kärntner Landesregierung weist auch auf die gemäß Art6 des Übereinkommens über biologische Vielfalt, BGBl 213/1995, erarbeitete "Biodiversitäts-Strategie Österreich 2020+" hin, nach der die Schalenwildbestände zum Zwecke der Hinanthaltung von Verbissschäden reduziert werden sollen.
Das Land Kärnten sei zudem wegen Art13 des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention im Bereich Berglandwirtschaft, BGBl III 213/2002, und Art2 litb des Protokolls zur Durchführung der Alpenkonvention im Bereich Bergwald, BGBl III 233/2002, völkerrechtlich verpflichtet, den Wildbestand im Interesse der Land- und Forstwirtschaft zu regeln bzw. den Schalenwildbestand zu begrenzen. Diese völkerrechtliche Verpflichtung werde im wildökologischen Raumplan (§55a K-JG) in der Abschussplanung (§§55 bis 57 K-JG) umgesetzt.
Der gemäß Art1 1. ZPEMRK gebotene Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Gemeinwohls und dem Grundrechtsschutz der zur Duldung verpflichteten Grundeigentümer erscheine gegeben, weil dem Grundeigentümer ein Anteil am Pachtzins und ein verschuldensunabhängiger Haftungsanspruch gegenüber dem Jagdausübungsberechtigten zustehe. Auch hätten die Eigentümer der die Gemeindejagd bildenden jagdlich nutzbaren Grundstücke, auf denen die Jagd nicht ruht, Mitspracherechte bei der Ausübung der Jagd. Der Jagdausübungsberechtigte sei gemäß §3 Abs2 zweiter Satz K-JG zur Berücksichtigung der Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft verpflichtet. Die Grundeigentümer hätten die Möglichkeit, an der Erlassung des wildökologischen Raumplans und der Abschussrichtlinien zu partizipieren (§56 K-JG iVm §3 liti und §5 Kärntner Umweltplanungsgesetz). Zudem sei für einen Grundeigentümer, der ethische Bedenken gegen die Jagdausübung hegt, die bloße Duldung der Jagdausübung durch Dritte eher zumutbar als die – sonst gemäß §3 K-JG verpflichtende – aktive Jagdausübung.
Für das Erfordernis der adäquaten Umfriedung im Sinne des §15 Abs2 K-JG sei auch der Schutz der Vermögenspositionen Dritter ins Treffen zu führen. Durch das freie Ein- und Auswechseln von Wild auf diesen Grundstücken käme es in deren Umgebung zu vermehrten Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft, für die der Jagdausübungsberechtigte gemäß §74 K-JG aufkommen müsste.
Die Kärntner Rechtslage unterscheide sich wesentlich von der jeweiligen nationalen Rechtslage in den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedenen Fällen Chassagnou ua. gegen Frankreich, Schneider gegen Luxemburg und Herrmann gegen Deutschland. Die Unterschiede würden sich aus der gesetzlichen Konstruktion der Gemeindejagd, der Bindung an die Alpenkonvention, der durchgängigen jagdrechtlichen Integration der Interessen der Land- und Forstwirtschaft und der landesweiten wildökologischen Raumplanung und Abschussplanung ergeben. Das K-JG übertrage das Jagdausübungsrecht auf eine Gebietskörperschaft und ordne die Befugnis zur Entscheidung über die Art der Verwertung einem demokratisch legitimierten allgemeinen Vertretungskörper zu, welcher zudem unter Aufsicht der Bezirksverwaltungsbehörde stehe. In den Rechtsordnungen, die den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entschiedenen Fällen zugrunde lagen, sei das Jagdausübungsrecht hingegen Jagdgenossenschaften und -verbänden übertragen worden.
Die Bestimmung des §15 Abs4 K-JG verbiete bestimmte Maßnahmen auf Grundflächen, auf denen die Jagd ruht. Es solle verhindert werden, dass auf diesen Grundflächen Maßnahmen zur Erhöhung des Wildbestandes gesetzt werden, ohne dass dort die reguläre Jagd ausgeübt werden könne. Diese Regelung erscheine geeignet und erforderlich, um das wildökologische Geschehen nicht einseitig negativ zu beeinflussen und um Wildschäden zu vermeiden.
6. Die Landesregierungen von Salzburg, Tirol und Oberösterreich haben Äußerungen erstattet, in denen sie im Wesentlichen das öffentliche Interesse an der flächendeckenden – nur durch eingefriedete Grundstücke unterbrochenen –Jagdausübung und die zu ihren Gunsten wiegende Interessensabwägung betonen und die Unterschiede der Kärntner Rechtslage gegenüber den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geprüften Regelungssystemen hervorkehren.
7. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) erstattete eine Äußerung, in der es den hohen Anteil an Schutzwald in den Kärntner Waldflächen, die Notwendigkeit einer Verjüngung in diesen Waldflächen und deren Beeinträchtigung durch Wildverbiss betont. Würde die Jagd auf Waldflächen, in denen sich das Wild mangels dauernder fester Umfriedung gemäß §15 Abs2 K-JG frei von Bejagung aufhalten könnte, ruhen, sei davon auszugehen, dass sich Wild verstärkt in diesen Gebieten aufhalten würde. Folglich würde es auf diesen Grundstücken und in der Umgebung zu einem noch höheren Ausmaß an Wildschäden kommen. Zudem würde die Zersplitterung des Jagdgebietes die Jagdbewirtschaftung erschweren.
8. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes (BKA-VD) erstattete eine Äußerung. Darin weist er darauf hin, dass es der ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entspreche, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht abstrakt, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Situation des Eigentümers zu erfolgen hätte. Im Fall Herrmann gegen Deutschland habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als einziges Kriterium für die Bewertung des Eingriffs in die Grundrechtsposition des Eigentümers und zur Gegenüberstellung mit dem verfolgten Allgemeininteresse die ethische Überzeugung des Eigentümers herangezogen. Die Frage der Entschädigung sei letztlich als irrelevant für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit dargestellt worden. Dies führe zum erstaunlichen Ergebnis, dass in jenen Fällen, in denen der Eigentumseingriff den ethischen Überzeugungen des Eigentümers zuwiderläuft, die vermögensrechtliche Kompensation keine Rolle in der Verhältnismäßigkeitsprüfung spiele. Diese Fälle müssten notwendigerweise wie entschädigungslose Eigentumseingriffe behandelt werden. Bei Eigentumsentziehungen liege dann in der Regel ein unverhältnismäßiger Eingriff und somit eine Verletzung des Art1 1. ZPEMRK vor. Der BKA-VD betont in seiner Äußerung, dass der Grundeigentümer weder dazu gezwungen werde, selbst an der Jagd teilzunehmen, noch dazu, durch eigene Entscheidung die Jagd auf seinem Boden freizugeben. Er werde nicht in einen Gewissenskonflikt getrieben; diese Entscheidung habe vielmehr der Gesetzgeber getroffen. Aus der Gewissensfreiheit könne niemand ein Recht ableiten, die Rechtsordnung nur nach seinen Gewissensvorstellungen gestalten zu können und zu verlangen, dass seine Überzeugungen zum Maßstab der Gültigkeit genereller Rechtsnormen oder ihrer Anwendung gemacht werden. Genau zu diesem Ergebnis gelange man jedoch, wenn man – wie dies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Herrmann gegen Deutschland getan hätte – die ethische Überzeugung des Eigentümers zu einer genuin eigentumsrechtlichen Abwägungskomponente erhebe.
9. Der Österreichische Jagdverband wurde vom Verfassungsgerichtshof eingeladen, eine Äußerung zu erstatten. Er sah von dieser Möglichkeit ab und verwies auf die Äußerung der Kärntner Landesregierung, welcher er sich vollinhaltlich anschloss.
10. Der Beschwerdeführer im Anlassverfahren erstattete eine Äußerung, in der er im Wesentlichen die in der Beschwerde geäußerten Bedenken gegen §15 Abs2 bis Abs4 K-JG wiederholt.
10.1. Darüber hinaus bringt er Bedenken gegen Bestimmungen im K-JG vor, die bei einem Ruhen der Jagd gemäß §15 Abs1 und Abs2 K-JG Anwendung finden könnten:
Gegen §15 Abs5 K-JG bringt er vor, dass auf den von der Jagd freigestellten Grundstücken jede Form der Jagd – dazu gehöre auch die Aneignung von Eiern oder gefangenem Wild – unterbleiben müsste. Die Bestimmung des §65 Abs5 K-JG sei abzulehnen, weil die Wildfolge nur aus Tierschutzgründen, insbesondere zur Vermeidung von Qualen, Schmerzen und Leiden bei angeschossenem Wild, zulässig sein sollte. In allen anderen Fällen sei gegen eine Nachschau auch auf jagdfrei gestellten Grundstücken zwar nach Verständigung des Grundstücks-eigentümers nichts einzuwenden. Die weitere Bejagung (unter Gewaltanwendung) müsste aber durch das Ruhen der Jagd verboten sein. Zu §64 K-JG wolle der Beschwerdeführer im Anlassverfahren klarstellen, dass sich das darin geregelte Jägernotwegerecht nur auf fremde Jagdgebiete beziehe und nicht auf Grundstücke anwendbar sei, auf denen die Jagd ruht.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gehe davon aus, dass die zwangsweise Bejagung – und damit jede Form der Unterstützung der Jagd – Art1 1. ZPEMRK widerspricht, wenn der Grundstückseigentümer dagegen ethische Bedenken hegt. Es genüge daher nicht, dass lediglich bestimmte Formen der unmittelbaren Jagdausübung auf dem befriedeten Grundstück verhindert werden. Vielmehr müsse das K-JG dahingehend geändert werden, dass grundsätzlich alle jagdlichen Maßnahmen und die Jagd unterstützenden Handlungen zu unterlassen seien, soweit nicht die Wildfolge (und gegebenenfalls das Töten eines verletzten Tieres) aus Tierschutzgründen unbedingt erforderlich ist.
10.2. Nicht ersichtlich sei, inwiefern die alpin geprägte Topographie Kärntens Einfluss auf die Rechtswidrigkeit der Zwangsbejagung haben könne. Für den Eingriff in das Eigentumsrecht des Grundstückseigentümers sei die Topographie ebenso irrelevant wie für die Beurteilung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der derzeitigen Jagdpraxis. Es sei darauf hinzuweisen, dass auch Frankreich und Deutschland (teilweise) alpin geprägte Topographien aufweisen, welche für die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte keine Bedeutung gehabt hätten. Folglich sei auch in §6a des deutschen Bundesjagdgesetzes keine Unterscheidung von Grundstücken nach topographischen Gesichtspunkten enthalten.
11. Der Verfassungsgerichtshof führte am 27. September 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher insbesondere Fragen zum Zweck der Umfriedung gemäß §15 Abs2 K-JG und die bei einer Jagdfreistellung von nicht im Sinne dieser Bestimmung umfriedeten Grundstücken zu erwartenden Entwicklungen, insbesondere im Waldgebiet in Kärnten, erörtert wurden. Der Beschwerdeführer im Anlassverfahren präzisierte seine Position dahingehend, dass er für ein ausschließlich natürliches Auslesesystem bei Wildtieren eintrete und jegliche staatlichen Regulierungsmaßnahmen im wildökologischen Geschehen ablehne.
