TE Bvwg Erkenntnis 2018/1/26 W233 2156934-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2018
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Entscheidungsdatum

26.01.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W233 2156934-1/6E

W233 2156953-1/7E

W233 2156948-1/7E

W233 2156939-1/6E

W233 2156943-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. XXXX FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan, 2.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, 3.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, 4.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan und 5.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zahlen: 821647510 – 1581940, (ad 1.), 821647205 – 158982, (ad 2.), 821647401 – 1581966, (ad 3.), 821647303 – 1581974 (ad 4.) und 1070017709 – 150531394 (ad 5.) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14.11.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz werden bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 werden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan abgewiesen.

II. Gemäß § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und 1.) XXXX geboren am XXXX , 2.) XXXX , geboren am XXXX , 3.) XXXX , geboren am

XXXX , 4.) XXXX , geboren XXXX und 5.) XXXX , geboren am XXXX jeweils gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von 12 Monaten erteilt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer (BF 1) ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin (BF 2) und sind beide die Eltern der minderjährigen gemeinsamen Kinder, der Dritt-, des Viert- und der Fünftbeschwerdeführerin (BF 3 bis BF 5). Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Usbekistan. Der Erst-, die Zweit-, die Dritt- und der Viertbeschwerdeführer haben gemeinsam am 01.11.2012 ihr Herkunftsland verlassen und sind schleppergestützt über die Russische Föderation und diverse unbekannte Staaten nach Österreich gereist, wo sie gemeinsam am 12.11.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz stellten.

Die Fünftbeschwerdeführerin wurde am 29.04.2015 im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellt die Zweitbeschwerdeführerin als deren gesetzliche Vertreterin für sie am 15.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Der Erstbeschwerdeführer brachten erstmals am 14.04.2006 beim damaligen Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.05.2006 abgewiesen wurde und der Erstbeschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Usbekistan ausgewiesen wurde. Die dagegen eingebrachte Beschwerde hat der damalige Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 28.01.2011 als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis des Asylgerichtshofs ist mit 11.02.2011 in Rechtskraft erwachsen.

Die Zweitbeschwerdeführerin brachten erstmals am 25.07.2008 beim damaligen Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.11.2008 abgewiesen wurde und die Zweitbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Usbekistan ausgewiesen wurde. Die dagegen eingebrachte Beschwerde hat der damalige Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 28.01.2011 als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis des Asylgerichtshofs ist mit 11.02.2011 in Rechtskraft erwachsen.

1.3. Im Zuge der Erstbefragung über den gegenständlichen Folgeantrag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Niederösterreich am 13.11.2012 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er im Mai 2011 das österreichische Bundesgebiet verlassen und in seinen Herkunftsstaat Usbekistan zurückgekehrt sei und sich dort bis zu seiner neuerlichen Ausreise in Samarkand und in Ravonak aufgehalten habe. Er habe Usbekistan neuerlich verlassen, da ihn die usbekische Polizei oft geschlagen hätte, da er Tadschike sei. Zudem hätten ihm die Polizisten vorgehalten, dass er Usbekistan verraten hätte, da er in Österreich um Asyl angesucht habe. Die Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates hätten sich nicht geändert und sei er nach seiner Rückkehr nach Usbekistan neuerlich wegen seiner Beteiligung an einem "Meeting" in Andischan im Jahre 2005 von der Polizei verhört worden.

Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte im Zuge ihrer Ersteinvernahme am 13.11.2012 zu ihrem Folgeantrag die Angaben des Erstbeschwerdeführers und brachte ergänzend vor, dass auch ihre Kinder in Gefahr wären, diese jedoch keine eigenen Fluchtgründe hätten.

I.4. Im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 19.11.2012 wiederholten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im Wesentlichen ihre bereits in der Ersteinvernahme vorgebrachten Fluchtgründe.

I.5. Mit Schriftsatz vom 26.08.2015 brachten die ersten vier Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z3 3 B-VG ein, die sie allerdings mit Schreiben vom 07.02.2017 wieder zurückzogen.

