Entscheidungsdatum
01.02.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I416 2167183-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Algerien (alias Tunesien), vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/ 3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.07.2017, Zl. 831317208/1717604, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunktes III. wie folgt lautet:
"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 11.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 16.09.2013 gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund befragt wörtlich an: "Ich habe das Land verlassen, damit ich medizinisch versorgt werden kann. In meiner Heimat gibt es keine Möglichkeit dazu." Bei einer Rückkehr habe er Angst aufgrund seiner medizinischen Situation zu leiden.
Nach Aufnahme eines Konsultationsverfahrens mit Ungarn am 17.09.2013 stimmten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 03.10.2013 zu, den Beschwerdeführer auf Grundlage des Art. 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (in der Folge Dublin II-VO) zu übernehmen.
Am 17.10.2013 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab dieser an, dass er seit seiner Kindheit an Epilepsie leide und in Kürze einen OP-Termin habe. Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Land habe er nicht. Er lebe auch nicht in einer Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Nach Ungarn möchte er nicht zurück, da die medizinische Versorgung dort sehr schlecht sei.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.03.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c der Dublin II-VO Ungarn für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Dagegen wurde Beschwerde erhoben, welcher mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.05.2014, Zl. W153 2005864-1/4E gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben wurde. Der Asylantrag wurde zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben, da die Überstellungsfrist mit 03.04.2014 abgelaufen war und es dadurch zu einem Zuständigkeitsübergang auf den Mitgliedstaat, in welchem der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt hat und sich aktuell aufhält, sohin Österreich, gekommen sei.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.11.2016, Zl. XXXX wurde Rechtsanwalt Mag. Dr. XXXX zum einstweiligen Sachwalter des Beschwerdeführers bestellt.
Am 16.01.2017 wurde der Beschwerdeführer im Beisein seines bestellten Sachwalters – vertreten durch Frau Mag. XXXX - von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei führte er an, dass es ihm gesundheitlich gut gehe – "einmal so einmal so". Der Sachwalter des Beschwerdeführers legte einen Befund vor und verwies auf den gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers, wobei diese anmerkte, dass der Beschwerdeführer in ein Pflegeheim gebracht werden müsste. Des Weiteren gab der Beschwerdeführer an, dass er in Algerien nicht verfolgt werde, sein Problem sei nur seine Gesundheit – "Ich will gesund werden, egal wie, wo oder wann.". Außer seiner Gesundheit habe er keine Fluchtgründe. Er leide seit seiner Kindheit an Epilepsie. Auf Nachfrage der belangten Behörde, ob er in Algerien eine entsprechende medizinische Behandlung erhalten habe, antwortete der Beschwerdeführer: "Hast du kein Internet? Bei uns ist das Medizin nicht für jeden. Ich habe Krebs und ich habe eine OP schon. Ich wurde dort nicht operiert. Warum habe mich hier operiert?" Auf die Frage was er bei einer Rückkehr nach Algerien befürchte, meinte er lediglich: "Willst du mich in den Krankenhaus schicken und gesund machen oder nach Hause schicken?". In Algerien habe er bei seinem Vater und bei Freunden gelebt und er habe noch Familie dort. In Algerien habe er zwölf Jahre lang die Schule besucht, allerdings habe er aufgrund seiner Krankheit - abgesehen von Gelegenheitsjobs - nicht arbeiten können.
Mit Stellungnahme vom 16.01.2017 erklärte der Sachwalter des Beschwerdeführers, dass letzterer an einer neuropsychiatrischen Symptomatik in Form eines organischen Psychosyndrom bei Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit Subarachnoidalblutung, subduralem Hämatom und epileptischen Anfällen sowie an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung leide. Aufgrund der Epilepsie bedürfe er einer dauernden medikamentösen Versorgung und aufgrund des organischen Psychosyndroms sei er pflegebedürftig und benötige eine Unterstützung im Rahmen eines vollbetreuten bzw. zumindest teilbetreuten Wohnens sowie eines gesetzlichen Vormundes in Form einer Sachwalterschaft. Aufgrund der Krankheitsgeschichte und des Selbstfürsorgedefizits liege eine subsidiäre Schutzbedürftigkeit vor. Es sei für den Beschwerdeführer nämlich unmöglich in Algerien einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die zu einer Sozialversicherung und in weiterer Folge zu einer medikamentösen Behandlung führen würde. Außerdem würde er auch keine ausreichende pflegerische Unterstützung erhalten, denn jemand, für den ein Sachwalter für die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern, privaten Vertragspartner und hinsichtlich seiner finanziellen Angelegenheiten und Vermögensverwaltung bestellt wird, sei nicht in der Lage, ohne einen gesetzlichen Vertreter in seinem Heimatland für sich selbst eine tatsächlich zugängliche medizinische und pflegerische Betreuung zu organisieren, selbst wenn diese grundsätzlich gegeben sein sollte. Daher müsse auch geklärt werden, ob in Algerien ein der Österreichischen Sachwalterschaft entsprechendes Rechtsinstitut der Erwachsenenvertretung bestehe.
