TE Vfgh Erkenntnis 2016/12/13 E729/2016

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Veröffentlicht am 13.12.2016
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Index

10/12 Politische Parteien, Interessenvertretung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art10 Abs1 Z1
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art26, Art95, Art117 Abs2
ParteienG 2012 §1, §4, §10 Abs8
StGG Art5
EMRK Art6
EMRK Art10
EMRK 1. ZP Art1

Leitsatz

Abweisung der Beschwerde einer politischen Partei gegen die Verhängung einer Geldbuße wegen Überschreitung des Höchstbetrags für Wahlwerbungsausgaben bei der Nationalratswahl 2013; keine Bedenken gegen die angewendeten - der Chancengleichheit der Parteien dienenden - Bestimmungen des Parteiengesetzes 2012 über die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben; Regelung im Hinblick auf die Kompetenz des Bundes als Wahlrechtsgesetzgeber nach verfassungskonformer Interpretation nur auf die Nationalratswahl und die Wahl zum Europäischen Parlament anwendbar; keine Unsachlichkeit der festgesetzten maximalen Höhe der Ausgaben; kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, den Grundsatz der Freiheit der Wahl und die Meinungsäußerungsfreiheit; keine Bedenken gegen die Bemessung der Geldbuße; Geldbuße keine Strafe im Sinne der EMRK

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Erkenntnis weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführerin durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.       Die Beschwerdeführerin ist eine politische Partei ("Team Stronach für Österreich", Kurzbezeichnung: "Team Stronach"). Sie beteiligte sich als Wählergruppe an der Wahlwerbung zur Nationalratswahl vom 29. September 2013 ("wahlwerbende Partei" iSd §2 Z2 Parteiengesetz 2012, BGBl I 56/2012 idF BGBl I 84/2013, im Folgenden: PartG) und erreichte elf Mandate. Nach Ausweis im Rechenschaftsbericht und Nachtragsbericht 2013 betrugen die Wahlwerbungsausgaben für die Wahl zum Nationalrat 2013 € 13.580.165,67. Davon ausgehend wurde der in §4 PartG festgelegte Höchstbetrag von € 7 Millionen um € 6.580.165,67 überschritten.

2.       Die Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates vom 18. Juni 2015 wegen der Überschreitung der Wahlwerbungsausgaben bei der Wahl zum Nationalrat 2013 gemäß §10 Abs8 PartG zur Zahlung einer Geldbuße in der Höhe von € 567.000,– verpflichtet.

3.       Mit Erkenntnis vom 23. März 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Beschwerdeführerin auf ersatzlose Behebung des Bescheides sowie die Eventualanträge auf Abänderung des Bescheides dahingehend, dass die Geldbuße auf einen Betrag von € 10.000,- reduziert oder der Bescheid aufgehoben und an den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat zurückverwiesen werde, als unbegründet ab. Begründend führt das Bundesverwaltungsgericht aus, die Beschwerdeführerin habe im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2013 die Obergrenze von 7 Millionen Euro für Wahlwerbungsausgaben in §4 Abs1 PartG um € 6.580.165,67, somit fast im Ausmaß von 100 Prozent überschritten, was der Rechnungshofbericht eindeutig belege und von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden sei. Die verhängte Geldbuße bewege sich innerhalb des in §10 Abs8 PartG gesetzlich vorgesehenen Rahmens (10 Prozent des Überschreitungsbetrages für eine 25-prozentige Überschreitung von 7 Millionen Euro plus zusätzlich bis zu 20 Prozent des zweiten Überschreitungsbetrages über 25 Prozent von 7 Millionen Euro); sie orientiere sich an der Intensität der Beeinträchtigung, am Gedanken der General- und Spezialprävention, der fehlenden Begründung seitens der Beschwerdeführerin, weshalb es zu einer derart hohen Überschreitung des gesetzlichen Höchstbetrages gekommen sei, sowie an der erheblichen Sorgfaltswidrigkeit der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben über die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben.

4.       Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird. Auszugsweise wird in der Beschwerde Folgendes vorgebracht:

"[…] Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art7 Abs1 B-VG:

[…] Die angewendete gesetzliche Bestimmung des §10 Abs8 PartG hängt mit anderen Bestimmungen des Parteiengesetzes in einer Weise zusammen, aus der sich eine unsachliche Differenzierung ergibt, die den Gleichheitsgrundsatz verletzt.

[…]

§4 PartG verpflichtet die politischen Parteien zu einer Beschränkung der Ausgaben für Wahlwerbungen. §5 Abs3 PartG verpflichtet die Parteien, die Einhaltung dieser Verpflichtung nachzuweisen. §10 Abs8 PartG sieht für den Fall der Überschreitung des in §4 PartG normierten Höchstbetrages eine Geldbuße vor. Dagegen ist für die Verletzung der Nachweisverpflichtung gemäß §5 Abs3 PartG keine Sanktion vorgesehen.

Das bedeutet im Ergebnis: Eine politische Partei, die die Nachweisverpflichtung nicht erfüllt, kann auch bei einer vermutlichen oder sogar tatsächlich nachweisbaren Überschreitung der Wahlwerbungskostenbeschränkung überhaupt nicht belangt werden. Sie stellt erst mit der Erfüllung ihrer – nicht sanktionierten(!) – Nachweisverpflichtung die Grundlage ihrer eventuellen Bestrafung her.

Das BVwG erkennt im Fehlen einer Sanktionierung der Nachweispflicht durchaus eine mögliche Verfassungswidrigkeit, die jedoch im vorliegenden Fall angeblich nicht präjudiziell sei.

Es handle sich vielmehr um ein 'gänzliches Untätigbleiben des Gesetzgebers', das vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgegriffen werden könne. (Dass dies falsch ist, wird sogleich dargelegt werden.)

Aber selbst wenn es sich – so das BVwG – um eine 'bloß partielle Unterlassung des Gesetzgebers' handelte, läge nach Auffassung des BVwG keine Verfassungswidrigkeit vor. Es liege vielmehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, darüber zu entscheiden, welche Verpflichtungen politischer Parteien nach dem PartG mit welchen 'Sanktionen' durchgesetzt werden können bzw. welche Verfahrensabschnitte im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben überhaupt sanktioniert werden sollen bzw. welche Sanktionen erfolgen sollen.

Vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung der politischen Parteien für die demokratische Ordnung der Republik Österreich würden aus Sicht des BVwG durchaus Gründe [dafür sprechen], dass der Gesetzgeber vorausgesetzt habe, keine politische Partei würde ihrer Nachweispflicht nicht nachkommen und sich dadurch jeglicher Überprüfbarkeit durch Wirtschaftsprüfer, den Rechnungshof und schließlich der Allgemeinheit entziehen.

Diese Argumentation des belangten Gerichts, wonach der Gesetzgeber möglicherweise vorausgesetzt habe, dass jede politische Partei auch ohne Sanktionsdrohung ihrer Nachweispflicht nachkommen und sich somit nicht der Überprüfbarkeit entziehen werde, widerspricht freilich jeglicher Erfahrung.

[…]

Eine solche Regelung stellt damit für politische Parteien geradezu eine Einladung dar, die Verhängung einer Geldbuße nach §10 Abs8 PartG ganz einfach dadurch abzuwenden, dass sie die Wahlwerbungskosten nicht (vollständig) offenlegt.