I.6. In seiner Befragung am 14.01.2016 führte der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl soweit wesentlich aus, dass nach seiner Rückkehr nach Usbekistan im Mai 2011 seine Probleme mit der Polizei von neuem begonnen hätten. Bereits im September 2011 sei die Polizei zu ihm nach Hause gekommen und hätte ihn aufgefordert zur Polizeiinspektion mitzukommen. Dort wäre er eine Woche lang festgehalten und geschlagen worden. Man hätte von ihm wissen wollen, wo er sich nach seiner Ausreise aus Usbekistan aufhalten habe. Ende August 2012 wäre er abermals von der Polizei aufgefordert worden zur Polizeiinspektion zu kommen und wäre er dort bis Ende Oktober 2012 festgehalten und geschlagen worden, da er Tadschike sei. Für ihn wäre es nicht möglich weiterhin in Usbekistan zu leben, da die dortige Polizei wisse, dass er in Österreich einen Asylantrag gestellt habe.

Am 02.03.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer abermals einer Befragung vor dem Bundesamt unterzogen, wo er soweit wesentlich vorbrachte, dass er von seinem Vater in Usbekistan am Telefon erfahren hätte, dass nach wie vor ein Polizeibeamter seine Eltern befragen würde, was er und seine Familie machen. Seine Eltern hätte ihm auch erzählt, dass die Nachbarn, die ebenfalls im Ausland gewesen wären, nun Probleme in Usbekistan hätten. Usbeken, die ins Ausland gereist wären, würden wochenlang in Haft gehalten und einvernommen.

Die Zweitbeschwerdeführerin machte in ihren Einvernahmen vor dem Bundesamt am 14.01.2016 und am 02.03.2017 weitgehend gleichlautende Angaben wie der Erstbeschwerdeführer.

I.7. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Usbekistan zulässig ist und ihnen eine zweiwöchige Frist für ihre freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt III.).

I.8. Gegen diese Bescheide haben die Beschwerdeführer durch ihren gewillkürten Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin bringen sie im Wesentlichen vor, dass bereits der Asylgerichtshof übersehen hätte, dass es durchaus wahrscheinlich sei, dass auch bereits am Vortag der vom Erstbeschwerdeführer als Motiv seiner damaligen Flucht vorgebrachten Ereignisse im Zusammenhang mit einer Demonstration am 13.05.2005, nämlich am 12.05.2005, Schüsse gefallen sein könnten. Der Erstbeschwerdeführer habe bloß um sich zu schützen im Erstverfahren eine falsche Identität genutzt, da auch in Österreich Spitzel für den usbekischen Staat arbeiten würden. Daher hätten diese Angaben nicht als Beleg für die Unglaubwürdigkeit herangezogen werden dürfen.

Nach den negativen Entscheidungen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin seien diese auf Schleichwegen nach Usbekistan in der Hoffnung zurückgekehrt, dass sie nunmehr in Ruhe gelassen werden. Dem sei aber nicht so gewesen, sondern wäre der Erstbeschwerdeführer mehrmals und für mehrere Monate lang inhaftiert und von der Polizei unter Schlägen befragt worden. Die Polizei hätte trotz der vom Erstbeschwerdeführer in Österreich verwendeten Tarnidentität gewusst, dass er sich in Österreich aufgehalten habe.

Die Kinder der Beschwerdeführer hätten in Usbekistan ebenfalls Verfolgung erlitten, weil ihnen der Schulbesuch verunmöglicht worden wäre.

I.9. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch den erkennenden Richter in der gegenständlichen Rechtssache am 14.11.2017 eine öffentlich mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch durchgeführt, zu der die Beschwerdeführer als Parteien persönlich in Begleitung ihres Rechtsvertreters erschienen. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben. Die Verhandlungsschrift wurde der Erstbehörde übermittelt.

Den Beschwerdeführern wurde der bisherige Verfahrensgang und der Akteninhalt erläutert und zur Akteneinsicht angeboten.

Im Zuge dieser richterlichen Befragung gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er mit seiner Frau (der Zweitbeschwerdeführerin) nach seiner Rückkehr nach Usbekistan im Mai 2011 bis zum Schulanfang seiner Kinder im September 2011 ein stabiles Leben geführt hätte. Mit dem Schulbeginn der Kinder hätten ihre Probleme wieder begonnen, da die Mitschüler ihrer Kinder erfahren hätten, dass sie nun wieder in Usbekistan seien. Auch die Polizei hätte erfahren, dass sie wieder in Usbekistan seien. Daraufhin seien Polizisten zu ihnen nach Hause gekommen, da die Eltern jener Schüler, die im Zusammenhang mit den Ereignissen während einer Demonstration im Mai 2005 in Andischan getötet wurden, von der Polizei verlangt hätte, dass er bestraft werde.

