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L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe, UmweltabgabeNorm
B-VG Art139 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Anordnung des rückwirkenden Inkrafttretens der Kanalabgabenordnung 2014 der Gemeinde St. Lorenzen bei Scheifling; Abweisung des Antrags des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark hinsichtlich der Überleitung dieser Verordnung auf die neu geschaffene Marktgemeinde ScheiflingRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark.
Der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters (und daran anknüpfend die Berufungsentscheidung des Gemeinderates) der Marktgemeinde Scheifling stützt sich ausdrücklich auf die - mit Verordnung des Regierungskommissärs vom 02.01.2015 mit Wirksamkeit vom 01.01.2015 in die neu gebildete Marktgemeinde Scheifling übergeleitete - KanalabgabenO 2014 der Gemeinde St. Lorenzen bei Scheifling vom 16.12.2014. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark geht hiebei zutreffend davon aus, dass im Anlassverfahren die Anwendung der nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgaben für die Frage des Entstehens des Abgabenanspruches maßgebenden Rechtslage voraussetzt, dass diese Rechtslage für den maßgeblichen Zeitraum tatsächlich in Geltung stand. Dies ist für den vorliegenden Fall §8 der KanalabgabenO 2014 zu entnehmen, weshalb das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Regelung anzuwenden hat.
Die Anordnung der Weitergeltung gemäß Punkt II. Z4 der ÜberleitungsV begründet keine neue "Fassung" der KanalabgabenO 2014.
Die KanalabgabenO 2014 hat ihren Geltungsgrund für den maßgebenden Abgabenerhebungszeitraum in Punkt II. Z4 der ÜberleitungsV. Die Anordnung der Weitergeltung hat sohin konstitutive Wirkung; folglich war Punkt II. Z4 der ÜberleitungsV mitanzufechten.
Die KanalabgabenO 2014 wurde vom Gemeinderat der Gemeinde St. Lorenzen bei Scheifling am 16.12.2014 beschlossen. Die Beschlussfassung wurde an der Amtstafel am 17.12.2014 angeschlagen und am 31.12.2014 abgenommen; die Verordnung lag in diesem Zeitraum im Gemeindeamt St. Lorenzen bei Scheifling zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden auf. Gemäß der - eine lex specialis zu §92 Abs1 dritter Satz Stmk GdO 1967 darstellenden - Bestimmung des §7 Abs2 Stmk KanalabgabenG treten die KanalabgabenO sowie deren allfällige spätere Änderungen - sofern nicht anderes bestimmt wird - mit dem dem Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Monatsersten in Kraft.
Eine Rückwirkung von Verordnungen ist nur zulässig, wenn dazu das Gesetz ausdrücklich ermächtigt; die Anordnung einer Rückwirkung muss sohin von der Ermächtigungsgrundlage umfasst sein. Eine solche Ermächtigung erteilt §7 Abs2 Stmk KanalabgabenG gerade nicht.
§8 erster Satz der KanalabgabenO 2014 der Gemeinde St. Lorenzen bei Scheifling vom 16.12.2014 sieht entgegen §7 Abs2 Stmk KanalabgabenG ein rückwirkendes Inkrafttreten der Verordnung mit 30.12.2014 vor; es ist daher auszusprechen, dass §8 erster Satz der KanalabgabenO 2014 wegen Verstoßes gegen §7 Abs2 Stmk KanalabgabenG gesetzwidrig war.
Die KanalabgabenO 2014 hat als eine von der Gemeinde St. Lorenzen bei Scheifling erlassene Verordnung auch in der Gemeinde St.Lorenzen bei Scheifling iSd §11 Abs2 Stmk GdO 1967 Geltung erlangt und konnte als solche vom Regierungskommissär auf die neu geschaffene Marktgemeinde Scheifling übergeleitet werden.
Der Ausspruch, dass §8 erster Satz der KanalabgabenO 2014 gesetzwidrig war, steht der Einhebung der Kanalgebühren für das Jahr 2015, die sich nunmehr auf die ÜberleitungsV stützt, nicht entgegen. Das Begehren auf Aufhebung (auch) des Punktes II. Z4 der ÜberleitungsV erweist sich insofern als unbegründet.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Kanalisation, Abgaben, Gebühr, Verordnung Kundmachung, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Rückwirkung, Gemeinderecht Zusammenlegung, Geltungsbereich Anwendbarkeit, VfGH / PräjudizialitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2016:V57.2016Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018