Die Sanktionslosigkeit der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung der gesetzlichen Nachweispflichten ist insofern kein 'gänzliches Untätigbleiben des Gesetzgebers', das vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgegriffen werden könnte.

Die Sanktionslosigkeit der Nachweisverpflichtung auf der einen Seite und die Sanktionierung des Überschreitens der Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben auf der anderen Seite hängen vielmehr eng miteinander zusammen und ergeben das einleitend skizzierte rechtliche System.

Erst aus diesem systematischen Zusammenhang ergibt sich die Unsachlichkeit der bestehenden Gesetzeslage. Sie kann vom Verfassungsgerichtshof unschwer durch die Aufhebung des §10 Abs8 PartG behoben werden.

Mit anderen Worten: §10 Abs8 PartG ist nicht einfach eine Norm, die ein gesetzlich verbotenes Verhalten pönalisiert, was für sich gesehen unter dem Gesichtspunkt des Sachlichkeitsgebotes selbstverständlich unproblematisch wäre. Ihre Problematik ergibt sich vielmehr daraus, dass diese Pönalisierung von der Erfüllung eines anderen gesetzlichen Gebotes (§5 PartG) durch den Normadressaten abhängig gemacht wird, das seinerseits nicht pönalisiert ist.

[…]

Der Gesetzgeber ist selbstverständlich verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, sämtliche Möglichkeiten zur Verhinderung rechtswidrigen Verhaltens auszuschöpfen, wie das BVwG richtig argumentiert. Hier geht es aber nicht um das unter diesem – praktisch unerreichbaren – Ziel verfassungsrechtlich Gebotene, sondern um eine Regelung, die rechtswidriges Verhalten geradezu begünstigt.

Dass mit einer Aufhebung des §10 Abs8 PartG dem Parteiengesetz 'ein weiterer Zahn gezogen wird' und dadurch, wie das BVwG befürchtet, das Ziel des Gesetzgebers, Wahlwerbungsausgaben zu beschränken, noch schwerer erreichbar wäre, ist ein rechtspolitisches Argument und keine Verfassungsfrage.

Zwar ist der Ansicht des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates im Anlassfall zuzustimmen, dass es die offensichtliche Intention des Gesetzgebers sei, Verhaltenspflichten der politischen Parteien so zu sanktionieren, dass die Achtung vor den politischen Parteien erhalten und gestärkt werde. Diese Intention rechtfertigt aber gerade nicht eine unsachliche Einschränkung derartiger Sanktionen.

Wenn der Gesetzgeber eine Sanktionierung der Nachweisverpflichtung gemäß §5 PartG nicht für erforderlich erachtet, ist es nur logisch, dass auch die damit verschränkte Verpflichtung der Ausgabenbeschränkung nicht sanktioniert wird.

Die Argumentation des BVwG, die Nachweisverpflichtung gehöre zu den Grundregeln der demokratischen Ordnung der Republik und sei eben deshalb nicht mit einer Sanktion versehen, während eine Überschreitung des für die Wahlwerbung zulässigen Höchstbetrages weniger gravierend sei, so dass sich die gesetzlich vorgesehene Sanktion als verfassungsrechtlich unproblematisch erweise, entbehrt jeder Logik.

[…]

[…] §4 Abs1 PartG, der mittelbarer Inhalt des §10 Abs8 PartG ist, normiert für sämtliche Wahlen die gleiche Höchstgrenze, was dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht, da Landtags-, Gemeinderats- oder Bezirksvertretungswahlen bezogen auf die zulässige Mittelverwendung von Wahlwerbungskosten nicht mit einer Nationalratswahl gleichgesetzt werden können und folglich eine gesetzliche Differenzierung geboten wäre. Es kann ja nicht sein, dass eine Partei, die sich bei einer Nationalratswahl um Wähler aus ganz Österreich bemüht, nicht mehr Mittel aufwenden darf, als eine Partei, die bei Landtags-, Gemeinde- oder Bezirksvertretungswahlen in geographisch wesentlich kleineren Einheiten Wahlwerbung betreibt und mangels Fehlen[s] einer landesgesetzlichen Regelung den gleich hohen Betrag für Wahlwerbung sanktionslos aufwenden dürfte wie eine Partei, die bei Nationalratswahlen antritt[.]

Präjudizialität liegt vor, da die angewendete verfassungswidrige Wortfolge 'zu einem allgemeinen Vertretungskörper' Voraussetzung für eine Pönalisierung einer Wahlkampfkostenüberschreitung auch bei einer Nationalratswahl ist.

[…] Eine weitere unsachliche Ungleichbehandlung ergibt sich daraus, dass schon länger bestehende politische Parteien ('Altparteien') über Vorfeldorganisationen verfügen. Mangels Verpflichtung zur Berücksichtigung von Leistungen nahestehender Organisationen – sofern diese nicht nach den Parteistatuten an der Willensbildung der jeweiligen Partei mitwirken – konnten 'Altparteien' ihre Wahlwerbungsausgaben und damit eine allfällige Geldbuße nach §10 Abs8 PartG dadurch reduzieren, dass Kosten für den Wahlkampf augenscheinlich in deren Vorfeldorganisationen auslagert wurden.

Der Rechnungshof stellt in seinem Bericht 'Bund 2015/10' […] fest, dass die SPÖ diese sanktionslose Umgehungskonstruktion gewählt hat, indem sie im Jahr 2012 ihre Statuten in Bezug auf Vorfeldorganisationen so geändert hat, dass diese nicht mehr an der Willensbildung der politischen Partei mitwirken und folglich im Jahr 2013 nach §2 Z3 PartG nicht mehr als nahestehende Organisation mit entsprechenden Meldepflichten zu qualifizieren waren.

Wahlwerbungsausgaben von bestehenden Vorfeldorganisationen (Pensionistenverband etc.), die zum Teil auch zahlreiche Unternehmensbeteiligungen umfassen, sind in den offengelegten Wahlkampfausgaben der SPÖ damit nicht enthalten.

Als Grundlage für die Verhängung der Geldbuße gemäß §4 iVm [§] 10 Abs8 PartG wurden hinsichtlich der Beschwerdeführerin, die als neu gegründete politische Partei ihren Wahlkampf ohne Vorfeldorganisationen bestreiten musste, sämtliche Ausgaben herangezogen, während etwa bei der SPÖ mit einem aufgrund öffentlicher Wahrnehmung vergleichbaren Wahlwerbeaufwand lediglich ein Teil ihrer tatsächlichen Wahlkampfkosten berücksichtigt und damit nur eine geringe Geldbuße in Höhe von EUR 15.000.- verhängt wurde.

Durch diese unterschiedliche Berücksichtigung der für die Nationalratswahl 2013 jeweils tatsächlich angefallenen Wahlwerbungskosten ist die Beschwerdeführerin, über die eine erhebliche Geldbuße in Höhe von EUR 567.000.- verhängt wurde, in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung verletzt.

[…] Verletzung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung:

§4 Abs1 PartG legt fest, dass jede politische Partei zwischen dem Stichtag und dem Wahltag zu einem allgemeinen Vertretungskörper maximal EUR 7 Millionen für Wahlwerbung aufwenden darf.

Damit wird eine Wahlkampfkostenbeschränkung für alle Wahlen zu einem 'allgemeinen Vertretungskörper', also für Bundeswahlen, Wahlen zu den Landtagen und den Gemeinderäten sowie Wahlen zu den Bezirksvertretungen in Wien normiert.