Er wäre von der Polizei im Zeitraum 2011 bis 2012 ungefähr 20-mal mitgenommen und bis zu einer Woche lange festgehalten worden. Während seiner Anhaltung wäre er geschlagen worden und hätte nichts zu essen bekommen. Nach seinen Anhaltungen wäre er immer wieder freigelassen worden, weil – so glaube er – sein allgemeiner Zustand schlecht gewesen wäre.

Im Falle seiner Rückkehr fürchte er um sein Leben und jenes seiner Familienmitglieder. Konkret fürchte er, dass er wieder von der Polizei in Usbekistan eingesperrt werden würde. In einem anderen Teil von Usbekistan könne er keine Sicherheit finden, da er in anderen Provinzen von Usbekistan auch nicht in Ruhe gelassen werden würde.

Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers und ergänzte, dass auch sie selbst von der Polizei befragt worden wäre. Man habe sie den ganzen Tag danach befragt, was sie im Ausland gemacht habe und ihr dabei gedroht, dass man sie verhaften werde. Auch die Zweitbeschwerdeführerin verneinte die Möglichkeit in einem anderen Teil von Usbekistan zu leben, da die Polizei vernetzt sei und sie eine "schwarze Liste" führe, worin Personen eingetragen seien, die die Polizei suche.

Mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer vom erkennenden Richter befragt.

Die Drittbeschwerdeführerin führte zu den Fluchtgründen befragt aus, dass sie nicht genau darüber Bescheid wisse, warum ihre Eltern ihren Herkunftsstaat verlassen haben. Als sie aber merkte, dass ihre Mutter die ganze Zeit über weine, hätte sie gewusst, dass etwas nicht stimme. Daneben gab die Drittbeschwerdeführerin zu Protokoll, dass sie in Österreich die fünfte Klasse eines Oberstufenrealgymnasiums besuche.

Der Viertbeschwerdeführer gab an, dass er sich an seinen Aufenthalt in Usbekistan kaum noch erinnern könne. Er wisse noch, dass sein Vater in Usbekistan öfters nicht zu Hause gewesen wäre und er manchmal auch Polizisten zu Hause in Usbekistan gesehen hätte. Zu seiner Schulausbildung befragt, gab er an, dass er die 3. Klasse eines Gymnasiums besuche.

Der Vertreter der Beschwerdeführer gab zu den, den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebrachten, Länderinformationen über Usbekistan zu Protokoll, dass aus einer ACCORD-Anfrage hervorgehe, dass aus dem Westen zurückkehrende Usbeken am Flughafen befragt würden, um ihre Zuverlässigkeit im usbekischen System abzuklären. Zudem verweist der Vertreter auch auf einen BBC-Bericht vom 01.11.2017, der aufzeige, dass im Anschluss an den Anschlag von New York, die Regierung von Usbekistan, Personen, die religiös seien und sich im Ausland eventuell radikalisiert hätten, besonders kontrollieren und befragen würde. Der Bericht der Staatendokumentation würde zeigen, dass solche Befragungen unter Missachtung der Menschenrechte stattfinden würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den beschwerdeführenden Parteien:

Alle Antragsteller sind usbekische Staatsangehörige der tadschikischen Volksgruppe und bekennen sich zum Islam, sunnitischer Glaubensrichtung.

Gründe, die eine Verfolgung der Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen, wurden von ihnen nicht glaubhaft vorgebracht und sind auch im Verfahren nicht hervorgekommen. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer vor ihrer Ausreise aus Usbekistan aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus ihrer politischen Gesinnung verfolgt wurden bzw. im Falle ihrer Rückkehr nach Usbekistan ihnen eine solche Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Usbekistan in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären. Ferner kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr nach Usbekistan in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.

Bei allen fünf Beschwerdeführern liegen keine Hinweise auf eine die Schwelle des Art. 3 EMRK überschreitende ernsthafte physische oder psychische Krankheit vor.

