Gbk 2017/11/29 GBK I/578/14

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Veröffentlicht am 29.11.2017
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 29. November 2017 über den am 14. Oktober 2014 eingelangten Antrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für ... (AK ...) für Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 107/2013; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung), sowie in eventu bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch die Firma X (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/578/14, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

Frau A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch die Firma X diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vom 18. Oktober 2017. Als weitere Auskunftsperson wurde Frau B am 29. November 2017 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf das Schreiben der AK ... an die Antragsgegnerin vom 18. Juni 2014; die Stellungnahme der Antragsgegnerin an die AK ... vom 10. Juli 2014 inkl. einer Blankovorlage für eine „einvernehmliche Lösung“; die weitere Korrespondenz zwischen der AK ... und der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin (mehrere Schreiben im Juli und August 2014); ein Aktenvermerk zu einem Telefonat der AK ... mit der Antragsgegnerin vom 9. Juli 2014; das von den Beteiligten ausgefüllte und unterschriebene Formular „einvernehmliche Lösung“ vom 19. Mai 2014 und ein Schreiben betreffend die Vorlage für eine „einvernehmliche Lösung“ der Steuerberatungskanzlei Y vorgelegt am 18. Oktober 2017.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei von 1. März 2014 bis 19. Mai 2014 als Tankstellenmitarbeiterin bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen, das Arbeitsverhältnis habe durch einvernehmliche Auflösung geendet. Die Initiative zur Auflösung sei von der Antragsgegnerin ausgegangen, weil diese geglaubt habe, dass die Antragstellerin schwanger sei bzw. befürchtet habe, diese könnte bald schwanger werden.

Ende April/Anfang Mai habe die Antragstellerin einer Arbeitskollegin erzählt, dass sie sich schon seit vielen Jahren ein Kind wünsche, aber keines bekomme. Sie habe ihrer Arbeitskollegin berichtet, dass sie sich bereits zweimal operieren habe lassen und dass ihr nur mehr die künstliche Befruchtung als Möglichkeit übrig bleibe, welche sie sich aber zurzeit finanziell nicht leisten könne.

Am 19. Mai 2014 habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin kontaktiert und sie ersucht in der Firma vorbeizukommen. Dieser Tag sei der freie Tag der Antragstellerin gewesen und sie habe gedacht, es ginge möglicherweise um eine Aufstockung der Arbeitsstunden. Stattdessen habe die Antragsgegnerin sie mit einer einvernehmlichen Auflösung konfrontiert. Sie habe vermutet, dass die Antragstellerin bereits schwanger sei. In der einvernehmlichen Auflösung sei ursprünglich folgender Passus gestanden: „Auch bei einer im Nachhinein bekannt gegebenen Schwangerschaft der Dienstnehmerin bleibt diese Lösung aufrecht.“

Die Antragstellerin habe die Antragsgegnerin darüber aufgeklärt, dass sie nicht schwanger sei. Die Antragsgegnerin habe erwidert, dass sie wisse, dass die Antragstellerin eine Familie gründen möchte. Die Antragstellerin sei zutiefst betroffen gewesen, dass ihr jahrelang gehegter (unerfüllter) Kinderwunsch nun auch dazu führe, dass sie ihren Job verliere. Die Situation habe ihr psychisch derartig zugesetzt und sei sie vollkommen überrumpelt gewesen, sodass sie die einvernehmliche Auflösung einfach unterzeichnet habe. Weil der Grund für die Auflösung der Antragstellerin derartig zugesetzt habe, habe sie gewollt, dass die Antragsgegnerin den „Passus über die Schwangerschaft“ streicht und einen anderen Grund vermerkt. Der Passus sei dann durch folgende Formulierung ersetzt worden: „Habe zuviel Personal.“

Allein schon die Verwendung des obengenannten Passus sei unzulässig und diskriminierend. Es sei zudem nicht zulässig damit die zwingenden Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes auszuheben und so zu vereiteln.

Nach Intervention der AK ... hätten die Antragsgegnerin und ihre rechtsfreundliche Vertretung die Vorwürfe der diskriminierenden Beendigung sowie die Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen bestritten.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 25. November 2014 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Antragstellerin sei in der Zeit vom 01. März 2014 bis einschließlich 19. Mai 2014 an der von der Antragsgegnerin geführten Tankstelle als Tankstellen-Mitarbeiterin zu 35 Wochenstunden beschäftigt gewesen. Richtig sei auch, dass das Arbeitsverhältnis durch einvernehmliche Auflösung am 19. Mai 2014 beendet worden sei.

