TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/21 LVwG-AV-1154/001-2017

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Veröffentlicht am 21.11.2017
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Entscheidungsdatum

21.11.2017

Norm

GewO 1994 §13 Abs1 Z1 litb
GewO 1994 §13 Abs1 Z2
GewO 1994 §87 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn PD, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alfred Steinbuch, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 13. Juni 2017, Zl. NKW1-G-00111/001, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Kraftfahrzeugtechnik“, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I.

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II.

und

fasst den Beschluss:

1.   Der Antrag, der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (im Folgenden als Verwaltungsbehörde bezeichnet) vom 13. Juni 2017 zu ZI. NKW1-G-00111/001, wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Kraftfahrzeugtechnik entzogen.

Begründend führte die Behörde aus, dass Herr PD mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 18. Oktober 2016, ZI. ***, wegen gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs.1 Z. 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten (Probezeit von drei Jahren) verurteil worden sei.

Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 16. Dezember 2016,

ZI. NKW1-G-00111/001 sei der nunmehrige Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Entzug der Gewerbeberechtigung beabsichtigt sei und er sich dazu innerhalb von vier Wochen äußern könne.

Mit Schreiben vom 18. Jänner 2017 wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers vorgebracht, dass der Beschwerdeführer seit mehr als einem Jahrzehnt das betreffende Gewerbe ausübe und sich nie das Geringste zu Schulden kommen ließe. Die der Verurteilung zugrundeliegende Tat sei in Ausübung der Tätigkeit „Handelsgewerbe“ gesetzt worden und lägen diesbezüglich Entziehungsgründe vor. Vorbeugend habe er die Gewerbeberechtigung des Handels- und Handelsagentengewerbes zurückgelegt. Das Gewerbe der Kraftfahrzeugtechnik übe er aus, ohne dass es bisher zu Kundenbeschwerden, welcher Art auch immer gekommen sei. Er verrechne angemessene Preise und übe dieses Gewerbe so aus, dass es zu keinerlei Beschwerden komme. Der nunmehrige Rechtsmittelwerber habe eine Betriebsliegenschaft angeschafft und übe auf dieser sein Gewerbe aus, es seien sämtliche Auflagen der Behörde eingehalten worden und dies solle auch so bleiben. Mit den Nachbarn gäbe es ebenfalls keine Probleme. Zusammenfassend wird ausgeführt, dass aufgrund der durch das Strafgericht erstellten Günstigkeitsprognose und seinem bisherigen Vorleben bei Ausübung des gegenständlichen Gewerbes nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer eine vergleichsweise Straftat wie die, für die er verurteilt wurde, bei Ausübung des gegenständlichen Gewerbes begehen werde.

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich habe mit Stellungnahme vom 27. Dezember 2016 keine Einwände erhoben.

Die Wirtschaftskammer Niederösterreich habe keine Stellungnahme abgegeben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 13. Juni 2017,

ZI. NKW1-G-00111/001 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik entzogen und ergänzend ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerber bewusst und gezielt die ihm zum Verkauf überlassenen Fahrzeuge manipuliert und Privaturkunden verfälscht habe, um sich durch die damit bewirkte Täuschung seiner Kunden gezielt zu bereichern. Diese Vorgangsweise sei auch im Bereich der Ausübung des Kraftfahrzeugtechnikgewerbes möglich. Diesbezüglich sei es möglich die Kunden über den Wert der tatsächlichen Leistungen und der eingebauten Ersatzteile zu täuschen. Es bestehe nach der Eigenart der strafbaren Handlung sehr wohl auch die Möglichkeit, dass gleiche oder ähnliche Straftaten bei Ausübung des Gewerbes der Kraftfahrzeugtechnik zu begehen.

Überdies setzten die gezielten Manipulationen und Verfälschungen ein bewusstes und geplantes Vorgehen voraus und zeigten ein hohes Maß an krimineller Energie. Es habe sich bei diesem Vorfall auch nicht um einen Einzelfall gehandelt, sondern hätte es vielfache Angriffe über einen längeren Zeitraum hinweg gegeben. Deshalb reiche die bisherige Unbescholtenheit nicht aus, um bei der Abwägung der Umstände davon auszugehen, dass es sich dabei um eine Einzeltat gehandelt hätte. In Wirklichkeit spreche die hohe kriminelle Energie dafür, dass sehr wohl ein erhebliches Risiko bestünde, dass der Rechtsmittelwerber bei Ausübung des Gewerbes der Kraftfahrzeugtechnik wieder eine gleiche oder ähnliche Straftat beginge.

Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsmittelwerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde und brachte vor, dass die Verwaltungsbehörde in ihrer Entscheidung dem Umstand, dass dem Beschwerdeführer die zehnmonatige Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei, keinerlei Bedeutung beigemessen habe.

Des Weiteren hätte die Verwaltungsbehörde bei der Untersuchung des Charakterbildes des Rechtsmittelwerbers und der notwendigen Erstellung der Zukunftsprognose, die Tatsachen, dass der Beschwerdeführer bislang unbescholten war, dessen geständige Verantwortung und die erfolgte Schadenswiedergutmachung in ihre Bewertung einbeziehen müssen.

Überdies hätte die Verwaltungsbehörde die Anwendbarkeit des § 87 Abs. 3 GewO nicht überprüft, nach dem die Möglichkeit bestanden hätte, die Gewerbeberechtigung auch nur für eine bestimmte Zeit zu entziehen, wenn nach den Umständen erwartet werden konnte, diese Maßnahme reiche aus, um ein zukünftiges einwandfreies Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern. Dies wäre im Verfahren zu überprüfen gewesen und hätte die Verwaltungsbehörde in ihrer Entscheidung die Reue des Beschwerdeführers, sein Wohlverhalten seit der Verurteilung, die Unbescholtenheit vor der Tat sowie die Schadenswiedergutmachung mitzuberücksichtigen gehabt.

Wenn die Verwaltungsbehörde schon den Ausführungen des Strafgerichtes nicht gefolgt sei, so hätte sie zumindest zum gelinderen Mittel zu greifen.

Schließlich sei der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Handels- und Handelsagentengewerbe (aus dem die strafgerichtliche Verurteilung resultierte) zurückgelegt habe, außer Acht gelassen worden und seien deshalb die Ausführungen der Verwaltungsbehörde nicht ausreichend nachvollziehbar.

Zusammenfassend sei aus all diesen Gründen der Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet und der Rechtsmittelwerber in seinem gesetzlich gewährleisteten subjektiven öffentlichen Recht auf Unterlassung des Entzuges des Gewerbescheins bzw. seinem Grundrecht auf Erwerbsfreiheit verletzt.

In der Beschwerde wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sowie die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides bzw. dessen Aufhebung und Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde beantragt.

Aufgrund der am 07. November 2017 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, in welcher der Beschwerdeführer persönlich einvernommen wurde und an der kein Vertreter der Verwaltungsbehörde teilgenommen hat, steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer übt das gegenständliche Gewerbe, eingetragen zur

GISA-ZI. 13769055, seit ca. 17 Jahren aus. Er ist gelernter Mechaniker und bestehen seine derzeitigen Aufgaben im Service und der Reparatur an Autos. Im Betrieb beschäftigt er einen Mitarbeiter mit 20 Stunden.

Mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 18. Oktober 2016, Zl. ***, rechtskräftig seit 22. Oktober 2016, wurde der Beschwerdeführer wegen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB zu einer unter einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer über einen längeren Tatzeitraum, von 2009 bis 2012 (letzte Tat: 30. Juni 2012) in 15 Fällen die Kilometerzähler von ihm zum Verkauf überlassenen Fahrzeugen manipulierte und Servicehefte verfälschte, um so Kunden des Beschwerdeführers über den wahren Wert der verkauften Fahrzeuge zu täuschen und dadurch einen höheren Kaufpreis zu lukrieren. Der Beschwerdeführer hat diesen schweren Betrug in der Absicht begangen, sich durch dessen wiederkehrende Begehung ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen.

Das Strafgericht wertete mildern den bisher ordentlichen Lebenswandel, das reumütige Geständnis und die teilweise Schadenswiedergutmachung und das Wohlverhalten seit der Tat. Als straferschwerend wurden der längere Tatzeitraum und die mehrfachen Betrugshandlungen gewertet.

Als Motiv für die strafbaren Handlungen gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung an, dass er zu Beginn für den Erstangeklagten ein Gefälligkeitsgutachten machte und dann in der Folge in die „Sache“ hineinschlitterte.

Bereits bis zur Gerichtsverhandlung hat der Beschwerdeführer bei den Betroffenen den entstandenen finanziellen Schaden wiedergutgemacht.