Alle fünf Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin lebten vor ihrer Einreise nach Österreich überwiegend bis zu ihren jeweiligen 37. Lebensjahr (BF 1) bzw. 31. Lebensjahr (BF 2) in Usbekistan und halten sich seit spätestens 06.11.2012 wieder durchgängig im österreichischen Bundesgebiet auf. Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer lebten vor ihrer Einreise nach Österreich bis zu ihrem jeweiligen 11. Lebensjahr (BF 3) bzw. 8. Lebensjahr (BF 4) in Usbekistan und halten sich seit spätestens 12.11.2012 durchgängig im österreichischen Bundesgebiet auf. Die vorhin Genannten sind seit 06.11.2012 in ihrer Wohnsitzgemeinde XXXX polizeilich gemeldet. Die Fünftbeschwerdeführerin wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und ist seit ihrer Geburt gemeinsam mit ihren Eltern (BF 1 und BF 2) und ihren Geschwistern (BF 3 und BF 4) an der oben angeführten Adresse gemeldet.

Die Beschwerdeführer haben seit ihres zum Entscheidungszeitpunt rund 5 Jahre und zwei Monate dauernden Aufenthaltes in Österreich engere Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen bzw. einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über einen Gewerbeschein für das Gewerbe "Speisenzubereitung für nicht gastgewerbliche Auftraggeber" und über ein ÖSD Zertifikat über Deutschkenntnisse der Niveaustufe B1. Im zweiten und im dritten Quartal des Kalenderjahres 2015 erzielte der Erstbeschwerdeführer mit seiner selbstständigen Tätigkeit ein Einkommen, welches die monatliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG erreichte. Nicht festgestellt werden kann, dass der Erstbeschwerdeführer mit der Ausübung dieses Gewerbes laufend ein Einkommen erzielt, welches die eben genannte Grenze erreicht.

Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt über ein ÖSD Zertifikat über Deutschkenntnisse der Niveaustufe A2.

Die Drittbeschwerdeführerin verfügt über ein Jahreszeugnis über das Schuljahr 2016/17 eines Bundes-Oberstufenrealgymnasiums der 9. Schulstufe, welches sie unter anderem wegen einer nicht genügenden Leistung im Unterrichtsfach "Deutsch" nicht zum Aufsteigen in die sechste Klasse (10. Schulstufe) berechtigt.

Der Viertbeschwerdeführer verfügt über ein Jahreszeugnis über das Schuljahr 2016/17 eines Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums der 6. Schulstufe, welches ihn zum Aufsteigen in die dritte Klasse (7. Schulstufe) berechtigt. Diesem Zeugnis ist zu entnehmen, dass die Leistungen des Viertbeschwerdeführers im Unterrichtsfach "Deutsch" mit Genügend beurteilt worden sind.

Der Erst-, die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin erfüllen nicht die für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß der in § 9 iVm § 11 Integrationsgesetz (IntG) zwingend festgeschriebenen Voraussetzungsmerkmale des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vermochten neben den von ihnen erfüllten Kenntnissen der deutschen Sprache auf dem Niveau A2 Kenntnisse der Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich nicht nachzuweisen. Die Drittbeschwerdeführerin verfügt über keine Nachweise der für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" im Sinne von § 9 iVm § 11 IntG notwendigen formalen Voraussetzungen und hat auch nicht den Nachweis einer positiven Beurteilung im Unterrichtsfach Deutsch im zuletzt ausgestellten Jahreszeugnis der von ihr besuchten Sekundarschule. Allerdings hat die Drittbeschwerdeführerin ausreichende Kenntnisse der Deutschen Sprache im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nachgewiesen.

Der Viertbeschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführer ist auf Dauer unzulässig, da ihnen die Fortführung ihres Privat- und Familienlebens in ihrem Herkunftsstaat Usbekistan nicht zumutbar ist.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Das Bundesverwaltungsgericht trifft folgende entscheidungsrelevanten Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 26.02.2016):

1. Politische Lage

Das Land hat seit Dezember 2004 ein parlamentarisches Zwei-Kammer-System (Unterhaus sowie Senat). Die im Unterhaus (Oliy Majlis) vertretenen vier Parteien sind allesamt regierungsnah. Die Parlamentswahlen fanden am 21. Dezember 2014 (Stichwahl 05.01.2015) statt. Andere als die vier bisher im Parlament vertretenen Systemparteien durften nicht antreten; die Umweltbewegung besetzt gemäß Verfassung 15 Sitze im 150 Mitglieder umfassenden Unterhaus, die im Rahmen eines Parteikongresses nominiert wurden (AA 10.2015a). Obwohl vier Parteien und die Ökologische Bewegung Usbekistans zur Wahl zugelassen waren, sprachen Beobachter davon, dass all diese Parteien eigentlich dem usbekischen Präsidenten Islom Karimov "gehören". Entsprechend bestand keine besondere Notwendigkeit von Seiten des Präsidenten, Druck oder Einfluss auf einzelne, potentielle Abgeordnete auszuüben (GIZ 12.2015).