Mit Bescheid vom 21.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien "gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt. "Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen. Weiters wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG" mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt (Spruchpunkt IV.). Der Bescheid wurde am 25.07.2017 zugestellt.
Mit Verfahrensanordnungen vom 21.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/ 3. Stock, 1170 Wien, als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 08.08.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, da sie es verabsäumt habe den entscheidungsrelevanten Sachverhalt amtswegig zu ermitteln und Ermittlungen zum tatsächlichen Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative durchzuführen. Außerdem sei die Beweiswürdigung der belangten Behörde, vor allem was die Länderfeststelllungen bezüglich der medizinischen Versorgung in Algerien betrifft, mangelhaft. Aufgrund seiner Erkrankung sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen und seine persönlichen Angelegenheiten selbstständig wahrzunehmen sowie sich eine entsprechende Pflege- und Betreuungssituation zu organisieren. Sohin wäre der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nicht sozialversichert und wäre die Fortsetzung der notwendigen medizinischen Behandlungen im Herkunftsstaat nicht gewährleistet. Auch sei die illegale Ausreise des Beschwerdeführers gesetzlich verboten und werde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten bestraft. Schließlich werde noch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer nicht wie von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid behauptet lediglich wirtschaftliche Fluchtgründe sondern auch seine Erkrankung vorgebracht habe. Die belangte Behörde habe das Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht unter ausreichender Berücksichtigung fallbezogener und aktueller Länderberichte zu Algerien gewürdigt. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen; dem Beschwerdeführer des Status eines Asylberechtigten zuerkennen; dem Beschwerdeführer in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu die Rückkehrentscheidung als unzulässig aufheben und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; in eventu den Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen. Der Beschwerde waren der Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX bezüglich der Bestellung eines Sachwalters für den Beschwerdeführer sowie das diesbezügliche psychiatrisch-neurologische Gutachten und diverse medizinische Befunde beigefügt.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.08.2017 vorgelegt und von Seiten der belangten Behörde erklärt, dass auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Algeriens. Der Beschwerdeführer ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005.
Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, bekennt sich zum muslimischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Berber an.
Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wird festgestellt, dass dieser seit seiner Kindheit an Epilepsie leidet. Darüberhinaus finden sich Zeichen eines organischen Psychosyndroms und findet sich ein Fürsorgedefizit, weshalb der Beschwerdeführer unter Sachwalterschaft steht. Weiters findet sich beim Beschwerdeführer ein Abhängigkeitssyndrom auf Alkohol, eine akut psychotische Symptomatik ist nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer leidet an keiner derart schweren psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Die Krankheit, an der der Beschwerdeführer leidet, ist auch in seinem Heimatstaat behandelbar, die von ihm benötigten Wirkstoffe bzw. Medikamente sind auch in Algerien verfügbar.
Der Beschwerdeführer hat Familie in Algerien (Vater und Geschwister). Er verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung und hat in Algerien von der Unterstützung durch seine Familie und seine Freunde ("Ich habe bei meinem Vater und bei meinen Freunden gelebt. [ ] Ich habe bei meinen Freunden gegessen.") sowie von Gelegenheitsjobs gelebt.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte oder maßgebliche private Beziehungen, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.
Der Beschwerdeführer geht keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Dass der Beschwerdeführer an beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden. Mangels vorgelegter Nachweise, kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einen Deutschkurs besucht, oder eine Deutschprüfung erfolgreich abgelegt hat. Der Beschwerdeführer ist derzeit auch kein Mitglied eines Vereines oder sonstigen integrationsbegründenden Institution.
Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:
Im Administrativverfahren hat der Beschwerdeführer keine Fluchtgründe geltend gemacht, die unter die GFK zu subsummieren sind.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Algerien aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.
Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Algerien:
Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 21.07.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien (Stand 17.05.2017) auszugsweise zitiert und entsprechend berücksichtigt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist im Hinblick auf die Fassung der obgenannten Staatendokumentation auch keine Änderung eingetreten, sodass das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst feststellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation überantwortet wird, er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet und haben sich auch amtswegig keine Anhaltspunkte dafür ergeben.
In der Anfragebeantwortung von MedCOI (Medical Country of Origin Information) vom 20.04.2016 zur Behandelbarkeit von Epilepsie in Algerien wird angeführt, dass die Behandlung durch einen Neurologen (zuständiger Fachbereich für Epilepsie) in Algerien verfügbar sei.
Außerdem wurde seitens der belangten Behörde eine Anfrage an MedCOI bezüglich der Verfügbarkeit der vom Beschwerdeführer benötigten Medikamente gestellt. In der Anfragebeantwortung vom 11.07.2017 wurde ausgeführt, dass alle angefragten Medikamente in den angeführten Einrichtungen verfügbar seien. Eine Packung Keppra bzw. Kepam (Antiepileptika) kostet etwa 1.700,-- DZD, das sind ca. 12,-- Euro.
Ergänzend wurde von der belangten Behörde eine Anfrage an die Staatendokumentation bezüglich dem Vorhandensein des Institutes der Sachwalterschaft oder einer vergleichbaren Einrichtung in Algerien gestellt. In der Anfragebeantwortung vom 27.06.2017 wurde ausgeführt, dass es in jedem Amtsgericht in Algerien die Möglichkeit gebe eine Sachwalterschaft beim Vorsitzenden des Gerichtes zu beantragen. Dafür müsse man bestimmte Unterlagen und sachliche Fakten vorlegen, die die physische oder geistliche Behinderung/Behinderungen belegen können.
Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Algerien unzulässig wäre.
Algerien ist gemäß § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl. II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl. II Nr. 47/2016, ein sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien, sowie in die Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 20.04.2016, vom 27.06.2017 und vom 11.07.2017.
Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Herkunft, seiner Staatsangehörigkeit und seinem Alter, gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.
Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie aus den vorgelegten Befunden, insbesondere aus dem Gutachten Univ. Doz. XXXX, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, wonach sich beim Beschwerdeführer im Langzeitverlauf eine neuropsychiatrische Symptomatik in Form eines organischen Psychosyndroms bei Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma mit subarachnoidaler Blutung, subduralem Hämatom und epileptischen Anfällen findet, wobei auch ein Abhängigkeitssyndrom auf Alkohol besteht und eine Besserung des Zustandsbildes in Teilbereichen bei Fortsetzung der psychiatrisch-psychopharmakologischen Behandlung möglich ist.
Es wurde insgesamt keine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte. Wie sich aus den diesbezüglichen Anfragebeantwortungen von MedCOI ergibt, sind die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Erkrankungen in Algerien behandelbar und die vom Beschwerdeführer benötigten Medikamente in Algerien erhältlich. Außerdem bestand das vom Beschwerdeführer angegebene Problem mit seiner Epilepsie-Erkrankung schon vor seiner Ausreise aus Algerien, nämlich seit seiner Kindheit, und war es ihm folglich möglich 39 Jahre mit dieser Krankheit in Algerien zu leben, dies seinen Angaben zu Folge ohne medizinische Behandlung. Der Vollständigkeit halber sei noch ergänzt, dass es sich bei Epilepsie zwar um eine ernstzunehmende gesundheitliche Beeinträchtigung handelt, welche jedoch nicht ständig in Erscheinung tritt sondern, mit den notwendigen Medikamenten, lediglich periodisch ausbricht.
Dass der Beschwerdeführer unter Sachwalterschaft steht, ergibt sich aus dem Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 28.11.2016, Zl. XXXX. Laut einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation gibt es auch in Algerien die Möglichkeit einer Sachwalterschaft für den Beschwerdeführer.
Die Feststellungen zu seiner Schulbildung, seiner Arbeitserfahrung und seinen familiären Verhältnissen in Algerien ergeben sich aus seinen diesbezüglich ebenfalls glaubhaften Angaben.
Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte sowie kein soziales Umfeld im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich aus seinen Angaben, ebenso, dass der Beschwerdeführer keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht.
Der Beschwerdeführer brachte weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde konkrete Angaben vor, welche die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.
Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 18.01.2018.
2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Im Hinblick darauf, dass im Asylverfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben des Beschwerdeführers.
Vorweg ist festzustellen ist, dass die belangte Behörde im zuvor angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat und dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar dargestellt sind.