II. Rechtslage
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des K-JG stellen sich wie folgt dar (die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):
"1. Abschnitt
Jagdrecht und Jagdausübung
§1 Begriff des Jagdrechtes
(1) Das Jagdrecht besteht in der Befugnis, innerhalb von Jagdgebieten das Wild zu hegen, ihm nachzustellen, es zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; es umfaßt ferner die Befugnis, sich Fallwild, Abwurfstangen und die Eier des Federwildes anzueignen.
(2) Das Jagdrecht fließt aus dem Grundeigentum; es ist mit diesem verbunden und kann als selbständiges Recht nicht begründet werden.
§2 Jagdausübungsberechtigte
(1) Das Jagdrecht wird entweder als Eigenjagd oder als Gemeindejagd ausgeübt (Jagdausübungsrecht).
(2) Jagdausübungsberechtigt im Sinne dieses Gesetzes sind
a)
in Eigenjagdgebieten (§5) die Grundeigentümer (Eigenjagdberechtigten),
b)
in Gemeindejagdgebieten (§6) die Gemeinde.
(3) Wenn das Eigentum an der Grundfläche, mit dem ein Eigenjagdrecht verbunden ist, einer einzelnen physischen Person, die nicht das Recht zu jagen hat (§36 Abs1) oder die Jagd nicht selbst ausüben will, oder im übrigen mehreren physischen Personen, einer Personenvereinigung oder einer juristischen Person zusteht, und die Jagd nicht verpachtet ist, steht das Jagdausübungsrecht jener Person zu, die vom einzelnen Jagdausübungsberechtigten oder vom Vertretungsbefugten der sonstigen angeführten Jagdausübungsberechtigten der Bezirksverwaltungsbehörde namhaft gemacht wird (Bevollmächtigter). Wird ein Pachtvertrag vor Ablauf der Pachtdauer aufgelöst oder gekündigt oder erlischt er im Falle des Todes des Pächters und beträgt die noch verbleibende Pachtzeit weniger als ein Jahr, so hat der Jagdausübungsberechtigte des Eigenjagdgebietes für die noch verbleibende Zeitdauer einen Bevollmächtigten zu bestellen, sofern er nicht selbst das Recht zu jagen hat. Ein vom Jagdausübungsberechtigten bestellter Bevollmächtigter bedarf der Bestätigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde. Die Bestätigung ist zu erteilen, wenn der Bevollmächtigte als Pächter (§18) in Frage käme. Wird trotz Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde kein geeigneter Bevollmächtigter namhaft gemacht, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde bis zur Bestätigung des Bevollmächtigten einen Jagdverwalter (§34) zu bestellen. Die mit der Verwaltung verbundenen Kosten hat der Grundeigentümer zu tragen.
(4) Das Jagdausübungsrecht kann nach Maßgabe dieses Gesetzes im Wege der Verpachtung (§§16 ff.), der Bestellung von Bevollmächtigten (Abs3) oder der Bestellung von Jagdverwaltern (§34) auf dritte Personen übertragen werden.
(5) Gemeinden und agrarische Gemeinschaften haben ihr Jagdausübungsrecht zu verpachten; falls die Verpachtung nicht möglich ist, ist zur Ausübung der Jagd ein Jagdverwalter zu bestellen (§34).
(6) Verzichtet ein Eigenjagdberechtigter gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde schriftlich auf sein Jagdausübungsrecht, so ist das Eigenjagdgebiet von der Bezirksverwaltungsbehörde benachbarten Jagdgebieten anzuschließen (§10 Abs1). Ein solcher Verzicht bindet für die Dauer seiner Wirksamkeit auch den Rechtsnachfolger. Ein Verzicht hinsichtlich eines Teiles des Jagdgebietes oder eines Teiles des Jagdausübungsrechtes ist unzulässig. Der Verzicht gilt auf die Dauer der Pachtzeit der Gemeindejagd.
§3 Grundsätze eines geordneten Jagdbetriebes
(1) Die Jagd ist sachgemäß und weidgerecht unter Beachtung der Grundsätze eines geordneten Jagdbetriebes auszuüben. Es ist verboten, den Bestand einer Wildart durch eine nicht sachgemäße Jagdausübung zu gefährden. Wildlebende Vogelarten, die im Sinne der Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG) in Österreich - unbeschadet §51 Abs4a - nicht bejagt werden dürfen - dürfen ungeachtet der angewandten Methode - weder absichtlich getötet noch gefangen werden; solche Vogelarten dürfen - unbeschadet §§54 und 54a - auch nicht gehalten werden. Darüber hinaus ist die Jagd so auszuüben, daß die im öffentlichen Interesse gelegenen günstigen Wirkungen des Waldes nicht geschmälert und insbesondere waldgefährdende Wildschäden (§71 Abs3) vermieden werden.
(2) Ein geordneter Jagdbetrieb ist gegeben, wenn durch die Jagdausübung einschließlich der Hege ein der Größe und Beschaffenheit des Jagdgebietes angepasster artenreicher und gesunder Wildstand erzielt und erhalten wird. Dabei sind ein ausgeglichener Naturhaushalt, die Erfordernisse der Land- und Forstwirtschaft und die wildökologische Raumplanung zu berücksichtigen. Der geordnete Jagdbetrieb umfasst auch eine ordnungsgemäße Ausübung des Jagdschutzes.
