Index
34/01 MonopoleNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols sowie der zahlenmäßigen Beschränkung der Konzessionen zum Betrieb von Glücksspielautomaten; tatsächliche Auswirkungen der glücksspielrechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Regelungen über Werbemaßnahmen der Inhaber von Glücksspielkonzessionen, mit den Vorgaben des Unionsrechts im Einklang; daher kein Verstoß gegen das Gleichheitsrecht wegen InländerdiskriminierungSpruch
I. 1. Die in BGBl I 57/2016 gemäß §86a VfGG kundgemachte Rechtsfrage wird wie folgt beantwortet:
Die Rechtsgrundlagen i) für die Bestrafung wegen Übertretung der Verwaltungsstraftatbestände gemäß §52 Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 105/2014, ii) für die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln gemäß §53 Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 111/2010, und iii) für die Einziehung von Gegenständen, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des §52 Abs1 Glücksspielgesetz verstoßen wird, gemäß §54 Glücksspielgesetz, BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 70/2013, verstoßen nicht gegen Unionsrecht (insbesondere Art56 bis 62 AEUV). Aus diesem Grund kann von vornherein keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 Abs1 B-VG und Art2 StGG wegen Inländerdiskriminierung vorliegen.
2. Auf die mit der Kundmachung eintretenden, in §86a Abs4 VfGG genannten Rechtsfolgen wird verwiesen.
3. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung der Spruchpunkte 1. und 2. im Bundesgesetzblatt, Teil I, verpflichtet.
II. 1. Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Erkenntnisse weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
2. Die Beschwerden werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. E 945/2016
1.1. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis vom 29. März 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 16. November 2015 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §52 GSpG als unbegründet ab.
1.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:
Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 22. September 2015 wurde das im Spruch des beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich angefochtenen Bescheides angeführte Gerät in einem näher bezeichneten Lokal in Wels betriebsbereit vorgefunden. Der Beschwerdeführer ist Betreiber des Lokals; Eigentümerin des Gerätes ist eine näher bezeichnete slowakische Gesellschaft, die über ein Stammkapital in der Höhe von 200.000 Slowakischen Kronen verfügt. Keine dieser Personen war im Besitz einer Konzession nach dem Glücksspielgesetz oder einer Bewilligung für damit in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen mit dem Gerät. Das Gerät, das zumindest vom 1. August 2014 bis 22. September 2015 in dem Lokal aufgestellt war, wurde in einem öffentlich zugänglichen Bereich im Lokal eingeschaltet und betriebsbereit für Spieler zur Verfügung gehalten und vom
Beschwerdeführer
zugänglich gemacht, um selbständig und nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Es wurde auf dem Gerät ein Testspiel durchgeführt und der Spielverlauf dokumentiert: Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun den Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, die Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.
1.3. Ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomat selbst erfolgte, führt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinem Erkenntnis nicht an.
1.4. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich sind die virtuellen Walzenspiele als Glücksspiele und mangels Vorliegens einer Konzession oder Bewilligung als verbotene Ausspielungen zu qualifizieren, die zum Zwecke der Erzielung selbstständiger und nachhaltiger Einnahmen veranstaltet wurden. Der objektive Tatbestand des §52 Abs1 Z1 GSpG sei erfüllt, der Beschwerdeführer habe die betriebsbereiten Geräte, welche als "sonstige Eingriffsgegenstände" zu qualifizieren seien, in seinem öffentlich zugänglichen Lokal für Kunden bereitgehalten und somit unternehmerisch zugänglich gemacht. Eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten liege nicht vor; sowohl die gesetzlichen Vorgaben als auch deren Umsetzung seien in kohärenter und systematischer Weise erfolgt. Das im Glücksspielgesetz normierte Konzessionssystem sei dem Spielerschutz dienlich, durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolge die Kontrolle und tatsächliche Verfolgung von illegalem Glücksspiel. Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes führten stichprobenartig Überprüfungen nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten durch, die Finanzpolizei beschlagnahme Glücksspielgeräte vorläufig. Beim Bundesminister für Finanzen sei eine Spielerschutzstelle eingerichtet, die Anbindung der konzessionierten Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals ermögliche eine Erfassung und Kontrolle der auf diesen Geräten veranstalteten Glücksspiele. Auch die konzessionierten Betreiber setzten die gesetzlich und behördlich vorgeschriebenen Maßnahmen tatsächlich um. Die Prävalenz des problematischen und pathologischen Glücksspiels sei seit 2009 ebenfalls zurückgegangen. Auch die Werbetätigkeit der Konzessionäre und Bewilligungsinhaber führe zu keiner Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkung von Glücksspieltätigkeiten; der Geldeinsatz habe sich im Zeitraum von 2009 bis 2015 kaum verändert, woraus abzuleiten sei, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre und Bewilligungsinhaber zu keinem Wachstum des gesamten Marktes geführt habe. Es könne somit dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Maßnahme jedes Konzessionärs oder Bewilligungsinhabers den Vorgaben des Gerichtshofes der Europäischen Union entspreche. Ein allfälliger Auslandsbezug ergebe sich allenfalls daraus, dass die Eigentümerin der Geräte eine juristische Person mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union sei; dass diese juristische Person das nötige Stamm- oder Grundkapital für die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung vorweisen könne, sei im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb sie nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht davon abgehalten werden konnte, eine Konzession zu erlangen. Die behauptete Unanwendbarkeit des Glücksspielgesetzes wegen Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols sei daher auch insoweit unzutreffend.