Soweit die Bundesverfassung nicht explizit etwas anderes erlaubt, schließt die bundesstaatliche Kompetenzverteilung gleichartige Regelungen desselben Sachverhalts unter gleichen Gesichtspunkten durch Bundes- und Landesgesetz aus.

Sind landesgesetzliche Regelungen zur Begrenzung von Wahlwerbungsausgaben zulässig (wie der Verfassungsgerichtshof in B1302/2013 entschieden hat), so ist es im System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ausgeschlossen, dass auch der einfache Bundesgesetzgeber Höchstgrenzen für die Kosten der Wahlwerbung normiert.

Der Bundesgesetzgeber hat zudem in dieser Angelegenheit keine Kompetenz zu einer Grundsatzgesetzgebung, die einen Rahmen festlegt, den der Landesgesetzgeber im Sinne einer niedrigeren Kostenbegrenzung ausführen könnte, sodass §4 Abs1 PartG, insbesondere die auch für Verfahren betreffend Nationalratswahlen präjudizielle Wortfolge 'einem allgemeinen Vertretungskörper oder', schon aus Gründen der Kompetenzwidrigkeit bundesverfassungswidrig ist.

[…] Verletzung der Verfassungsbestimmung des §1 Parteiengesetz:

Die Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 PartG legt nach ihrem klaren Wortlaut fest, dass die Tätigkeit politischer Parteien – sofern bundesverfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist – nicht durch besondere Rechtsvorschriften beschränkt werden darf. Zur Tätigkeit politischer Parteien gehört gemäß §1 Abs2 PartG insbesondere die Teilnahme an Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern, wofür die Durchführung von Wahlwerbungsaktivitäten erforderlich ist.

§4 Abs1 PartG zieht für Wahlwerbungsaktivitäten politischer Parteien auf einfachgesetzlicher Ebene eine betragsmäßige Höchstgrenze von EUR 7.000.000.- ein. Damit werden politische Parteien in ihrer Kerntätigkeit, nämlich der Vorbereitung auf Wahlen zu einem allgemeinen Vertretungskörper, massiv beschränkt, sodass die Regelung des §4 Abs1 PartG auch wegen Verstoßes gegen §1 Abs3 PartG verfassungswidrig ist [Zögernitz/Lenzhofer, Politische Parteien – Recht und Finanzierung, Wien 2013, §4 RZ12].

[…]

[…] Verletzung des Legalitätsprinzips nach Art18 B-VG:

§4 Abs1 PartG spricht davon, dass jede politische Partei für Wahlwerbung maximal 7 Millionen Euro aufwenden darf. Für den Rechtsunterworfenen ist aus dem PartG nicht nachvollziehbar, welche Kosten als 'Wahlwerbungsaufwand' zu qualifizieren sind.

In §2 Z4 PartG wird zwar der Begriff 'Wahlwerbungsausgaben' definiert als 'Ausgaben, die eine politische Partei oder eine wahlwerbende Partei, die keine politische Partei ist, ab dem Stichtag der Wahl bis zum Wahltag zu einem allgemeinen Vertretungskörper oder zum Europäischen Parlament spezifisch für die Wahlauseinandersetzung aufwendet'.

Damit bleibt jedoch völlig offen, welche Ausgaben als 'spezifisch für die Wahl-auseinandersetzung' zu werten und damit dem Bereich der Wahlwerbungsausgaben zuzurechnen sind.

Auch §4 Abs2 PartG vermag dieses Problem nicht zu lösen, da in dieser Bestimmung lediglich eine demonstrative Aufzählung möglicher Wahlwerbungsausgaben zu finden ist.

Somit stellte der Präsident des Rechnungshofes, Dr. Josef Moser, im Ö1 Mittagsjournal am 28. Oktober 2014 fest, dass im PartG nicht klar geregelt sei, was unter dem Titel Wahlkampfkosten laufen dürfe, sodass insbesondere die erforderliche Vergleichbarkeit hinsichtlich der Wahlwerbungsausgaben der einzelnen Parteien fehle.

Rechnungshofpräsident Moser spricht dabei auch von einem untragbaren Zustand und meinte dazu wörtlich: 'Das ist ein Zustand, der geändert gehört'.

Dieser Meinung schließen sich nach einem Bericht der Salzburger Nachrichten vom 29. Oktober 2014 der ehemalige Präsident des Rechnungshofes, Dr. Franz Fiedler, sowie der auf Parteienfinanzierung spezialisierte Politikwissenschaftler Hubert Sickinger an.

§4 Abs1 PartG ist bezogen auf die Qualifikation des Wahlwerbungsaufwands derart unbestimmt, dass zehn Wirtschaftsprüfer der politischen Parteien vor Aufnahme Ihrer Prüfungstätigkeit eine eigene Arbeitsgruppe in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder einrichten mussten, die unter dem Vorsitz von Philipp Rath eine 'Gebrauchsanweisung' für die zur Prüfung bestellten Wirtschaftsprüfer erarbeiten sollten.

Wenn nun all diese führenden Experten trotz Heranziehung sämtlicher Interpretationsmethoden bis heute nicht beurteilen können, welche Kosten zum Wahlwerbungsaufwand zählen und welche nicht, so stellt sich zwingend die Frage, wie dies die Beschwerdeführerin als Adressatin dieser Norm schon vor der Nationalratswahl 2013 hätte feststellen können.

Die mangelnde Bestimmbarkeit des 'Wahlwerbungsaufwands', der in §4 Abs1 PartG als zentrales Element die Grundlage für die Berechnung der Höchstgrenze sowie der Sanktion nach §10 Abs8 PartG bildet, verstößt somit gegen das in Art18 B-VG verankerte Legalitätsprinzip.

Weiters vertritt der UPTS in seinem Bescheid vom 18. Juni 2015 zu Recht die Auffassung, dass eine Geldbuße nach §10 Abs8 PartG nicht mit einer Geldstrafe gleichgesetzt werden darf, sodass die unmittelbare Anwendung des §19 VStG ausscheidet.

Die Bemessungsgründe für eine Geldbuße nach §10 Abs8 PartG sind aber auch aus dem PartG nicht ableitbar. Zwar spricht §10 Abs6 und Abs7 PartG davon, Geldbußen 'je nach Schwere des Vergehens zu verhängen', doch ist diese Bemessungsgrundlage nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ausschließlich auf die in §10 Abs6 und Abs7 PartG taxativ aufgezählten Verstöße anzuwenden.

Da somit §10 Abs8 PartG keinen Bezug auf die Schwere des Vergehens nimmt und sich auch sonst keine Anhaltspunkte für die betragsmäßige Bemessung einer Geldbuße ergeben, liegt ein Verstoß gegen Art18 B-VG vor. Dies hat zur Folge, dass über die Beschwerdeführerin mittels angefochtene[n] Erkenntnis[ses] willkürlich eine Geldbuße verhängt wurde.

[…] Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1.ZPEMRK und des Gleichheitsgrundsatzes:

Wenn aber eine verfassungskonforme Auslegung eine Gleichstellung der im PartG vorgesehenen 'Geldbußen' und 'Geldstrafen' nahelegen sollte, dann müsste für die Festsetzung der Geldbuße/Geldstrafe gemäß §12 Abs5 PartG die Bestimmung des §19 VStG, wonach insbesondere auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen sind, anzuwenden sein.

