TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/30 LVwG-S-922/001-2017

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Entscheidungsdatum

30.11.2017

Norm

ASVG §33 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin
HR Dr. Grassinger über die Beschwerde des Finanzamtes ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 21. März 2017, Zl. PLS2-V-17 17499, mit welchem das zu dieser Zahl eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren betreffend Herrn MD, geboren ***, ***, ***, Tschechische Republik (wegen Anlastung der Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes -ASVG) eingestellt worden ist, erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 21. März 2017,
Zl. PLS2-V-17 17499, wird dahingehend abgeändert, dass gegenüber Herrn MD, geboren ***, folgende Entscheidung ergeht:

„Straferkenntnis

Herr MD, geb. ***, hat es als das gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) zur Vertretung nach außen berufene Organ in seiner Funktion als individual managing director der UG s.r.o., mit dem Sitz in der Slowakischen Republik, ***, ***, ***, und somit als Dienstgeber, zu verantworten, dass dieses Unternehmen die Dienstnehmerin NDe, geb. ***, seit dem 01.02.2017,
10:00 Uhr (Arbeitsantritt), bis zum 15.02.2017, 10:12 Uhr (wöchentlich 3 bis 4 Tage, jeweils von 10:00 Uhr bis ca. 22:00 Uhr), als Angestellte (ausgeübte Tätigkeit: Service, Putzen und Sportwetten-Auszahlen) im Lokal „***“ in

***, ***, beschäftigt hat, ohne diese Dienstnehmerin als in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger,

NÖ Gebietskrankenkasse, ***, ***, angemeldet zu haben.

Es erfolgte auch keine schrittweise Meldung gemäß § 33 Abs. 1 ASVG (Meldung von Dienstgeberkontonummer, Name und Versicherungsnummer bzw. Geburtsdatum sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt und Meldung der noch fehlenden Daten innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung).

Herr MD, geb. ***, hat daher entgegen § 33 Abs. 1 und 1a ASVG die Anmeldung zur Pflichtversicherung für die oben angeführte Dienstnehmerin für den bezeichneten Arbeitszeitraum nicht vor dem oben bezeichneten Arbeitsantritt erstattet.

Übertretungsnorm:

§ 111 Abs.1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) iVm § 33 Abs. 1 und Abs. 1a ASVG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Herrn MD, geb. ***, gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG (Strafnorm) folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in der Höhe von             für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 1.500,--    220 Stunden

Herr MD, geb. ***, hat den Strafbetrag innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu bezahlen. Bei Zahlungsverzug fallen Mahngebühren in der Höhe von € 5,-- an, der Betrag kann durch die Bezirksverwaltungsbehörde zwangsweise eingetrieben werden. Im Fall der Uneinbringlichkeit des Strafbetrages kann durch die Behörde die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt werden.“

Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm

Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 21. März 2017,
Zl. PLS2-V-17 17499, wurde seitens der Behörde von der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens zur Zl. PLS2-V-17 17499, in welchem Herrn MD, geb. ***, wohnhaft in der Tschechischen Republik, ***, ***, vorgeworfen wurde, er hätte es als das gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991 zur Vertretung nach außen berufene Organ in seiner Funktion als individual managing director der UG s.r.o., mit Sitz in der Slowakischen Republik, *** – ***, ***, und somit als Dienstgeber, zu verantworten, dass er die Dienstnehmerin NDe, geb. ***, seit dem 01.02.2017, um 10:00 Uhr (Arbeitsantritt) bis zum 15.02.2017, um 10:12 Uhr (wöchentlich 3 bis 4 Tage, von 10:00 Uhr bis ca. 22:00 Uhr), als Angestellte (ausgeübte Tätigkeit: Service, Putzen und Sportwetten- Auszahlen) im Lokal „***“ in ***, ***, beschäftigt hätte, ohne diese Dienstnehmerin als in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger, NÖ Gebietskrankenkasse, ***,

***, anzumelden und er hätte dadurch eine Übertretung des § 111 Abs.1 Z 1 iVm § 33 Abs.1 und Abs.1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) begangen, gemäß § 45 Abs.1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) abgesehen und die Einstellung dieses Verfahrens verfügt.