Bestritten und als tatsachenwidrig zurückgewiesen werde die Behauptung, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ausschließlich wegen einer befürchteten oder bevorstehenden Schwangerschaft der Antragstellerin erfolgt. Ein derartiger Beendigungsgrund entspreche niemals der Motivlage der Antragsgegnerin, sondern erfolge diese Behauptung vor dem erkennbaren Hintergrund der bei Beendigung des Dienstverhältnisses verwendeten Urkunde der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin habe lediglich zu Beweiszwecken eine vorgefertigte Vertragsschablone „einvernehmliche Auflösung“ verwendet, welche Urkunde sie vor Jahren, glaublich 2012, über Anfrage von Ihrem Steuerberater, Mag. C, für einen derartigen Geschäftsfall erhalten habe. Dieser habe – so nach Auskunft – die Vertragsschablonen seinerzeit von der Webseite der Bundeswirtschaftskammer bezogen. Das gegenständliche Schriftstück sei von der Antragsgegnerin erstmals verwendet worden, weil diese erst kürzlich über eine Mitarbeiterin in der Lohnabteilung ihres Steuerberaters darüber informiert worden sei, dass eine einvernehmliche Lösung in der Regel günstiger sowohl für sie als auch für die Arbeitnehmer sei. Zuvor habe sie stets das Formular „Dienstgeberkündigung“ für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen verwendet.

Sämtliche dieser Vertragsschablonen habe sie im Büro verwahrt und sei ihr insbesondere der genaue Wortlaut der letztendlich verwendeten „einvernehmlichen Auflösung“ nicht bekannt gewesen und habe sie dem Inhalt dieser Urkunden auch keine besondere Bedeutung beigemessen.

Bestritten werde der von der Antragstellerin geschilderte Ablauf der Geschehnisse und Gesprächsinhalte im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Antragsgegnerin habe niemals gegenüber der Antragstellerin kommuniziert, dass sie eine „Aufstockung der Stundenzahl“ überlege, die Vermutung der Antragstellerin sei daher nicht nachvollziehbar.

Im Büro angelangt habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin umgehend von der bevorstehenden „Trennung“ informiert, jedoch für die Beendigung des Dienstverhältnisses keinen Grund angeführt. Richtig sei zwar, dass die Antragsgegnerin beiläufig aus Gesprächen zwischen ihren Mitarbeitern Wahrnehmungen darüber gemacht habe, dass die Antragstellerin angeblich keine Kinder bekommen könne; den Inhalt dieser Gespräche habe die Antragsgegnerin jedoch als allgemeinen „Tratsch“ abgetan. Persönlich sei dieses Thema zwischen den Streitparteien niemals erörtert worden. Lediglich der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin aber auch „Reiberein“ unter den Mitarbeitern mitbekommen habe. So habe sie beiläufig vernehmen können, dass die Antragstellerin einer anderen Mitarbeiterin stets Vorhalte wegen einer angeblichen Liebschaft zwischen ihrer Nichte und ihrem „Mann“ machte, was zeitweise zu einer Trübung des Betriebsklimas geführt habe.

Ein allfälliger Kinderwunsch oder eine bevorstehende Schwangerschaft sei erstmals nach Vorlage des besagten Schriftstückes von der Antragstellerin zum Thema gemacht worden. Im Zuge des Kündigungsgesprächs am 19. Mai 2014 habe die Antragsgegnerin das mehrfach zitierte Schriftstück „einvernehmliche Auflösung“ der Antragstellerin, ohne dieses selbst zuvor genau gelesen zu haben, zur Unterschriftsleistung vorgelegt. Erst als die Antragsgegnerin den inkriminierten Passus gelesen habe, habe sie begonnen wild schimpfend und beleidigend der Antragsgegnerin ein derartiges

Kündigungsmotiv zu unterstellen. Trotz mehrfacher Versicherung, dass ein derartiger

