TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/30 W238 2169158-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2018
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Entscheidungsdatum

30.01.2018

Norm

AVG §74 Abs2
BEinstG §14 Abs1
BEinstG §14 Abs2
BEinstG §2
BEinstG §3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2169158-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Eigenthaler, Babenbergerstraße 33, 3180 Lilienfeld, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 05.07.2017, OB XXXX, betreffend Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat:

"Dem Antrag von XXXX vom 04.04.2017 wird gemäß §§ 2, 14 Abs. 1 und 2 BEinstG Folge gegeben und festgestellt, dass XXXX ab 04.04.2017 dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG angehört. Der Grad der Behinderung beträgt siebzig von Hundert (70 v. H.)."

II. Das Kostenbegehren der Beschwerdeführerin wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 04.04.2017 stellte die nunmehrige Beschwerdeführerin unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten.

2. Daraufhin wurde seitens des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem - auf Grundlage der Akten erstatteten - Gutachten vom 03.07.2017 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen der Leidensposition

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Bauchspeicheldrüsenkrebs Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz bei Zustand nach Operation mit noch laufender Chemotherapie.

13.01.03

60

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt. Seitens der Sachverständigen wurde eine Nachuntersuchung für Juli 2022 mit der Begründung empfohlen, dass der Ablauf der Heilungsbewährung abgewartet werden müsse.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.07.2017 wurde gemäß §§ 2, 14 Abs. 1 und 2 BEinstG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrags ab 04.04.2017 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Weiters wurde festgestellt, dass der Grad der Behinderung "60 vom Hundert" beträgt. Begründend verwies die belangte Behörde auf die für die Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten geltende Voraussetzung eines Gesamtgrades der Behinderung von zumindest 50 v.H. und darauf, dass im Ermittlungsverfahren ein Behinderungsgrad von 60 v.H. festgestellt worden sei. Die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten werde mit Einlangen des Antrags am 04.04.2017 wirksam. Als Beilage zum Bescheid übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das dem Bescheid zugrunde gelegte medizinische Sachverständigengutachten vom 03.07.2017.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 16.08.2017 fristgerecht Beschwerde, in der sie mit näherer Begründung ausführte, dass ihre Behinderung zu gering eingestuft worden sei. Die Beschwerdeführerin leide an einer schweren Erkrankung und habe sich bis einschließlich Mai einer Chemotherapie unterziehen müssen. Aufgrund der laufenden engmaschigen Kontrollen sei von einer massiven Behinderung im Ausmaß von zumindest 70 v.H. auszugehen. Abschließend wurden Anträge auf eine entsprechende Abänderung des angefochtenen Bescheides sowie auf Zuerkennung von Kostenersatz in Höhe von € 1.106,40 gestellt.

5. Die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 29.08.2017 vorgelegt.

6. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung der Beschwerdeführerin durch einen Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Arzt für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem daraufhin auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstatteten Gutachten vom 26.10.2017 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"STATUS

Körpergröße 178 cm, Körpergewicht 57,7 kg.

Caput: sichtbare Häute und Schleimhäute gut durchblutet, Bulbusmotorik seitengleich, beidseits prompte Pupillenreaktion, Brillenträgerin.

Wirbelsäule: bikonvexe Skoliose - rechtskonvex thoracolumbal, linkskonvex mittlere BWS, die Kopfachse zur Körperachse 3 cm nach links verschoben. Angebrachte braune Tapebänder im Bereich des Musculus Trapezius beidseits, Klopfschmerz mittlere BWS, lumbosacral, ISG rechts. Im Seitaspekt physiologischer Krümmungsverlauf.

HWS KJA 5/2 20 cm. Rotation 60°, Rechtsseitneigung 40°, Linksseitneigung 30°

LWS Doppel FBA 15 cm

Obere Extremitäten: sämtliche Gelenke werden altersentsprechend endlagig frei, schmerzlos bewegt, MER seitengleich prompt, periphere Durchblutung und Motorik seitengleich. Herabgesetztes Hautgefühl an den beugeseitigen Fingerspitzen beider Hände, übrige Sensibilität seitengleich.

Untere Extremitäten: sämtliche Gelenke werden altersentsprechend endlagig frei, schmerzlos bewegt, MER seitengleich prompt, periphere Durchblutung und Motorik seitengleich. Diffus herabgesetztes Hautgefühl an den Zehenspitzen beidseits. Die Beinachse im Lot, keine Beinlängendifferenz, die übrige Sensibilität seitengleich, Lasegue beidseits negativ.

Thorax: Port-a-Cath mit bland abgeheilter Narbe thoracal rechts auf Hohe des 4. ICR in der mittleren Clavicularlinie. Symmetrisch, Herzaktion rein, rhythmisch, Pulmo beidseits VA.

Abdomen: weich, unter Thoraxniveau, diffuser Druckschmerz in allen 4 Quadranten, Quatschen im linken Oberbauch, die Nierenlager frei. Blander Rippenbogenrandschnitt beidseits, bland abgeheilte Narben im Unterbauch beidseits bei Zustand nach Drainagenausleitung.