1.5. In der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG und begehrt unter weitgehender Wiedergabe des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 31. März 2016, 4 Ob 31/16m ua., mit dem dieser die Aufhebung mehrerer Bestimmungen unter anderem des Glücksspielgesetzes wegen Verfassungswidrigkeit beantragte (beim Verfassungsgerichtshof zu G103-104/2016 protokolliert), die angefochtene Entscheidung wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und/oder wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als verfassungswidrig aufzuheben.
Die Begründung der Beschwerde lautet (ohne die Hervorhebungen im Original):
"IV. Beschwerdegründe
Das vorliegende Erkenntnis greift in die Grundrechte des Beschwerdeführers ein. Geltend gemacht wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz.
1. Mit Beschluss vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m [ua.], stellte der Oberste Gerichtshof gemäß Art89 Abs2 B-VG (Art140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den
Antrag,
a) §2 Abs2 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBI I 2010/54
b) §2 Abs4 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2010/54,
c) §3 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBI I 2010/54,
d) §52 Abs1 Z1 Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBI I 2010/54,
e) die §§5 und 8 NÖ Spielautomatengesetz 2011 jeweils idF LGBl 2013/98 7071-3, und
f) in §30 Abs1 Z2 NÖ Spielautomatengesetz 2011 idF LGBl 2013/98 7071-3 die Ziffern '5' und '8'
als verfassungswidrig aufzuheben, in eventu den
Antrag,
a) das Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I 2015/118, sowie
b) das NÖ Spielautomatengesetz 2011 idF LGBl 2013/98 7071-3
jeweils zur Gänze als verfassungswidrig aufzuheben.
Gleichlautende Anträge wurden auch vom Oberlandesgericht Linz, 4 R 21/16k, als auch vom Landesgericht Krems an der Donau, 6 Cg 17/14f, an den Verfassungsgerichtshof gestellt.
Die Frage der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen ist im vorliegenden Fall gleich wie in den […] obigen Verfahren zugrunde liegenden Fällen zu beurteilen.
Der Oberste Gerichtshof führte im genannten Antrag an den Verfassungsgerichtshof aus:
'III. Gegenstand der Anfechtung und Anfechtungsumfang:
1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat, notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf. Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrags diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (zB jüngst VfGH G434/2015 mwN). Ein Antrag iSd Art140 B-VG ist demnach unzulässig, wenn der verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre, er also mit den aufzuhebenden Normenteilen untrennbar verbunden ist (vgl etwa VfGH G444/2015 mwN).
2. Die Anfechtung hat daher jedenfalls die oben als präjudiziell bezeichneten Bestimmungen zu erfassen. Eine untrennbare Verbindung mit anderen Bestimmungen des Glücksspielrechts ist nach Ansicht des Senats nicht zwingend anzunehmen, weil sowohl die Spielerschutzvorschriften als auch die Regelungen über Glücksspielabgaben auch ohne Vorliegen eines Monopols und einer damit verbundenen Bewilligungspflicht anwendbar sein könnten. Ein untrennbarer Zusammenhang ist schon deshalb anzunehmen, weil im Fall der Aufhebung der angefochtenen Normen andere Bestimmungen des betroffenen Gesetzes unanwendbar würden (G324/2015 mwN) oder – wie hier die Regelungen über die bei Wegfall des Monopols nicht mehr erforderlichen Bewilligungen oder über Ausnahmen vom Monopol – ihren eigentlichen Zweck verlören.
3. Es könnte allerdings auch die Auffassung vertreten werden, dass die Regelungen des GSpG und des NÖ Spielautomatengesetzes 2011 ein auf dem Monopol aufbauendes System bilden, dem bei dessen Wegfall jede Grundlage fehlte, sodass eine vollständige Neuregelung erforderlich wäre. Aus diesem Grund ist hilfsweise ein Antrag auf gänzliche Aufhebung dieser Gesetze zu stellen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Verfassungsgerichtshof solche (Eventual)Anträge im Regelfall als unzulässig ansieht (vgl zuletzt etwa G324/2015). Im konkreten Fall ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Ausnahmefall eines insgesamt untrennbaren Regelungszusammenhangs vorliegen könnte.
