TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/10 97/18/0455

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Veröffentlicht am 10.05.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

PaßG 1992 §14 Abs1 Z3 litf idF 1995/507;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z4 idF 1995/507;
PaßG 1992 §15 Abs1;
SGG §12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag Paal, über die Beschwerde des R D, (geb. 29.7.1950), vertreten durch Dr. Herbert Eichenseder, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Auerspergstraße 2/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. Juni 1997, Zl. SD 806/97, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Juni 1997 wurde dem Beschwerdeführer der ihm von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellte Reisepass Nr. V 0726174, gültig vom 14. Dezember 1990 bis 14. Dezember 2000, gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z 4 des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 507/1995, entzogen.

Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. März 1995 "wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs 1 Suchtgiftgesetz, § 15 StGB, § 16 Abs 1 Suchtgiftgesetz" zu fünfzehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Beschwerdeführer hätte am 22. August 1996 bedingt entlassen werden sollen, sei jedoch mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 22. Jänner 1996 neuerlich wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels "(§ 12 Abs 1 Suchtgiftgesetz und § 15 StGB)" zu zwanzig Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Der Beschwerdeführer habe zuletzt versucht, Suchtgift in einer großen Menge - er sei mit 1465,75 Gramm Canabisharz, das in einem Koffer verpackt gewesen sei, zum Treffen mit einem unbekannten Abnehmer unterwegs gewesen - in Verkehr zu setzen. Den Urteilsgründen zufolge habe es der Beschwerdeführer ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass die große Menge Suchtgift, die er versucht habe in Verkehr zu setzen, geeignet sei, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen.

Die Erstbehörde habe dem Beschwerdeführer den Reisepass zu Recht entzogen, weil die oben angeführten Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass der Beschwerdeführer den Reisepass benützen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in großer Menge einzuführen oder in Verkehr zu setzen. Der Beschwerdeführer habe offensichtlich die Absicht gehabt, sich durch den Suchtgifthandel eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Das in der Berufung vorgebrachte Argument, dass zwischen den Taten des Beschwerdeführers und der Tatsache, dass er Inhaber eines Reisepasses sei, überhaupt kein Zusammenhang bestehe, sei insofern leicht zu entkräften, als aus den Vorstrafen des Beschwerdeführers ein Auslandsbezug klar zu ersehen sei. Der Beschwerdeführer sei mehrmals - unter anderem wegen einer Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes - vom Amtsgericht Lübeck in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden. Die Beteuerung des Beschwerdeführers, dass kein Auslandsbezug seiner Taten gegeben sei, sei daher wenig zielführend. Die Entziehung eines Reisepasses stelle eine vorbeugende Sicherungsmaßnahme zur Abwendung künftiger Straftaten, im gegenständlichen Fall der Einfuhr bzw. des In-Verkehr-Setzens großer Mengen Suchtgift, dar. Bei der Prüfung der Frage, ob die vom Gesetze geforderte Annahme gerechtfertigt sei "(Zukunftsprognose)", habe die Behörde festzustellen, ob bereits Tatsachen vorlägen, die diese Annahme rechtfertigten. Solche Tatsachen seien aber insbesondere Tathandlungen, die durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil festgestellt worden seien. Der Handel mit Suchtgift in großen Mengen stelle eine Tatsache dar, die die Annahme rechtfertige, dass der Passinhaber seinen Reisepass in Hinkunft benützen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift einzuführen oder in Verkehr zu setzen, weshalb durch den Aufenthalt des Passinhabers im Ausland die innere Sicherheit der Republik gefährdet werde. Auch wenn nicht nachgewiesen worden sei, dass der Beschwerdeführer selbst Suchtgift geschmuggelt habe oder zu schmuggeln beabsichtige - solches werde nach § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes nicht gefordert -, diene die vorliegende Maßnahme zumindest dem Schutz vor der Aufnahme weiterer - verbrecherischer - Kontakte des Beschwerdeführers durch Reisen ins Ausland. Die Entziehung eines Reisepasses sei - wie bereits dargelegt wird - eine Sicherungsmaßnahme, weil die Gefahr einer Wiederholung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Wesen der gegenständlichen deliktischen Verhaltensweisen gehöre, wobei auch eine erfolgreiche Suchtgifttherapie die Gefahr einer Wiederholung nach längerer Zeit nicht mit Sicherheit ausschließe.