(3) Die Hege umfaßt das Recht und die Pflicht, das Wild zu betreuen, ihm die Lebensgrundlagen zu sichern, seine Entwicklung zu fördern und allen Störungen entgegenzuwirken. Sie umfaßt auch die Förderung der Umweltbedingungen durch Äsungsverbesserung und Reviergestaltung. Hiezu zählen insbesondere die Anlage von Daueräsungsflächen und Deckungsflächen, Verbißgehölzen, Hecken, Remisen u. ä. Es ist jedoch verboten, eine Wildart so zu überhegen, daß die im Jagdgebiet - ausgenommen die Zeit der Vegetationsruhe - vorhandene natürliche Äsung zu ihrer Ernährung nicht mehr ausreicht.
[…]
§5 Eigenjagdgebiet
(1) Ein Eigenjagdgebiet ist eine demselben Eigentümer gehörende, zusammenhängende, jagdlich nutzbare Grundfläche von mindestens 115 ha.
(2) Auf Antrag des Grundeigentümers kann in den Fällen, in denen eine an der Landesgrenze gelegene Grundfläche das nach Abs1 erforderliche Mindestausmaß nicht erreicht, ein Eigenjagdgebiet dann festgestellt werden (§9), wenn die Grundfläche und eine in den Ländern Salzburg, Steiermark oder Tirol gelegene, demselben Eigentümer gehörende zusammenhängende und jagdlich nutzbare Grundfläche zusammen die Voraussetzungen des Abs1 erfüllen und wenn außerdem nach dem Jagdgesetz des Nachbarlandes diese Fläche aus dem gleichen Grund als Eigenjagdgebiet festgestellt wird.
§6 Gemeindejagdgebiet
(1) Die in einer Gemeinde liegenden, zusammenhängenden, jagdlich nutzbaren Grundstücke, welche nicht zu einem Eigenjagdgebiet gehören und ein Mindestausmaß von 500 ha erreichen, bilden das Gemeindejagdgebiet.
(2) Auf Antrag der Gemeinde können mehrere Gemeindejagdgebiete gebildet werden (§9 Abs5), wenn für jedes Jagdgebiet die Voraussetzungen des Abs1 zutreffen und wenn nicht die Interessen an einer großflächigen jagdlichen Bewirtschaftung zur Vermeidung von waldgefährdenden Wildschäden entgegenstehen.
(3) Auf Antrag der Gemeinde kann von der Landesregierung nach Anhören des Landesjagdbeirates und der Kärntner Jägerschaft in Fällen, in denen das Mindestausmaß von 500 ha (Abs1) nicht erreicht wird, ein Gemeindejagdgebiet dann festgestellt werden (§9), wenn die in der Gemeinde liegenden jagdlich nutzbaren Grundstücke ein Ausmaß von mindestens 115 ha erreichen, zusammenhängen und einen geordneten Jagdbetrieb ermöglichen.
[…]
2. Abschnitt
Gestaltung der Jagdgebiete
§9 Feststellung der Jagdgebiete
(1) Die Jagdgebiete werden durch die Bezirksverwaltungsbehörde auf die Dauer der Pachtzeit der Gemeindejagd (§17 Abs1) festgestellt.
(2) Zwölf Monate vor Ablauf der Pachtzeit der Gemeindejagd hat die Bezirksverwaltungsbehörde an ihrem Amtssitz und in der Gemeinde eine Kundmachung zu erlassen, mit welcher die Grundeigentümer, die für die kommende Pachtzeit die Befugnis zur Eigenjagd (§5) beanspruchen, aufgefordert werden, diesen Anspruch - ausgenommen die Fälle nach Abs4 - binnen sechs Wochen bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzumelden und zu begründen.
(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Kundmachung im Sinne des Abs2 jenen Grundeigentümern zuzustellen, die in der laufenden Jagdpachtzeit das Eigenjagdrecht auf Grundstücken ausüben, die an das Gemeindejagdgebiet angrenzen. Die Frist zur Abgabe einer Erklärung im Sinne des Abs2 ist für diese Grundeigentümer mit mindestens sechs Wochen nach der Zustellung der Kundmachung festzusetzen.
(4) War das Eigenjagdgebiet bereits anerkannt, so ist für die kommende Pachtzeit der Gemeindejagd eine neuerliche Anmeldung nicht erforderlich, sofern keine Veränderungen am Eigenjagdgebiet eingetreten sind.
(5) Nach Ablauf der in den Abs2 und 3 festgelegten Fristen hat die Bezirksverwaltungsbehörde festzustellen,
a)
welche Grundstücke als Eigenjagdgebiete anerkannt werden, welches Flächenausmaß die einzelnen Gebiete aufweisen und wem die Befugnis zur Eigenjagd darauf zusteht (Eigenjagdberechtigter),
b)
daß die verbleibenden Grundstücke mit ihrer ziffernmäßig anzugebenden Gesamtfläche unter den Voraussetzungen des §6 ein Gemeindejagdgebiet oder mehrere Gemeindejagdgebiete bilden.
(6) Eigenjagden, die nicht innerhalb der in den Abs2 und 3 festgelegten Fristen zur Ausscheidung aus dem Gemeindejagdgebiet angemeldet werden, gehören - falls nicht Abs4 Platz greift - für die nächste Pachtzeit der Gemeindejagd zum Gemeindejagdgebiet. Wird eine solche Eigenjagd, die das Mindestflächenausmaß einer Gemeindejagd (§6 Abs1)nicht erreicht, nur von Eigenjagdgebieten umschlossen, so ist sie einem oder mehreren benachbarten Eigenjagdgebieten anzuschließen (§10).
(7) Die Bestimmungen der Abs1 bis 6 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde im Falle der vorzeitigen Beendigung des Pachtverhältnisses über die Gemeindejagd (§§22 und 23) oder im Falle der Nichtigerklärung einer Jagdgebietsfeststellung sinngemäß anzuwenden, sobald die vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages feststeht.
