TE Vwgh Beschluss 2018/1/25 Fr 2017/06/0002

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Veröffentlicht am 25.01.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGG §34 Abs1;
VwGG §38 Abs1;
VwGG §38 Abs4;
VwGVG 2014 §34 Abs1;
VwGVG 2014 §34;
VwGVG 2014 §41;
VwGVG 2014 §43 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag.a Merl sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über den Fristsetzungsantrag der M C in P, vertreten durch Dr. Anton Schäfer, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Montfortstrasse 21, gegen das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg, betreffend Übertretung des Vorarlberger Straßengesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz (BH) vom 5. Jänner 2017 wurde die Antragstellerin - wegen einer bestimmungswidrigen Benützung einer öffentlichen Straße durch den Verkauf von Zeitschriften ohne die hierfür erforderliche behördliche Bewilligung (Zustimmung des Straßenerhalters) - einer Übertretung des § 62 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des (Vorarlberger) Gesetzes über den Bau und die Erhaltung öffentlicher Straßen sowie über die Wegefreiheit (Straßengesetz) für schuldig erkannt. Es wurde über sie gemäß § 62 Abs. 2 Straßengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Stunden) verhängt.

2 Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Antragstellerin am 23. Jänner 2017 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG), das am 9. Mai 2017 eine mündliche Verhandlung durchführte.

3 Mit Eingabe vom 9. Dezember 2017 stellte die Antragstellerin unter Hinweis auf den bereits erfolgten Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist nach § 34 Abs. 1 VwGVG einen Fristsetzungsantrag. Dieser wurde mit Beschluss des LVwG vom 14. Dezember 2017 gemäß § 30a Abs. 1 und 8 in Verbindung mit § 38 VwGG als unzulässig zurückgewiesen.

4 In weiterer Folge beantragte die Antragstellerin mit Eingabe vom

5 19. Dezember 2017, den Fristsetzungsantrag dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen.

6 Der Fristsetzungsantrag wurde vom LVwG mit Erledigung vom 7 20. Dezember 2017 samt den Verfahrensakten vorgelegt. 8 Der Fristsetzungsantrag ist unzulässig:

9 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 18.12.2014, Fr 2014/01/0048, vom 12.3.2015, Fr 2015/02/0001, und vom 4.4.2017, Fr 2016/03/0005) ist die Verjährungsfrist des § 43 Abs. 1 VwGVG als lex specialis zur Entscheidungsfrist des § 34 Abs. 1 VwGVG anzusehen. Wird die Beschwerde vom Beschuldigten erhoben, hat das Verwaltungsgericht daher innerhalb von 15 Monaten zu entscheiden, wobei diese Frist mit dem Einlangen der Beschwerde bei der Verwaltungsbehörde ausgelöst wird; die sechsmonatige Frist des § 34 VwGVG wird für diesen Fall verdrängt. Bei der Regelung der 15-Monate-Frist handelt es sich in diesem Sinne um die Festlegung einer längeren als der im Regelfall vorgesehenen sechsmonatigen Frist zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 38 Abs. 1 VwGG und § 34 Abs. 1 VwGVG. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 und Abs. 9 VwGG auf die zitierten Beschlüsse verwiesen.

10 Die Antragstellerin wendet sich in ihrem Vorlageantrag im Ergebnis gegen diese (auch vom LVwG im Beschluss vom 14. Dezember 2017 herangezogene) Rechtsprechung und bringt unter Verweis auf den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer und die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vor, die maximale Verfahrensdauer in einem Verwaltungsstrafverfahren sei vor allem und individuell im Lichte des Art. 6 in Verbindung mit Art. 13 EMRK zu beurteilen. Auch aus Art. 47 Abs. 2 GRC ergebe sich das Recht (die Antragstellerin sei rumänische Staatsbürgerin), dass innerhalb einer angemessenen Frist verhandelt und entschieden werden müsse. Ein Beschuldigter sei nach der Judikatur des EGMR (in zeitlicher Hinsicht) vor der psychischen Belastung, die mit der Anhängigkeit eines Verwaltungsstrafverfahrens einhergehe, zu schützen. Dies gelte jedenfalls auch, wenn die beschuldigte Person durch das Verhalten und die Bestrafung durch die belangte Behörde in ihrer Erwerbsfreiheit behindert oder eingeschränkt werde oder diese sogar gänzlich verunmöglicht werde.

11 Der Verwaltungsgerichtshof sieht durch das genannte Vorbringen keine Veranlassung, von der zitierten Rechtsprechung abzugehen (zum Vorbringen betreffend Art. 6 in Verbindung mit Art. 13 EMRK vgl. auch VwGH vom 15.2.2017, Fr 2017/08/0005).

12 Eine gegenteilige Sichtweise, wonach auch im Falle der Erhebung einer Beschwerde durch den Beschuldigten die Entscheidungsfrist des § 34 Abs. 1 VwGVG zur Anwendung komme bzw. ein Fristsetzungsantrag nach ungenütztem Ablauf dieser Frist erhoben werden könne, ist auch aus Rechtsschutzerwägungen nicht geboten, zumal der von der Beschuldigten erhobenen Beschwerde ex lege aufschiebende Wirkung zukommt (§ 41 VwGVG) und dem Rechtsschutzbedürfnis durch die Rechtsfolge des Außerkrafttretens des Straferkenntnisses nach Ablauf der 15-Monate-Frist Rechnung getragen wird (vgl. VwGH vom 18.12.2014, Fr 2014/01/0048, und VfSlg. 18.609/2008).

13 Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin als Beschuldigte gegen das Straferkenntnis vom 5. Jänner 2017 am 23. Jänner 2017 Beschwerde erhoben. Der am 9. Dezember 2017 bei der BH eingelangte und somit vor Ablauf der 15-Monate-Frist gestellte Fristsetzungsantrag war daher unzulässig.

14 Der Fristsetzungsantrag war somit gemäß § 38 Abs. 1 und 4 VwGG in Verbindung mit § 34 Abs. 1 VwGG wegen mangelnder Berechtigung zu seiner Erhebung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2018

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:FR2017060002.F00

Im RIS seit

28.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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