Im Administrativverfahren gab der Beschwerdeführer an, Algerien aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme verlassen zu haben – "ich will gesund werden, egal wie, wo oder wann". Auf die Nachfrage der belangten Behörde, ob er außer seinen gesundheitlichen Problemen noch andere Fluchtgründe habe, antwortete er lediglich: "Was gibt es wichtigeres als die Gesundheit! Befragt gebe ich an, dass ich keine weiteren Fluchtgründe habe."
Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers ist nicht asylrelevant, da er medizinische und damit indirekt wirtschaftliche Gründe geltend gemacht hat. Diese Überlegung stützt sich insbesondere auf seine Angaben, denen in dieser Hinsicht geglaubt werden konnte. So habe er Algerien verlassen, um sich medizinisch behandeln zu lassen – "Hast du kein Internet? Bei uns ist das Medizin nicht für jeden. Ich habe Krebs und ich habe eine OP schon. Ich wurde dort nicht operiert. Warum habe mich hier operiert?".
Die Feststellungen zur mangelnden Verfolgung des Beschwerdeführers in Algerien basieren auf den Aussagen des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde, aufgrund des Akteninhalts und des Vorbringens in seiner Beschwerde.
Sofern im Beschwerdeschriftsatz zum Ausdruck gebracht wird, dass die Behörde um ihrer Pflicht zur Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes und der Wahrung des Parteiengehörs, zu genügen, Ermittlungen durchführen und Feststellungen hätte treffen müssen, ist dahingehend entgegenzutreten, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringt (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Dem Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Fall im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen, wobei zusammengefasst festzuhalten ist, dass sein Schildern letztlich nur in wirtschaftlichen Gründen bzw. medizinischen Gründen gelegen ist.
Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Das Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt, um damit der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten. Im Wesentlichen beschränkt er sich in seiner Beschwerdebegründung lediglich auf den Verweis, dass aufgrund des Länderberichtes sein Vorbringen asylrelevant sei, denn auch wenn in Algerien die medizinische Betreuung auch Nichtversicherten beinahe kostenfrei zur Verfügung stehe, seien Pflege und Verpflegung nicht sichergestellt. Dem Beschwerdeführer sei es aufgrund seiner Erkrankung jedoch nicht möglich eine entsprechende Pflege-und Betreuungssituation selbstständig zu organisieren Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass er in Algerien über Familie und Freunde verfügt, welche ihn unterstützen könnten, und es in Algerien laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation auch das Institut der Sachwalterschaft gibt.
Wenn in der Beschwerde zudem angeführt wird, dass die belangte Behörde Ermittlungen zum tatsächlichen Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative hätte durchführen müssen, dann ist dem entgegenzuhalten, dass zum einen aufgrund der fehlenden Asylrelevanz des Vorbringens des Beschwerdeführers eine Prüfung der Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu Recht entfallen, da der Beschwerdeführer problemlos in seine Heimatstadt zurückkehren kann.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher – wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.
2.4. Zum Herkunftsstaat:
Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.
Zur politischen Situation wird ausgeführt, dass nach der Verfassung von 1996 Algerien eine demokratische Volksrepublik ist. Eine Verfassungsreform trat am 8.3.2016 in Kraft. Sie sieht u.a. die Stärkung von Grundrechten und Gewaltenteilung vor. Der Einsatz von präsidentiellen Verordnungen wird eingeschränkt. Die Amtszeit des Staatspräsidenten wird auf zwei Mandate begrenzt. Die Berbersprache Tamazight wird zur Amtssprache (AA 6.2016).
Zur Sicherheitslage ist auszuführen, dass es in den letzten Jahren wiederholt zu Terroranschlägen islamistischer Gruppen und zu Entführungen mit kriminellem oder terroristischem Hintergrund gekommen ist (BMEIA 15.2.2017; vgl. AA 15.2.2017, FD 15.2.2017). Landesweit kann es zu Behinderungen durch Demonstrationen und Streiks kommen (BMEIA 15.2.2017). Da jedoch Algerien in den 1990er Jahren ein Jahrzehnt des Terrorismus erlebt hat, bevorzugt die große Mehrheit der Algerier Frieden und lehnt Instabilität ab. Der vom Präsidenten durch die Versöhnungscharta 2006 vermittelte Frieden trug zur in der Bevölkerung weithin anerkannten Legitimität des Staates bei (BS 2016).