(8) Entgegen den Bestimmungen des §5, in Verbindung mit §7 und §9, erlassene Bescheide über die Feststellung von Eigenjagdgebieten und entgegen den Bestimmungen des §6 Abs1 und 2, in Verbindung mit §7, erlassene Bescheide über die Feststellung von Gemeindejagdgebieten sind mit Nichtigkeit bedroht. Der Landesregierung obliegt die Aufhebung der nach diesem Gesetz mit Nichtigkeit bedrohten Bescheide. Nach Ablauf eines Jahres nach der Rechtskraft des Bescheides ist eine Nichtigerklärung nicht mehr zulässig.
(9) Von einer Nichtigerklärung einer Jagdgebietsfeststellung sind auch allfällige Verfügungen nach §§10 bis 12, die dieses Jagdgebiet betreffen, erfaßt.
(10) Ist ein Jagdgebiet im Zeitpunkt der Nichtigerklärung der Jagdgebietsfeststellung (Abs8) bereits verpachtet, so bleibt derjenige, dem die Jagd verpachtet wurde, Pächter der Jagd (einstweiliger Pächter), und zwar bis zum Eintritt der Rechtskraft der endgültigen Entscheidung über die Nichtigerklärung. Diese Entscheidung hat die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes über die Verpachtung zur Folge.
(11) Ist ein Jagdgebiet im Zeitpunkt der Nichtigerklärung der Jagdgebietsfeststellung (Abs8) noch nicht verpachtet, so bleibt das Jagdausübungsrecht beim Grundeigentümer, und zwar bis zum Ablauf der Beschwerdefrist an das Landesverwaltungsgericht, wurde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben, bis zum Eintritt der Rechtskraft der endgültigen Entscheidung über die Nichtigerklärung; bei Nichtigerklärung einer Gemeindejagdgebietsfeststellung hat die Gemeinde für den angeführten Zeitraum einen Jagdverwalter (§34) zu bestellen.
[…]
§13 Dauer der Wirksamkeit der Flächengestaltung
Die sich aus den §§10 bis 12 ergebenden Verfügungen sind für die Dauer der Pachtzeit der Gemeindejagd, und zwar hinsichtlich der sich aus §10 Abs1 litb und e ergebenden Verfügungen im jeweils erforderlichen Zeitpunkt und hinsichtlich der sich aus §10 Abs1 lita, c und d ergebenden Verfügungen anläßlich der Feststellung der Jagdgebiete - im Falle der Nichtigerklärung einer Jagdgebietsfeststellung (§9 Abs8) im frühestmöglichen Zeitpunkt - zu treffen; innerhalb dieser Zeit bleiben sie solange aufrecht, als sie von der Bezirksverwaltungsbehörde nicht aufgehoben oder abgeändert werden. Die Aufhebung oder Abänderung erfolgt nach Anhörung der beteiligten Gemeinden oder Eigenjagdberechtigten von Amts wegen, wenn die Voraussetzungen für den Anschluß, die Zerlegung, die Abrundung oder den Austausch der Jagdgebiete weggefallen sind oder sich wesentlich geändert haben.
[…]
§15 Ruhen der Jagd
(1) Auf Friedhöfen, in Häusern und Gehöften samt den dazugehörigen, durch Umfriedung vollständig abgeschlossenen Höfen und Hausgärten, in unmittelbarer Nähe von nicht derart abgeschlossenen Gebäuden sowie auf öffentlichen Anlagen und industriellen oder gewerblichen Zwecken dienenden Werksanlagen ruht die Jagd.
(2) Auf Antrag des Eigentümers oder des Jagdausübungsberechtigten hat die Bezirksverwaltungsbehörde das Ruhen der Jagd auf Grundstücken zu verfügen, die durch eine feste Umfriedung dauernd umschlossen sind.
(3) Auf Grundflächen, die durch landesübliche Weidezäune verhagt sind, findet die Bestimmung des Abs2 keine Anwendung.
(4) Auf den in Abs1 und 2 bezeichneten Grundstücken dürfen keine Vorrichtungen angebracht oder aufrecht erhalten werden, die einwechselndes Wild hindern, wieder auszuwechseln. Es ist verboten, Wild auf die in Abs.1 und 2 bezeichneten Grundstücke zu locken (anzukirren).
(5) Dem Jagdausübungsberechtigten steht die Befugnis zu, sich das Wild, das sich auf den in Abs1 und 2 bezeichneten Grundstücken gefangen hat oder dort verendet ist, sowie etwa dort aufgefundene Abwurfstangen und Eier des Federwildes anzueignen. Dies gilt nicht für Wild in einem Gehege zur Gewinnung von Fleisch (§8 Abs1), das derselben Art angehört wie das im Gehege gehaltene Wild.
(6) Die Eigentümer der in Abs1 und 2 genannten Grundstücke oder die von ihnen beauftragten Personen dürfen auf diesen, wenn dies zur Verhütung ernster Schäden in der Tierhaltung, insbesondere zum Schutz der Haustiere, unbedingt erforderlich ist, Füchse, Dachse, Edel- und Steinmarder und Iltisse fangen und töten. Der fang und die Tötung von Iltissen und Edelmardern ist überdies nur so lange zulässig, als diese ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen; liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, hat die Landesregierung den Fang und die Tötung von Iltissen und Edelmardern durch Verordnung zu verbieten. Das gefangene oder getötete Raubwild ist dem Jagdausübungsberechtigten, der zu verständigen ist, auf sein Verlangen zur Verfügung zu stellen.