Nun haben aber im vorliegenden Fall sowohl der UPTS als auch das belangte Gericht keinerlei Erhebungen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin angestellt. Wäre dies geschehen, so wäre hervorgekommen, dass die Geldbuße unter Bedachtnahme auf die hohe Verschuldung der Beschwerdeführerin vollkommen unangemessen ist. UPTS und belangtes Gericht haben ihren Ermessensspielraum im Ergebnis exzessiv überschritten und damit das verfassungsrechtlich geschützte Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt. Dieser Punkt wird auch als Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geltend gemacht.

[…] Verletzung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl:

Durch die Regelungen der §§4 Abs1 und 10 Abs8 PartG wurde die Wahlwerbung der Beschwerdeführerin sinnwidrig beschränkt und damit die Chancengleichheit der einzelnen Parteien beseitigt, zumal die Beschwerdeführerin sämtliche Ausgaben, die im Zuge der Wahlauseinandersetzung für die Bewerbung der Wahlpartei 'Team Frank Stronach' angefallen sind, offenlegen musste, während politische Mitbewerber die Möglichkeit hatten, ihre Wahlkampfkosten in Vor-feldorganisationen auszulagern und damit die Wahlkampfkostenbeschränkung sanktionslos zu umgehen.

[…] Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung:

Vom Schutzumfang des Art10 Abs1 EMRK sind neben Meinungskundgaben und Tatsachenäußerungen auch Werbemaßnahmen erfasst. Die Meinungsäußerungsfreiheit steht gemäß Art10 Abs2 EMRK zwar unter einem materiellen Gesetzesvorbehalt, doch sind gesetzliche Einschränkungen nur insoweit verhältnismäßig und zulässig, als diese im öffentlichen Interesse und in einer demokratischen Gesellschaft unentbehrlich sind.

Die Beschwerdeführerin hat – im Gegensatz zu den anderen an der Wahl teilnehmenden Parteien – den Nationalratswahlkampf 2013 ohne staatliche[…] Parteienförderung ausschließlich aus eigenen finanziellen Mitteln bestritten und somit kein Steuergeld verwendet, sodass fraglich erscheint, worin das öffentliche Interesse bestehen soll, ihre Wahlwerbungsausgaben gemäß §4 Abs1 PartG zu begrenzen.

Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof der Meinung sein sollte, dass eine Wahlkampfkostenbeschränkung grundsätzlich au[ch] für neue politische Parteien, die zur Wahlauseinandersetzung keine staatlichen Fördermittel verwenden, gemäß Art10 Abs2 EMRK gerechtfertigt ist, so darf eine gesetzliche Regelung wohl dennoch nicht so weit gehen, dass damit gezielt einzelne politische Parteien in ihrer Meinungsäußerungsfreiheit beschränkt werden.

Die Beschwerdeführerin wurde durch die Regelungen der §§4 Abs1 und 10 Abs8 PartG in Ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt, da sie ihre politische Meinung im Zuge der Wahlauseinandersetzung mit einem Werbeaufwand von nur maximal EUR 7.000.000.- transportieren durfte, während es für andere Parteien diese Begrenzung – wie oben bereits ausgeführt – faktisch nicht gibt." (Zitat ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

5.       Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, aber – ebenso wie die belangte Behörde – von der Erstattung einer Gegenschrift bzw. Äußerung abgesehen.

6.       Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst erstattete auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes eine Äußerung zu den in der Beschwerde aufgeworfenen Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der §§4 und 10 Abs8 PartG und führte aus, dass diese Bedenken nicht zuträfen. Auszugsweise wird in der Äußerung Folgendes vorgebracht:

"Zur Frage der Kompetenz des Bundesgesetzgebers:

[…] Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung […], dass es dem Bundesgesetzgeber durch die Bejahung der Kompetenz des Landesgesetzgebers, eine Höchstgrenze für Wahlwerbungsausgaben zur Anknüpfung für die Förderungswürdigkeit festzulegen (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg 19.860/2014), verwehrt wäre, seinerseits Höchstgrenzen für die Ausgaben der Wahlwerbung zu normieren. Damit verkennt die Beschwerdeführerin aber, dass sich aus den Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes im genannten Erkenntnis gerade nicht ergibt, dass der Bundesgesetzgeber seine Regelungskompetenz zur Festlegung einer Wahlkampfkostenbeschränkung verwirkt hätte: So verweist der VfGH (vgl Rz 10 des Erkenntnisses m.w.N) ausdrücklich auf die kompetenzrechtliche Zulässigkeit, ein und denselben Sachverhalt nach verschiedenen Gesichtspunkten zu regeln. Diesem Verständnis entsprechend hat auch die Stellungnahme der Kärntner Landesregierung in jenem Verfahren aus-geführt, dass der Landesgesetzgeber aus kompetenzrechtlichen Gründen vom Geldbußensystem der bundesrechtlichen Regelung bei Überschreitung der Höchstbetragsgrenze betreffend die Wahlwerbungsausgaben der Bundesparteien Abstand genommen hatte (siehe §10 Abs8 PartG 2012) und stattdessen (lediglich) den Verlust des Antragsrechts auf Gewährung einer Landesförderung als Rechtsfolge vorsah (vgl. VfSlg 19.860/2014, Rz 4). Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, dass es 'im System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung ausgeschlossen ist, dass auch der einfache Bundesgesetzgeber Höchstgrenzen für die Kosten der Wahlwerbung normiert', ist daher mit den Feststellungen des VfGH im erwähnten Erkenntnis nicht zu begründen.

Der Bundesgesetzgeber ist daher zuständig[,] die genannte Begrenzung unter einem parteirechtlichen Gesichtspunkt zu regeln.

Zur Frage des Widerspruchs zur 'Betätigungsfreiheit' politischer Parteien:

[…] Die Beschwerdeführerin bringt mit ihren Ausführungen […] zum Ausdruck, dass mit der Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben die Verfassungsbestimmung des §1 Abs3 PartG verletzt worden sei. Die Tätigkeit politischer Parteien dürfe nämlich nicht durch besondere Rechtsvorschriften beschränkt werden. Den diesbezüglichen Überlegungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst richtet sich §1 Abs3 PartG gegen jegliche intentionale, nur politische Parteien betreffende Beschränkung (arg. 'besondere'), die darauf hinausläuft, die Parteien an der Verfolgung ihrer in §1 Abs2 leg. cit. definierten 'Aufgabe' unmittelbar zu hindern. In diesem Sinn sind die im PartG 2012 selbst enthaltenen Beschränkungen der Tätigkeit politischer Parteien schon deshalb nicht unter das Verbot des §1 Abs3 zu subsumieren, da die (im Vergleich zu ihrer Vorgängerregelung erweiterte) Verfassungsbestimmung des §1 PartG uno actu mit den anderen Bestimmungen des PartG 2012 erlassen wurde. Folgte man konsequent dem Verständnis der Beschwerdeführerin, müssten schon die detaillierten Bestimmungen über die Rechenschaftspflicht oder insbesondere auch die Regelungen über zulässige und unzulässige Spenden als verfassungswidrig angesehen werden, da sie der politischen Partei ihre Tätigkeit einschränkende Vorgaben machen. Die Auslegung der Beschwerdeführerin führt daher nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zu einem 'sinnwidrigen Ergebnis' (vgl. Eisner/Kogler/Ulrich, Recht der politischen Parteien [2012] Rz 4 zu §1; sowie Bußjäger, Rechtsfragen zum neuen Parteienrecht, ÖJZ2013, 643 [647]).

