TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/30 W238 2174883-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2018
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Entscheidungsdatum

30.01.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2174883-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 15.09.2017, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin stellte am 10.04.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Ihrem Antrag legte sie einen Meldezettel sowie einen auf Grundlage des Behinderteneinstellungsgesetzes ergangenen Bescheid des (damals zuständigen) Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 01.04.1994 bei, aus dem ein Grad der Behinderung von 50 v.H. hervorgeht.

2. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 04.05.2017 und vom 06.06.2017 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, aktuelle Befunde vorzulegen.

3. Mit Eingaben vom 11.05.2017 und vom 21.06.2017 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie keine neuen Befunde habe. Für den Fall, dass die Bescheinigung des Landesinvalidenamtes nicht ausreiche, verzichte sie auf die Ausstellung eines Behindertenpasses.

4. In weiterer Folge wurde seitens der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem – auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 16.08.2017 erstatteten – Gutachten vom 15.09.2017 wurde insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Anamnese:

Auf die Vorgutachten – Letztuntersuchung (Befundnachreichung) 1993

1) Neuralgie schwere Form im Bereich des Plexus brachialis und lumbosacralis (30 %)

2) Spondylarthrose der Brust- und Lendenwirbelsäule (20 %)

3) Polyarthralgie mit Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes (20 %)

4) Blande Narbe nach medianer Laparotomie (0 %)

mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 % wird eingangs verwiesen.

Hysterektomie, AE, TE, Schambeinbruch, 5/2013 Schenkelhalsbruch rechts, vor vielen Jahren Lungeninfarkt.

Derzeitige Beschwerden:

Frau XXXX berichtet über erhöhte Sturzgefahr, über ihre Osteoporose und über ihre Divertikelprobleme.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befundnachreichung KH Barmherzige Schwestern vom 15.6.2015:

Osteoporose, St. p. SH- FX re. 05/2013, Deckplattenimpressionen Th12, L2-L4, Hämangiomwirbel L4, CN II°; Verdauung normal, Milchprodukte werden vertragen und regelmäßig konsumiert, kein Diabetes, keine Lebererkrankung, keine Tumorerkrankung, kein Cortison, unauffällige Schilddrüsenfunktion.

Radiologische Befundnachreichung – Knochendichtemessung – Dr. XXXX vom 19.2.2015: Befundbesserung bei nur mehr gering erniedrigter Knochendichte bei bekannter manifester Osteoporose.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: Gut.

Ernährungszustand: Normal.

Größe: 162,00 cm Gewicht: 65,00 kg Blutdruck: 150/85

Klinischer Status – Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute normal durchblutet, Visus (Staroperationen beidseits) und Gehör unauffällig, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: auskultatorisch und inspektorisch unauffällig, keine Atemnot. Nichtraucherin.

Abdomen: im TN, Unterbauchnarbe, unauffällige Organgrenzen.

Extremitäten: frei bewegliche Arme und frei bewegliches linkes Bein. Narbe nach operierter medialer Schenkelhalsfraktur rechts – Metall in situ – Hüftbeugung 100° möglich, Rotation gering eingeschränkt. Kein Tremor, keine Ödeme, keine sensomotorischen Defizite, Fein- und Grobgriff erhalten.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, HWS gering rotationseingeschränkt, FBA im Stehen: 25 cm.

Gesamtmobilität – Gangbild: frei, sicher, unbehindert. Während der gesamten Untersuchungsdauer konnte kein Hinweis auf eine erhöhte Sturzgefahr beobachtet werden.

Status Psychicus: voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ."

Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurden seitens des Sachverständigen die festgestellten Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Degenerative und osteoporotische Veränderungen der Wirbelsäule Oberer Rahmensatz, da beweisende radiologische Befunde und leichtergradige Funktionseinschränkungen vorliegen.

02.01.01

20

2

Operierte Oberschenkelhalsfraktur rechts Oberer Rahmensatz, da Metall in situ und funktionell tadelloses postoperatives Ergebnis vorliegt.