Das technische Gerät, mit welchem er die Kilometerstände zurückgedreht hat, entsorgte der Beschwerdeführer freiwillig. Die Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers für das Gewerbe „Handels- und Handelsagentengewerbe“, welches für die strafbaren Handlungen miteinbezogen wurde, legte er freiwillig zurück. Das zurückgelegte Gewerbe wurde mit 10. Jänner 2017 gelöscht.

Im Rahmen der Ausübung des Gewerbes gab es zu keiner Zeit Probleme mit Kunden oder Behörden.

Der Beschwerdeführer betreut hauptsächlich Stammkunden, worunter auch Kunden aus dem Polizeibereich sind.

Der Beschwerdeführer zeigt sich in der Verhandlung schuldeinsichtig und bedauert seine Handlungen.

Die getroffenen Feststelllungen ergeben sich aufgrund folgender Beweiswürdigung:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt zur ZI. NKW1-G-00111/00.

Die Feststellungen zu den Umständen und das Ausmaß der ausschlussbegründenden Verurteilung ergeben sich aus dem Strafregister sowie aus dem, dem Verwaltungsakt inne liegendem Urteil des Landesgerichtes *** vom 18. Oktober 2016, Zl. ***. Diese Feststellungen wurden darüber hinaus vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die Feststellungen zur konkreten Gewerbeausübung ergeben sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Auch seine Schuldeinsichtigkeit und Reue konnte der

Beschwerdeführer in der Verhandlung glaubhaft darlegen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt rechtlich wie folgt:

Folgende Bestimmungen kommen im gegenständlichen Fall zur Anwendung.

§ 13 Abs. 1 GewO lautet:

„Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

         1.       von einem Gericht verurteilt worden sind

         a)       wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder

         b)       wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

         2.       die Verurteilung nicht getilgt ist.

Von der Ausübung eines Gastgewerbes sind natürliche Personen ausgeschlossen, wenn gegen sie eine nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen Übertretung der §§ 28 bis 31a des Suchtmittelgesetzes, BGBl. I Nr. 112/1997, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Bei Verhängung einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe sind Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zusammenzuzählen. Dabei ist ein Monat dreißig Tagen gleichzuhalten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch, wenn mit den angeführten Ausschlussgründen vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.“

(1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie

§ 87 Abs. 1 Z. 1 GewO lautet:

„Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn

         1.       auf den Gewerbeinhaber die Ausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder

…“

Erwägungen:

Bei der mit Urteil des Landesgerichtes *** vom 18. Oktober 2016, rechtskräftig seit 22. Oktober 2016, ZI. *** verhängten, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 10 Monaten (Probezeit drei Jahre) wegen des Verbrechens der §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB, handelt es sich um eine einschlägige Strafe iSd § 13 Abs. 1 Z 1 lit.b GewO 1994, da diese das Erfordernis einer mehr als dreimonatigen Freiheitsstrafe erfüllt. Diese Strafe ist zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht nicht getilgt, womit auch das Tatbestandsmerkmal der Z. 2 des § 13 Abs. 1 GewO 1994 gegeben ist.

Unter dem Aspekt der Eigenart der strafbaren Handlung ist zunächst die Eignung des in Rede stehenden Gewerbes für die Begehung einer gleichen oder ähnlichen

(d.h. gegen die gleichen Rechtsgüter) gerichteter Straftaten zu bewerten (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 29. April 2014, 2013/04/0026 u.a.). Bei dieser Bewertung kommt es nicht darauf an, ob das Gewerbe „klassisch“ für die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten geeignet ist oder eine erhöhte Gefahrensituation aufweist. Umso deutlicher zeigt sich die Eignung jedoch, wenn der Verstoß tatsächlich im Zusammenhang mit der Ausübung eines einschlägigen oder ähnlichen Gewerbes gestanden ist.

Das gegenständliche Gewerbe „Kraftfahrzeugtechnik“ ist jedenfalls geeignet, ähnliche Straftaten zu begehen. Ist doch Gegenstand dieses Gewerbes die Ausübung von Wartungs- und Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen sowie die Durchführung von gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Services.

Bei der Beurteilung, ob gemäß § 87 Abs. 1 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung zu entziehen ist, muss die Behörde beurteilen, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist (vgl. VwGH vom 25. März 2010, 2009/04/0192).