3. Abschnitt
Jagdpachtung
§16 Jagdpachtvertrag
(1) Das Jagdausübungsrecht darf nur in seiner Gesamtheit Gegenstand eines Pachtvertrages sein.
(2) Jagdpachtverträge bedürfen der Schriftform; sie haben jedenfalls die Namen des Pächters, des Verpächters, die Bezeichnung des Jagdgebietes, die Größe des Jagdgebietes, die Pachtdauer, den Pachtzins und den Zeitpunkt seiner Erlegung zu enthalten; im Jagdpachtvertrag können weiters eine Regelung über die Zahl der Jagderlaubnisscheine, die zu bestellenden Jagdschutzorgane, die Hundehaltung und den Ersatz für Wild- und Jagdschäden sowie sonstige mit der Jagd zusammenhängende und den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht widersprechende Regelungen aufgenommen werden. Jagdpachtverträge für die Verpachtung von Gemeindejagden haben zusätzlich die Bestimmung zu enthalten, daß sich der Pächter verpflichtet, mindestens die Hälfte der jährlich ausgegebenen Jagderlaubnisscheine (§41) für in der Gemeinde ansässige Jäger auszustellen. Jagdpachtverträge sind nach dem Muster eines Jagdpachtvertrages (Abs5) abzufassen.
(3) Jagdpachtverträge bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Sie sind vom Pächter binnen acht Tagen nach ihrem Abschluß der Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Vertrag den Bestimmungen dieses Gesetzes über die Verpachtung entspricht und der Pächter die erforderliche Eignung (§18) hat. Die Versagung der Genehmigung hat die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes zur Folge. Entscheidet die Bezirksverwaltungsbehörde nicht innerhalb von zwei Monaten nach Einlangen des vollständigen Antrages, so gilt der Pachtvertrag als genehmigt.
(4) Die Bestimmungen des Abs3 gelten für Jagdpachtverträge betreffend das Jagdausübungsrecht in Gemeindejagden nur insoweit, als §29 nicht anderes bestimmt.
(5) Die Landesregierung hat unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Abs2 und auf die Erfordernisse eines geordneten Jagdbetriebes durch Verordnung Muster für Pachtverträge für die Verpachtung von Gemeindejagden und Eigenjagden zu erlassen.
§17 Pachtdauer und Pachtjahr
(1) Die Pachtdauer beträgt zehn Jahre. Wird das Jagdpachtverhältnis vorzeitig aufgelöst oder gekündigt oder erlischt es vorzeitig oder soll ein auf Grund des §12 während der Pachtzeit der Gemeindejagd entstandenes Jagdgebiet verpachtet werden, so darf das Jagdausübungsrecht nur auf den Rest der Pachtdauer verpachtet werden, soferne diese noch mindestens zwölf Monate beträgt; beträgt die Pachtdauer nicht mindestens zwölf Monate, darf eine neuerliche Verpachtung erst nach dem Ablauf dieser Frist erfolgen.
(2) Das Pachtjahr dauert vom 1. Jänner bis 31. Dezember.
[…]
4. Abschnitt
Verwertung der Gemeindejagd
§24 Art der Verwertung
(1) Die Gemeinde hat das Jagdausübungsrecht in Gemeindejagdgebieten zu verpachten. Dies kann im Wege der Verpachtung aus freier Hand (§33) oder - wenn auf diesem Weg eine Verpachtung nicht zustande kommt, unzulässig ist oder nicht genehmigt wird - im Wege der öffentlichen Versteigerung an den Meistbieter erfolgen.
(2) Der Gemeinderat hat zum ehestmöglichen Zeitpunkt nach der Feststellung der Jagdgebiete über die Art der Verwertung entsprechend den Bestimmungen dieses Abschnittes zu beschließen.
[…]
§34 Ausübung des Jagdrechtes durch Jagdverwalter
(1) Wenn eine Verpachtung des Jagdausübungsrechtes in einer Gemeindejagd nicht erzielt werden kann, so hat der Gemeinderat einen Jagdverwalter zu bestellen, bis eine Verpachtung durchgeführt wird. Maßnahmen zur Verpachtung sind binnen drei Monaten nach der Bestellung des Jagdverwalters einzuleiten. Der Gemeinderat hat weiters einen Jagdverwalter zu bestellen, wenn ein Pachtvertrag vor Ablauf der Pachtdauer aufgelöst oder gekündigt wird oder der Pachtvertrag erlischt und wenn die verbleibende Pachtdauer nicht mindestens zwölf Monate beträgt.
(2) Der Jagdverwalter ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestätigen. Die Bestätigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Abs3 gegeben sind.
(3) Als Jagdverwalter dürfen nur solche Personen bestellt werden, die zur Pachtung eines Jagdausübungsrechtes in einer Gemeindejagd gemäß §18 zugelassen sind und nach ihrer bisherigen jagdlichen Betätigung die Gewähr für eine den Interessen eines geordneten Jagdbetriebes und den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechende Jagdausübung bieten.
(4) Die mit der Verwaltung verbundenen Kosten sind von der Gemeinde zu tragen.
(5) Die Bestimmungen der Abs2 und 3 gelten sinngemäß für die Bestellung eines Jagdverwalters durch agrarische Gemeinschaften sowie im Falle des §22.
[…]
6. Abschnitt
Jagd- und Wildschutz
§43 Verpflichtung zum Jagdschutz
(1) Der Jagdausübungsberechtigte hat für den Jagdschutz zu sorgen.