IV. Zur Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Art7 B-VG:
1. Allgemeines
1.1. Trotz zum Teil vorliegender transnationaler Elemente sind die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass sich die jeweils Beklagten nicht (unmittelbar) auf die Dienstleistungsfreiheit und damit auf die Nichtanwendbarkeit der dem Unterlassungsgebot zugrundeliegenden Normen berufen können. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist dies nur für solche Unternehmen möglich, die im Staat ihrer Niederlassung rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringen (C-42/07, Liga Portuguesa, Rz 51 mwN zur älteren Rechtsprechung; C-176/11, HIT hoteli, Rz 16 f [beide zum Glücksspielrecht], zuletzt etwa C-678/11, EK/Spanien, Rz 39). Das trifft bei den hier Beklagten bzw bei den mit ihnen zusammenarbeitenden Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten nicht zu.
1.2. Ungeachtet dessen stellt sich jedoch bei Bejahung der von den Beklagten behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols die Frage einer verfassungswidrigen Inländerdiskriminierung. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob das Glücksspielmonopol tatsächlich (objektiv) gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt (unten 2.). Die Bejahung dieser Frage führt zur Anfechtung der in den vorliegenden Verfahren präjudiziellen Normen wegen Verstoßes gegen Art7 B-VG (unten 3. und 4.).
2. Zur Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols
2.1.1. Das österreichische Glücksspielmonopol ist dem Grunde nach eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Es ist daher mit dem Unionsrecht nur dann vereinbar, wenn ein in den Verträgen normierter Rechtfertigungsgrund oder ein in der Judikatur des EuGH entwickelter Rechtfertigungsgrund (zwingender Grund des Allgemeininteresses) vorliegt (vgl Oreschnik, EuGH - Rs Pfleger - Glücksspielmonopol verstößt gegen die Dienstleistungsfreiheit, RdW 2014/695). Für die Beschränkung von Glücksspieltätigkeiten kommen als zwingende Gründe des Allgemeininteresses insbesondere der Verbraucherschutz, die Betrugsbekämpfung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen in Betracht (vgl EuGH vom 6.11.2003 C-243/01, Gambelli, Rz 65 ff; EuGH 8.9.2010 C-46/08, Carmen Media,Rz 55).
2.1.2 Die Behauptung solcher Ziele allein reicht jedoch nicht aus, jegliche gesetzliche Regelung zu rechtfertigen. Sofern eine anerkannte Zielsetzung für eine Beschränkung der einschlägigen Grundfreiheit vorliegt, prüft der EuGH, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurde. Im Zuge der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird in einem ersten Schritt untersucht, ob die nationale Maßnahme überhaupt geeignet ist, die legitime Zielsetzung zu erreichen.
2.1.3. Der EuGH macht die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers, sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (idS insb C-347/09, Dickinger/Ömer, Rz 65; aus der Rsp des OGH ua 2 Ob 243/12t, 4 Ob 200/14m 4 Ob 68/15a, RIS-Justiz RS0129945). Damit ergibt sich, dass – auch im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen – die Prüfung der Unionsrechtskonformität sich nicht allein am Norminhalt zu orientieren hat, hier insbesondere an §56 Abs1 GSpG, wonach die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren haben, sondern dass es auch auf die tatsächlichen Wirkungen dieser Bestimmung ankommt.
2.2 Im Rahmen der Beurteilung der Eignung eines Glücksspielmonopols kommt der Kohärenz der nationalen Regelung (EuGH C-243/01, Gambelli, Rz 65 ff; EuGH vom 30.4.2014 C-390/12, Pfleger, Rz 56) große Bedeutung zu. Für den Fall, dass die Eignung bejaht wird, beurteilt der EuGH in einem zweiten Schritt die Erforderlichkeit (Notwendigkeit) und gegebenenfalls in einem dritten Schritt die Angemessenheit der Beschränkung (Oreschnik, RdW 2014/695 mwN). Eine nationale Regelung ist nach Ansicht des EuGH dann unionsrechtswidrig, wenn diese Regelung nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und nicht tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen (EuGH C-390/12, Pfleger, Rz 56).
2.3. Mit der Forderung nach Kohärenz sind auch Anforderungen an die vom Inhaber eines Monopols bzw einem Konzessionär durchgeführten Werbung verbunden, die der EuGH in mehreren Entscheidungen klargestellt hat.