Begründend verwies die Behörde unter Hinweis auf den Sachverhalt darauf, dass die ungarische Staatsangehörige, Frau NDe, geb. ***, anlässlich der durch die Finanzpolizei, Team ***, am 15.02.2017, um 10.12 Uhr, im Lokal

„***“ in ***, ***, angetroffen worden sei, laut Unternehmensregisterabfrage sich der Sitz der UG s.r.o. jedoch in der Slowakischen Republik, ***, ***, ***, befinde, weshalb, da nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar seien, von der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen sei.

In der gegen diesen Bescheid durch das Finanzamt ***, ***, ***, als Partei im Verfahren erhobenen Beschwerde wurde von der Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen darauf verwiesen, dass die UG s.r.o. laut Mietvertrag vom 01.02.2017 Mieterin von zwei Geschäftslokalen in ***, ***, sei und dass an diesem Standort ein Wettbüro betrieben werde. Die bei Tätigkeiten in den Betriebsräumlichkeiten angetroffene Arbeitnehmerin NDe habe im Zuge deren niederschriftlicher Befragung angegeben, dass sie für die UG s.r.o. seit 01.02.2017 wöchentlich drei bis vier Tage, von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr (Service- sowie Reinigungstätigkeiten) arbeite.

Bei Sachverhalten, welche einen Auslandsbezug beinhalteten, komme grundsätzlich das Territorialitätsprinzip zur Anwendung. Das bedeute konkret, dass immer das nationale Sozialversicherungsrecht jenes Staates zu beachten sei, in dessen Hoheitsgebiet die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt werde. Der Wohnsitz des Beschäftigten bzw. der Unternehmenssitz sowie die Staatsangehörigkeit der jeweiligen Person seien für das Territorialitätsprinzip grundsätzlich nicht von Bedeutung.

Die Rechtsmittelwerberin verwies auf die Ausführungen in Müller; Spiegel in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Kommentar § 3 ASVG, Rz 10, wonach das Beschäftigungsverhältnis der unselbstständig Erwerbstätigen (zu denen jedenfalls die Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 2 zähle), deren Beschäftigungsort im Inland gelegen sei, unabhängig von einem allfälligen Bedürfnis nach ihrer sozialrechtlichen Absicherung grundsätzlich dem ASVG unterliege. Die davon betroffenen Personen (nämlich der unselbständig Erwerbstätige und sein Dienstgeber iSd § 35) würden dadurch den durch das ASVG normierten Regeln über das Versicherung-, Beitrags- und Leistungsverhältnis unterworfen.

Mit der Frage, wann eine Betriebsstätte im Sinne des ASVG vorliege, habe sich bereits der VwGH auseinandergesetzt. Die Einschreiterin verwies auf die einschlägige Judikatur (VwGH 04.07.1989, 87/08/0042) und darauf, dass die Räumlichkeiten in ***, ***, nach Ansicht der Finanzbehörde daher als Betriebsstätte im Sinne des ASVG anzusehen seien.

Die Einschreiterin verwies weiters auf die höchstgerichtliche Judikatur zur

Zl. 2012/08/0182 vom 14.11.2012 und darauf, dass im Fall eines Dienstgebers mit einem gesellschaftsrechtlichen Sitz im Ausland, wie im gegenständlichen Fall, man davon ausgehen könne, dass mit der Begründung einer Betriebsstätte im Inland auch de facto ein Sitz des Betriebes des Dienstgebers im Sinne des § 111 Abs. 5 ASVG im Inland begründet werde.