Kündigungsgrund bei der Antragstellerin nicht vorliege und dass sie den Passus selbst zuvor nicht gelesen habe, habe sich die Antragstellerin von ihrer Meinung nicht abbringen lassen. Der Passus sei sodann umgehend aus der Urkunde gestrichen und über Wunsch handschriftlich ein anderer Grund, „habe zu viel Personal“ aufgenommen worden. Erst danach sei die Urkunde völlig zwangsfrei von beiden Seiten unterfertigt worden. Die Antragstellerin habe das Schriftstück nach Streichung des Passus völlig frei von Zwang und Willensmängel unterfertigt. In rechtlicher Hinsicht sei der inkriminierte Passus zufolge vorheriger Streichung nicht Inhalt der einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses geworden und auch nicht Inhalt der Willenserklärung der Antragstellerin gewesen.

Die Antragsgegnerin sei selbst allein erziehende Mutter zweier Kinder gewesen und habe in der Vergangenheit mehrfach weibliche Mitarbeiter gehabt, wobei eine Schwangerschaft für sie als „natürlichste Sache der Welt“ angesehen werde und niemals ein Problem für ihre Entscheidungen als Arbeitgeber für die Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern gewesen sei

Die Ausführungen der Antragstellerin seien durchwegs konstruiert und entsprächen nicht den Tatsachen. Im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe die Antragsgegnerin sechs Mitarbeiter gehabt und aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen einen (Gesamt)Stundenabbau ihrer Belegschaft beabsichtigt. Zumal das Beschäftigungsverhältnis erst kurz zuvor begonnen habe, die Antragstellerin auch versucht habe, sich in unternehmerische Entscheidungen der Antragsgegnerin einzumischen, und sie auch die ihr übertragenen Aufgaben nicht stets zur vollständigen Zufriedenheit der Antragsgegnerin erfüllt habe, sei letztendlich die Entscheidung auf die Antragstellerin gefallen. Die bereits oben erwähnten Reibereien zwischen ihr und einer anderen Mitarbeiterin hätten ebenfalls nicht gerade dafür gesprochen, die Antragstellerin weiter zu beschäftigen.

Nach letztem Informationsstand habe die Antragstellerin erst kürzlich – offenbar im Zuge der Einleitung des gegenständlichen Überprüfungsverfahrens – besagte Mitarbeiterin, B, beschimpft und bespuckt, um Stimmung zu erzeugen bzw. um diese zu beeinflussen.

Wie bereits dargetan, sei die Antragsgegnerin als mehrfache Mutter und Arbeitgeberin über die Kündigungsschutzbestimmungen betreffend den Mutterschutz in Kenntnis. Die Annahme eines diskriminierenden „Kündigungsgrundes“ erscheine geradezu lebensfremd. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stelle eine unternehmerische

(kaufmännische) Entscheidung der Antragsgegnerin dar.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 3  GlBG darf aufgrund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Beendigung (Ziffer 7) und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen (Ziffer 6).

Der Begriff „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ enthält weder eine Beschränkung auf eine bestimmte Art des Arbeitsverhältnisses noch auf eine bestimmte Art der Beendigung. Unter diese Bestimmung fällt daher die einseitige Beendigung, also auch jene durch Kündigung, Entlassung oder Auflösung in der Probezeit. Aber auch eine vom Arbeitgeber initiierte einvernehmliche Auflösung kann eine geschlechtlich diskriminierende Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellen2.

Beim Begriff der „sonstigen Arbeitsbedingungen“ handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der weit auszulegen ist.3 Er umfasst neben den rechtlichen auch die faktischen Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung der ArbeitnehmerInnen im laufenden Arbeitsverhältnis.4

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, ihr Arbeitsverhältnis sei auf die Initiative der Antragsgegnerin hin einvernehmlich aufgelöst worden, weil diese eine bereits bestehende oder zukünftige Schwangerschaft der Antragstellerin vermutete, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin von 1. März 2014 bis 19 Mai 2014 bei der Antragsgegnerin als Tankstellern-Mitarbeiterin beschäftigt war. Am 19. Mai 2014 kam es zwischen den Beteiligten zu einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Auf dem dafür verwendeten Formular „einvernehmliche Lösung“ findet sich der durchgestrichene Passus „Auch bei einer im Nachhinein bekannt gegebenen Schwangerschaft der Dienstnehmerin bleibt diese Lösung aufrecht.“ Welcher ersetzt wurde durch „Habe zuviel Personal“.