2.3.1. Im Urteil vom 3.6.2010 zu C-258/08, Ladbrokes, im Zusammenhang mit niederländischen Regelungen ging es vor allem um die Frage der Zulässigkeit der Einführung neuer Glücksspiele und der Werbung durch den national zugelassenen Anbieter von Glücksspielen. Ist dies Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Lenkung der Spiellust in rechtliche Bahnen (Rz 27), könne dies gerechtfertigt sein. Sollte eine starke Expansion dagegen mit dem Ziel verfolgt werden, übermäßige Anreize und Aufforderungen zur Teilnahme am Glücksspiel zu bieten, vor allem um Finanzmittel zu beschaffen, sei eine solche Politik nicht auf kohärente und systematische Begrenzung des Glücksspielwesens ausgerichtet (Rz 28). Im Rahmen dieser Prüfung habe das vorlegende Gericht auch zu untersuchen, ob rechtswidrige Spieltätigkeiten ein Problem darstellen könnten und ob eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten geeignet sei, diesem Problem abzuhelfen (Rz 29). Das Ziel, Verbraucher vor der Spielsucht zu schützen, sei grundsätzlich schwer mit einer Politik der Expansion von Glücksspielen vereinbar. Eine solche Politik könne nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die rechtswidrigen Tätigkeiten einen erheblichen Umfang hätten und die erlassenen Maßnahmen darauf abzielten, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (Rz 30). Sollte die Nachfrage im Bereich des heimlichen Angebots erheblich zugenommen haben, sei dies zu berücksichtigen.
2.3.2. Im Urteil vom 8.9.2010 in den verbundenen Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Stoß ua, hielt der EuGH fest, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben müsse, was erforderlich sei, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe eine solche Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen (Rz 103).
2.3.3. In der Entscheidung vom 30.6.2011 zur Rs C-212/08, Zeturf, ging es um Pferdesportveranstaltungen und Wetten in diesem Zusammenhang in Frankreich und deren Anbieten im Internet. Der EuGH wies auf seine Judikatur zur zulässigen Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit hin. Die bloße Tatsache, dass die Zulassung und Kontrolle einer gewissen Anzahl privater Beteiligter sich für die nationalen Behörden als kostspieliger erweisen kann, als die Aufsicht über einen einzigen Betreiber, sei unerheblich. Verwaltungstechnische Nachteile könnten die Beeinträchtigung einer durch das Unionsrecht gewährleisteten Grundfreiheit nicht rechtfertigen (Rz 48). Die intensive Bewerbung der Produkte auch im Internet und eine Erhöhung der Vertriebsstellen für Wetten und der den Spielern angebotenen Produkte mit der Geschäftsstrategie, neue Publikumskreise für das angebotene Spiel zu gewinnen, rechtfertige Beschränkungen der Grundfreiheiten nicht, weil Verbraucher damit ermuntert würden, an Glücksspielen teilzunehmen (Rz 66). Um mit den Zielen der Bekämpfung der Kriminalität und der Verminderung der Gelegenheit zum Spielen in Einklang zu stehen, müsse eine nationale Monopolregelung auf der Feststellung beruhen, dass eine kriminelle und betrügerische Tätigkeit und die Spielsucht im betroffenen Mitgliedstaat tatsächlich ein Problem darstellen, dem durch die Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeit abgeholfen werden kann und dürfe nur eine Werbung erlauben, die maßvoll und strikt auf das begrenzt ist, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielernetzwerken zu lenken (Rz 72). Im Falle einer nationalen Regelung, die gleichermaßen für Online angebotenen Wetten als auch für Wetten über traditionelle Vertriebskanäle gilt, weil der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen nicht für erforderlich gehalten hat, sei die Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit unter dem Blickwinkel jener Beeinträchtigungen zu beurteilen, die für den gesamten in Rede stehenden Sektor zutreffen würden (Rz 82).
2.3.4 Am 15.9.2011 hatte sich der EuGH in der Rs C-347/09, Dickinger/Ömer, mit einer Österreich betreffenden Glücksspielangelegenheit zu befassen. Es ging um die nach dem österreichischen Glücksspielmonopol gemäß §3 GSpG im Internet angebotenen Casinospiele (§12a GSpG) und ein in diesem Zusammenhang angestrengtes Strafverfahren gemäß §168 StGB. Dabei sei daher unter Berücksichtigung der Entwicklung des Glücksspielmarkts in Österreich zu prüfen, ob staatliche Kontrollen über die Tätigkeit des Monopolisten gewährleisten können, dass dieser tatsächlich in der Lage sein wird, die geltend gemachten Ziele mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ gemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (Rz 57). Unter Wiederholung der Rechtsgrundsätze zur Verfolgung expansionistischer Geschäftspolitik wurde ausgesprochen, dass das vorlegende Gericht insbesondere zu untersuchen habe, ob im entscheidungserheblichen Zeitraum die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit Spielen und die Spielsucht in Österreich ein Problem gewesen ist und eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeit diesem Problem hätte abhelfen können (Rz 66). Jedenfalls müsse vom Inhaber eines staatlichen Monopols durchgeführte Werbung maßvoll und eng auf das begrenzt werden, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Hingegen dürfe die Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, indem etwa das Spiel verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die verführerische bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (Rz 68). Es sei zu unterscheiden zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen und die Kunden an ihn binden solle, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Markts für Spieltätigkeiten abziele (Rz 69).
