Entscheidungsdatum
30.01.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W238 2158877-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 27.04.2017, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin ist seit 05.08.2013 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
2. Am 24.02.2017 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Unter einem legte sie medizinische Beweismittel vor. Im Zuge der Antragstellung führte sie aus, dass es ihr aufgrund der beiden Knieprothesen mit mehrmaliger Revision rechts nicht möglich sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Stiegen könne sie nur unter Zuhilfenahme eines Geländers bewältigen. Die Kraft im Knie lasse öfters nach, wodurch sie einknicke und stürzen könnte. Sie benötige in öffentlichen Verkehrsmitteln einen Sitzplatz, da sie nicht lange stehen könne. Zudem leide sie an starken Durchfällen, denen auch mit Windelhosen nicht beizukommen sei.
3. Seitens der belangten Behörde wurde in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem – auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.04.2017 erstatteten – Gutachten vom 27.04.2017 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
GdB %
1
Degenerative Gelenksbeschwerden beider Knie (Zustand nach Totalendoprothesenimplantation beidseits), der Lendenwirbelsäule und Schultergelenke Unterer Rahmensatz, da mäßiggradige Funktionseinschränkungen vorliegen.
02.02.03
50
2
Colon irritabile , Pangastritis, Unterer Rahmensatz, da ein guter Ernährungs- und Allgemeinzustand besteht.
07.04.05
30
3
Zustand nach Uterusextirpation Fixer Richtsatz.
08.03.02
10
zugeordnet und
nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 nicht erhöht werde, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Im Vergleich zum Vorgutachten komme es zu keiner Änderung. Es handle sich um einen Dauerzustand.
Zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde von der Sachverständigen ausgeführt, dass keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vorliegen würden. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke sei selbstständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten sei das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten und ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln unter üblichen Transportbedingungen seien ebenfalls möglich. Bezüglich des Colon irritabile bestehe keine ausgeprägte Schwäche. Es liege ein guter Ernährungs- und Allgemeinzustand vor. Eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei daher nicht ausreichend begründet. Es liege auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
4. Am 27.04.2017 wurde der Beschwerdeführerin (erneut) ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H. sowie mit den Zusatzeintragungen "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin von Osteosynthesematerial", "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" und "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" ausgestellt.
5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.04.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das medizinische Sachverständigengutachten vom 27.04.2017 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 19.05.2017 fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass aufgrund des Knieleidens eine erhebliche Einschränkung der unteren Extremitäten gegeben sei. Sie könne die Knie kaum beugen und auch nicht knien. Im Falle eines Sturzes habe sie Probleme, wieder aufzustehen. Beim Stiegen Steigen müsse sie sich anhalten, um sich hinaufzuziehen. Daraufhin sei sie jedoch nicht untersucht worden. Weiters habe sie Probleme mit ihren Narben und arbeite mittels Drucktherapien an der Schmerzreduktion. Die Beurteilung des Schürzengriffs sei im Gutachten fehlerhaft vorgenommen worden. Sie leide zudem an einer Schulterverkalkung, welche mit Stoßwellen behandelt worden sei. Die Schulter entzünde sich immer wieder, weshalb sie Cortisonspritzen erhalten habe. Aufgrund des Cortisons habe sie 16 kg zugenommen. Dies stelle eine zusätzliche Belastung für die Knie dar. Die Angaben der Sachverständigen betreffend ihr "flottes Gangbild" seien falsch, da sie hinke. Weiters sei der "Dauerdurchfall" gar nicht berücksichtigt worden. Im Krankenhaus habe man eine Kollagene Colitis festgestellt.
Auch die Reduktion unter Medikamenten von zwanzig auf sechs (Anm.: gemeint wohl Stuhlgänge pro Tag) stelle sie vor Probleme. In der Arbeit müsse sie eine Windelhose tragen und immer Reservewäsche mitnehmen. Die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergebe sich aus ihren Knieprothesen in Verbindung mit der Colitis.