02.05.07

20

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. festgestellt. Begründend wurde seitens des Sachverständigen ausgeführt, dass Leiden 1 durch Leiden 2 wegen teilweiser Leidensüberschneidung nicht weiter erhöht werde. Weitere einschätzungsrelevante – objektiv dokumentierte – Gesundheitsschädigungen würden nicht vorliegen. Im Vergleich zum Vorgutachten wurde festgehalten, dass Leiden 1 und 3 des Vorgutachtens nicht mehr vorliegen und daher entfallen würden. Leiden 2 des Vorgutachtens sei unverändert zu übernehmen. Leiden 4 des Vorgutachtens sei nach der Einschätzungsverordnung nicht zu übernehmen und entfalle daher ebenfalls. Leiden 2 des aktuellen Gutachtens sei neu in die Liste der Gesundheitsschädigungen aufgenommen worden.

Als Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung wurde im Gutachten festgehalten, dass es durch den Entfall der Leiden 1, 3 und 4 des Vorgutachtens trotz Aufnahme einer neuen Gesundheitsschädigung (Leiden 2) zu einer Absenkung des Gesamtgrades der Behinderung um drei Stufen komme. Es handle sich um einen Dauerzustand.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.09.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde.

Als Beilage zum Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 15.09.2017 übermittelt.

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin führte sie aus, dass mit Bescheid des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29.09.1982 die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50 v.H. festgestellt worden sei (Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten ab 01.05.1981). Dieser Grad der Behinderung sei mit Bescheid (richtig: Parteiengehör) vom 09.03.1994 bestätigt worden. In Folge ihrer Pensionierung sei die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten 1996 weggefallen. Hinsichtlich der in diesen Bescheiden festgestellten Gesundheitsschäden sei im Alter keine Heilung oder Besserung möglich. Die seit dem letzten Bescheid erlittenen Brüche von Schambein und Oberschenkel hätten sicher keine Besserung ihres Zustandes bewirkt. Eine nochmalige ärztliche Untersuchung werde sie sich "sicher nicht antun", da sie noch heute unter den Folgen der Untersuchung durch den von der Behörde herangezogenen Sachverständigen leide, der ihr Bein so weit verrenkt habe, dass es einen hörbaren "Krach" gegeben habe. Seitdem habe sie stärkere Schmerzen als unmittelbar nach der Verschraubung des Beins. Die ganze rechte Körperhälfte sei beeinträchtigt und schmerze. Diese Schmerzen seien seit der Untersuchung neu dazugekommen. Schließlich zog die Beschwerdeführerin die Art und den Verlauf der durchgeführten Begutachtung sowie näher bezeichnete Aussagen des Sachverständigen in Kritik.

Der Beschwerde wurden Bescheide des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland samt Auszügen aus den damals zugrunde gelegten Sachverständigengutachten beigelegt. Neue Befunde wurden nicht in Vorlage gebracht.

7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 30.10.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2017 wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass ca. 20 bis 30 Jahre alte medizinische Beweismittel und Bescheide nicht geeignet seien, eine Aussage über den aktuellen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin zu treffen. Vielmehr sei der Grad der Behinderung regelmäßig anhand eines – auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Antragstellers sowie unter Berücksichtigung aktueller Befunde – erstellten medizinischen Sachverständigengutachtens zu ermitteln.

Sofern die Beschwerdeführerin tatsächlich nicht bereit sei, sich zwecks Erstellung eines weiteren Sachverständigengutachtens einer ärztlichen Untersuchung (bei einem anderen Sachverständigen) zu unterziehen, müsste die Entscheidung des Beschwerdefalles aufgrund der Aktenlage erfolgen. Vor diesem Hintergrund wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten und ihre Bereitschaft für eine weitere Untersuchung bekanntzugeben.

Abschließend wurde mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt werde.

9. Die Beschwerdeführerin ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 10.04.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasseses.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Degenerative und osteoporotische Veränderungen der Wirbelsäule bei Vorliegen beweisender radiologische Befunde und leichtergradiger Funktionseinschränkungen;

2) Operierte Oberschenkelhalsfraktur rechts bei Metall in situ und funktionell tadellosem postoperativen Ergebnis.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezügliche Beurteilungen im Sachverständigengutachten vom 15.09.2017 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 20 v. H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Das Datum der Einbringung des Antrags ergibt sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 15.09.2017. Darin wird auf die Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Das Gutachten vom 15.09.2017 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der – in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen – Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass bei Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien etwa die Beweglichkeit und Belastbarkeit, Gelenksfunktionen, Funktionen der Muskel, Sehnen, Bänder und Gelenkskapsel, Messungen des Bewegungsradius, Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung) sowie Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung sind. Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Die konkrete Differenzierung zwischen Funktionseinschränkungen geringen, mittleren und schweren Grades wird insbesondere auch anhand der Häufigkeit und Dauer akuter Episoden, des Ausmaßes radiologischer und/oder morphologischer Veränderungen, des Vorliegens klinischer Defizite, des jeweiligen Therapie- und Medikationsbedarfs sowie des Ausmaßes der Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben vorgenommen.