Die Einschreiterin führte aus, dass, da die strafbare Verwaltungsübertretung im Inland begangen worden sei und auch der Tatort im Inland liege, die verfügte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch die belangte Behörde mit Rechtswidrigkeit belastet sei.

Die Einschreiterin beantragte, dass Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge den angefochtenen Bescheid aufheben und allenfalls nach Verfahrensergänzung über den Beschuldigten wegen der entgegen den Bestimmungen des ASVG erfolgten Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Arbeitnehmerin eine schuldangemessene Strafe verhängen.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierzu in Entsprechung des

§ 44 Abs. 1 VwGVG eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. In dieser Beschwerdeverhandlung wurden anhand des Aktes der Behörde, Zl. PLS2-V-17 17499, auf dessen Verlesung der anwesende Vertreter der Rechtsmittelwerberin verzichtete, Beweis erhoben. Beweis wurde weiters erhoben durch die Einvernahme der Zeugin NDe unter Beiziehung einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin für die ungarische Sprache.

Der Beschuldigte, der nachweislich den Beschwerdeschriftsatz der Einschreiterin im Wege des Parteiengehörs durch das erkennende Gericht zugestellt erhalten hatte und weiters mit internationalem Rückschein eigenhändig an der letzten bekannten Zustelladresse im Ausland zur Teilnahme an der Verhandlung eingeladen wurde, hat an der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung ohne Angabe von Gründen nicht teilgenommen.

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens hatte das erkennende Gericht von folgendem, als feststehend anzusehenden Sachverhalt auszugehen:

Anlässlich einer von der Finanzpolizei, Team ***, in Vertretung der Finanzbehörde Finanzamt *** am 15.02.2017, um 10.12 Uhr, durchgeführten Kontrolle u.a. der Einhaltung der Bestimmungen nach dem ASVG, wurde die Arbeitnehmerin NDe, geb. ***, ungarische Staatsangehörige, arbeitend in den Räumlichkeiten des Lokales „***“ in ***, ***, angetroffen.

Frau NDe, welche zu diesem Zeitpunkt von dem vom Beschwerdeführer nach außen zu vertretenden Unternehmen nicht vor dem Arbeitsantritt als in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet worden war, hat in der Zeit vom 01.02.2017, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 15.02.2017, im gegenständlichen Lokal wöchentlich drei bis vier Tage, jeweils von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr, im Auftrag und auf Rechnung der UG s.r.o. gearbeitet, wofür diese Dienstnehmerin vom bezeichneten Unternehmen monatlich einen Betrag in der Höhe von € 1.160,-- in bar ausbezahlt erhielt.

Frau NDe hat bis 31.08.2017 im gegenständlichen Standort für dieses Unternehmen gearbeitet.

Inhaber und Betreiber des Bezug habenden Lokals *** in ***, ***, war zum angelasteten Tatzeitraum die UG s.r.o. mit dem Sitz in der Slowakischen Republik, ***, ***, ***.

Das nach außen vertretungsbefugte Organ dieses Unternehmens, weil Geschäftsführer, war zum angelasteten Tatzeitpunkt der Beschuldigte MD, geb. ***.

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers ergab sich aus dem Auszug aus dem Handelsregister des Bezirksgerichtes *** betreffend die UG s.r.o., Eintragungsnummer: ***.

Der Umstand, dass die UG s.r.o. im angelasteten Tatzeitraum im Standort ***, ***, eine Betriebsstätte hatte, in welcher die Zeugin NDe als Dienstnehmerin beschäftigt war, ergab sich zweifelsfrei aus der Aussage der in der Beschwerdeverhandlung vernommenen Zeugin NDe (unter Beiziehung einer gerichtlich beeideten Dolmetscherin für die ungarische Sprache), ebenso wie aus dem vorliegenden, zwischen Frau RM als Vermieterin und der UG s.r.o. als Mieterin abgeschlossenen Mietvertrag betreffend zwei Geschäftslokale in ***, ***.

