RS Vfgh 2016/12/12 E583/2016

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Veröffentlicht am 12.12.2016
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Index

10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VereinsG 2002 §29
ABGB §270

Leitsatz

Verletzung eines Vereins im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung der Beschwerde der - für die Vertretung im Verfahren zur Vereinsauflösung gerichtlich bestellten - Abwesenheitskuratorin gegen den Auflösungsbescheid als verspätet; Auslösung der vierwöchigen Rechtsmittelfrist erst durch die rechtwirksame Zustellung des Auflösungsbescheides an die Kuratorin

Rechtssatz

Zulässigkeit der von der Abwesenheitskuratorin eingebrachten Beschwerde.

Ungeachtet des Umstands, dass seitens der Vereinsbehörde zeitgleich mit dem Auflösungsbescheid vom 29.10.2015 ein Abwickler bestellt wurde, hat das BG Dornbirn mit Beschluss vom 04.12.2015, zugestellt am 11.12.2015, gemäß §270 ABGB eine Abwesenheitskuratorin bestellt.

Die Frage der Beschwerdeberechtigung ist nach dem Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung zu beurteilen, daher hat die nachträgliche Enthebung der Kuratorin von ihrer Funktion (mit Beschluss vom 18.05.2016) auf den Fortgang des Verfahrens keinen Einfluss.

Die Rechtsverhältnisse eines Vereins, etwa sein Verhältnis zu seinen Organen und zu seinen Mitgliedern, sind grundsätzlich privatrechtlicher Natur und unterliegen den Regeln des Zivilrechts. Streitigkeiten aus diesen Vereinsverhältnissen entscheiden demnach (nach Erschöpfung vereinsinterner Streitschlichtungsmechanismen) letztlich die ordentlichen Gerichte.

Die Vereinsbehörde begründet - sich auf das rechtskräftige gerichtliche Urteil betr Ungültigerklärung der Neuwahlen des Vereins vom 14.03.2013 stützend - die Auflösung des Vorarlberger Tierschutzverbandes damit, dass er dadurch nicht mehr den Bedingungen seines rechtlichen Bestandes entspreche, weil er über keine vertretungsbefugten Vereinsorgane verfüge. Ob die Zustellung des Auflösungsbescheides durch die Vereinsbehörde an die nicht mehr vertretungsbefugten Organe überhaupt rechtmäßig ist, kann dahinstehen. Denn erst die rechtswirksame Zustellung des Auflösungsbescheides an die gerade auch für diesen Zweck gerichtlich bestellte Abwesenheitskuratorin hat - vor dem Hintergrund der im vorliegenden Fall auflösungsbegründenden Konstellation - die vier-wöchige Rechtsmittelfrist für sie und damit für den Verein, den sie vertritt, ausgelöst.

Die Zustellung erfolgte ausweislich der vorgelegten Akten am 17.12.2015. Die Beschwerdeerhebung durch die Abwesenheitskuratorin erfolgte (ausweislich der vorgelegten Akten) am 14.01.2016, sohin am letzten Tag der Rechtsmittelfrist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Vereinsrecht, Vereinsauflösung, Zivilrecht, Zustellung, Fristen, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2016:E583.2016

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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