Die Beschwerdeführerin bringt auch vor, die Regelung in §4 PartG würde politische Parteien in ihrer Kerntätigkeit, nämlich der Vorbereitung auf Wahlen zu einem allgemeinen Vertretungskörper, massiv beschränken und beruft sich für die Behauptung der Verfassungswidrigkeit ausdrücklich auf Zögernitz/Lenzhofer, Politische Parteien. Recht und Finanzierung (2013), Rz 12 zu §4. Die dort geäußerten Bedenken teilt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst allerdings nicht. Vielmehr ist einer differenzierenden Betrachtungsweise der Vorzug zu geben. Gerade angesichts der 'Definition' einer politischen Partei in §1 Abs2 PartG wird nämlich deutlich, dass der Zweck von politischen Parteien vom Gesetzgeber primär in der kontinuierlichen, 'umfassenden Beeinflussung der staatlichen Willensbildung' gesehen wird, 'insbesondere durch die Teilnahme an Wahlen'. Daraus ist aber nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zu folgern, dass die Werbung für die eigenen Aktivitäten und Ideen mit der Absicht, kurz vor Wahlen den Wählerwillen zu ihren Gunsten zu beeinflussen, nicht den ausschließlichen und einzigen Tätigkeitsbereich der politischen Parteien, sondern eine diese bloß mittelbar betreffende Aktivität darstellt. Auch aus dieser Überlegung heraus, kann sich das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst der in der Literatur vertretenen Ansicht, es handle sich bei der Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben 'zweifelsfrei' um eine 'unmittelbar' die Tätigkeit betreffende Maßnahme (vgl Kostelka in FS Floretta, 48; Heindl ZfV 2000, 385; Wieser in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht (5. Lfg 2002), §1 P[a]rteien[…]G, Rz 73), nicht anschließen. Anders als die Literatur kann das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst auch in den von ihr ins Treffen geführten Materialien (AB 1680 BlgNR, 13. GP und [S]tenProt der 150. Sitzung des NR, 14593) keinen eindeutigen Beleg für deren Sichtweise erkennen.

Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes lassen sich auch die Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes, dass angesichts der in §5 Abs1 des Kärntner Parteienförderungsgesetzes normierten Bedingungen für den Erhalt einer auf Antrag einer Partei zu gewährenden Landesförderung (zu denen insbesondere die Festlegung der Höhe der Wahlwerbungsausgabengrenze zählt) 'vorliegend jedenfalls von keiner Beschränkung einer politischen Partei in Ausübung ihrer Tätigkeit gesprochen werden kann' (vgl. VfSlg 19.860/2014, Rz 14), dahingehend deuten, dass Begrenzungen der Möglichkeiten der Wahlwerbung nicht als die Ausübung der Tätigkeit betreffend angesehen werden.

Zum Argument der Verfassungswidrigkeit gleicher Höchstgrenzen:

[…] Die Beschwerdeführerin bringt auch vor, dass §4 Abs1 PartG deswegen verfassungswidrig sei, weil er für sämtliche Wahlen die gleiche Höchstgrenze normiere. Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Die vom Gesetzgeber im vorliegenden Fall angewandte Regelungstechnik, pauschal von Wahlen 'zu einem allgemeinen Vertretungskörper' zu sprechen und nicht weiter (weder begrifflich noch betragsmäßig) nach Nationalrats-, Landtags- oder Gemeinderatswahlen zu differenzieren, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass der Gesetzgeber – ohne mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Widerspruch zu geraten – bei der Normsetzung eine Durchschnittsbetrachtung anstellen, von Regelfällen ausgehen und pauschalierende Regelungen treffen bzw. typisieren kann (zB VfSlg 10.455/1985, 13.659/1993). Ebenso ist es dem Gesetzgeber gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen (vgl. VfSlg 10.455/1985, 11.616/1988). Die Festlegung einer für alle Wahlen gleichermaßen geltenden Höchstgrenze – die jedenfalls […] für Bundes- und Landeswahlen eine bedeutende Rolle spielen dürfte – liegt im Sinne dieser Überlegungen daher im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Soweit die Beschwerdeführerin sich darüber beschwert, dass es 'ja nicht sein kann, dass eine Partei, die sich bei einer Nationalratswahl um Wähler aus ganz Österreich bemüht, nicht mehr Mittel aufwenden darf', kann das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst andererseits gerade angesichts der Erfahrungen des Wahlkampfes 2013 nicht erkennen, dass es sich um eine per se unverhältnismäßig niedrige Grenze handeln würde. In diesem Sinne hat auch der Verfassungsgerichtshof zur Verfassungskonformität des §5 Abs1 des Kärntner Parteienförderungsgesetzes ausgeführt, dass die dort normierte Festlegung der Höhe der Wahlwerbungsausgabengrenze, die gemessen am Verhältnis der Anzahl der Wahlberechtigten dem in §4 PartG festlegten Betrag entspricht, für sich allein betrachtet nicht unsachlich ist (vgl. VfSlg 19.860/2014, Rz 18 und 22-23).

Zur Verletzung im 'verfassungsgesetzlichen Recht auf Gleichbehandlung':

[…] Die Beschwerdeführerin rügt ferner, dass länger bestehende, 'alte' politische Parteien ihre Wahlwerbungsausgaben und so die Geldbuße dadurch 'reduzieren [konnten], dass Kosten für den Wahlkampf augenscheinlich in deren Vorfeldorganisationen ausgelagert wurden.' Demgegenüber wären bei der Beschwerdeführerin ohne Vorfeldorganisationen sämtliche Ausgaben herangezogen worden.

Das diesbezügliche Vorbringen […] versucht hierzu, die Feststellungen des Rechnungshofes in seinen Berichten als Beleg dafür darzustellen, dass andere Parteien eine 'sanktionslose Umgehungskonstruktion gewählt' hätten. Dazu ist in faktischer Hinsicht zunächst auf Folgendes hinzuweisen: Die von der Beschwerdeführerin zitierten Feststellungen des Rechnungshofes […] weisen keinen wie immer gearteten Zusammenhang mit der Thematik der Wahlwerbungsausgaben auf. Für den von der Beschwerdeführerin gezogenen Schluss, es hätte eine bewusste Umgehung der Regelungen zur Deklaration der Wahlwerbungsausgaben stattgefunden, ergeben sich aus den von der Beschwerdeführerin zitierten Textpassagen überhaupt keine Anhaltspunkte. Die Überlegungen des Rechnungshofes bezogen sich ausschließlich auf die Rechenschaftspflicht gemäß §5 Abs4 und 5 PartG. Im entsprechenden, eine einzige politische Partei betreffenden Verfahren hat der Rechnungshof eine 'Auslagerung' von Wahlwerbungsausgaben gar nicht thematisiert und es wurde vom Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) in seinem Bescheid vom 4. November 2015 betreffend SPÖ, GZ610.006/0005-UPTS/2015 (vgl. Punkt 5.3.3.) nur festgestellt, dass 'ASKÖ, Naturfreunde und Pensionistenverband im Berichtszeitraum 2013 gar keine der SPÖ nahestehenden Organisationen im Sinne von §2 Z3 PartG mehr waren'.