Das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt, und allenfalls darüber hinaus zeigt sich insbesondere auch in den Umständen seiner Straftaten, zu berücksichtigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa auch ein auffällig sorgloses Vorgehen, das Tatmotiv, ein langer Tatzeitraum oder die Höhe eines Schadenbetrages (VwGH vom 11. November 1998, 97/04/0167). Aufgrund der Rechtskraft der Verurteilung hat die Behörde zwingend davon auszugehen, dass der Verurteilte die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Strafurteiles rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. VwGH vom 26. April 2016, Ra 2016/03/0009). Insgesamt können sich die Persönlichkeit des Täters und die in § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 genannte Befürchtung bereits in der Art der strafgerichtlichen Verurteilung manifestieren (vgl. VwGH vom 9. September 2015, Ro 2014/04/0012).

Die gegenständliche strafbare Handlung wurde vom Beschwerdeführer in einem Alter begangen, in welchem die Charakterbildung eines Menschen längst abgeschlossen ist. Wie der Beschwerdeführer auch in seiner Einvernahme durch das erkennende Gericht ausführte, sei er in die Sache durch ein Gefälligkeitsersuchen hineingeschlittert. Ein mit rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch würde ein solches Gefälligkeitsersuchen abweisen und das Verhalten des Erstangeklagten zur Anzeige bringen, hier hat sich der Rechtsmittelwerber für einen anderen, illegalen Weg entschieden. Ob er dies aufgrund finanzieller Schwierigkeiten oder nicht beging, blieb auch auf Nachfrage des erkennenden Gerichts unklar (vgl. VwGH vom

09. September 1998, 98/04/0117).

Bei der gewerberechtlichen Prognoseentscheidung sind auch alle äußeren Umstände zu berücksichtigen, die auf die Persönlichkeitsentwicklung der betroffenen Person, sei es im positiven oder negativen Sinn, von Einfluss sein können. Diese sind mit der Eigenart und Schwere begangener Straftaten sowie stets im Hinblick auf die Frage abzuwägen, ob mit begründeter Wahrscheinlichkeit noch die Befürchtung besteht, dass der Gewerbeinhaber bei der weiteren Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Ein wesentliches Kriterium ist hier das weitere Wohlverhalten, wobei die Rechtsprechung auf den Tatzeitraum der letzten Tathandlung gelegentlich auch auf den Zeitraum seit der Verurteilung abstellt (vgl. VwGH 18. Mai 2016, Ra 2016/04/0046). Auch das Verhalten des Täters im gerichtlichen Strafverfahren kann hier – im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die Schuldeinsichtigkeit – von Bedeutung sein. Allgemein kommt bei der Erteilung einer Zukunftsprognose der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von der betreffenden Person im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu.

Im vorliegenden Fall liegt das Ende des Tatzeitraumes etwa fünfeinhalb Jahre zurück, seit der erstinstanzlichen bzw. rechtskräftigen Verurteilung allerdings nur ein Jahr und ein Monat. Vergleichsweise zu bemerken ist, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dem Wohlverhalten des Täters in Zeiten, in denen er sich nicht frei von Strafverfolgung glauben kann, keine oder nur geringe Bedeutung zukommt. Dies betrifft vor allem Zeiträume, in denen noch immer ein Strafverfahren oder ein sonstiges, eigene Interessen betreffendes Verfahren – so etwa – ein Verfahren über die Entziehung einer Berechtigung anhängig ist (vgl. OGH 25. August 1993, 13os83/939).

Der den Straftaten vorangegangene ordentliche Lebenswandel des Beschwerdeführers kann in Anbetracht der übrigen Umstände nicht für eine günstige Zukunftsprognose ausschlaggebend sein. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer in die dem Verfahren zugrunde liegende Straftaten „hineingeschlittert“ ist.

Obwohl der Beschwerdeführer bis zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung unbescholten war und sich seit dieser wohl verhalten hat, ist daher im gegenständlichen Fall die Befürchtung – vor allem im Hinblick auf die enge Verbundenheit seiner Gewerbe und dem sehr kurzen Zeitraum seit seiner Verurteilung – er werde gleiche oder ähnliche Straftaten begehen, gegeben (vgl. VwGH vom 11. November 1998, 97/04/0167; ähnlich VwGH vom 08. Mai 2002, 2001/04/0043).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz; vielmehr hat die Gewerbebehörde eigenständig unter Berücksichtigung der mit der Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung im Zusammenhang stehenden Umstände eine Prognose zu erstellen.

Jedoch können die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht gänzlich außer Betracht bleiben, sondern es bedarf bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen der Entziehung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 gegeben sind (vgl. VwGH vom 11. Dezember 2013, 2013/04/0151).