2.3.5. Im Urteil vom 24.1.2103 zu C-186/11 und C-209/11, Stanleybet ua, wies der EuGH darauf hin, dass die Wirksamkeit staatlicher Kontrolle bei einem Monopol, mit dem unter anderem auch Werbeprivilegien verbunden sind, überprüft werden muss (Rz 33 f), woraus ebenfalls der Schluss zu ziehen ist, dass der nationale Gesetzgeber auch die Werbemaßnahmen des Monopolisten zu regulieren und zu überwachen hat (Oreschnik, RdW 2014/695).
2.4.1. In Teilen des Schrifttums wird – auch im Zusammenhang mit der von den Österreichischen Lotterien und der Casinos Austria AG betriebenen Werbung – bestritten, dass bei der Werbung der erforderliche verantwortungsvolle Maßstab eingehalten wird (Talos/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 [1008]; Klete?ka, Glücksspielmonopol und Rückforderungsansprüche, ecolex 2013, 17 [19]; Stadler/Aquilina, Unionsrechtskonforme Regulierung: ein Glücksspiel?, ecolex 2013, 389 [391]; vgl auch Wilhelm, Zur Werbung für Wetten, Lotterien und andere Glücksspiele, ecolex 2012, 1).
2.4.2. Nach der Meinung von Klete?ka (ecolex 2013, 17 [19]) erkenne jeder, der die flächendeckenden Werbeeinschaltungen aufmerksam beobachtet, dass die vom EuGH vorgegebenen Werbebeschränkungen in der Praxis tatsächlich nicht eingehalten werden. Das Glücksspielmonopol erscheine vor allem wegen der von den österreichischen Behörden geduldeten Werbepraxis der Glücksspielkonzessionäre als unionsrechtswidrig.
2.4.3. Stadler/Aquilina kritisieren die Exklusivität für einen überwiegend privaten Anbieter, der – wenn überhaupt – bloß oberflächlich kontrolliert wird und, vor allem betreffend Angebotsausdehnung und aggressive Werbung, nicht in aufsichtsrechtliche Schranken gewiesen wird, was unionsrechtswidrig sei (Stadler/Aquilina, ecolex 2013, 389 [392]). Ähnlich bereits Talos/Stadler (ecolex 2010, 1006 [1008]) im Zusammenhang mit Werbungen wonach der in Österreich zu beobachtende Befund umfassend den vom EuGH inkriminierten Verhaltensweisen entspreche.
2.4.4 Auch Kohl kritisiert in ihrer umfassenden Monographie die offensive Werbepolitik der österreichischen Konzessionäre als aggressiv und problematisch. Auch wegen dieses Aspekts kommt sie zum Ergebnis, dass das Glücksspielmonopol insgesamt unionsrechtswidrig sei (Kohl, Das österreichische Glücksspielmonopol [2013] 200).
2.5. Unter Berücksichtigung des in den Verfahren zu 4 Ob 31/16m, 4 Ob 27/16y, 4 Ob 46/16t und 4 Ob 50/16f zum tatsächlichen Werbeauftritt festgestellten Sachverhalts, der vom erkennenden Senat jedenfalls wegen der im Verfahren 4 Ob 31/16m als nicht berechtigt erkannten Beweisrüge seiner Revisionsentscheidung zugrundezulegen ist, muss von der Unionsrechtswidrigkeit der Regelungen zum österreichischen Glücksspielmonopol ausgegangen werden. Dieser Sachverhalt kann wie folgt zusammengefasst werden:
Die Österreichische Lotterien GmbH, Inhaberin aller in §14 GSpG vorgesehenen Lotteriekonzessionen, investiert für Werbung jährlich 40 bis knapp 50 Millionen EUR und ist unter den Top-Acht Investoren bei den Werbeausgaben in Österreich. Die Österreichische Lotterien GmbH sprach dabei ein breites Publikum an, etwa indem sie in Zeitungen bei religiös und kulturell interessierten Menschen warb, in ihrer Werbung auf das Sponsoring großer Festivals (zB dem Donauinselfest) und wohltätiger Zwecke (Einsätze der Rettungshunde Niederösterreich) hinwies, Personen mit einer Spielquittung den Eintritt in den Tiergarten Schönbrunn spendiert und für Schüler von 10 bis 14 Jahren eine große Sportveranstaltung (mit-)finanzierte.