Die wichtigste Partei ist die Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei), hervorgegangen aus der früheren Kommunistischen Partei. Sie hat die Mehrheit der Sitze im Parlament. Weitere regierungsnahe Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt) und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden). Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans (gegründet 2003). Die Gründung regierungsnaher Parteien hält die Fassade vom Mehrparteiensystem aufrecht. Tatsächlich gibt es in Usbekistan jedoch derzeit keine zugelassenen außerparlamentarischen Oppositionsparteien (GIZ 12.2015).

Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung existiert nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, das aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden staatlicher Komitees und anderen staatlichen Organe besteht. Der Vorsitzende des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan gehört ebenfalls zum Ministerkabinett. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die Stellvertretenden Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist oberster Befehlshaber der Streitkräfte. Separatistische Tendenzen waren in der Vergangenheit nur in der Autonomen Republik Karakalpakstan zu beobachten (GIZ 12.2015).

Bei den Präsidentschaftswahlen am 29. März 2015 wurde Islom Karimov (seit 1989 an der Macht) mit laut offiziellen Angaben über 90% der Stimmen im Amt bestätigt (AA 10.2015a; vgl. GIZ 12.2015). Echte unabhängige Gegenkandidaten konnten nicht antreten (GIZ 12.2015).

Präsident Islam Karimov wurde 1989 zum Vorsitzenden der damaligen Sowjetrepublik Usbekistan und ein Jahr später zum Präsidenten Usbekistans ernannt. Auch nach der Unabhängigkeit Usbekistans im September 1991 blieb Karimov im Amt (BBC News 31.3.2015).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.2.2016

-

BBC - British Broadcasting Corporation (31.3.2015): Country Profiles, Country Profile: Uzbekistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-16218119, Zugriff 26.2.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2015): Usbekistan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/usbekistan/geschichte-staat/, Zugriff 26.2.2016

2. Sicherheitslage

Es ist weiterhin von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (AA 15.2.2016b; vgl. BMEIA 24.2.2016).

Islamistischer Terror wird von der Regierung als Bedrohung für den Staat und als Begründung für Verfolgung und Inhaftierung einzelner Personen angeführt (AA 10.2015a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.2.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (26.2.2016b): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_0494EFE5735F8801D388F6D64005C3E5/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/UsbekistanSicherheit_node.html, Zugriff 26.2.2016

-

BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (26.2.2016): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/, Zugriff 26.2.2016

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, nahm die Judikative die Anweisungen der Exekutive entgegen. Das usbekische Justizsystem gibt den präsidentiellen Entscheidungen eine legale Fassade. Alle Richter werden vom Präsidenten für eine – verlängerbare - fünfjährige Amtszeit ernannt und können von diesem jederzeit wieder abberufen werden (USDOS 25.6.2015; vgl. FH 28.1.2015). Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden. Dieses entspricht jedoch im Allgemeinen den Vorgaben des Präsidenten. Laut usbekischem Strafgesetzbuch gilt die Unschuldsvermutung, von den Richtern werden den Vorschlägen der Staatsanwälte hinsichtlich verfahrensrechtlicher Entscheidungen und Bestrafung jedoch meist entsprochen.