7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 26.05.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine neuerliche Begutachtung der Beschwerdeführerin durch einen Facharzt für Innere Medizin veranlasst. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellten Gutachten vom 22.08.2017 führte der befasste Sachverständige zusammenfassend Folgendes aus (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):
"Untersuchungsbefund (klinisch-physikalischer Status):
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand adipös, 164 cm, 97 kg (Zunahme unter Cortisonbehandlung)
Knochenbau: normal
Haut und Schleimhäute: unauffällig
Lymphknoten nicht tastbar
Augen: isokor, prompte Lichtreaktion
Zunge: normal, Zähne: eigene saniert
Hals: unauffällig, Schilddrüse nicht tastbar, Pulse vorhanden, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut
Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch
Lunge: sonorer Klopfschall, vesikuläres Atemgeräusch
Herz: reine rhythmische Herztöne RR 140/80. Frequenz 80/Min rhythmisch
Abdomen: adipös, kein auffälliger Palpations-Befund, Leber und Milz nicht abgrenzbar, Windelhose
Rektal nicht untersucht, Nierenlager frei
Extremitäten und Wirbelsäule: Wirbelsäule unauffällig, rechte Schulter in der Beweglichkeit eingeschränkt, sonst Arme normal, an den Beinen Narben nach Knie-TEP beidseits, es werden Schmerzpunkte angegeben. Geringe Fehlstellungen auch der Großzehengrundgelenke (Hallux-Bildung), Pulse tastbar, keine Varizen, keine Ödeme. Muskelkraft gut
Gangbild etwas verlangsamt, jedoch ohne Hilfsmittel
Beurteilung und Beantwortung der im Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes gestellten Fragen:
1. Die dauernden Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin sind als Diagnoseliste anzuführen:
Diagnosen
1 Degenerative Gelenksbeschwerden beider Knie (Z. n. TEP beidseits) der Lendenwirbelsäule und Schultergelenke
2 mikroskopische Kollagenkolitis, Pangastritis
3 Z. n. Uterusextirpation
4 Hypertonie
2. Liegt eine Stuhlinkontinenz vor und ggfs. wie wirkt sich dies auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?
Eine Stuhlinkontinenz liegt nicht vor, wird auch von der Beschwerdeführerin bei genauerer Befragung ihrer Leidenszustände nicht behauptet. Angegeben werden erhöhte Stuhlgangsfrequenz und sehr imperativer Stuhldrang, wodurch sie nicht immer die Toilette rechtzeitig erreicht und weswegen sie Windelhosen trägt.
Im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung können diese Angaben weder objektiviert noch widerlegt werden. Auch wenn bei dem vorliegenden Krankheitsbild (im Gegensatz etwa zu einer Stuhlinkontinenz auf Basis einer schweren neurologischen Erkrankung, nach Unfällen, bei Krebsleiden als Bestrahlungsfolge) derart gravierende Stuhlprobleme nicht mit großer Wahrscheinlichkeit auftreten, können diese nicht ausgeschlossen werden. Zur Objektivierung wäre eine längere Beobachtung, die aber im Rahmen der Begutachtung nicht möglich ist, erforderlich.
3. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Dafür hat im Rahmen der Untersuchung kein Anhaltspunkt bestanden. Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, sich frei im Raum zu bewegen, benützt auch keine Hilfsmittel (Stock o.ä.); dass Anhalten beim Stiegen Steigen erforderlich ist, ist nach Eingriffen an Gelenken und bei Übergewicht häufig. Eine Strecke von 200-300 m in 10 Minuten ist jedoch zumutbar. Eine Beinverkürzung von 8 cm liegt nicht vor, auch die Benützung von Haltegriffen und Haltestangen, die üblicherweise in öffentlichen Verkehrsmitteln in verschiedenen Höhen angebracht sind, ist möglich.
4. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Nein.
5. Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?
Nein.
6. Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
7. Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?
Nein.
8. Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen:
Diese Unterlagen wurden erneut durchgesehen, zum Teil auch mit der Beschwerdeführerin erörtert (insbesondere der Befund aus dem Sankt Elisabeth Krankenhaus) und haben auch bewirkt, dass nun die Diagnosen ‚mikroskopische Kollagenkolitis‘ und ‚Hypertonie‘ in die Diagnoseliste aufgenommen wurden. Eine Objektivierung der Stuhlgangsfrequenz unter Dringlichkeit kann aus diesen Unterlagen jedoch ebenfalls nicht abgeleitet werden.
11. Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.
Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."
9. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.09.2017 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.
Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 05.08.2013 wurde der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt.
Die Beschwerdeführerin beantragte am 24.02.2017 die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass und die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Am 27.04.2017 wurde der Beschwerdeführerin ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. sowie mit den Zusatzeintragungen "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin von Osteosynthesematerial", "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" und "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" ausgestellt.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Degenerative Gelenksbeschwerden der Knie (Z.n. TEP beidseits), der Lendenwirbelsäule und der Schultergelenke mit mäßiggradigen Funktionseinschränkungen;
2) mikroskopische Kollagenkolitis, Pangastritis;
3) Zustand nach Uterusextirpation;
4) Hypertonie.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 22.08.2017 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Bei der Beschwerdeführerin liegen zum Entscheidungszeitpunkt keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, der oberen Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität dauerhaft einschränken. Zwar bestehen degenerative Gelenksbeschwerden der Knie (Knieendoprothesen beidseits), der Lendenwirbelsäule und der Schultergelenke mit mäßiggradigen Funktionseinschränkungen. Die Beschwerdeführerin ist unbeschadet dessen in der Lage, kürzere Wegstrecken entsprechend einer Entfernung von 200 bis 300 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Ihr Gangbild ist ohne Verwendung von Hilfsmitteln nur etwas verlangsamt. Die Beschwerdeführerin ist auch in der Lage, Niveauunterschiede zu überwinden, auch wenn sie sich beim Stiegen Steigen aufgrund der Eingriffe an den Gelenken und des bestehenden Übergewichts anhalten muss. Es besteht auch die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und des sicheren Transports bzw. der Sitzplatzsuche während der Fahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel.
Die Beschwerdeführerin leidet unter mikroskopischer Kollagenkolitis und Pangastritis. Die Behandlung der Gesundheitsschädigung erfolgt mit Entocort bzw. Cortiment. Weitere Therapien (z.B. Lokaltherapie für den Darm, Einläufe etc.) werden derzeit nicht durchgeführt. Hinsichtlich der anamnestisch angegebenen Beschwerden wurden nicht alle Therapieoptionen ausgeschöpft. Bei der Beschwerdeführerin besteht aktuell keine Beeinträchtigung der Ernährungslage (adipöser Ernährungszustand) oder des Allgemeinzustandes.
Eine Stuhlinkontinenz liegt bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Ob bzw. inwieweit eine stark erhöhte Stuhlgangsfrequenz und imperativer Stuhldrang bestehen, konnte weder im Zuge der internistischen Untersuchung noch anhand der Befundlage festgestellt bzw. objektiviert werden.
Im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten "Dauerdurchfall" bei Drangsymptomatik konnte kein Leidenszustand in einem Ausmaß festgestellt werden, das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würde. Diesbezüglich wird auch auf die beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Es liegen anhand der Befundlage weiters keine Hinweise auf das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen bzw. Fähigkeiten und einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor. Ebenso wenig liegt bei der Beschwerdeführerin eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur erstmaligen Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Zeitpunkt und Gegenstand der Antragstellung sowie zur neuerlichen Ausstellung eines Behindertenpasses ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Funktionseinschränkungen sowie zum Nichtvorliegen erheblicher – die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender – Funktionseinschränkungen gründen sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Innere Medizin vom 22.08.2017, das nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erging und mit dem erstellten Untersuchungsbefund übereinstimmt (diesbezüglich wird auch auf die unter Punkt I.8. auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Im Gutachten vom 22.08.2017 wurde auf die Art und Schwere der Leiden der Beschwerdeführerin sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Seitens des Sachverständigen wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände und der vorgelegten Befunde nachvollziehbar dargelegt, warum der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
Hinsichtlich der nach Art und Schwere festgestellten Gesundheitsschädigungen ergaben sich dem Gutachten zufolge insbesondere keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Einschränkungen von Funktionen der unteren Extremitäten, erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen, erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit sowie einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems.