Aus dem am 01.02.2017 von Frau RM als Vermieterin unterfertigten und für die UG s.r.o. durch MH seitens der Mieterin UG s.r.o. unterfertigten Mietvertrag ergibt sich zweifelsfrei, dass das Mietverhältnis am 01.02.2017 begann und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde.

Die Zeugin NDe sagte weiters in der Beschwerdeverhandlung glaubwürdig aus, dass sie am 01.02.2017 bei ihrem Lebensgefährten KT nicht mehr beschäftigt war, vielmehr in einem Dienstverhältnis zur UG s.r.o stand, wie sich aus der Aussage dieser Zeugin auch ergab, dass sie von diesem Unternehmen in bar für ihre Dienstleistung ausbezahlt wurde ein monatliches Entgelt in der Höhe von € 1.160,-- erhielt.

In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:

§ 33 Abs.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

§ 33 Abs.1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

§ 111 Abs.1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

§ 111 Abs. 5 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

Die Verwaltungsübertretung gilt als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.

§ 30 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

Beschäftigungsort ist der Ort, an dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Wird eine Beschäftigung abwechselnd an verschiedenen Orten ausgeübt, aber von einer festen Arbeitsstätte aus, so gilt diese als Beschäftigungsort. Wird eine Beschäftigung ohne feste Arbeitsstätte ausgeübt, so gilt der Wohnsitz des Versicherten als Beschäftigungsort. Der Beschäftigungsort von Hausgehilfen, die beim Dienstgeber wohnen, ist der Wohnsitz des Dienstgebers. Hat der Dienstgeber mehrere Wohnsitze, so ist der Wohnsitz maßgebend, an dem der Dienstgeber den überwiegenden Teil des Jahres verbringt.

Im Hinblick auf die höchstgerichtliche Judikatur (VwGH 04.07.1989, 87/08/0042) war zur Frage des Vorliegens einer Betriebsstätte der UG s.r.o. in

***, ***, Lokal „***“ festzustellen, dass für das Unterhalten einer Betriebsstätte (Niederlassung, Geschäftsstelle) im Inland genügt, dass der Dienstgeber, dessen Betrieb seinen Sitz in Ausland hat, im Inland über eine örtliche Einrichtung oder Anlage verfügt, in der nicht nur vorübergehend auf seine Rechnung betriebliche Tätigkeiten verrichtet werden, die seinem inländischen Betrieb dienen. Diese Tätigkeiten müssten der Art nach nicht der Haupttätigkeit des Betriebes entsprechen. Es muss auch weder eine Berechtigung zum Abschluss von Geschäften mit verbindlicher Wirkung im Inland bestehen noch die im Inland entfaltete Tätigkeit einen gewissen Grad an Eigenständigkeit (im Gegensatz zu Hilfstätigkeiten) aufweisen.

Im Hinblick auf das oben wiedergegeben Beweisergebnis hatte das erkennende Gericht davon auszugehen, dass in Bezug auf den gegenständlich angelasteten Beschäftigungsort in ***, ***, eine entsprechende Betriebsstätte der UG s.r.o. gegeben war, in welcher nicht nur vorübergehend und auf Rechnung dieses Unternehmens betriebliche Tätigkeiten verrichtet wurden und in welcher betrieblichen Niederlassung die Dienstnehmerin NDe eindeutig im Auftrag und auf Rechnung der UG s.r.o. als Dienstnehmerin dieses Unternehmens beschäftigt war.

Als Betrieb ist, im Sinne des auch hier heranzuziehenden Betriebsbegriffes nach
§ 34 Arbeitsverfassungsgesetzes, nur eine Arbeitsstätte anzusehen, die ein organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt (VwGH 14.11.2012, 2012/08/0182).