Angesichts des bei der Beschwerdeführerin anlässlich der Untersuchung festgestellten Ausmaßes der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen wurde im Gutachten korrekt die Positionsnummer 02.01.01 unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 20 v.H. angesetzt. Begründend wurde im Gutachten insbesondere auf die radiologisch dokumentierten, aber nur leichtgradigen Funktionseinschränkungen verwiesen.

Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren und schweren Grades, die u.a. mit maßgeblichen Einschränkungen im Alltag einhergehen und daher auch einen höheren Grad der Behinderung begründen als im Fall der Beschwerdeführerin, konnten im Rahmen der klinischen Untersuchung hingegen nicht festgestellt werden.

Das Ausmaß von Funktionseinschränkungen der Hüftgelenke (geringen, mittleren oder schweren Grades) ist – wie sich aus der Anlage zur Einschätzungsverordnung ergibt – insbesondere anhand der Möglichkeit der Streckung bzw. Beugung einzuschätzen. Angesichts des im Sachverständigengutachten ins Treffen geführten guten postoperativen Ergebnisses der Oberschenkelhalsfraktur rechts – festgestellt wurden eine Hüftbeugung von 100° und eine nur gering eingeschränkte Rotation – wurde insoweit korrekt die Positionsnummer 02.05.07 mit dem oberen Rahmensatz von 20 v.H. herangezogen.

Weiters wurde im Gutachten mit Blick auf das Ergebnis der durchgeführten Untersuchung und die Befundlage schlüssig ausgeführt, dass die im Vorgutachten aus dem Jahr 1993 enthaltenen Leiden 1 (Neuralgie schwere Form im Bereich des Plexus brachialis und lumbosacralis) und 3 (Polyarthralgie mit Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes) aktuell nicht mehr vorliegen und daher entfallen. Leiden 2 des Vorgutachtens (Spondylarthrose der Brust- und Lendenwirbelsäule) wurde nunmehr in Leiden 1 (degenerative und osteoporotische Veränderungen der Wirbelsäule) im selben Ausmaß erfasst. Leiden 4 des Vorgutachtens (blande Narbe nach medianer Laparotomie), welches schon damals keinen Grad der Behinderung erreichte, wurde nachvollziehbar (weiterhin) als nicht behinderungsrelevant erachtet. Leiden 2 des aktuellen Gutachtens (operierte Oberschenkelhalsfraktur rechts) wurde neu erfasst. Insgesamt begründete der von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige die Absenkung des Gesamtgrades der Behinderung um drei Stufen (von 50 v.H. auf 20 v.H.) schlüssig mit dem Entfall der vormaligen Leiden 1 und 3 sowie mit der unterbliebenen Erhöhung des Behinderungsgrades wegen teilweiser Überscheidung der nunmehr festgestellten Gesundheitsschädigungen.

Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die von der Beschwerdeführerin zur Untersuchung mitgebrachten Befunde aus dem Jahr 2015, die nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte. Vielmehr wird dadurch die sachverständige Beurteilung bekräftigt.

Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffene Einschätzung des Sachverständigen zu entkräften, ist dem Sachverständigengutachten vom 15.09.2017 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Auch die – unsubstantiierten – Einwendungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Soweit die Beschwerdeführerin unter Verweis auf ihr Alter eine Heilung bzw. Besserung der in früheren Gutachten festgestellten Gesundheitsschädigungen in Abrede stellt, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Grad der Behinderung grundsätzlich anhand eines – zumeist auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Antragstellers sowie jedenfalls unter Berücksichtigung aktueller Befunde – erstellten medizinischen Sachverständigengutachtens zu ermitteln ist. Medizinische Beweismittel, Gutachten und Bescheide, die mehr als 20 bis 30 Jahre alt sind, eignen sich hingegen in der Regel nicht dazu, Feststellungen über den – für die Einschätzung des Grades der Behinderung allein maßgeblichen – aktuellen Gesundheitszustand des jeweiligen Antragstellers zu treffen.