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation Algeriens ist auszuführen, dass die Wirtschaft stark vom Export von Erdöl und Erdgas abhängt. Dank anhaltend hoher Öl- und Gaspreise konnte Algerien über Jahre hinweg ein kontinuierliches Wachstum von durchschnittlich 3% verzeichnen. Algerien leistet sich – wohl nicht zuletzt aus politischen Gründen – ein hochaufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Die Höhe der Subventionen beträgt derzeit pro Jahr 60 Milliarden Dollar. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB 3.2015). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist bislang durch umfassende Importe gewährleistet. Dass sich für 2016 angekündigte Importbeschränkungen auch in diesem Bereich auswirken, erscheint derzeit eher unwahrscheinlich. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speise-Öl gelten im Januar 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vornehmlich der Familien-, im Süden des Landes auch der Stammesverband für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf.
Grundsätzlich ist medizinische Versorgung in Algerien allgemein zugänglich und kostenfrei (ÖB 3.2015, vgl. AA 18.1.2016). Krankenhäuser, in denen schwierigere Operationen durchgeführt werden können, existieren in jeder größeren Stadt; besser ausgestattete Krankenhäuser gibt es an den medizinischen Fakultäten von Algier, Oran, Annaba und Constantine. Häufig auftretende chronische Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Tuberkulose, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Geschlechtskrankheiten und psychische Erkrankungen können auch in anderen staatlichen medizinischen Einrichtungen behandelt werden. AIDS-Patienten werden in sechs Zentren behandelt (AA 18.1.2016). ). Der Standard in öffentlichen Krankenhäusern entspricht nicht europäischem Niveau. Grundsätzlich meiden Algerier nach Möglichkeit die Krankenhäuser und bemühen sich, Kranke so schnell wie möglich in häusliche Pflege übernehmen zu können. Oft greift man zu Bestechung, um ein Intensivbett zu bekommen oder zu behalten. Ohne ständige familiäre Betreuung im Krankenhaus ist eine adäquate Pflege nicht gesichert. Mit Frankreich besteht ein Sozialabkommen aus den 60er Jahren, das vorsieht, dass komplizierte medizinische Fälle in Frankreich behandelt werden können. Dieses Abkommen ist seit einiger Zeit überlastet. Nicht alle Betroffenen können es in Anspruch nehmen. Auch mit Belgien besteht ein entsprechendes Abkommen (ÖB 3.2015).
Krankenversichert ist nur, wer einer angemeldeten Arbeit nachgeht. Die staatliche medizinische Betreuung in Krankenhäusern steht auch Nichtversicherten beinahe kostenfrei zur Verfügung, allerdings sind Pflege und die Verpflegung nicht sichergestellt, Medikamente werden nicht bereitgestellt, schwierige medizinische Eingriffe sind nicht möglich (ÖB 3.2015). In der gesetzlichen Sozialversicherung sind Angestellte, Beamte, Arbeiter oder Rentner sowie deren Ehegatten und Kinder bis zum Abschluss der Schul- oder Hochschulausbildung obligatorisch versichert. Die Sozial- und Krankenversicherung ermöglicht grundsätzlich in staatlichen Krankenhäusern eine kostenlose, in privaten Einrichtungen eine kostenrückerstattungsfähige ärztliche Behandlung. Immer häufiger ist jedoch ein Eigenanteil (Krankenhausbett zum Beispiel 100,- Dinar = 1,03 Euro pro Nacht) zu übernehmen. Die höheren Kosten bei Behandlung in privaten Kliniken werden nicht oder nur zu geringerem Teil übernommen. Algerier, die nach jahrelanger Abwesenheit aus dem Ausland zurückgeführt werden, sind nicht mehr gesetzlich sozialversichert und müssen daher sämtliche Kosten selbst übernehmen, sofern sie nicht als Kinder oder Ehegatten von Versicherten erneut bei der Versicherung eingeschrieben werden oder selbst einer versicherungspflichtigen Arbeit nachgehen (AA 18.1.2016).
Seit der Ära Boumedienne ist in Algerien die medizinische Versorgung kostenlos und wurde vom Staat garantiert. Daran hat sich bis heute im Prinzip nichts geändert. Die Finanzierung erfolgt über Sozialversicherungsbeiträge, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden (den größeren Teil, derzeit 12,5%, trägt der Arbeitgeber, wesentlich weniger, 1,5%, der Beschäftigte) und Staatszuweisungen aus dem Budget des Gesundheitsministeriums. Algerien gibt 6,64% seines BIP (2013) für das Gesundheitswesen aus (Deutschland: 11,3%). Die Versorgung mit Standard-Medikamenten (Schmerzmittel, Antibiotika, Herz-Kreislauf-Mittel) zumindest in den Städten ist durch die Apotheken gewährleistet.