Sollten die Ausführungen der Beschwerdeführerin hingegen dahingehend zu verstehen sein, dass es mit den Bestimmungen des §4 und §10 PartG in gleichheitswidriger Weise verabsäumt worden wäre, auf die unterschiedlichen Strukturen der verschiedenen politischen Parteien Bedacht [zu] n[e]hmen, so ist auf Folgendes hinzuweisen:

Der Gesetzgeber hat nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst innerhalb des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums bewusst darauf verzichtet, die 'innere' Organisation der jeweiligen politischen Partei entsprechend den in den Satzungen festgelegten Strukturen näher zu regeln oder auf verschiedene Organisationsmodelle Bedacht zu nehmen. Vielmehr wurden in Anerkennung der in §1 Abs3 PartG zum Ausdruck gebrachten 'Gründungsfreiheit' nur Mindestbestimmungen über den Inhalt der Satzungen normiert (vgl. §1 Abs4 leg. cit.). Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst kann nicht erkennen, womit sich eine Verpflichtung des Bundesgesetzgebers begründen ließe, auf das Vorhandensein verschiedener Strukturen der inneren Organisation einer politischen Partei oder Art und die Anzahl der einer Partei 'nahestehenden Organisationen' näher einzugehen.

Die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben betrifft jedenfalls alle Parteien gleichermaßen; es wird daher keine Partei spezifisch begünstigt (in diesem Sinne auch VfSlg 19.860/2014, Rz 17 und 19), es wird aber auch keine 'junge', allenfalls nicht stärker strukturierte Partei spezifisch benachteiligt.

Ledi[g]lich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass weder SPÖ noch ÖVP die die Nationalratswahl 2013 betreffende Wahlkampfkostenbeschränkung 'sanktionslos umgangen' haben, was die beiden Bescheide des UPTS vom 4. November 2015 betreffend SPÖ, GZBKA-610.006/0005-UPTS/2015 (vgl. Spruchpunkt 1: Geldbuße in Höhe von EUR 15.000,- verhängt), und betreffend ÖVP, GZ610.005/0002-UPTS/2015 (vgl. Spruchpunkt 1.1: Geldbuße in Höhe von EUR 300.000,- und Spruchpunkt 1.2: Geldbuße in der Höhe von EUR 100.000,- verhängt), belegen.

Zum 'Grundsatz der Freiheit der Wahl' und zur Meinungsäußerungsfreiheit:

[…] Es bedarf keiner tiefergehenderen Erörterung, dass nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung die Anforderungen des Art10 EMRK auch im Bereich der Werbung (und zwar unabhängig davon, ob es sich um kommerzielle oder ideelle Werbung handelt) zu beachten sind. Die Beschwerdeführerin vertritt dazu die Auffassung, weil sie kein Steuergeld verwende, sondern ihre Wahlwerbung 'ausschließlich aus eigenen finanziellen Mitteln' finanziert hätte, sei kein nach Art10 Abs2 EMRK zu rechtfertigendes öffentliches Interesse an einer Beschränkung der Möglichkeiten der Wahlwerbung zu erkennen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben in §4 PartG auch unter dem – im Übrigen schon vom UPTS […] in einem Nebensatz zur Bemessung der Geldbuße erwähnten – Aspekt der 'Waffengleichheit' im Wahlkampf zwischen Parteien mit beträchtlichen finanziellen Möglichkeiten einerseits und Parteien mit bescheideneren Möglichkeiten andererseits zu sehen ist.

Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst lassen sich dazu die vom Verfassungsgerichtshof (vgl. insbesondere VfSlg 16.911/2003 und schon 13.725/1994) angestellten Überlegungen zum Pluralismus in der Medienlandschaft ohne Weiteres auf die Situation im 'Wettbewerb um den Wähler' übertragen. Nicht unähnlich der Werbebeschränkung finanzstarker Printmedien bewirken nämlich die verfahrensgegenständlichen Bestimmungen des PartG (abgesehen von einem Signal an die Öffentlichkeit, nicht verschwenderisch mit Geldern umzugehen) auch, die 'Werbepräsenz' finanzstarker Gruppen zeitlich als auch in ihrer Intensität herabzusetzen, was sich im Wettbewerb zugunsten finanzschwächerer Gruppierungen auswirken kann.

Es sprechen folglich überzeugende Argumente dafür, auch die hier verfahrensge-genständliche 'Werbebeschränkung' als im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegend und in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht als notwendig und geeignet zur Verfolgung von – im Lichte von Art10 EMRK vertretbaren – Zielen (Schutz der 'Rechte anderer', nämlich der öffentlichen Meinung vor dem Druck finanzstarker Gruppen) zu erachten. In ähnlicher Weise hat ja auch der EGMR in seinem Urteil vom 28. Juni 2001 in der Rechtssache VGT – Verein gegen Tierfabriken gegen Schweiz, Application no. 24699/94 festgehalten, dass die Herstellung einer gewissen Chancengleichheit zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Kräften ein von Art10 EMRK anerkanntes Schutzziel darstellt und es zutrifft, dass finanzstarke Gruppen Wettbewerbsvorteile im Bereich der Werbung (für ihre Anliegen) erzielen können (vgl. Rz 71 bis 73 des Urteils).

Der Gedanke der Chancengleichheit wird von der Beschwerdeführerin zwar bei der Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Regelung ebenfalls angesprochen, allerdings sieht die Beschwerdeführerin gerade in §4 PartG eine 'sinnwidrige' Beschränkung, die der Chancengleichheit zuwider liefe. Sie hätte sämtliche Ausgaben offenzulegen gehabt, während ihre 'Mitbewerber die Möglichkeit hatten, […] die Wahlkampfkostenbeschränkung sanktionslos zu umgehen'. Soweit die Beschwerdeführerin dazu mehrfach in ihrem Schriftsatz andeutet, dass andere Parteien 'die Möglichkeiten hatten, ihre Wahlkampfkosten in Vorfeldorganisationen auszulagern', ist in faktischer Hinsicht auf Folgendes hinzuweisen: Weder aus den auf der Website des Rechnungshofes zugänglichen Rechenschaftsberichten oder den Feststellungen des Rechnungshofes dazu […]. noch aus den bisher ergangenen Entscheidungen des UPTS ergeben sich Anhalts-punkte, dass eine derartige 'Verschleierung' von Wahlwerbungsausgaben Gegenstand der Kritikpunkte des Rechnungshofes in den einzelnen vor dem UPTS geführten Verfahren oder in den zwischen Rechnungshof und politischer Partei geführten Nachfrageverfahren gewesen wären.

Unter der Prämisse, dass die Sicherstellung eines 'fairen Wettbewerbs' beim Versuch, den Wählerwillen gezielt durch Werbemaßnahmen zu beeinflussen, als sachlich gerechtfertigtes Eingriffsziel anzuerkennen ist, kann es auch – anders als die Beschwerdeführerin dies […] dartut – für die Beschränkung nicht darauf ankommen, ob eine politische Partei staatliche Fördermittel in Anspruch nimmt oder nicht.