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren vor einem Gericht endete mit einem Schuldspruch. Angeklagte haben das Recht auf einen Anwalt. Im Bedarfsfall wird von der Regierung auch kostenloser Rechtsbeistand zur Verfügung gestellt. Berichten zufolge agieren diese jedoch im Interesse der Regierung. Nach Gesetz müssen Staatsanwälte Haftbefehle bei einem Gericht beantragen und die Gerichte entsprachen diesen Anträgen in der Regel auch. Ein Haftbefehl ermächtigt einen Staatsanwalt die Ermittlungen zu leiten, das Strafverfahren vorzubereiten, den Richtern Strafen vorzuschlagen und Gerichtsentscheidungen, inklusive die Strafe, zu beeinspruchen, sofern diese nicht seiner Empfehlung entspricht. Nach formeller Anklageerhebung entscheidet der Staatsanwalt auch, ob ein Verdächtiger auf Kaution freigelassen wird, in Untersuchungshaft bleibt oder unter Hausarrest gestellt wird. Gerichte begründen ihre Urteile oft ausschließlich mit Geständnissen oder Zeugenaussagen, die unter Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder Anwendung anderer Formen von Gewalt zustande gekommen sind (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

-

FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Uzbekistan,

http://www.ecoi.net/local_link/309947/447871_de.html, Zugriff 26.2.2016

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/270730/400813_de.html, Zugriff 26.2.2016

4. Sicherheitsbehörden

Für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Der National Security Service (NSS) befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und Geheimdiensten, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität und Drogen umfassen (USDOS 25.6.2015). Im Juni 2013 fand in Taschkent eine von der OSZE organisierte Schulung für die Kriminalpolizei statt. Der besondere Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Zuge der Dienstausübung. Die Schulung ist Teil eines größeren Projekts in Zusammenarbeit zwischen der OSZE und der "National Police Academy" in Usbekistan, mit dem Ziel, eine Verbesserung bei der Ausbildung der usbekischen Strafverfolgungsbehörden zu erreichen (OSZE 4.6.2013; vgl. OSZE 27.7.2015).

Im April 2015 fand ein Kurs zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt, der Teil eines langjährigen Engagements der OSZE Projektkoordination zur Unterstützung Usbekistans bei der Bekämpfung von Menschenhandel ist (OSCE 30.4.2015).

Quellen:

-

OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (4.6.2013): OSCE trains police in Uzbekistan on operational and investigation legal procedures, http://www.osce.org/uzbekistan/102245, Zugriff 26.2.2016

-

OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (27.7.2015): Annual Report of the Secretary General on Police-Rlated Activities in 2014,

http://www.osce.org/secretariat/174686?download=true, Zugriff 26.2.2016

-

OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (30.4.2015): OSCE Project Coordinator in Uzbekistan trains law enforcement police officers on detecting and investigating human trafficking, http://www.osce.org/uzbekistan/154556, Zugriff 26.2.2016

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/270730/400813_de.html, Zugriff 26.2.2016

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten. Auch übten Behörden psychologischen Druck auf Insassen aus, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 25.6.2015; vgl. IWPR 30.1.2014).

Quellen:

-

IWPR - Institute for War and Peace Reporting (30.1.2014): Fighting Torture on the Ground in Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/268573/396617_de.html, Zugriff 26.2.2016

-

USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/270730/400813_de.html, Zugriff 26.2.2016

6. Korruption

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, aber die Regierung hat diese nicht effektiv implementiert. Zwar gibt es Berichte über eine erhöhte Anzahl von Festnahmen im Zusammenhang mit Korruption, jedoch ist Korruption endemisch und Beamte blieben häufig trotzt korrupter Praktiken ungestraft. Korruption und Straffreiheit in den Reihen der Strafverfolgungsbehörden bleibt nach wie vor ein Problem. Die Polizei erpresst routinemäßig und willkürlich Bestechungsgelder. Berichten zufolge verhaftet die Polizei Personen unter falschen Vorwürfen als Einschüchterungstaktik, um diese am Aufdecken von Korruptionsfällen zu hindern. Das Innenministerium, Abteilung für die Bekämpfung von Korruption, Erpressung und Schutzgelderpressung und das Büro zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption des Generalstaatsanwaltes sind für die Verhütung, Untersuchung und Verfolgung von Korruptionsfällen zuständig (USDOS 25.6.2015).

Obwohl eine zunehmende Zahl von Amtsträgern verhaftet und wegen angeblicher Korruption angeklagt wurde, erfolgt diese Verfolgung weder systematisch noch unparteiisch und ist nicht als Ergebnis der Antikorruptions-Politik von der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden zu sehen (BTI 2016).

Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2015 auf Rang 153 geführt – bei 168 angeführten Staaten, wobei der niedrigste gereihte die geringste Korruption aufweist (TI 2015).