Die Beschwerdeführerin vermochte auch nicht darzulegen, wie sich anhand der von ihr lediglich allgemein geäußerten Kritik an dem von der belangten Behörde beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen eine Unschlüssigkeit des Gutachtens ergeben sollte. Das Bundesverwaltungsgericht hegt insbesondere keine Zweifel an der Qualifikation des befassten Sachverständigen hinsichtlich Befundung und Begutachtung von Funktionseinschränkungen und deren Einschätzung nach der Einschätzungsverordnung. Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Sachverständigen liegen ebenfalls nicht vor (siehe dazu auch Pkt. II.3.5).

Das Beschwerdevorbringen war somit insgesamt nicht geeignet, die Einschätzung des medizinischen Sachverständigen zu entkräften.

Festzuhalten ist weiters, dass der Beschwerde keine aktuellen Befunde beigelegt wurden. Zudem betonte die Beschwerdeführerin, dass sie sich eine nochmalige ärztliche Untersuchung "sicher nicht antun" werde.

Diesbezüglich wurde die Beschwerdeführerin mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.11.2017 über die Voraussetzungen für die Ermittlung des Grades der Behinderung informiert und ihr Gelegenheit eingeräumt, dem Bundesverwaltungsgericht die Bereitschaft für eine weitere Untersuchung bekanntzugeben.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich daraufhin nicht mehr, weshalb das Bundesverwaltungsgericht von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens Abstand nahm.

Die Beschwerdeführerin hat somit im Ergebnis weder durch entsprechend aussagekräftige Befunde noch durch ein substantiiertes Vorbringen aufgezeigt, wie sich im Lichte ihres Vorbringens eine Erhöhung des Grades der Behinderung auf über 20 v.H. ergeben sollte.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens. Dieses wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

( )"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

( )"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

( )"

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht – soweit für den Beschwerdefall relevant – auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 – 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich"

"02.05 Untere Extremitäten

Hüftgelenke

02.05.07 Funktionseinschränkung geringen Grades einseitig 10 – 20 %

Streckung/Beugung bis zu 0-10-90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit"

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall – wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm – nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023).

Den von der Judikatur (und von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen ist das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des ärztlichen Sachverständigen – sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung – nachgekommen.

Die unsubstantiierten Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach der befasste Sachverständige ihr anlässlich der Untersuchung Schmerzen zugefügt und aus ihrer Sicht unpassende Äußerungen getätigt habe, waren nicht geeignet, die Unbefangenheit des betrauten (Amts)Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Die allfällige Befangenheit eines Sachverständigen kann nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Erledigung ergeben oder besondere Umstände hervorkommen, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit desselben in Zweifel zu ziehen, etwa wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung gefolgert werden kann (VwGH 29.01.2016, Ra 2016/06/0006). Dies ist vorliegend nicht der Fall, zumal keine Zweifel an der Qualifikation des befassten Sachverständigen hinsichtlich Befundung und Begutachtung von Funktionseinschränkungen und deren Einschätzung nach der Einschätzungsverordnung zutage getreten sind und die Beschwerdeführerin ihre Kritik insbesondere aus dem Umstand ableiten dürfte, dass der Sachverständige ein Gutachten erstattet hat, mit dessen Ergebnis sie nicht einverstanden ist.

3.6. Wie oben unter Punkt II.2.3. eingehend ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 15.09.2017 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 20 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, war das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, das vorliegende Sachverständigengutachten zu entkräften, zumal die Beschwerdeführerin nicht bereit war, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen und sich zwecks Überprüfung des Beschwerdevorbringens einer (weiteren) ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt 20 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.7.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde – wie im vorliegenden Fall – kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße – und zu begründende – Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG [alte Fassung] die Darstellung bei Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 17 und 29, mwH). Gemäß Abs. 3 leg.cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

3.7.2. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem im Verwaltungsverfahren eingeholten – vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten – Gutachten eines medizinischen Sachverständigen, dem die Beschwerdeführerin weder auf gleicher fachlicher Ebene noch durch ein sonst substantiiertes Vorbringen entgegengetreten ist. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist.

3.7.3. Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihr seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass – sollte sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen – eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Die Beschwerdeführerin hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an die Beschwerdeführerin und der ihr explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind – soweit im Beschwerdefall relevant – eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2174883.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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