„Besondere Umstände“, welche im Sinn der Rechtsprechung eine nähere Erörterung der bedingten Strafnachsicht im Hinblick auf das bei der Gewerbeausübung zu erwartende Verhalten erfordern würden, hat der Beschwerdeführer weder durch sein Vorbringen aufgezeigt noch sind solche nach der Aktenlage indiziert.

Für die bedingte Strafnachsicht des Landesgerichtes Wr. Neustadt, ZI. 37 Hv 9/16d, waren der bisher ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und das Wohlverhalten seit der Tat ausschlaggebend. Die Gewerbeausübung des Beschwerdeführers wurde vom Strafgericht in diesem Zusammenhang nicht näher thematisiert.

Das erkennende Gericht ist daher der Ansicht, dass aufgrund seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugtechniker die Befürchtung der Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes aufrecht bleibt. Die Argumente des Beschwerdeführers, dass die Befürchtung nicht bestehe, weil das mit der strafbaren Handlung ausgeübte Gewerbe freiwillig zurückgelegt wurde, teilt das erkennende Gericht nicht, denn gerade als Kraftfahrzeugtechniker ist es dem Beschwerdeführer jederzeit und überall möglich, ähnliche oder sogar gleiche Straftaten zu begehen. Es kann somit die Befürchtung, der Beschwerdeführer könnte die Tat, für die er auch strafgerichtlich belangt wurde oder eine ähnliche Tat, wiederholen, nicht ausgeschlossen werden.

Aufgrund der getroffenen Feststellungen ist im gegenständlichen Fall – trotz der schuldeinsichtigen Verantwortung des Beschwerdeführers in der Verhandlung – der seit den begangenen Straften bzw. seit Ende des Tatzeitraumes als auch der Verurteilung vergangenen Wohlverhaltenszeitraum im Verhältnis zur Eigenart und Schwere der begangenen Straftaten noch zu kurz, um eine nachhaltige Änderung des dadurch manifestierten Persönlichkeitsbildes anzunehmen.

Die von der Verwaltungsbehörde zu treffende Entscheidung, liegt nicht in ihrem Ermessen. Sie kann somit nicht Milde walten lassen oder Gnade gewähren. Deshalb sind auch Umstände, wie Schadenswiedergutmachung, inzwischen verstrichener Zeitraum oder auch der Verlust der Existenzgrundlage, für die Beurteilung irrelevant (vgl. VwGH vom 29. April 2014, 2013/04/0026; Hanusch, Kommentar zur GewO (April 2013), § 87, RZ 7).

Im Zusammenhang damit geht auch das Argument des Beschwerdeführers, die angestrebte Entziehung würde seine wirtschaftliche Existenz gefährden ins Leere, stellt doch der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich in zahlreichen Erkenntnissen fest, dass weder die Ursachen für die zur Verurteilung führenden Straftat noch die wirtschaftlichen Folgen der Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Verurteilten für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit nach § 87 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1

GewO 1994 maßgeblich sind (vgl. VwGH vom 17. September 2010, 2008/04/0144)

Betreffend die vom Beschwerdeführer ins Treffen gebrachte Möglichkeit, die Gewerbeberechtigung nur für einen bestimmten Zeitraum zu entziehen, ist auszuführen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine befristete Entziehung nur dann in Betracht kommt, wenn besondere Gründe gegeben sind, die erwarten lassen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres Verhalten des Gewerbetreibenden zu sichern (vgl. VwGH vom 25. März 2014, 2013/04/0077). Gegenständlich sind weder solche Umstände/Gründe im Verfahren aufgetaucht noch solche vom Beschwerdeführer aufgezeigt worden, aus welchen sich eine befristete Entziehung rechtfertigen würde.

Auch besteht keine Verpflichtung der Behörde, die Gewerbeberechtigung lediglich befristet bis zum Ablauf der Probezeit im Strafverfahren bzw. bis zum Ablauf der Tilgungsfrist zu entziehen. Die Behörde hat vielmehr selbstständig nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob eine befristete Entziehung ausreicht. Aufgrund der getroffenen Feststellungen liegen die Voraussetzungen für eine befristete Entziehung nicht vor.

Betreffend die Zurückweisung des Antrages auf aufschiebende Wirkung ist auszuführen, dass einer Beschwerde grundsätzlich die aufschiebende Wirkung zukommt, es sei denn die Behörde schließt die aufschiebende Wirkung in ihrem Bescheid aus, was gegenständlich nicht der Fall war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen.

Schlagworte

Berufsrecht; Gewerbeberechtigung; Entziehung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.AV.1154.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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