Hinsichtlich des geltend gemachten "Dauerdurchfalls" bei Drangsymptomatik wurden vom Sachverständigen zunächst die Angaben der Beschwerdeführerin anamnestisch erhoben. Festzuhalten ist diesbezüglich, dass von der Beschwerdeführerin im Zuge der Erstellung des von der Behörde eingeholten Gutachtens zunächst fünfbis sechsmal tägliche Stuhlgänge unter Einnahme von Cortiment beschrieben wurden. Sie führte diesbezüglich aus, dass sie ohne Cortiment zwanzig Durchfälle pro Tag habe; sie spreche gut auf das Medikament an. Ohne Windelhose könne sie nicht arbeiten. Im Beschwerdeschriftsatz wurden diese Angaben insoweit bekräftigt, als die Beschwerdeführerin vorbrachte, dass unter Medikation eine Reduktion von zwanzig auf sechs (gemeint wohl: tägliche Stuhlgänge) erfolgt sei. Weiters monierte sie ohne weitere Konkretisierung, dass die Behörde den "Dauerdurchfall" nicht berücksichtigt habe. Erneut wurde auf das Erfordernis des Tragens von Windelhosen in der Arbeit und der Mitnahme von Reservewäsche verwiesen. Im Zuge der seitens des Bundesverwaltungsgerichtes veranlassten Begutachtung durch einen Facharzt für Innere Medizin am 22.08.2017 gab die Beschwerdeführerin abweichend von ihren bisherigen Angaben an, dass sie ca. zehnmal täglich flüssigen Stuhlgang habe, in der Nacht meistens zweimal.
Die Diagnosen mikroskopische Kollagenkolitis und Pangastritis sowie die Medikation sind aus den Befunden abzuleiten. Dass die Beschwerdeführerin derzeit keine weiteren Therapien (z.B. Lokaltherapie für den Darm, Einläufe etc.) in Anspruch nimmt, wurde von dieser im Zuge des Anamnesegesprächs ausgeführt. Darauf basiert die Feststellung, dass hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin angegebenen Beschwerden noch Therapieoptionen offen stehen. Anhand der klinischen Untersuchung konnte festgestellt werden, dass bei der Beschwerdeführerin keine Beeinträchtigung der Ernährungslage (adipöser Ernährungszustand) und des Allgemeinzustandes besteht.
Dass bei der Beschwerdeführerin keine Stuhlinkontinenz vorliegt, ergibt sich aus einer Zusammenschau ihrer Angaben im Verfahren. So wurde im internistischen Sachverständigengutachten festgehalten, dass von der Beschwerdeführerin bei genauerer Befragung ihrer Leidenszustände eine Stuhlinkontinenz nicht behauptet wurde. Aktuelle Befunde (z.B. aus dem Fachgebiet Proktologie), welche eine Stuhlinkontinenz schlüssig bestätigen würden, wurden von der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht vorgelegt.
Angegeben wurden von der Beschwerdeführerin eine stark erhöhte Stuhlgangsfrequenz und imperativer Stuhldrang, weshalb sie nicht immer rechtzeitig die Toilette erreiche und (bei der Arbeit) Windelhosen trage. Ob bzw. inwieweit tatsächlich eine erhöhte Stuhlgangsfrequenz und imperativer Stuhldrang bestehen, konnte jedoch weder im Zuge der internistischen Untersuchung noch anhand der Befundlage festgestellt bzw. objektiviert werden. Seitens des befassten Facharztes für Innere Medizin wurde zunächst nachvollziehbar darauf verwiesen, dass zur Objektivierung der Angaben eine längere Beobachtung erforderlich wäre, die aber im Rahmen der durchgeführten Begutachtung nicht möglich ist. Eine Objektivierung der Stuhlgangsfrequenz unter Dringlichkeit konnte aber auch anhand der Befundlage nicht abgeleitet werden. Des Weiteren wurde vom Sachverständigen festgehalten, dass bei dem bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Krankheitsbild (im Gegensatz etwa zu einer Stuhlinkontinenz auf Basis einer schweren neurologischen Erkrankung, nach Unfällen, bei Krebsleiden als Bestrahlungsfolge) gravierende Stuhlprobleme zwar nicht ausgeschlossen werden können, aber nicht mit großer Wahrscheinlichkeit auftreten.