Der „Tatbestand“ der „sonstigen Arbeitsbedingungen“ ist zwar weit zu interpretieren, dient aber eben auch als Auffangtatbestand für Sachverhalte, die nicht unter einer der anderen Ziffern zu subsumieren sind. Das Unterdrucksetzens eine/s Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin über einen längeren Zeitraum, um diesen zur Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung zu bewegen, kann unter dem Aspekt der „sonstigen Arbeitsbedingungen“ zu bewerten sein.5 Im konkreten Fall aber kam es aber zu keiner länger andauernden Unterdrucksetzung der Antragstellerin, sondern fanden alle geschilderten Ereignisse am Tag der einvernehmlichen Lösung des Arbeitsverhältnisses, den 19. Mai 2014, statt. Das Vorbringen der Antragstellerin eine mögliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes betreffend steht in klarem Zusammenhang mit der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einvernehmliche Auflösung an besagtem Tag. Es lagen keine über die konkrete Beendigungssituation hinausgehenden Auswirkungen auf das laufende Arbeitsverhältnis der Antragstellerin vor. Der vorgebrachte Sachverhalt wurde vom Senat daher unter dem Aspekt einer möglichen Beendigungsdiskriminierung geprüft.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Überprüfung, ob der fragliche Absatz zwingende Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zuwiderläuft, nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Senat ist. Die vorgebrachten Geschehnisse werden ausschließlich auf eine mögliche Diskriminierung der Antragstellerin nach dem GlBG aufgrund ihres Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beurteilt. Konkret war daher zu prüfen, ob es aufgrund einer vermuteten/geplanten Schwangerschaft der Antragstellerin zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses gekommen war.

Durch das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin ergab sich für den Senat der Hinweis auf eine mögliche Diskriminierung im Zusammenhang mit der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Dies konnte jedoch im weiteren Ermittlungsverfahren durch die Aussagen der Antragsgegnerin, zusätzlich vorgelegte Unterlagen sowie durch mündliche Befragung einer Auskunftspersonen widerlegt werden.

Die Antragsgegnerin schilderte, dass es sich bei dem verwendeten Formular um ein älteres Blankoformular ihrer Steuerberatungskanzlei gehandelt habe und ihr der eine mögliche Schwangerschaft betreffende Passus nicht aufgefallen war. Seites der Steuerberaterin der Antragsgegnerin, Frau D, MBA, wurde schriftlich bestätigt, dass es sich bei dem Formular zur „Einvernehmlichen Lösung“ um eine ihrer Vorlagen gehandelt hat, die zuvor von der Seite der Wirtschaftskammer heruntergeladen worden war. Der Absatz bezüglich der Schwangerschaft sei inzwischen aus den Vorlagen gelöscht worden.

Allgemein ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass von einem/einer Arbeitgeber/in erwartet werden kann, dass er/ sie sich die im Rahmen einer Beendigung verwendeten Unterlagen im Vorhinein durchliest. Es ist für den Senat jedoch nicht erkennbar, dass aus diesem ursprünglich angeführten Absatz, dessen späterer Streichung oder Ersatz durch den Satz „Habe zuviel Personal“ eine Schwangerschaft der Antragstellerin als das „eigentliche Motiv“ für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hervorgeht. Der fragliche Absatz war vielmehr aufgrund eines Versehens der Antragsgegnerin in dem Blankoformular bis dahin unentdeckt geblieben und wurde, nachdem er bemerkt worden war, gestrichen. Die Antragstellerin fühlte sich aufgrund von persönlichen Umständen (jahrelanger, unerfüllter Kinderwunsch) davon persönlich angesprochen und glaubte, dieser nachträglich gestrichene Absatz, zeige den „eigentliche Grund“ für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Die Antragstellerin gab in der Sitzung vom 18. Oktober 2017 an, mit folgenden Worten auf den Absatz reagiert zu haben: „Streich es durch und gib mir den echten Grund. Ich hätte es verstanden, wenn du ein Mann gewesen wärst, aber du bist eine Frau und hast selber Kinder. Es ist unfair, dass man wegen dem Wunsch Mutter zu werden, so bestraft wird. Wenn ich dann eine Familie gründe, habe ich dann kein Recht mehr zu arbeiten? Wie soll ich das verstehen? Das geht doch gar nicht.“ Auf Wunsch der Antragstellerin wurde stattdessen eine kurze Begründung eingefügt. Der Ersatz des relevanten Absatzes durch die kurze Begründung geht daher auf die Reaktion der Antragstellerin zurück und liegt es daher nicht nahe, dass es sich dabei um einen Ersatz des „wahren Grundes“ durch einen anderen Grund handelte. Zumal in diesem Zusammenhang zusätzlich auch darauf hinzuweisen ist, dass der eine Schwangerschaft betreffende, gestrichenen Absatz nicht als Begründung formuliert war oder es sonst Hinweise gäbe, er sei wegen einer konkret vermuteten Schwangerschaft extra eingefügt worden.