Die Casinos Austria AG, Inhaberin aller in §21 GSpG vorgesehenen Spielbankkonzessionen, warb oder wirbt unter anderem mit Slogans wie 'Gewinnen macht schön', 'Das Glück steht Ihnen gut', 'Ein Abend so schön wie die Frauen. Mittwoch ist Damentag', 'Frauen haben nicht nur Glück im Spiel', 'Mittwoch packt alle das Diamantenfieber', 'Der Damentag zieht alle an. Jetzt Don Gil Gutscheine und Mailand Trip gewinnen'. Es wurde auch eine U-Bahn-Garnitur in Wien im Stil der 'Golden Roulette'-Kampagne mit dem Schriftzug der Casinos Austria AG gebrandet. In Zeitungen wurden Gutscheine der Casinos Austria beigegeben, mit welchem unter dem Titel 'Tag des Glücks' ein Bonus von 10 EUR geboten wurde. Für eine Reihe von kulturellen Veranstaltungen im Casino wurde ua damit geworben, dass im Kartenpreis auch Begrüßungsjetons für das Casino enthalten seien. In mehreren Presseaussendungen wies die Casinos Austria AG darauf hin, dass ihre 'Glückstage' mit jede Menge Gewinnchancen für Besuchsrekorde von weit über 10.000 Gästen täglich sorgten. Die Besucher wurden dabei mit Unterhaltungsprogrammen und Verlosungen angelockt, wobei Kraftfahrzeuge und Lottogutscheine gewonnen werden konnten.
Demnach dient die Werbung im Ergebnis nicht ausschließlich dazu, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken, sondern verfolgt den Zweck, insbesondere jene Personen zur aktiven Teilnahme am Spiel anzuregen, die bis dato nicht ohne weiteres zu spielen bereit sind. Den Spielen wird ein positives Image zugeschrieben. Die Werbung versucht die Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen und stellt bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht. Es werden damit insbesondere neue Zielgruppen zum Spielen angeregt und die Werbung wird laufend inhaltlich ausgedehnt. Im Sinne der referierten Judikatur des EuGH liegt damit keine maßvolle Werbung vor, die sich darauf beschränkt, Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. In dieses Bild fügt sich der Umstand, dass §56 Abs1 GSpG eine Überprüfung des unionsrechtlich gebotenen Maßstabs bei Werbeauftritten im Weg einer Klage von Mitbewerbern oder klagebefugten Verbänden nach dem UWG ausschließt. Damit fehlt dem Glücksspielmonopol die unionsrechtlich erforderliche Rechtfertigung.
2.6. Das GSpG und das NÖ Spielautomatengesetz 2011 sind davon geprägt, dass nur der Bund bzw wenige Inhaber einer Konzession oder Bewilligung Glücksspiel anbieten dürfen. Mangels maßvoller Werbung der Konzessionäre hat diese Einschränkung gegenüber jenen Anbietern, die sich auf die unionsrechtlichen Freiheiten berufen können, keinen Bestand. Diese Bestimmungen wären daher nicht anwendbar, wenn ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen, das nach dem Recht seines Sitzstaates Glücksspiele anbieten darf, sein Angebot im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auf Österreich erstrecken wollte.
3. Inländerdiskriminierung
3.1. Der Umstand, dass sich ein Inländer nicht unmittelbar auf die Grundfreiheiten berufen kann, schließt nicht aus, dass der allfällige Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht in diesem Fall als Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs-)Recht zu beurteilende Frage, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung faktisch schlechter behandelt werden darf als ein EU-Ausländer, der sich auf die Nichtanwendbarkeit berufen kann, zu prüfen ist (4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m uva).
3.2 Im österreichischen Recht widerspricht es im Regelfall dem Gleichheitsgrundsatz, österreichische Staatsbürger gegenüber Ausländern ohne sachliche Rechtfertigung zu benachteiligen (VfGH G22/92, VfSlg 13.084; V76/97 und V92/97, VfSlg 14.963). Diesen Gedanken hat der Verfassungsgerichtshof auch auf die 'Inländerdiskriminierung' im Zusammenhang mit Normen des Gemeinschaftsrechts übertragen (B592/96, VfSlg 14.863; V76/97 und V92/97, VfSlg 14.963; G42/99 ua, VfSlg 15.683). Wenn es dabei auch nicht um Diskriminierungen nach dem Kriterium der Staatsbürgerschaft geht, sondern um die Benachteiligung rein innerstaatlicher Sachverhalte gegenüber Sachverhalten mit Unionsbezug, so sind inländische Staatsbürger davon doch meist besonders betroffen (G110/03, VfSlg 17.150).