Staatliche Repressionen, die allein wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgen, sind in Algerien nicht feststellbar (AA 18.1.2016). Algerien ist den wichtigsten internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Laut Verfassung werden die Grundrechte gewährleistet. Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen haben seit Ende der 1990er Jahre abgenommen, bestehen jedoch fort (AA 6.2016).
Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist gesetzlich verboten (Art. 175 bis 1. algerisches Strafgesetzbuch, Gesetz 09-01 vom 25.2.2009, kundgemacht am 8.3.2009) (ÖB 3.2015, vgl. SGG o.D., AA 18.1.2016). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und / oder eine Strafe zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA vor (SGG o.D.). Laut deutscher Botschaft wird das Gesetz auch angewendet; die algerischen Behörden erklären jedoch, das Gesetz sollte nur abschreckende Wirkung entfalten (ÖB 3.2015).
Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, werden mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge ("harraga") sieht das Gesetz Haftstrafen von drei bis zu fünf Jahren und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt. Menschenrechtsorganisationen bezeichnen das Gesetz als "völlig verfehlt", da es sich gegen die Symptome (Migrationsdruck), nicht aber gegen die Ursachen (Perspektivlosigkeit im eigenen Land) richte. Im August 2012 fand ein sog. "Harraga"- oder Bootsflüchtlings-Prozess auf o.g. Grundlage statt, der mit einem Freispruch endete (AA 18.1.2016).
Quellen:
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BBC News (5.5.2017): Algeria election: Governing coalition wins parliamentary vote, http://www.bbc.com/news/world-africa-39811329, Zugriff 16.5.2017
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DS - Der Standard (5.5.2017): Regierungskoalition in Algerien verteidigt absolute Mehrheit,
http://derstandard.at/2000057051147/Regierungskoalition-in-Algerien-verteidigt-absolute-Mehrheit, Zugriff 16.5.2017
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JA - Jeuneafrique (5.5.2017): Législatives en Algérie : le FLN obtient une majorité relative à l’Assemblée nationale, http://www.jeuneafrique.com/345902/politique/tunisie-gouvernement-de-habib-essid-demissionnaire/, Zugriff 16.5.2017
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AA - Auswärtiges Amt (6.2016): Algerien - Innenpolitik,http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 14.2.2017
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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Algeria Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Algeria.pdf, Zugriff 13.2.2017
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ÖB - Österreichische Botschaft Algier (3.2015): Asylländerbericht Algerien
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Algerien - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/algerien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.2.2017
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2016c): Algerien - Gesellschaft, http://liportal.giz.de/algerien/gesellschaft/, Zugriff 15.2.2016
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SGG Algérie - Secrétariat Général du Gouvernement (o.D.): Code Pénal, http://www.joradp.dz/TRV/FPenal.pdf, Zugriff 15.2.2017
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AFB Staatendokumentation vom 27.06.2017 Algerien Sachwalterschaft (Vertrauensanwalt)
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AFB Staatendokumentation vom 11.07.2017 Algerien Verfügbarkeit und Kosten bestimmter Medikamente (MEDCOI)
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AFB Staatendokumentation vom 20.04.2016 Behandelbarkeit von Epilepsie in Algerien (MEDCOI)
Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Auch die im gegenständlichen Fall eigeholten Anfragen hinsichtlich seines Krankheitsbildes und der Behandelbarkeit in seinem Heimatstaat weisen die erforderliche Objektivität und Schlüssigkeit auf. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer trat den Quellen und deren Kernaussagen im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegen, auch in der Beschwerde findet sich kein substantiiertes Vorbringen, welches die Richtigkeit der, der Entscheidung zugrunde gelegten, Berichte in Zweifel ziehen würde.
Überdies wird darauf hingewiesen, dass Algerien ein "sicherer Herkunftsstaat" im Sinne des § 1 Ziffer 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 47/2016, ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1, § 8 Abs. 1 Z 1 sowie Abs. 2 und 3, § 10 Abs. 1 Z 3 sowie § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:
"Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) (3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. ....
(4) Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. ,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
(3a) Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. 3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) (4) Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) ".
3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 50, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 sowie § 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:
"Verbot der Abschiebung
§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Rückkehrentscheidung
§ 52. (1) (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. 2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ...
4. und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) (9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Frist für die freiwillige Ausreise
§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) (2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
(4) (5) "
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abs. A Ziffe