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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Abweisung eines Antrags auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" wegen Nichterfüllung der Voraussetzung des Ablaufs der Jahresfrist seit Ausstellung der Karte für Geduldete; ex lege eingetretene Duldung nach der vor Inkrafttreten des FremdenrechtsänderungsG 2015 geltenden Rechtslage mit Blick auf eine Übergangsbestimmung zu berücksichtigen; Willkür mangels Auseinandersetzung mit der Frage einer ex lege eingetretenen DuldungRechtssatz
Mit dem am 20.07.2015 durch das FremdenrechtsänderungsG 2015, BGBl I 70, in Kraft gesetzten §46a Abs6 FPG wurde der Beginn der Duldung insoweit verändert, als der Aufenthalt eines Fremden nunmehr - soweit das Vorliegen der Voraussetzungen nach §46a Abs1 FPG nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt wurde - mit Ausfolgung der Karte als geduldet gilt. Demgegenüber trat die Duldung nach der bis dahin geltenden Rechtslage bereits ex lege mit dem Zeitpunkt ein, in dem feststand, dass die Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung auf Dauer gegeben waren (vgl VfSlg 19935/2014 sowie die Erläuterungen zur RV 582 25. GP, 20). Der Ausstellung der Karte für Geduldete kommt nunmehr grundsätzlich konstitutive Wirkung zu.
Das Bundesverwaltungsgericht geht im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass der Aufenthalt von Fremden nach §46a Abs6 FPG idF BGBl I 70/2015 jedenfalls erst mit Ausfolgung der Karte (bzw dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Feststellung der Duldung) als geduldet gilt. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes beginnt die in §57 Abs1 Z1 AsylG 2005 vorgesehene Frist für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" demzufolge auch in jenen Fällen, in denen ein Fremder bereits nach der vor dem Inkrafttreten des FremdenrechtsänderungsG 2015 bestehenden Rechtslage mit dem Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung ex lege als geduldet galt, mit Ausstellung der Karte (neu) zu laufen.
Damit hat das Bundesverwaltungsgericht §57 Abs1 Z1 AsylG 2005 iVm der Übergangsbestimmung des §125 Abs28 FPG idF BGBl I 70/2015 einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Mit der Übergangsbestimmung des §125 Abs28 Z3 FPG idF BGBl I 70/2015 hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass ein vor dem 20.07.2015 gemäß §46a Abs1a FPG geduldeter Aufenthalt als Duldung gemäß §46a Abs1 Z3 FPG idF BGBl I 70/2015 zu betrachten ist. War ein Fremder bereits ex lege geduldet, beginnt für ihn die für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nach §57 Abs1 Z1 AsylG 2005 notwendige Anwartschaft durch die Ausstellung der Karte für Geduldete nach §46a FPG idF BGBl I 70/2015 sohin nicht von Neuem zu laufen. Zur Beurteilung, ob der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß §46a Abs1 Z1 oder Z3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, ist die nach der bis zum 20.07.2015 geltenden Rechtslage ex lege eingetretene Duldung mit Blick auf die Übergangsvorschrift des §125 Abs28 FPG idF BGBl I 70/2015 zu berücksichtigen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat jede Auseinandersetzung mit der Frage unterlassen, ob bzw seit wann der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet bereits vor dem 20.07.2015 ex lege geduldet war und hat damit die angefochtene Entscheidung mit Willkür belastet.
Schlagworte
Asylrecht, Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Duldung, Aufenthaltsrecht, ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2016:E847.2016Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018