TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/10 97/18/0536

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Veröffentlicht am 10.05.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der GS in Wien, geboren am 8. Mai 1963, vertreten durch DDDr. Franz Langmayr, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ertlgasse 4/12a, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Juni 1997, Zl. SD 254/97, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. Juni 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine mazedonische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei ihren Angaben zufolge am 18. Mai 1995 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist. Nach Ablauf des damit verbundenen rechtmäßigen Aufenthaltes von drei Monaten sei sie jedoch ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen, sondern im Bundesgebiet verblieben. Sie behaupte, im August 1995 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt zu haben. Diesbezüglich sei einerseits zu bemerken, dass die Stellung eines derartigen Antrages die Bewilligung keinesfalls ersetzen könne, und andererseits, dass die Beschwerdeführerin nach Stellung des Erstantrages im Ausland hätte abwarten müssen, ob ihr tatsächlich eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werde.

Da sie sich seit August 1995 illegal im Bundesgebiet aufhalte, bestehe kein Zweifel, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben seien. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 leg. cit. entgegenstehe.

Was nun die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde dieser Bestimmung anlange, könne sich die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg auf ihre Integration berufen, weil für deren Beurteilung nur der legale Aufenthalt (von drei Monaten) herangezogen werden könne. Auf Grund der Tatsache, dass sich ihre drei Kinder, für die ihr "Ex-Mann" das Sorgerecht habe, im Bundesgebiet aufhielten, sei von einem relevanten Eingriff in ihr Familienleben auszugehen gewesen. Gemäß § 19 FrG sei - möge die Beeinträchtigung des Privat- und/oder Familienlebens durch die Ausweisung noch so intensiv sein - diese Maßnahme zulässig, wenn sie zum Schutz der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Diese Regelungen seien von der Beschwerdeführerin in gravierender Weise missachtet worden. Die durch den beinahe zweijährigen illegalen Aufenthalt bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet. Deren Fehlverhalten laufe den im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) jedenfalls gravierend zuwider. Ohne Zweifel überwiege das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Ausreise ihre gegenläufigen privaten Interessen. Bekräftigt werde dieses Abwägungsergebnis durch den Umstand, dass die Beschwerdeführerin rechtens nicht in der Lage sei, ihren Aufenthalt in Österreich von hier aus zu legalisieren.

Dem in der Berufung erhobenen Vorwurf, dass sie durch die Ausweisung an der Ausübung ihrer Besuchsrechte gehindert wäre, sei entgegenzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerin für Besuchszwecke um einen Touristensichtvermerk hätte bemühen können oder - falls sie einen längeren Aufenthalt im Bundesgebiet anstrebe - die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Ausland hätte abwarten müssen.

Somit sei ihre Ausweisung im Grunde des § 19 leg. cit. zu Recht verfügt worden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 30. September 1997, B 2053/97). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird unter Geltendmachung inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete einen Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zunächst ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Bescheid nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen kein Bescheid zu Grunde liegt, mit dem die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt oder mit dem der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde. Die Übergangsbestimmung des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, kommt daher vorliegend nicht zum Tragen.

2. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen der belangten Behörde, dass die Beschwerdeführerin über keine Bewilligung nach dem AufG verfüge, sodass sie sich seit Ablauf von drei Monaten nach ihrer sichtvermerksfreien Einreise am 18. Mai 1995, somit seit (19.) August 1995, hier unrechtmäßig aufhalte.

Vor diesem Hintergrund begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG erfüllt sei, keinem Einwand.

3.1. Die Beschwerde bringt indes vor, dass die Beschwerdeführerin fast täglich mit ihren drei minderjährigen Kindern, die bei ihrem geschiedenen Ehegatten in Wien wohnten, beisammen sei, ihr Unterhalt u.a. von ihren ebenso in Wien lebenden Cousinen aufgebracht werde und sie den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet anstrebe, um mit ihren Kindern zusammenleben zu können. Im Fall ihrer Ausweisung hätte sie keine konkrete Aussicht, ihre Kinder, hinsichtlich deren sie ein Besuchsrecht habe, in angemessener Zeit wieder zu sehen, weil die Beschaffung eines Touristensichtvermerkes für sie schwierig bis unmöglich sei. Die Abwägung nach § 19 FrG hätte daher zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen.

3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Unter der - im Hinblick auf den Aufenthalt der Kinder der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet - zutreffenden Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriffs im Sinn des § 19 FrG hat die belangte Behörde ebenso zutreffend darauf hingewiesen, dass der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 95/18/1365, mwN). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat die Beschwerdeführerin durch ihren unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von rund 20 Monaten erheblich beeinträchtigt. Die ins Treffen geführten persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin vermögen das besagte öffentliche Interesse an ihrer Ausweisung nicht zu überwiegen. Dem Beschwerdeeinwand, dass die Beschwerdeführerin durch die Ausweisung an der Ausübung ihres Rechtes, ihre Kinder zu besuchen, gehindert werde, ist zu erwidern, dass die mit dieser Maßnahme verbundene Situation von ihr im öffentlichen Interesse in Kauf genommen werden muss. Abgesehen davon kann ein (wenn auch eingeschränkter) Kontakt zu diesen dadurch aufrechterhalten werden, dass die Beschwerdeführerin von ihnen im Ausland besucht wird. Auch kann es nicht von vornherein als gesichert angenommen werden, dass ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Visums in jedem Fall abgewiesen werde.

4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997180536.X00

Im RIS seit

21.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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