Gesamtmotorik, Gangbild: sie kommt in Begleitung des Gatten, selbstständig gehend zur Untersuchung, trägt normales Schuhwerk ohne Einlagen, das Barfußgangbild langsam, sicher, die Schrittlänge seitengleich, die Füße werden sehr bewusst am Boden aufgesetzt, sie gibt jedoch nach dem Aufstehen von der Untersuchungsliege Schwindelsymptomatik an, unter Belastung Senkfuß links > rechts. Zehenspitzenstand, Fersenstand, Einbeinstand, Kniebeuge, Nacken- und Schürzengriff endlagig, selbstständiges An- und Auskleiden teils im Stehen, teils im Sitzen möglich.

1. Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

Pankreaskopfcarcinom innerhalb der Heilungsbewährung Zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz, da Zustand nach OP, Chemotherapie über mehrere Zyklen, reduzierter, jedoch stabiler Ernährungszustand, polyneuropathische Beschwerden nach Chemotherapie, alltagstauglich belastbar.

13.01.03

70

2

Funktionseinschränkung Wirbelsäule geringen Grades Oberer Rahmensatz, da skoliotische Fehlhaltung mit Verschiebung der Kopfachse zur Körperachse.

02.01.01

20

2. Einschätzung

und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung, wobei auch auf eine allfällige Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung aufgrund relevanten Zusatzleidens bzw. negativer wechselseitiger Leidensbeeinflussung eingegangen werden möge:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 v.H.

Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

3. Stellungnahme, ab wann der Gesamtgrad der Behinderung anzunehmen ist (ab Antrag - 04.04.2017? Wenn später, bitte begründen):

Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Diagnosestellung 11/2016 anzunehmen.

4. Die Feststellung, ob die Beschwerdeführerin in Folge des Ausmaßes ihrer Gebrechen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb geeignet oder nicht geeignet ist:

Die Beschwerdeführerin ist zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb geeignet.

5. Fachspezifische Stellungnahme zu den im angefochtenen Verfahren übermittelten Befunden und Unterlagen:

Den Einwendungen der Beschwerdeführerin ... vom 16. August 2017

werden vollinhaltlich Recht gegeben, der Gesamtgrad der Behinderung wird auf 70 v.H. eingeschätzt.

6. Fachspezifische Stellungnahme zu den in der Beschwerde erhobenen Einwendungen:

Insbesondere aufgrund des reduzierten, jedoch stabilen Ernährungszustandes, der Notwendigkeit der regelmäßigen CT-Untersuchungen und fachärztlichen Kontrollen sowie den chemotherapieinduzierten polyneuropathischen Beschwerden ist aus meiner Sicht ein Behinderungsgrad von 70 v.H. gerechtfertigt.

...

8. Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist:

Eine Nachuntersuchung ist nach Abschluss der Heilungsbewährung erforderlich - 05/2022 (5 Jahre nach Beendigung der Chemotherapie)."

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.11.2017 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über die Ergebnisse der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu erlassen, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX geboren und ist österreichische Staatsbürgerin.

Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb auszuüben.

Sie stellte am 04.04.2017 einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ab 04.04.2017 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört und dass der Grad der Behinderung 60 v.H. beträgt.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Gesundheitsschädigungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Pankreaskopfkarzinom innerhalb der Heilungsbewährung: Zustand nach Operation, Chemotherapie über mehrere Zyklen, reduzierter, jedoch stabiler Ernährungszustand, polyneuropathische Beschwerden nach Chemotherapie, alltagstauglich belastbar;

2) Funktionseinschränkung der Wirbelsäule geringen Grades:

skoliotische Fehlhaltung mit Verschiebung der Kopfachse zur Körperachse.

Hinsichtlich der bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten vom 26.10.2017 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 70 v. H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Das Geburtsdatum der Beschwerdeführerin und ihre österreichische Staatsbürgerschaft ergeben sich aus dem von ihr in Kopie vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis sowie aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Dass die Beschwerdeführerin in der Lage ist, eine Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb auszuüben, ergibt sich aus der schlüssigen Einschätzung im Sachverständigengutachten vom 26.10.2017.

Das Datum der Einbringung des Antrags auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten und der Gegenstand des angefochtenen Bescheides basieren auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin ein Grad der Behinderung von 70 v.H. vorliegt, gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 26.10.2017. In diesem Gutachten wurde auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Beweismittel, die nicht in Widerspruch zur nunmehrigen gutachterlichen Beurteilung stehen.

Das Gutachten vom 26.10.2017 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen stimmen mit dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellten Befund überein und entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen). Das Gutachten setzt sich sowohl mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden als auch mit den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwendungen auseinander. Die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass vom befassten Sachverständigen hinsichtlich des bei der Beschwerdeführerin bestehenden Pankreaskopfkarzinoms innerhalb der Heilungsbewährung zutreffend die Positionsnummer 13.01.03 ("entfernte Malignome mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit innerhalb der Heilungsbewährung je nach Funktionsstörung") mit einem Rahmensatz von 70 v.H. (zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz) gewählt wurde. Berücksichtigt wurden dabei insbesondere der bei der Beschwerdeführerin bestehende Zustand nach Operation, die über mehrere Zyklen durchgeführte Chemotherapie, der Ernährungszustand der Beschwerdeführerin sowie polyneuropathische Beschwerden in Folge der Chemotherapie.