Im Sinne der von Art10 Abs2 EMRK verlangten Verhältnismäßigkeit sieht §4 Abs1 PartG überdies eine zeitliche Eingrenzung der Beschränkung vor (vgl. auch AB 1844 BlgNR, 24. GP zu §2[:] 'damit sichergestellt ist, dass nur solche Aufwendungen, die vom Stichtag bis zum Wahltag entstanden sind, berücksichtigt werden'), d.h. Werbung einer politischen Partei bis zum relevanten in §4 Abs1 PartG angeführten Stichtag nicht von der Beschränkung erfasst ist. Hinzu tritt, dass sich die Beschränkung nach dem klaren Willen des Gesetzgebers nur auf 'konkret für die 'Wahlauseinandersetzung' aufgewendete Beträge' bezieht und ausdrücklich 'Aufwendungen, die ohnehin im laufenden 'Betrieb' anfallen' nicht erfasst sein sollen. Den Parteien ist es auch sonst ohne Beschränkung möglich, ihre politische Meinung im Rahmen der Teilnahme an einer Wahl in jeder Art und Weise kundzutun (vgl. VfSlg 19.860/2014, Rz 26).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Beschränkung der Wahlwerbungsaus-gaben alle Parteien gleichermaßen trifft und daher keine Partei spezifisch begünstigt wird (in diesem Sinne auch VfSlg 19.860/2014, Rz 17 und 19). Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich ferner, dass die Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben auch keine gezielte Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit einzelner politischer Parteien darstellt (wie dies aber die Beschwerdeführerin ohne nähere Begründung darzutun versucht) – umso weniger als […] am Wahlkampf zur Nationalratswahl 2013 auch zumindest eine weitere 'junge' und eine 'alte' Partei teilnahmen, die – zumindest nach ihren Rechenschaftsberichten zu schließen [...] – über keine Vorfeldorganisationen verfügten und von denen jedenfalls eine einen dem Antreten der Beschwerdeführerin vergleichbaren Wahlerfolg erzielen und die Wahlkampfkostenobergrenze einhalten konnte.

Zu den Bedenken im Hinblick auf Art18 B-VG:

[…] Auch die Darlegungen der Beschwerdeführerin, die einen Verstoß gegen das Legalitätsprinzip nach Art18 B-VG annehmen, weil nicht nachvollziehbar sei, welche Kosten als Wahlwerbungsaufwand zu qualifizieren seien, vermögen nicht zu überzeugen:

In diesem Zusammenhang ist kurz die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zur Zulässigkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe in Erinnerung zu rufen, derzufolge eine Norm die in Art18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse nur dann verletzt, wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen läßt, was im konkreten Fall rechtens ist (VfSlg 14.070/1995). Auf diese Judikatur hat sich bereits das BVwG in seinem Erkenntnis vom 23. März 2016 […] bezogen. Weiters ist ganz allgemein davon auszugehen, dass angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, Art18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (z.B. VfSlg 13.785/1994; VfSlg 16.993/2003; VfSlg 19.771/2013).

Nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst ist die in §2 Z4 PartG festgelegte und nachfolgend auch dem Verständnis von §4 Abs1 und 2 PartG zugrunde zulegende Definition im Sinne des Art18 B-VG einer konkretisierenden Auslegung hinlänglich zugänglich.

Es erschließt sich dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nicht, warum das Zusammenwirken aus gesetzlicher Definition, der Negativabgrenzung in den Materialien und dem ausführlichen demonstrativen Katalog in §4 Abs2 PartG derart unbestimmt sein soll, dass den Anforderungen des Art18 B-VG nicht mehr entsprochen wäre. An dieser Auffassung vermögen – wie bereits das BVwG, auf dessen Argumente zur Vermeidung von Wiederholungen hingewiesen werden darf, […] ausgeführt hat – auch die Zitate der von der Beschwerdeführerin für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführten Persönlichkeiten nichts zu ändern.

Zum Verständnis der gesetzlichen Definition tragen die Gesetzesmaterialien insofern bei, wenn sie zur Auslegung der von der Beschwerdeführer[i]n als unbestimmt gerügten Wortfolge 'spezifisch für die Wahlauseinandersetzung auf[…]gewendet' negativ formuliert ausführen, dass 'Aufwendungen, die ohnehin im laufenden 'Betrieb' anfallen ('Sowiesokosten')' gerade nicht zu berücksichtigen sind.

In diesem Sinne lässt sich auch aus der Tatsache, dass der Fachsenat für Unter-nehmensrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine Stellungnahme zu ausgewählten Fragen bei der Prüfung von Rechenschaftsberichten nach dem Parteiengesetz 2012 […] erarbeitet hat, um spezifische Fragestellungen zu adressieren und für die Branche einheitlich zu beantworten, kein Argument für einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot gewinnen. Bei diesem Vorgang der Erstellung von Fachgutachten handelt es sich nämlich um nichts Ungewöhnliches, da das Institut österreichischer Wirtschaftsprüfer regelmäßig derartige Arbeitshilfen erstellt […].

Abschließend gibt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zu bedenken, dass die Ausführungen der Beschwerdeführerin gar nicht dartun, welche Kosten(arten) konkret zweifelhaft gewesen wären und ihr bei Nichtberücksichtigung eine Unterschreitung der Obergrenze von EUR 7 Mio. gestattet hätten (und dem UPTS gegebenenfalls die Erlassung eines inhaltlich anderen Bescheides [d.h. ohne Verhängung einer Geldbuße] ermöglicht hätten). Da die relevante Obergrenze um beinahe das Doppelte überschritten wurde, dürfte es sich im vorliegenden Fall auch um keinen (betragsmäßigen) Grenzfall handeln. Insofern gerät das Argument der (behaupteten) Unbestimmtheit in Widerspruch zur Tatsache, dass die Beschwerdeführerin (wie die anderen Parteien auch) in der Lage war, die zum Wahlwerbungsaufwand zählenden 'Posten' zu bestimmen.

[…] Auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass §10 Abs8 PartG keinen Bezug auf die Schwere des Vergehens nehme und sich auch sonst aus dem Gesetz keine Anhaltspunkte für die betragsmäßige Bemessung einer Geldbuße ergäben, was daher ebenfalls Art18 B-VG widerspräche, treffen nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst nicht zu:

Schon der UPTS verweist in seinem Bescheid zutreffender Weise darauf, dass der Gesetzgeber im Wortlaut des §10 Abs8 PartG im Hinblick auf die Höhe der zu verhängenden Geldbuße zweimal die Wortfolge 'bis zu' verwendet hat. Zum Sanktionssystem des §10 wird in den Materialien zur Festsetzung der Höhe der Geldbuße ausgeführt: 'Um auch verstärkt zur Einhaltung der betragsmäßigen Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben zu motivieren, ist aus general- und spezialpräventiven Überlegungen vorgesehen, dass eine Geldbuße bei Überschreitung der Ausgabengrenze bis zum Dreifachen jenes Betrags möglich ist, um den die tatsächlichen Ausgaben die Grenze nach §4 zu errechnende Grenze überschreiten.' (AB 1844 BlgNR, 24. GP, 7).

Richtigerweise hat der UPTS auch auf den Zusammenhang der Sanktionsnormen zur Bemessung der Höhe von Geldbußen in §10 Abs6 und 7 hingewiesen, wonach diese Geldbußen 'je nach Schwere des Vergehens bis zu … zu verhängen' sind. Der Ansicht, dass dieses Grundmuster durch den Gebrauch der Wortfolge 'bis zu ...' verkürzt, damit aber nicht für andere Bestimmungen ausgeschlossen [wird], ist uneingeschränkt zuzustimmen.