Quellen:

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): Uzbekistan Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Uzbekistan.pdf, Zugriff 26.2.2016)

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TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2015, http://www.transparency.org/cpi2015/, Zugriff 26.2.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/306351/443626_de.html, , Zugriff 26.2.2016

7. Allgemeine Menschenrechtslage

1992 wurde eine demokratische Verfassung einführt, die die Achtung der Menschrechte, Gewaltenteilung und anderes garantiert. Allerdings bleibt Usbekistan ein Staat, in dem Oppositionsparteien bis heute nicht zugelassen sind und wo die Versammlungs- und Meinungsfreiheit gar nicht existieren. Mit anderen Worten: nach der Unabhängigkeit konnte sich hier kein Staat nach dem OECD-Modell etablieren. Usbekistan ist heute eine autoritäre Präsidialrepublik. Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung, Institutionen, Regeln existiert nur formal (GIZ 12.2015a). Unter Verweis auf die Sicherheit und den Antiterrorkampf bemühten sich die Behörden weiterhin um die Auslieferung mutmaßlicher Mitglieder islamischer Bewegungen und islamistischer Gruppen und Parteien, die in Usbekistan verboten sind. Sie beantragten auch die Auslieferung politischer Gegner, Regierungskritiker und wohlhabender Personen, die beim Regime in Ungnade gefallen waren. Die Regierung bot den Staaten, die sie um Auslieferung bat, im Gegenzug "diplomatische Zusicherungen" an, um die Rückführung abzusichern, und versprach unabhängigen Kontrolleuren und Diplomaten Zugang zu den Haftzentren. In der Praxis wurden diese Versprechen jedoch nicht eingehalten (AI 23.5.2013). Die nach Usbekistan zwangsweise zurückgeführten Personen wurden ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert und erlitten Folter und andere Misshandlungen (AI 23.5.2013; vgl. AI 25.2.2015).

Die Europäische Union führt seit Mai 2007 mit Usbekistan als erstem Land in Zentralasien einen institutionalisierten Menschenrechtsdialog. Das Land hat wichtige Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Weiters wurden verschiedene Reformen in Gesetzgebung und Justiz auf den Weg gebracht und die Todesstrafe abgeschafft (BMZ 12.2015).

Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren, die Unmöglichkeit, die Regierung durch Wahlen zu ändern sowie weit verbreitete Einschränkung der Religionsfreiheit stellen weiterhin gravierende Probleme dar. Neben weiteren Problemfeldern kommt es unter anderem auch nach wie vor zu willkürlichen Verhaftungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie Beschränkungen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/248077/374303_de.html, Zugriff 26.2.2016

-

AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/2015 - The State of the World-s Human Rights - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/297315/444723_de.html, Zugriff 26.2.2016

-

BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (12.2015): Länder und Regionen, Partnerländer, Usbekistan, Zusammenarbeit,

http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/laender_regionen/asien/usbekistan/zusammenarbeit.html, Zugriff 26.2.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2015a): Usbekistan, Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/usbekistan/geschichte-staat/, Zugriff 26.2.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/306351/443626_de.html, , Zugriff 26.2.2016

8. Haftbedingungen

Die Bedingungen in den Gefängnissen des Landes sind geprägt von Überbelegung. Es existieren Mängel bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und bei der medizinischen Versorgung. Häftlinge, denen vorgeworfen wird, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen, sind von den übrigen Häftlingen getrennt. Personen, welche wegen Mitgliedschaft bei einer verbotenen, religiös-extremistischen Organisation verurteilt wurden, sehen sich strengeren Bedingungen und Behandlungen ausgesetzt als andere Gefangene (USDOS 25.6.2015). In den Gefängnissen kommt es zu Fällen von Missbrauch und Folter sowie zu Todesfällen (SDOS 25.6.2015; vgl. HRW 29.1.2015). Im April 2013 stellte das Internationale Komitee des Roten Kreuzes sein Programm zum Monitoring der Behandlung von Gefangenen ein und führte als Begründung an, dass es die Arbeit nicht nach seinem Standardverfahren durchführen kann und ein konstruktiver Dialog mit der Regierung fehlt. Unabhängigen Beobachtern wird von den Behörden der Zugang nur zu bestimmten Gefängnissen und bestimmten Abteilungen erlaubt. Lokale Menschenrechtsaktivisten, die Gefängnisse besuchen, werden von der Regierung einer intensiven Überprüfung unterzogen, die deren Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit einschränkt (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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HRW - Human Rights Watch: World Report 2015 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/295533/430565_de.html, Zugriff 26.2.2016

