RS Vfgh 2016/12/12 E1997/2015 ua

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Veröffentlicht am 12.12.2016
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Index

90/01 Straßenverkehrsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
StVO 1960 §24, §25, §43 Abs1 litb Z1, Abs2a, §45 Abs4
Halte- und ParkverbotsVen des Magistrats der Stadt Wien vom 21.06.2012 und 02.04.2015 betr Anwohner-Zonen im 8. Bezirk
Halte- und ParkverbotsVen des Magistrats der Stadt Wien vom 13.08.2014 und 14.08.2015 betr Anwohner-Zonen im 1. Bezirk

Leitsatz

Keine Bedenken gegen Verordnungen betreffend Anwohnerparkzonen in Wien; verordnetes Halte- und Parkverbot ausgenommen Fahrzeuge mit Parkkleber für den betreffenden Bezirk sowie Behinderte im Interesse der Wohnbevölkerung gerechtfertigt; Beschränkung der Regelung auf 20 Prozent der zur Verfügung stehenden Parkplätze gesetzeskonform

Rechtssatz

Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, eine Begünstigung der Wohnbevölkerung (vgl VfSlg 13658/1993), die diese in die Lage versetzen soll, tatsächlich einen Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnung zu finden, auf §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 zu stützen.

Halte- und Parkverbote stellen einen sehr weitgehenden Eingriff in die ungehinderte Nutzung von Verkehrsflächen dar. Dies ist bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines Halte- und Parkverbotes iSd §43 Abs1 litb StVO 1960 zu berücksichtigen.

Der Magistrat der Stadt Wien hat Halte- und Parkverbote verordnet, von denen nur Personen mit Parkklebern für den jeweiligen Bezirk sowie Inhaber eines Ausweises gemäß §29b StVO 1960 ausgenommen sind. Anwohner-Zonen erstrecken sich auf (nur) 20% der Stellplätze. Somit sind nur begrenzte Bereiche von der Benützung durch andere als die Berechtigten gänzlich ausgeschlossen. Darüber hinaus können Angehörigen bestimmter Personenkreise, die in diesen Gebieten ständig tätig sind, Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Es ist dem Magistrat der Stadt Wien außerdem zuzustimmen, dass ein Parkverbot erheblich schwerer zu vollziehen ist als ein Halte- und Parkverbot.

Im Hinblick darauf sind die von der Straßenverkehrsordnung gezogenen Grenzen - die Erforderlichkeit und der Ausgleich von Erschwernissen für die Wohnbevölkerung iSd §43 Abs2a StVO 1960 - mit der vorliegenden Regelung, die sich auf 20% der zur Verfügung stehenden Parkplätze beschränkt, nicht überschritten. Der VfGH hegt daher keine Bedenken dagegen, dass in Anwohner-Zonen sowohl das Halten als auch das Parken verboten ist.

Anwohner-Zonen wurden insbesondere um Lokale und Veranstaltungsstätten eingerichtet. Es ist dem Magistrat der Stadt Wien nicht entgegen zu treten, wenn er meint, die zeitliche Ausdehnung sei erforderlich, um auch am Abend und an Wochenenden freie Parkplätze für Anwohner sicherzustellen.

Ziel der Anwohner-Zonen ist es, der Wohnbevölkerung ausreichend Parkplätze in der Nähe ihrer Wohnung zu verschaffen und den Parkplatzsuchverkehr zu reduzieren. Dass Anwohner, die ein einspuriges Kraftfahrzeug abstellen wollen, von der Norm nicht erfasst sind, ist im Hinblick auf den geringeren Platzbedarf beim Abstellen eines einspurigen Kraftfahrzeuges und im Hinblick darauf, dass diese auch von der Entrichtung der Parkgebühr ausgenommen sind, sachlich gerechtfertigt.

Es bestehen keine Bedenken, bei der Ausnahme vom Halte- und Parkverbot auf den Parkkleber für den jeweiligen Bezirk abzustellen. Diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung und reduziert den Aufwand für die Berechtigten.

Für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß §45 Abs4 StVO 1960 ist es notwendig, ein persönliches Interesse daran, in der Nähe seines Wohnsitzes zu parken, nachzuweisen. Angesichts des knappen Parkraumes im innerstädtischen Bereich bestehen keine Bedenken dagegen, dass ein solches Interesse dann verneint wird, wenn für einen Haushalt eine solche Ausnahmebewilligung bereits erteilt wurde.

Keine Bedenken dagegen, dass Inhaber von Ausnahmebewilligungen gemäß §43 Abs2a Z2 StVO 1960 vom Abstellen ihres Kraftfahrzeuges im Bereich der Anwohner-Zone ausgeschlossen sind.

Das durchgeführte Ermittlungs- und Anhörungsverfahren und die vorgenommene Interessenabwägung sind nicht zu beanstanden.

Es kann keine Gesetzwidrigkeit darin erblickt werden, dass durch die Anwohner-Zone in der Kantgasse, in der ein Parkverbot besteht, auch das Halten verboten wird und ein bestimmter Personenkreis vom Parkverbot ausgenommen wird.

Keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm.

Entscheidungstexte

  • E1997/2015 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 12.12.2016 E1997/2015 ua

Schlagworte

Straßenpolizei, Verkehrsbeschränkungen, Halte(Park-)verbot, Anrainerparken, Verordnungserlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2016:E1997.2015

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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