Was die Schilderung der mit der Darmerkrankung einhergehenden Beschwerden durch die Beschwerdeführerin anlangt, ist auffallend, dass eine Steigerung des Vorbringens hinsichtlich der Stuhlgangsfrequenz auszumachen war (1. Begutachtung: fünf- bis sechsmal tägliche Stuhlgänge, Beschwerde: sechsmal tägliche Stuhlgänge, 2. Begutachtung: zehnmal tägliche flüssige Stuhlgänge), ohne dass eine Änderung der Medikation erfolgt ist.
Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Befunde. Diesbezüglich führte der Sachverständige – wie bereits dargelgt – aus, dass aus den Befunden weder eine Stuhlinkontinenz noch eine erhöhte Stuhlgangsfrequenz bei imperativem Stuhldrang abgeleitet werden können.
Im Ergebnis wurde vom befassten Sachverständigen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die anamnestisch angeführten Beschwerden mit Blick auf Ausmaß und Häufigkeit weder im Lichte der Befundlage noch anlässlich der durchgeführten Begutachtung in einer derart maßgeblichen und nicht beeinflussbaren Intensität objektiviert werden konnten, dass dadurch eine erhebliche Erschwernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkt würde.
Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffene Einschätzung des Sachverständigen zu entkräften, ist dem Sachverständigengutachten vom 22.08.2017 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Sie hat sich zu diesem Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr geäußert, sondern dieses unwidersprochen zur Kenntnis genommen.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis vom 22.08.2017 für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
( )"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
( )"
"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
3.3.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
"§ 1. (4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
"
3.3.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) – soweit im gegenständlichen Fall relevant – insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung‘ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ‚erheblich‘ und ‚schwer‘ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
-
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
-
schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
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bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar."
3.4.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
3.4.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.
3.5.1. Gegenständlich war insbesondere zu klären, ob die von der Beschwerdeführerin angegebenen Durchfälle bzw. die erhöhte Stuhlgangsfrequenz bei Drangsymptomatik die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich bereits wiederholt mit der Frage zu beschäftigen, ob Inkontinenz zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt und eine entsprechende Zusatzeintragung in den Behindertenpass rechtfertigt (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; 17.06.2013, 2010/11/0021; 21.04.2016, Ra 2016/11/0018; 09.11.2016, Ra 2016/11/0137; vgl. auch aus jüngster Zeit das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23.09.2016, E 439/2016). In den genannten Erkenntnissen hielt der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der dort belangten Behörden, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den Betroffenen sei zumutbar, im Hinblick auf Art und Ausmaß der Inkontinenz für nicht nachvollziehbar. Es wurde ausgeführt, dass es zur Beantwortung dieser Frage – sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt – eines ärztlichen Sachverständigengutachtens bedarf, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.04.2016, Ra 2016/11/0018, wurde zudem ausgeführt, dass dem die Regelung in § 1 Abs. 4 Z 3 der (unter Punkt II.3.3.1. auszugsweise wiedergegebenen) Verordnung und die dort enthaltene – demonstrative ("insbesondere") – Aufzählung solcher Fälle, in denen die Feststellung der genannten Unzumutbarkeit gerechtfertigt erscheint, nicht entgegenstehe (vgl. vielmehr § 1 Abs. 5 leg. cit. zur gebotenen individuellen [ganzheitlichen] Beurteilung auf Basis eines ärztlichen Sachverständigengutachtens). Die unter Punkt II.3.3.2. wiedergegebenen Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 idF BGBl. II Nr. 495/2013 dieser Verordnung (nunmehr: § 1 Abs. 4 Z 3 idF BGBl. II Nr. 263/2016) führen aus, dass "bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes" in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar sei.