(2) Der Jagdschutz umfaßt die Überwachung der Einhaltung der in einem Jagdgebiet zu beobachtenden Bestimmungen dieses Gesetzes sowie der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen und behördlichen Anordnungen sowie die Überwachung der Einhaltung der auch in einem Jagdgebiet zu beobachtenden, zum Schutz von Tieren und von Pflanzen getroffenen landesrechtlichen Bestimmungen, den Schutz des Wildes im Sinne des §4 und vor Futternot sowie vor Wilderern.
(3) Der Jagdschutz ist regelmäßig, dauernd und ausreichend auszuüben.
(4) Der Jagdschutz ist von Jagdschutzorganen (§44) auszuüben.
[…]
§49 Wildschutz
(1) Die Jagdschutzorgane sind in Ausübung ihres Dienstes berechtigt, in ihrem Aufsichtsgebiet
a) Raubwild und Rabenvögel unter Beachtung der durch jagdgesetzliche oder den Naturschutz regelnde Bestimmungen gezogenen Schranken zu fangen und zu töten,
b) Katzen, die im Wald umherstreifen, zu töten,
c) Hunde zu töten, die
aa) Wild hetzen,
bb) bei einer die Flucht des Wildes behindernden Schneelage offensichtlich ohne Aufsicht umherstreifen,
cc) wiederholt offensichtlich ohne Aufsicht im Wald umherstreifen, sofern der Eigentümer des Hundes bekannt ist, jedoch nur, wenn dieser vorher auf seine Verwahrungspflicht hingewiesen wurde.
(2) Maßnahmen nach Abs1 sind auf Flächen unzulässig, auf denen die Jagd ruht.
(3) Das Recht zur Tötung von Hunden (Abs1 litc) besteht nicht gegenüber Jagdhunden, Blindenhunden, Polizeihunden, der Zollwache, des Bundesheeres und Hirtenhunden sowie Fährten- und Lawinensuchhunden, wenn sie als solche gekennzeichnet oder sonst erkennbar sind.
(4) Soweit einem Jagdschutzorgan die Eigentümer von nach Abs1 litb und c getöteten Tieren bekannt sind, hat es diese unverzüglich zu verständigen. Von Maßnahmen nach Abs1 litb und c hat das Jagdschutzorgan unverzüglich dem für das Jagdgebiet zuständigen Hegeringleiter unter Angabe der näheren Umstände Mitteilung zu machen.
(5) Das Recht, wildernde Hunde und umherstreifende Katzen zu töten, steht nach Maßgabe der Bestimmungen der Abs1 bis 4 auch dem Jagdausübungsberechtigten und - auf Grund einer schriftlichen Ermächtigung desselben - den Inhabern von Jagderlaubnisscheinen zu.
§61 Fütterung
[…]
(4) Soweit es zum Schutz der Land- und Forstwirtschaft notwendig ist, Rotwild in bestimmten Zonen, insbesondere auch in bestimmten Höhenlagen, zu konzentrieren oder zurückzuhalten oder in bestimmte Zonen zu lenken, hat die Landesregierung unter Bedachtnahme auf den wildökologischen Raumplan dem Jagdausübungsberechtigten von Amts wegen mit Bescheid aufzutragen, welche anderen Arten von Futter als Raufutter an welchem Standort für Rotwild zu verwenden sind. Derartige Aufträge dürfen nur in Rotwildkernzonen erteilt werden. In diesen Aufträgen ist auch der Zeitraum festzulegen, in dem die Fütterung zu erfolgen hat, wobei der Beginn nicht vor dem 31. Oktober und das Ende nicht vor dem 15. April liegen soll. Bei der Erlassung dieser Bescheide sind auf den Einzugsbereich der Fütterung und auf ein Fütterungskonzept des Jagdausübungsberechtigten und im Falle der räumlichen Nähe zur Landesgrenze auch auf die jenseits der Landesgrenze für Fütterungen geltenden Bestimmungen Bedacht zu nehmen. Vor der Erlassung dieser Bescheide sind der Landesjagdbeirat, die Kärntner Jägerschaft, der Leiter der mit den Angelegenheiten des Forstaufsichtsdienstes betrauten Abteilung des Amtes der Landesregierung, die Landwirtschaftskammer und ein Sachverständiger für Wildbiologie zu hören. Diese Bescheide sind im Mitteilungsblatt der Kärntner Jägerschaft zu veröffentlichen. Jeder Jagdausübungsberechtigte hat das Recht, bei der Landesregierung eine Prüfung dahingehend anzuregen, ob in seinem Jagdgebiet die Voraussetzungen für die Erlassung eines amtswegigen Bescheides im Sinne des ersten Satzes vorliegen. Die Landesregierung hat zu diesen Anregungen die im vierten Satz angeführten Stellen zu hören und, sofern die Voraussetzungen für die Erlassung eines amtswegigen Bescheides nicht vorliegen, die Stellungnahmen der angehörten Stellen dem Jagdausübungsberechtigten, der die Überprüfung angeregt hat, zur Kenntnis zu bringen.[…]
§64 Jägernotweg
(1) Wenn der Jagdausübungsberechtigte und die von ihm in seinem Jagdbetrieb verwendeten Personen ein Jagdgebiet nicht auf einem öffentlichen oder zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Weg oder nur auf einem unverhältnismäßig langen oder beschwerlichen Umweg erreichen können, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhörung des Bezirksjägermeisters - mangels eines Übereinkommens der beteiligten Jagdausübungsberechtigten - einen Weg (Jägernotweg) zu bestimmen, auf welchem diesen Personen sowie deren Jagdgästen das Durchqueren des fremden Jagdgebietes gestattet ist. Bei Benützung des Jäger-notweges dürfen Schußwaffen nur ungeladen bzw. gebrochen, Hunde nur an der Leine und Beizvögel nur gesichert mitgeführt werden.