Aus dem eindeutigen inhaltlichen und systematischen Zusammenhang ergibt sich, dass der Gesetzgeber in Abs8 am Grundprinzip, dass die Geldbuße 'je nach Schwere des Vergehens' zu verhängen sei, nichts ändern wollte. Anhaltspunkte, dass gerade bei der Bemessung einer Geldbuße nach Abs8 die Schwere des Ver-gehens irrelevant sein sollte, sind den Materialien nicht zu entnehmen. Unter Be-rücksichtigung der in den Erläuterungen als relevant erkannten 'general- und spezialpräventiven Überlegungen' lassen sich damit nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst unter dem Aspekt der 'Schwere des Vergehens'

a. die Höhe der Überschreitung

b. das Ausmaß (die Dauer) der Nachlässigkeit der politischen Partei bei der Einhaltung der Bestimmung (Vorhandensein eines Kontrollsystems? Überwachung dieses Kontrollsystems?)

c. den Grad der 'Intentionalität' ('systematisches Ignorieren', hoher Organisationsgrad, Duldung/Begünstigung gesetzwidrigen Verhaltens, 'entschuldbare Fehlleistung')

d. die Ingerenzmöglichkeiten abhängig von der Struktur einer Partei

in die Bemessung ebenso einbeziehen wie 'Milderungsgründe', indem etwa

a. der Beitrag zur Wahrheitsfindung, Einsichtigkeit

b. […] Ausmaß der vor der 'Tat' erfolgten Vorkehrungen zur Verhinderung der Verstöße oder der Anleitung der Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten

c. das Ausmaß und 'Qualität' der zur Verhinderung zukünftiger Verstöße unternommenen Maßnahmen

d. die Ingerenzmöglichkeiten zur Vorgabe gesetzeskonformen Verhaltens und

e. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

ein'kalkuliert' werden.

In dem zuvor geschilderten Verständnis der gesetzlichen Regelungen scheint sich der UPTS in dem im Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheid ausführlich mit den Anordnungen in §10 PartG auseinandergesetzt zu haben und hat die Bemes-sung der zu verhängenden Geldbuße nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst schlüssig und nachvollziehbar dargelegt […].

[…] Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst teilt auch die vom UPTS vertretene Rechtsauffassung […], dass eine gemäß §10 Abs8 PartG zu verhängende Geldbuße – die als verwaltungsrechtliche Sanktion zu verstehen ist – ein aliud zu einer Geldstrafe darstellt. Aus diesem Grund kommt eine 'unmittelbare Anwendung' von §19 VStG nicht in Betracht (vgl. Eisner/Kogler/Ulrich, Recht der politischen Parteien [2012] Rz 2-4 zu §11; sowie Bußjäger, Rechtsfragen zum neuen Parteienrecht, ÖJZ2013, 643 [648]).

Diese Auffassung bedeutet aber nicht, dass es die vorstehend dargestellten Überlegungen zur Auslegung der Bestimmungen (vgl. die Ausführung betreffend 'bis zu') über die 'Bemessung' der Geldbuße ausschließen, die finanzielle Leistungsfähigkeit der zur Entrichtung der Geldbuße verpflichteten 'Partei' zu berücksichtigen.

Zum Vorbringen der 'Unsachlichkeit' der mangelnde[n] Sanktionierung:

[…] Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Pönalisierung der Nich[t]einhaltung der Ausgabengrenze von der Erfüllung eines anderen gesetzlichen Gebots (§5 PartG) abhängig gemacht wird, das seinerseits aber nicht pönalisiert sei, ist entgegenzuhalten:

Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst hat der Gesetzgeber bei Erlassung des Parteiengesetzes 2012 darauf vertraut, dass sich verantwortungsvoll agierende politische Parteien der Rechenschaftspflicht nicht durch Untätigkeit entziehen werden, sondern die Sorge, andernfalls wegen mangelnder Transparenz in der Wählergunst zu sinken, sie dazu verhalten würde, ihrer Berichtspflicht uneingeschränkt nachzukommen. Aus der Tatsache, dass im Jahr 2013 zehn Parteien ihrer Rechenschaftspflicht nachgekommen sind, zeigt sich zumindest, dass die mit nennenswerten Erfolgen bei Wahlen auf Bundes- und Landesebene 'tätigen' Parteien dieser Erwartungshaltung des Gesetzgebers entsprochen haben. Es kann daher keine Rede davon sein, dass diese Annahme – wie es die Beschwerdeführerin formuliert – 'jeglicher Erfahrung widerspricht', mag auch der Rechnungshof über den Grad der Transparenz politischer Parteien geklagt haben. Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vertraute der Gesetzgeber damit insofern auf das politische 'Kräftespiel' und scheint davon ausgegangen zu sein, dass die Nichtabgabe eines Rechenschaftsberichts einen Rechtfertigungsdruck erzeugen würde, sodass dieses Verhalten durch die öffentliche, mediale und politische Kritik im Rahmen der politischen Verantwortung 'sanktioniert' würde.

Wie auch das BVwG anspricht, liegt es nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers […], darüber zu entscheiden, ob eine bestimmte Verpflichtung mit einer Sanktion (und gegebenenfalls mit welcher konkreten Sanktion) bewehrt werden soll. Anerkennt man diesen Spielraum, so lässt das Fehlen einer Sanktion für die Vorlage des Rechenschaftsberichts gemäß §5 PartG jedenfalls die Regelungen des §4 und des §10 Abs8 nicht verfassungswidrig werden.

Die Beschwerdeführerin versucht ergänzend mit faktischen Argumenten, eine in die Verfassungssphäre reichende Mangelhaftigkeit der Bestimmungen aufzuzeigen. So will sie aus den Feststellungen des Rechnungshofes […] ableiten, dass die Bestimmungen über die Rechenschaftspflicht und hierbei die Regelung zur Bekanntgabe der Wahlwerbungsausgaben wiederholt und bewusst verletzt worden wären. Sie verweist bspw. darauf […], dass von einer Partei Wahlwerbungsausgaben 'von sieben Wahlen' nicht offengelegt worden wären. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass diesen Überlegungen des Rechnungshofes 'nur' unterschiedliche Auffassungen über die Art und Weise des zu führenden 'Nachweises' zugrunde liegen. Während nämlich der Rechnungshof davon ausgehen dürfte, dass ein entsprechender 'Nachweis' zwingend eine Gliederung der Wahlwerbungsausgaben anhand der in §4 Abs2 PartG vorzufindenden demonstrativen Liste zu beinhalten hätte […], vertritt der UPTS die Auffassung, dass […] eine derartige Verpflichtung nicht aus dem Gesetz abzuleiten sei. Das Gesetz überlässt hier die Beantwortung der Frage, wie eine politische Partei einen geeigneten 'Nachweis hinsichtlich der Beschränkung der Wahlwerbungsausgaben' (§5 Abs3 PartG) führt, der Vollziehung. Der aus den Auffassungsunterschieden zwischen Rechnungshof und UPTS über den Detaillierungsgrad des 'Nachweises' der Wahl-werbungsausgaben ist jedenfalls – anders als die Beschwerdeführerin dies da[r]zutun versucht – kein Beleg für die Unzulänglichkeit der gesetzlichen Bestimmungen, zumal der Begriff des 'Nachweises' unzweifelhaft (auch im Lichte höchstgerichtlicher Judikatur zu ebendiesem Begriff) einer Auslegung zugänglich ist. Von einer gänzlichen Unterlassung der Bekanntgabe der Wahlwerbungsausgaben kann jedenfalls gar nicht die Rede sein.

[…] Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Bedenken gegen die Verfas-sungskonformität der Regelungen in §4 und in §10 Abs8 PartG treffen daher nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst nicht zu." (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen)

II.      Rechtslage

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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