Zur Zeit könne jedenfalls eine Zukunftsprognose für den Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, dass dieser seit zwanzig Jahren dem Haschischkonsum ergeben sei und noch dazu während des ihm zur Behandlung seiner Suchtgiftabhängigkeit gewährten Strafaufschubes versucht habe, abermals eine große Menge in Verkehr zu setzen, woraus sich drastisch seine Unverbesserlichkeit auf Grund des raschen Rückfalls ergebe, nicht positiv ausfallen, sodass die Entziehung des Reisepasses zu Recht erfolgt sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 15 Abs. 1 des Passgesetzes 1992 ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer noch nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 (in der vorliegend maßgeblichen Fassung der Passgesetz-Novelle 1995, BGBl. Nr. 507) ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er zunächst im Jahr 1995 und sodann - weil er während des ihm zur Behandlung seiner Suchtgiftabhängigkeit gewährten Strafaufschubes abermals straffällig geworden sei - im Jahr 1996 wegen Suchtgifthandels gemäß § 12 Abs. 1 des Suchtgiftgesetzes gerichtlich verurteilt worden sei. Gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. handelt es sich bei einer "großen Menge" Suchtgift um eine solche, deren Weitergabe geeignet wäre, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Wenn die Behörde im Hinblick auf diesen durch rechtskräftige gerichtliche Verurteilungen feststehenden Handel mit Suchtgift unter Berücksichtigung des Erfahrungswissens, dass gerade bei Verstößen gegen § 12 des Suchtgiftgesetzes die Wiederholungsgefahr besonders groß ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1999, Zl. 99/18/0025, mwH), zu dem Ergebnis gekommen ist, dass durch einen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere Sicherheit der Republik Österreich im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 4 des Passgesetzes 1992 gefährdet werde, so kann dies auf dem Boden der hg. Rechtsprechung - wonach zur inneren Sicherheit in dem in Rede stehenden Sinn auch die Volksgesundheit zählt (vgl. das Erkenntnis vom 1. Juni 1999, Zl. 96/18/0473, mwH) - nicht als rechtswidrig erkannt werden, zumal es im Lichte der genannten Bestimmung nicht darauf ankommt, dass die betreffende Person ihren Reisepass im Zusammenhang mit dem ihr zur Last liegenden Suchtgifthandel verwendet hat. Vielmehr steht im Vordergrund, dass der Betreffende - wie hier der Beschwerdeführer - in Hinkunft seinen Reisepass für diesen Zweck verwenden könnte, was sich etwa - wie hier - aus einer einschlägigen Verurteilung im Ausland (vgl. das unter I.1. genannte Urteil des Amtsgerichtes Lübeck) ergeben könnte. Dem Vorbringen, aufgrund der Mitgliedschaft Österreichs zum Schengener Abkommen und der damit gegebenen Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers in vielen Staaten sei die Entziehung seines Reisepasses kein taugliches Mittel mehr zur Hintanhaltung einer Gefährdung für die innere (und äußere) Sicherheit der Republik Österreich, geht schon - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift hinweist - deswegen fehl, weil die angesprochene Bewegungsfreiheit für die dem genannten Übereinkommen nicht angehörenden Staaten nicht zum Tragen kommt.

Da nach dem Gesagten der angefochtene Bescheid im § 14 Abs. 1 Z. 4 des Passgesetzes 1992 Deckung findet, braucht die Frage, ob der Bescheid rechtens auch auf § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f leg. cit. gegründet werden konnte, nicht näher untersucht zu werden.

3. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997180455.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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