(1a) Anläßlich der Feststellung der Jagdgebiete (§9) hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach Anhörung des Bezirksjägermeisters auf Antrag des begünstigten Jagdausübungsberechtigten festzustellen, ob die Voraussetzungen des Abs1 für diese Einräumung eines Jägernotweges weiterhin gegeben sind, und bejahendenfalls auszusprechen, daß der Jägernotweg bis zur nächsten Jagdgebietsfeststellung weiterhin als eingeräumt gilt.
(2) Der Eigentümer des Grundstückes, über das der Jägernotweg führt, kann eine angemessene Entschädigung beanspruchen. Kommt über das Ausmaß der Entschädigung zwischen dem Jagdausübungsberechtigten und dem Grundeigentümer keine Einigung zustande, so gelten für die Ermittlung der Entschädigung die Bestimmungen der §§46 bis 49 der Gefahrenpolizei- und Feuerpolizeiordnung, LGBl Nr 32/1988, sinngemäß.
§65 Krankgeschossenes Wild, Wildfolge
(1) Krankgeschossenes oder auch nur vermutlich getroffenes Wild, das in ein fremdes Jagdgebiet überwechselt, oder Federwild, das dorthin abstreicht, darf dort vom Schützen nicht weiter bejagt werden; seine Verfolgung, Erlegung und Besitznahme bleibt vielmehr dem Jagdausübungsberechtigten des Gebietes, in dem sich das Wild befindet, vorbehalten.
(2) Der Schütze hat die Anschußstelle, die Fluchtrichtung und nach Möglichkeit auch die Stelle, an der das Wild über die Grenze geflüchtet ist, kenntlich zu machen; er ist verpflichtet, für die eheste Verständigung der verfügungsberechtigten Jagdnachbarn Sorge zu tragen und sich selbst oder eine mit den Vorgängen vertraute Person für die Nachsuche zur Verfügung zu stellen.
(3) Wird bei der Nachsuche auf Schalenwild das Wild zustandegebracht, so bleibt zwar dem Jagdausübungsberechtigten des Gebietes, in dem das Wild gefallen ist, der Anspruch auf das Wildbret gewahrt, das Recht auf die Trophäe steht jedoch dem Schützen zu. Wird die Nachsuche aufgegeben, so fällt die Trophäe dem Jagdausübungsberechtigten des Gebietes zu, in dem das Wild gefallen ist. Die Nachsuche gilt nicht als aufgegeben, wenn sie wegen Dunkelheit oder aus anderen wichtigen Gründen abgebrochen, jedoch am folgenden Morgen ohne Verzug wieder aufgenommen wird.
(4) Die Verfolgung krankgeschossenen oder auch nur vermutlich getroffenen Wildes auf fremden Jagdgebieten (Wildfolge) ist nur auf Grund einer besonderen schriftlichen Vereinbarung zulässig, in welcher festgelegt wird, welche Befugnisse sich die Jagdausübungsberechtigten benachbarter Jagdgebiete im Falle des Überwechselns von krankgeschossenem oder vermutlich getroffenem Wild gegenseitig einräumen. Wurde lediglich Wildfolge vereinbart, ohne daß die Befugnisse der Jagdausübungsberechtigten im einzelnen festgelegt wurden, so gelten nachstehende Vorschriften:
a) Verendet krankgeschossenes Wild nicht in Sichtweite des Schützen über der Grenze, so hat dieser nach den Vorschriften des Abs2 vorzugehen;
b) verendet Schalenwild in Sichtweite über der Grenze, so hat der Erleger das Wild auf der Stelle aufzubrechen und zu versorgen und ist verpflichtet, den Verfügungsberechtigten ohne Verzug zu benachrichtigen;
c) anderes als in litb angeführtes in Sichtweite verendetes Wild kann der Schütze fortschaffen;
d) beim Überschreiten der Grenze darf die Schußwaffe nicht mitgeführt werden.
(5) Wildfolge ist ohne Vereinbarung in Gebieten zulässig, auf denen die Jagd ruht. Der Eigentümer oder dessen Bevollmächtigter ist vorher zu benachrichtigen.
[…]
9. Abschnitt
Wild- und Jagdschaden
§71 Wildschadensverhütung
(1) Sofern nicht anderes vereinbart ist, sind der Grundeigentümer und auch der Jagdausübungsberechtigte befugt, das Wild von den Kulturen durch geeignete Schutzmaßnahmen abzuhalten und zu diesem Zweck Wildscheuchen, Wildzäune u. ä. zu errichten (Flächenschutz) oder einen Einzelpflanzenschutz durch geeignete Schutzmittel durchzuführen. Die Verwendung freilaufender Hunde zur Abhaltung des Wildes ist jedoch untersagt. Die Bestimmungen des §63 werden hiedurch nicht berührt.
(2) Liegt eine Gefährdung des Waldes durch Wild vor (Abs3), so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Jagdausübungsberechtigten von Jagdgebieten, die zum Einzugsbereich des den Wildschaden hauptsächlich verursachenden Wildes gehören, die erforderlichen Maßnahmen (Abs4) vorzuschreiben. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der anzuwendenden Mittel zu wahren, insbesondere das jeweils gelindeste zielführende Mittel zu wählen und darauf Bedacht zu nehmen, daß die widmungsgemäße Bewirtschaftung und Benützung der Grundstücke nicht unmöglich gemacht wird.
(2a) Dem Leiter der nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung mit den Angelegenheiten des Forstaufsichtsdienstes betrauten Abteilung kommt gemäß §16 Abs5 des Forstgesetzes 1975, in der Fassung des Gesetzes , als Leiter des Forstaufsichtsdienstes beim A