TE Vwgh Erkenntnis 2018/2/6 Ra 2017/17/0875

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Veröffentlicht am 06.02.2018
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Index

E1E;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;

Norm

12010E056 AEUV Art56;
GSpG 1989 §2 Abs1;
GSpG 1989 §2 Abs4;
GSpG 1989 §3;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §45 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 25. August 2017, LVwG- 411452/9/Gf/Mu, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: I G in T), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts

aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 23. März 2016 wurde der Mitbeteiligte als Lokalinhaber eines näher bezeichneten Lokals der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 1 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt; es wurden über ihn sieben Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich das Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Das Landesverwaltungsgericht traf zur Beurteilung der Vereinbarkeit von Regelungen des Glücksspielgesetzes mit Art. 56 AEUV ausführliche Feststellungen und gelangte nach umfangreicher Auseinandersetzung mit der vorgebrachten Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielgesetzes rechtlich zum Ergebnis, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung finde und somit dem Unionsrecht widerspreche, weil es nicht auf einem durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses - wie etwa dem Spielerschutz und der Suchtvorbeugung oder der Kriminalitätsbekämpfung - basiere, sondern primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen diene. Darüber hinaus seien die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsermächtigungen insbesondere mangels der gänzlich fehlenden Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermächtigung jeweils unverhältnismäßig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision des Bundesministers für Finanzen. Es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die vorliegende Revision erweist sich als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Sie ist auch berechtigt.

6 Der Revisionsfall gleicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof, nach der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und unter denen sie durchgeführt werden, eine Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes nicht erkannt. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen.

7 Eine Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes ist somit ausgehend von den Verfahrensergebnissen im Revisionsfall nicht zu erkennen.

8 Da das Verwaltungsgericht insoweit die Rechtslage verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf das übrige Revisionsvorbringen einzugehen.

9 Das angefochtene Erkenntnis war daher bereits aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

Wien, am 6. Februar 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170875.L00

Im RIS seit

27.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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