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66/02 Andere SozialversicherungsgesetzeNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der Bestimmungen über den Anspruch auf Pensionsteilung zwischen Ehegatten bzw eingetragenen Partnern auf Grund der langjährigen Mitarbeit im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb; Regelung trotz des Verlusts der ursprünglichen sozialpolitischen Funktion angesichts erwerbsloser Bäuerinnen weiterhin sachlich gerechtfertigt als Überbrückungshilfe für Zeiten der Arbeitslosigkeit; teils Ab-, teils Zurückweisung des Antrags des Obersten GerichtshofesRechtssatz
Unzulässigkeit des Hauptantrags des OGH auf Aufhebung des §71 Abs4 BSVG idF BGBl I 135/2009 als zu eng gefasst; untrennbarer Zusammenhang des Abs4 mit Abs5 bis Abs9 leg cit.
Abweisung des - zulässigen - Eventualantrags auf Aufhebung des §71 Abs4, Abs7, Abs8 und Abs9 BSVG idF BGBl I 135/2009, §71 Abs5 idF BGBl 201/1996 und §71 Abs6 idF BGBl I 139/1997.
Aufhebungsumfang nicht zu eng: Die Verweisung des §80 Abs2 leg cit (betr Kostenbeteiligung des Versicherten in der Krankenversicherung) ginge im Falle der Aufhebung des §71 Abs4 leg cit ebenso ins Leere, wie die in §182 Z5 leg cit enthaltene Zuordnung der Streitigkeiten über die Feststellung des Auszahlungsanspruches nach §71 Abs4 leg cit zu den Leistungssachen. Diese Gesetzestechnik begründet für sich allein keinen untrennbaren Zusammenhang der verweisenden Normen mit den verwiesenen angefochtenen Bestimmungen.
§71 Abs4 BSVG hat - wie die rechtshistorische Entwicklung zeigt - seine ursprüngliche Funktion, erwerbslosen Bäuerinnen den fehlenden Pensionsanspruch zu ersetzen, wohl zunehmend eingebüßt, zumal mitarbeitende Ehegattinnen im land(forst)wirtschaftlichen Betrieb während dieser Mitarbeit seit dem Jahr 1991 entweder auf Grund einer weiteren, anderweitigen Erwerbstätigkeit nach einem anderen Sozialversicherungsgesetz oder auf Grund dieser Mitarbeit nach dem BSVG pensionsversichert sind. Mittlerweile sind die überwiegende Zahl der Fälle der von der Pensionsteilung betroffenen Frauen "Übergangsfälle", dh darauf zurückzuführen, dass diese Frauen auf Grund ihres damaligen Alters von mindestens 45 Lebensjahren von der Befreiung von der Pensionsversicherung auf Grund der Übergangsregelungen des ArtIII Abs2 der 16. Novelle zum BSVG Gebrauch gemacht haben und daher über keinen eigenen Pensionsanspruch verfügen.
Dennoch ist es im Ergebnis nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Pensionsteilung nicht auf diese Übergangsfälle beschränkt hat, da auch die - geringe - Anzahl von jährlich neu anfallenden, und zum Teil nicht auf das seinerzeitige Übergangsrecht zurückzuführenden Ansprüche auf Pensionsauszahlung nach §71 Abs4 BSVG auf andere Weise sachlich gerechtfertigt werden können.
In jener Konstellation, die §71 Abs4 BSVG als Voraussetzung für den Anspruch auf Pensionsteilung erfordert, wurden die Erträge aus dem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb und damit auch die Aufwendungen für die Beiträge zur Pensionsversicherung zumindest durch 10 Jahre von beiden Ehegatten gemeinsam erwirtschaftet.
Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber in §71 Abs4 BSVG nun der Sache nach aus der zumindest durch 10 Jahre im gemeinsamen Betrieb erbrachten Arbeitsleistung einen Anspruch auch auf einen Anteil an der Pension des anderen Ehegatten ableitet. Es liegt nämlich auf Grund der gesetzlichen Voraussetzungen des Teilungsanspruches jeweils eine Konstellation vor, in der die für beide Ehegatten erworbene Pensionsversorgung nach der Betriebsaufgabe zunächst nur einem der Ehegatten zugute kommt und die Betriebsaufgabe daher objektiv in dessen Interesse erfolgt ist. Der Gesetzgeber stellt diesen Anspruch gemäß §71 Abs7 BSVG überdies unter den Vorbehalt, dass der andere Ehegatte noch keine andere (pensionsversicherungspflichtige oder pensionsversicherungsfreie) Erwerbstätigkeit gefunden hat und auch noch nicht in dem in der gemeinsamen Bewirtschaftung erworbenen eigenen Pensionsbezug steht.
Die in diesen Fällen erkennbare Funktion des Anspruches auf geteilte Pensionsauszahlung als Überbrückungshilfe für Zeiten der Arbeitslosigkeit des anderen Ehegatten, die angesichts der gesetzlichen Voraussetzungen des Anspruches als zusätzliche Abgeltung einer langjährigen Mitarbeit im gemeinsamen Betrieb qualifiziert werden kann, vermag die Regelung ungeachtet dessen weiterhin sachlich zu rechtfertigen, dass ihre ursprüngliche sozialpolitische Funktion in der seinerzeitigen Intensität nicht mehr gegeben ist.
Auch kein Verstoß gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
Schlagworte
Sozialversicherung, Pensionsversicherung, VfGH / Prüfungsumfang, VerweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2016:G93.2016Zuletzt aktualisiert am
01.03.2018