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E6J;Norm
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):99/16/0412 E 27. Jänner 2000 99/16/0475 E 19. Juni 2000 2000/16/0034 E 11. Mai 2000 99/16/0534 E 19. Juni 2000 99/16/0512 E 25. Mai 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B GmbH & Co KEG in S, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. Mai 1999, Zl. Gem-521637/1-1999-KEH, betreffend Getränkesteuer für die Jahre 1995 und 1996 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Sigharting, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte mit der Eingabe vom 25. Juni 1997 die bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 und 1996 mit S 0, weil eine taugliche Rechtsgrundlage für die Vorschreibung fehle.
Auf Grund des die Getränkesteuer für die Jahre 1992 bis 1996 betreffenden Devolutionsantrages vom 9. Juni 1998 setzte der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1997 die Getränkesteuer fest und wies den Antrag auf Rückzahlung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 ab. Dies mit der Begründung, gemäß den Bestimmungen des Oberösterreichischen Gemeindegetränkesteuergesetzes sei die Gemeinde ermächtigt nicht aber verpflichtet, eine Getränkesteuerverordnung zu erlassen. Die Nichterlassung einer derartigen Verordnung habe keine Auswirkung auf das Recht der Gemeinde, die Getränkesteuer einzuheben, soferne die Hebesätze im Rahmen des jährlichen Voranschlages beschlossen würden. Die im Zuge des Voranschlags beschlossenen Steuersätze seien Rechtsverordnungen und somit ausreichende Rechtsgrundlage für die Vorschreibung der Getränkesteuer.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die Vorschreibung der Getränkesteuer widerspreche nicht dem Gemeinschaftsrecht und die Rechtsgrundlagen für die Vorschreibung der Getränkesteuer seien gegeben.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 29. November 1999, B 1051/99, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Der Verfassungsgerichtshof vertrat in der Begründung des Ablehnungsbeschlusses die Rechtsmeinung, dass der Gesetzgeber mit § 23 Abs. 3c FAG 1997, BGBl. 201/1996 (Art. 65) in der Fassung BGBl. I 130/1997, keine Erweiterung, sondern bloß eine authentische Interpretation des Begriffs der entgeltlichen Lieferung vorgenommen habe
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtbezahlung der rechtswidrig vorgeschriebenen Getränkesteuer verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten
jeweils Gegenschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die Festsetzung und Nichtrückzahlung der Getränkesteuer für den Zeitraum 1.Jänner 1995 bis 31. Dezember 1997 abgesprochen. Der im Devolutionsantrag genannte Zeitraum 1992 bis 1994 ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.
Der Devolutionsantrag wurde wegen der Untätigkeit der Behörde erster Instanz bei der Erledigung des Antrages auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre 1992 bis 1996 gestellt. Die Zuständigkeit für die Getränkesteuerfestsetzung konnte auf Grund des Devolutionsantrages nur hinsichtlich dieses Zeitraumes von der Behörde erster Instanz auf die Behörde zweiter Instanz übergehen, nicht aber für andere Zeiträume. Die Behörde zweiter Instanz hat somit ohne vorangegangene Entscheidung der Behörde erster Instanz unzuständigerweise über die Festsetzung der nicht im Devolutionsantrag angesprochenen Getränkesteuer für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 1997 erstmals entschieden. Damit ist der Bescheid der Behörde zweiter Instanz hinsichtlich der Festsetzung der Getränkesteuer für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 1997 mit Unzuständigkeit belastet. Da die belangte Behörde dies verkannte und nicht zum Anlass der Aufhebung des Berufungsbescheides machte, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Soweit in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof behauptet wird, für die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung fehlten Rechtsgrundlagen und der angefochtene Bescheid stütze sich auf rechts- bzw. verfassungswidrige Bestimmungen, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1999, B 1620/97, und den bereits genannten Ablehnungsbeschluss verwiesen. Mit diesem Erkenntnis vom 2. Oktober 1999 hat der Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde betreffend Vorschreibung einer Getränkesteuer für die Jahre 1991 bis 1995 abgewiesen und dabei die gleichen wie im Beschwerdefall vorgebrachten Bedenken gegen die Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit der Getränkesteuervorschreibung verworfen. Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtswidrigkeit bezüglich der "Restaurationsumsätze" teilt der Verwaltungsgerichtshof auch die im genannten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes geäußerte Rechtsmeinung.
Aus diesen von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründen ergibt sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht. Die Vorschreibung der Getränkesteuer verstößt jedoch gegen Gemeinschaftsrecht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen auf Grund des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/97 ergangenen Erkenntnissen vom 30. März 2000, Zl. 2000/16/0117 (vormals: Zl. 97/16/0221), und Zl. 2000/16/0116 (vormals: Zl. 97/16/0021), ausgeführt, dass die belangte Behörde, wenn sie auf Basis des von ihr angewendeten innerstaatlichen Rechts die Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke billigte, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet habe. Dies ist auch im hier zu beurteilenden Fall erfolgt, weshalb der angefochtene Bescheid aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Im Hinblick auf die Frage, inwieweit durch rückwirkend erlassene landesgesetzliche Bestimmungen die sich aus Punkt 3 des EuGH-Urteils ergebende Rückzahlungspflicht davon abhängig gemacht wird, wer die Abgabe wirtschaftlich getragen hat, wird auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, dass es für den anzuwendenden Prüfungsmaßstab unbeachtlich ist, wenn der Gesetzgeber das von der Behörde angewendete Gesetz nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, aber vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes rückwirkend ändert.
In Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe der genannten Erkenntnisse verwiesen.
Diese Entscheidung konnte im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 11. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000160002.X00Im RIS seit
15.05.2001Zuletzt aktualisiert am
11.11.2011