3.3. Nachdem sich der Verfassungsgerichtshof zunächst auf Fälle bezogen hatte, in denen bereits die österreichischen Normen zwischen rein innerstaatlichen Sachverhalten und solchen mit Unionsbezug differenzierten, erstreckte er seine Rechtsprechung in weiterer Folge auch auf Konstellationen, in denen erst der Anwendungsvorrang des Unionsrechts die Differenzierung zwischen Binnen- und Unionssachverhalten erkennen ließ (G110/03, VfSlg 17.150; ebenso im Ergebnis G41/10 ua, VfSlg 19.529): Verstoße eine Bestimmung des nationalen Rechts gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht, dann werde sie in Fällen mit Unionsbezug verdrängt. Die nationalen Normen seien dann (bei Unionsbezug) so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre; es ist also der unionsrechtskonforme nationale Regelungstorso anzuwenden. In allen anderen Fällen sei die nationale Norm hingegen in ihrer Gesamtheit anzuwenden. Vergleiche man die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Unionsrechts entstandenen) nationalen Regelungstorso, werde eine Ungleichbehandlung ersichtlich, und es sei daher zu prüfen, ob nicht Sachverhalte ohne Unionsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert würden.
3.4. Eine Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols kann somit eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung bewirken. Erweisen sich nämlich die Regelungen des Glücksspielrechts aufgrund von deren tatsächlichen Auswirkungen als unionsrechtswidrig, so bestehen wegen der dann drohenden Inländerdiskriminierung Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielmonopols (4 Ob 145/14y, 4 Ob 200/14m, 4 Ob 68/15a mwN).
3.5. Eine solche Inländerdiskriminierung liegt insbesondere dann vor, wenn das österreichische Regelungssystem unionsrechtswidrig ist und ein niederschwelliges ausländisches Zulassungssystem wegen Berufung auf die Grundfreiheiten die Erbringung einer Dienstleistung im Inland ermöglicht. Für die Prüfung einer Inländerdiskriminierung kommt es daher darauf an, dass tatsächlich eine solche Benachteiligung von Inländern vorliegen kann. Dabei ist aber nicht darauf abzustellen, ob im konkreten Fall ein österreichischer Staatsbürger (als Verfahrensbeteiligter) schlechter gestellt wird als Angehörige anderer Mitgliedstaaten (insoweit ist die Bezeichnung Inländerdiskriminierung irreführend). Es geht vielmehr um eine unterschiedliche Regelung grenzüberschreitender und nicht-grenzüberschreitender Sachverhalte (Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht4 102; Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht 43; Mayer/Kucsko- Stadlmayer/Stöger, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts11 Rz 1355). Die Diskriminierung besteht im Kern darin, dass im Inland ansässige Dienstleistungserbringer durch Regulierungen objektiv stärker belastet sind als in einem anderen Mitgliedstaat Ansässige, die im Herkunftsstaat keinen derart rigiden Zulassungs- oder Zugangssystem unterworfen, aufgrund der Grundfreiheiten aber zur Ausübung auch im Aufnahmestaat berechtigt sind (Holoubek in Aicher/Holoubek/Korinek, Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht [2000] 159 [161]; Isak, ÖBI 2015/4, 24 [Entscheidungsanmerkung]). Bereits diese verhältnismäßige Schlechterstellung von Inländern muss sich am Gleichheitssatz messen lassen, ohne dass auf eine tatsächliche (oder auch nur eine hypothetische) Berechtigung des am konkreten Verfahren beteiligten Inländers in einem anderem Mitgliedstaat als Voraussetzung abzustellen ist.
Anders gewendet: Während es für die unionsrechtsbedingte Nichtanwendung von Bestimmungen des Glücksspielrechts darauf ankommt, dass sich der am Verfahren beteiligte Dienstleistungserbringer im konkreten Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (oder allenfalls auf die Niederlassungsfreiheit) berufen kann, ist die Frage der Gleichheitswidrigkeit der jedenfalls weiter geltenden und in anderen Fallgestaltungen auch weiter anwendbaren Verbotsnormen objektiv zu prüfen.
3.6. Der (objektive) Verstoß einer nationalen Regelung gegen das Primärrecht ist damit Vorfrage für die nach nationalem (Verfassungs-)Recht zu beurteilende Frage, ob ein Inländer durch die weitere Anwendung der nationalen Regelung schlechter behandelt werden darf als ein EU-Ausländer, der sich unter Umständen auf die Nichtanwendbarkeit berufen könnte. Weshalb die Prüfung der Verfassungswidrigkeit (im Sinn der Entscheidungen der Vorinstanzen) ausgeschlossen sein soll, weil die Beklagten mit einer ausländischen Gesellschaft zusammenarbeiten, die sich aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht auf die Grundfreiheiten berufen kann, ist nicht erkennbar. Wie bereits ausgeführt, ist die Frage der Verfassungswidrigkeit objektiv zu prüfen, indem Sachverhalte mit relevantem Unionsrechtsbezug und solche ohne derartigen Bezug gegenübergestellt werden. Führt ein transnationales Element in einem konkreten Fall nicht zur unionsrechtsbedingten Unanwendbarkeit von Verbotsnormen, so fällt dieser Fall in die zweite der genannten Fallgruppen. Daher ist zu prüfen, ob die weiter anwendbaren Normen verfassungswidrig sind oder nicht. Davon abgesehen liegt zu 4 Ob 56/16p ein reiner Binnenfall vor, weshalb hier jedenfalls die Prüfung der Verfassungswidrigkeit nicht unter Hinweis auf ein transnationales Element ausgeschlossen ist.