Das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten weicht bezüglich des gewählten Rahmensatzes (70 v.H. statt 60 v.H.) und folglich auch hinsichtlich des um eine Stufe angehobenen Gesamtgrades der Behinderung in seiner Einschätzung vom Vorgutachten ab und begründet - unter Bezugnahme auf das Erfordernis regelmäßiger CT-Untersuchungen und fachärztlicher Kontrollen sowie auf das Bestehen chemotherapieinduzierter polyneuropathischer Beschwerden - plausibel die nunmehr höhere Einschätzung der Behinderung. Neu erfasst wurde eine nunmehr festgestellte Funktionseinschränkung der Wirbelsäule geringen Grades, deren Einschätzung jedoch - wie seitens des Sachverständigen schlüssig ausgeführt wurde - mangels einer maßgeblichen wechselseitigen Leidensbeeinflussung keine (weitere) Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung bewirkt.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten wurde der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen das Sachverständigengutachten erhoben.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens. Dieses wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus Art. 131 Abs. 2 B-VG, § 14 Abs. 2 iVm § 19b Abs. 1 BEinstG und § 7 BVwGG.

Zu A)

I. Stattgebung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) lauten auszugsweise:

"Begünstigte Behinderte

§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.

(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

..."

"Behinderung

§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten."

"Feststellung der Begünstigung

§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt die letzte rechtskräftige Entscheidung über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) oder des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten ( § 2 ) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Personen angehören zu wollen.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung der Entscheidung folgt, mit der der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

(3) Der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen. Diese Bestimmungen haben die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf das allgemeine Erwerbsleben zu berücksichtigen und auf den Stand der medizinischen Wissenschaft Bedacht zu nehmen.

..."

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"13 Malignome

13.01.03 Entfernte Malignome mit weiterführender Behandlungsnotwendigkeit innerhalb der Heilungsbewährung je nach Funktionsstörung 50 - 100 %

Nach Entfernung eines Malignoms innerhalb der Heilungsbewährung (5 Jahre)"

"02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich"

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Gegenständlich wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwecks Beurteilung des Beschwerdevorbringens ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet Anästhesiologie und Intensivmedizin eingeholt, das auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstattet wurde und sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Leidenszustände als auch des Gesamtgrades der Behinderung den von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen entspricht.

3.6. Wie unter Pkt. II.2. eingehend dargelegt wurde, konnte das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten den Feststellungen zugrunde gelegt werden, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin - entgegen der Feststellung im angefochtenen Bescheid - ein Ausmaß von 70 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt wurde, wurde das vorliegende Gutachten von den Verfahrensparteien nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, wonach begünstigte Behinderte österreichische Staatsbürger oder ihnen gleichgestellte Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. sind, (weiterhin) erfüllt. Es sind auch keine Ausschlussgründe gemäß § 2 Abs. 2 BEinstG ersichtlich. Die Beschwerdeführerin ist insbesondere in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11 BEinstG) auszuüben.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und festzustellen, dass die Beschwerdeführerin ab 04.04.2017 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört, wobei der Grad der Behinderung 70 v.H. beträgt.

Angemerkt wird, dass seitens des befassten Sachverständigen eine Nachuntersuchung für Mai 2022 (fünf Jahre nach Beendigung der Chemotherapie) vorgeschlagen wurde.

3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.7.1. Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem im Beschwerdeverfahren eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten eines Facharztes für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Arzt für Allgemeinmedizin, das von den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen zur Kenntnis genommen wurden. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine Verhandlung nicht beantragt wurde - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

3.7.2. Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anwaltlich vertreten war.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands einer anwaltlichen Vertretung der Beschwerdeführerin nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden (vgl. etwa VwGH 31.01.2005, 2003/03/0105 unter Hinweis auf VfSlg. 15.385/1998). Damit kann es im Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn keine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, sondern der Beschwerdeführerin zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Parteiengehör im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG auf schriftlichem Wege eingeräumt wurde.

II. Zurückweisung des Kostenbegehrens:

Den Ersatz von Verfahrenskosten sieht das VwGVG nur in den besonderen Fällen der Maßnahme- oder Verhaltensbeschwerde vor (§§ 35, 53 VwGVG). Das - in Ermangelung sonstiger Regelungen des VwGVG zum Kostenersatz anzuwendende - AVG (§ 17 VwGVG) normiert als Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc. (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen können in den Verwaltungsvorschriften zwar vorgesehen sein (§ 74 Abs. 2 AVG), sind aber für die im Beschwerdefall strittige Materie nicht vorhanden.

Das Kostenersatzbegehren war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. insbesondere die unter Pkt. II.3.5. und II.3.7. zitierte Rechtsprechung); die angewendeten Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Grad der Behinderung, Kostenersatz, Sachverständigengutachten,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2169158.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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