Die Argumentation der Antragsgegnerin, der Grund für die Beendigung sei keinesfalls in einer potenziellen (zukünftigen) Schwangerschaft der Antragstellerin gelegen wurde durch ihr weiteres Vorbringen sowie eine unterstützende Aussage von Frau B untermauert. Die Antragsgegnerin gab an, eine beabsichtigte Stundenkürzung sei der Hintergrund für die von ihr getroffene Personalentscheidung gewesen. Aufgrund zusätzlicher Umstände wie die Einmischung der Antragstellerin in die Dienstplanung der Antragsgegnerin und Unstimmigkeiten zwischen der Antragstellerin und einer Arbeitskollegin, Frau B, war die Wahl auf die Antragstellerin gefallen.

Insbesondere die Unstimmigkeiten zwischen den Kolleginnen auf der Tankstelle, wurden in den mündlichen Befragungen der Antragsgegnerin und von Frau B in den Sitzungen des Senates verstärkt thematisiert. Offenbar war zwischen den Arbeitskolleginnen des Öfteren eine private Angelegenheit (eine Beziehung zwischen der Nichte von Frau B und dem Partner der Antragstellerin) auf Betreiben der Antragstellerin zum Thema geworden. Dies war auch fortgesetzt worden, obwohl Frau B darauf hingewiesen hatte, das Thema nicht mehr besprechen zu wollen. Daraufhin habe Frau B sich an ihre gemeinsame Vorgesetzte, die Antragsgegnerin, gewandt. Diese Ausführungen der Antragsgegnerin waren für den Senat glaubwürdig und stimmten auch mit den Angaben von Frau B in der Sitzung vom 29. November 2017 überein. Auch die Antragstellerin bestätigte die Angaben rund um diese Problematik teilweise, indem sie angab von dieser früheren Beziehung zischen der Nichte der Arbeitskollegin und ihrem Partner erfahren zu haben, auch wenn sie abstritt, darüber am Arbeitsplatz gesprochen zu haben.

In Anbetracht dieser glaubwürdigen Angaben der Antragsgegnerin ist es für den Senat nachvollziehbar, dass diese Problematik und ihre Auswirkung auf das Betriebsklima zu der Entscheidung beitrugen, sich anlässlich der beabsichtigten Stundenkürzungen von der Antragstellerin zu trennen. Auch die in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwendung der Antragstellerin, es seien in zeitlicher Näher zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses neue MitarbeiterInnen eingestellt worden, kann die Argumentation der Antragsgegnerin nicht entkräften. Es geht daraus nämlich jedenfalls nicht hervor, dass neue MitarbeiterInnen nicht, wie von der Antragsgegnerin erwidert, zu wesentlich weniger Stunden eingestellt worden seien.

Die Frage eines Kinderwunsches der Antragstellerin war sowohl nach den Aussagen der Antragstellerin als auch der Antragsgegnerin und der weiteren Auskunftsperson, Frau B, nie Gegenstand eines Gespräches zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin, auch wurde es nach den glaubwürdigen Aussagen von Frau B von dieser nie gegenüber der Antragsgegnerin thematisiert.

Letztlich untermauert auch das weitere Vorbringen der Antragsgegnerin, bisher schon Damen mit Kinderwunsch und auch nach einer Karenz eingestellt zu haben, weiter den Eindruck des Senates, dass der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in einer vermuteten oder geplanten Schwangerschaft der Antragstellerin sondern vielmehr in anderen, nicht diskriminierenden Motiven gelegen ist.

Es liegt somit keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG vor.

Wien, 29. November 2017

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 139.

3  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 132.

4  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 129.

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 3 Rz 139.

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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