4. Aus der vom Senat angenommenen Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols folgt daher, dass die in Fallgestaltungen, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, weiter anzuwendenden Bestimmungen des Glücksspielrechts eine gegen Art7 B-VG verstoßende Inländerdiskriminierung begründen. Zur Vermeidung einer solchen Diskriminierung ist die Aufhebung der in den konkreten Fällen präjudiziellen Einzelnormen, hilfsweise – bei Annahme eines untrennbaren Zusammenhangs – des gesamten GSpG und des niederösterreichischen Landesgesetzes geboten. Die Beurteilung der Frage, ob eine verfassungsrechtlich relevante Inländerdiskriminierung für eine gewisse Zeit zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage hinzunehmen ist (vgl G41/10 ua, VfSlg 19.529), obliegt nach Auffassung des Senats ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof.'
Die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in seinem Beschluss vom 30. März 2016, 4 Ob 31/16m [ua], zur Verfassungswidrigkeit der präjudiziellen Normen des Glücksspielgesetzes sind auch im vorliegenden Fall einschlägig."
1.6. Die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legten die Verwaltungs- bzw. Gerichtsakten vor und sahen jeweils von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
2. E 947/2016
2.1. Mit dem beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnis vom 25. März 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21. September 2015 betreffend die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kommt zum Ergebnis, die Tatbestandsvoraussetzungen des hier einschlägigen §53 GSpG seien erfüllt und die vorgebrachten Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeiten lägen nicht vor (die Begründung deckt sich weitgehend mit jener des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im unter Punkt I.1.2. angeführten Erkenntnis).
2.2. Auch in diesem Fall führt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinem Erkenntnis nicht an, ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomat selbst erfolgte.
2.3. Die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich gerichtete Beschwerde gemäß Art144 B-VG ist inhaltlich völlig ident begründet wie die zu E945/2016 eingebrachte Beschwerde.
2.4. Die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legten die Verwaltungs- bzw. Gerichtsakten vor und sahen jeweils von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
3. E 1054/2016
3.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 14. April 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen Punkt I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 6. August 2015 betreffend die Einziehung von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kommt zum Ergebnis, die Tatbestandsvoraussetzungen des hier einschlägigen §54 GSpG seien erfüllt und die vorgebrachten Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeiten lägen nicht vor (auch hier deckt sich die Begründung weitgehend mit jener des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im unter Punkt I.1. angeführten Erkenntnis).
3.2. Auch in diesem Fall führt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in seinem Erkenntnis nicht an, ob die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig oder durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomat selbst erfolgte.
3.3. Die Begründung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG ist inhaltlich völlig ident mit der zu E945/2016 eingebrachten Beschwerde.
3.4. Die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legten die Verwaltungs- bzw. Gerichtsakten vor und sahen jeweils von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
4. Beschluss gemäß §86a VfGG
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 2. Juli 2016, E945/2016 ua. – der vom Bundeskanzler am 12. Juli 2016 (BGBl I 57/2016) kundgemacht wurde – ausgesprochen, dass bei ihm eine erhebliche Anzahl von Verfahren über Beschwerden im Sinne des §86a Abs1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 – VfGG anhängig ist, in denen gleichartige Rechtsfragen zu lösen sind. Dabei geht es um die Frage, ob die Rechtsgrundlagen i) für die Bestrafung wegen Übertretung der Verwaltungsstraftatbestände gemäß §52 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 105/2014, ii) für die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, von sonstigen Eingriffsgegenständen oder von technischen Hilfsmitteln gemäß §53 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 111/2010, und iii) für die Einziehung von Gegenständen, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des §52 Abs1 Glücksspielgesetz verstoßen wird, gemäß §54 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 70/2013, (offenkundig) gegen Unionsrecht (insbesondere Art56 bis 62 AEUV) verstoßen und die vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte wegen der daraus folgenden Unanwendbarkeit ohne gesetzliche Grundlage ergangen sind oder ob gegen die Rechtsgrundlagen für die genannten Bestrafungen und Anordnungen verfassungsrechtliche Bedenken bestehen und ob es allenfalls nach Aufhebung der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften letztlich zur Aufhebung der vor dem Verfassungsgerichtshof in Beschwerde gezogenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte kommt. Zur Beantwortung dieser Rechtsfragen hat der Verfassungsgerichtshof §52 Glücksspielgesetz, BGBl 620/1989, idF BGBl I 105/2014, §53 Glücksspielgesetz,