Auf Grund der oben wiedergegebenen Sach- und Rechtslage hatte das erkennende Gericht festzustellen, dass die UG s.r.o. an dem angelasteten Standort in ***, ***, im angelasteten Tatzeitraum eine Betriebsstätte und somit einen Sitz des Betriebes des Dienstgebers im Sinne des

§ 111 Abs. 5 ASVG und des § 34 Arbeitsverfassungsgesetz begründet hatte.

Es war daher davon auszugehen, dass Anknüpfungspunkt für die im gegenständlichen Fall auf Grund der Sach- und Rechtslage zu erfolgen habende verwaltungsstrafrechtliche Ahndung des gegenständlichen Deliktes der im Inland gelegene Tatort in ***, ***, war.

Das somit im Hinblick auf die Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der oben wiedergegebenen einschlägigen Judikatur und der gesetzlichen Grundlagen festzustellen war, dass der Einstellungsbescheid der Behörde unrechtmäßiger Weise erging, hatte das erkennende Gericht spruchgemäß die Abänderung des Bescheides dahingehend vorzunehmen, dass gegenüber dem Beschuldigten MD,

geb. ***, der gegenständliche Strafausspruch laut korrigiertem Spruch zu erfolgen hatte.

Eine Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor der Behörde oder zum Verfahren vor dem erkennenden Gericht hatte im Hinblick darauf, dass die Beschwerde nicht vom Beschuldigten sondern von der weiteren Partei im Verfahren erhoben wurde, nicht zu erfolgen.

Aus den diesem Grund hatte auch nicht eine Vorschreibung der Barauslagen, die im Zusammenhang mit der Beiziehung der nicht amtlichen, allgemein zertifizierten und gerichtlich beeideten Dolmetscherin für die ungarische Sprache angefallen sind, gegenüber dem Beschuldigten zu erfolgen.

Zu der durch das erkennende Gericht festgesetzten Strafe (Strafhöhe) ist festzustellen:

Gemäß § 19 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 111 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sieht für die gegenständliche Ordnungswidrigkeit, die als Verwaltungsübertretung zu bestrafen ist, die Verhängung einer Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen vor, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigem Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Von folgenden eingeschätzten Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers war auszugehen:

Der Beschwerdeführer verfügt über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen in der Höhe von € 2.500,--, hat keine Sorgepflichten und kein nennenswertes Vermögen.

Dem Beschwerdeführer ist zumindest grob fahrlässiges Verhalten anzulasten. Als nach außen vertretungsbefugtem Organ einer juristischen Person sind ihm die Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und ein entsprechend normkonformes Verhalten zuzumuten.

Als erschwerend wurde kein Umstand gewertet.

Als mildernd war (auf Grund des Vorliegens von nicht einschlägigen, rechtskräftigen und im Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung nicht getilgten Vormerkungen) ebenfalls kein Umstand zu werten.

Unter Berücksichtigung des Nichtvorliegens von Milderungsgründen erachtete das erkennende Gericht unter gleichzeitiger Berücksichtigung der dem Beschwerdeführer als nach außen vertretungsbefugtem Organ obliegenden erhöhten Sorgfaltspflicht die Verhängung der spruchgemäß festgesetzten Strafen für erforderlich, um dem Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt der Tat, der in einer Untergrabung des österreichischen Arbeitsmarktes und allgemeiner sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen bestand, vor Augen zu führen und ihn in Hinkunft von der Begehung gleichartiger, auf derselben schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen abhalten und (gerade noch) generalpräventive Wirkung erzeugen zu können.

Auch die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe wurde adäquat zum festgesetzten Strafausmaß festgesetzt und befindet sich im untersten Bereich des gesetzlich möglichen Strafrahmens.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz idF BGBl. I Nr. 33/2013 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Ziffer 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gegenständlich nicht gering war und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten nicht gering waren, kam eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 bzw. die Erteilung einer Ermahnung nicht in Betracht.

Da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwogen haben, kam die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes nicht in Betracht.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Arbeitsrecht; Sozialversicherung; Verwaltungsstrafe; Anmeldung; Betriebsstätte;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.S.922.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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