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/306351/443626_de.html, Zugriff 26.2.2016

9. Todesstrafe

Usbekistan hat mit Wirkung vom 1. Januar 2008 die Todesstrafe gesetzlich abgeschafft und die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 10.2015a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.2.2016

10. Religionsfreiheit

Usbekistan versteht sich als weltlicher Staat mit strikter Trennung von Staat und Religion. Der Islam ist zahlenmäßig stärkste Religion (90% Sunniten). Die Regierung versucht, unabhängige islamisch-religiöse Bewegungen im Lande zu kontrollieren (AA 10.2015a).

Die von der Verfassung garantierte Religionsfreiheit wird in der Praxis durch andere Gesetze und Richtlinien, welche von der Regierung angewandt werden, eingeschränkt. Religiöse Aktionen nicht registrierter Gruppen und viele Aktivitäten, inklusive Missionierung, sind verboten. Gesetzliche Einschränkungen religiöser Rechte sind auch möglich, wenn die Regierung dies für notwendig erachtet, um die nationale Sicherheit, die Gesellschaftsordnung, Leben, Gesundheit, Moral sowie die Rechte und Freiheiten der Bürger aufrecht zu erhalten. Ethnische Russen, Juden und nicht-muslimische Ausländer genießen größere Freiheiten bei der Auswahl bzw. Änderung ihrer Religion als ethnische Usbeken oder Mitglieder von muslimischen Volksgruppen. Die Gesellschaft ist gegenüber religiöser Diversität – nicht aber gegenüber dem Missionieren – tolerant eingestellt. Besonders religiöse Leiter muslimischer, russisch orthodoxer, römisch-katholischer und jüdischer Gruppen berichten von einem hohen Maß an Akzeptanz in der Gesellschaft. Von den geschätzten 28,9 Millionen Einwohnern (Juli 2014) sind lokalen Statistiken zufolge rund 93% muslimisch, darunter die meisten Sunniten. Etwa 1% sind Schiiten sowie 4% Russisch-Orthodoxe sowie 3% kleinere Gemeinden (Katholiken, ethnische koreanische Christen, Baptisten, Buddhisten, Bahai etc.) (USDOS 14.10.2015).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Usbekistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 26.2.2016

-

USDOS - US Department of State (14.10.2015): 2014 Report on International Religious Freedom - Uzbekistan, http://www.ecoi.net/local_link/313369/451632_de.html, Zugriff 26.2.2016

11. Ethnische Minderheiten

Die Verfassung garantiert allen Bürgen das Recht auf Arbeit und freie Berufswahl und besagt, dass alle Bürger gleich sind, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft. Das Gesetz verbietet Diskriminierung basierend auf ethnischer oder nationaler Zugehörigkeit. Russen und Angehörige anderer Minderheiten berichten aber bisweilen über eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten (USDOS 25.6.2015).

Es gibt rund 100 Ethnien, davon circa 80% Usbeken, 5% Russen, 5% Tadschiken, 4% Tataren, 3% Kasachen, 2,5% Karakalpaken sowie Kirgisen, Turkmenen, Koreaner, Ukrainer, Armenier und ca. 10.000 Angehörige der deutschen Minderheit (AA 10.2015c; vgl. CIA 25.2.2016). Weiters sind auch eine kleinere kasachische und kirgisische Minderheit vertreten. Auch gibt es eine kleine Roma Gemeinde in Taschkent, welche auf weniger als 50.000 Individuen geschätzt wird. Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung von Mitgliedern dieser Gruppen waren selten (USDOS 25.6.2015).

Die meistgesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3%), Russisch (14,2%) und Tadschikisch (4,4%). 7,1% der Bevölkerung sprechen eine andere als diese drei Sprachen (AA 10.2015c; vgl. CIA 25.2.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.2015c): Usbekistan, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Usbekistan_node.html, Zugriff 26.2.2016

-

CIA - Central Intelligence Agency (25.2.2016): The World Factbook

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Uzbekistan,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/uz.html, Zugriff 26.2.2016)

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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