TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/5 L519 2170947-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.02.2018
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Entscheidungsdatum

05.02.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L519 2170940-1/8E

L519 2170949-1/8E

L519 2170945-1/5E

L519 2170947-1/5E

L519 2170943-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Maitre SEIDLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.12.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Maitre SEIDLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.12.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin

XXXX , diese wiederum vertreten durch Maitre SEIDLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.12.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin

XXXX , diese wiederum vertreten durch Maitre SEIDLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.12.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die Mutter und gesetzliche Vertreterin

XXXX , diese wiederum vertreten durch Maitre SEIDLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 31.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.12.2017 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 und 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge entsprechend der Reihenfolge im Spruch kurz als "BF1" bis "BF5" bezeichnet), Staatsangehörige des Iran, brachten nach nicht rechtmäßiger Einreise am 25.12.2015 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachten die BF im Wesentlichen vor, dass die Araber im Iran diskriminiert würden. Der BF1 habe kurz vor der Ausreise an Demonstrationen teilgenommen. Viele seiner Freunde seien von den Behörden festgenommen worden.

Beim BFA gab der BF1 zusammengefasst an, er habe an einer Demonstration wegen der Feinstaubbelastung in XXXX teilgeneommen. 5 bis 6 Monate später habe ein befreundeter Oberst dem BF zugetragen, dass es Fotos von der Demonstration gebe, auf denen auch der BF1 zu sehen sei und dass die Behörde bestrebt sei, die Leute zu verhaften. Ca. 1 bis 2 Monate später sei die Familie ausgereist.

Für die BF2 bis BF5 wurden keine eigenen Fluchtgründe genannt.

I.2. Die Anträge der BF auf internationalen Schutz wurden mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status von Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurden nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der BF in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Aus dem LIB und auch aus der Anfragebeantwortung vom 14.8.2017 gehe hervor, dass XXXX -Arabern, die als separatistisch empfundene Äußerungen und Aktionen gegen die Regierung setzen, sowie allen Angehörigen ethnischer Minderheiten, die die Verletzung ihrer politischen, kulturellen und sprachlichen Rechte kritisieren, willkürliche Verhaftung, Folter und andere Misshandlungen, grob unfaire Gerichtsverfahren, Gefängnisstrafen und in einigen Fällen sogar die Todesstrafe drohen. Auch führenden Persönlichkeiten bei der Mobilisieruing lokaler Proteste drohe Inhaftierung.

Zusammengefasst habe der BF1 zum Fluchtgrund die Teilnahme an einer friedlichen Demonstration in XXXX und das Vorliegen von Fotos davon angegeben. Dabei beziehe sich der BF auf die Demonstrationen vor dem Regierungsgebäude in XXXX , bei denen sich 100e Leute von 10. bis 15.2.2015 mehrmals mit Gesichtsmasken und Plakaten versammelt hatten, um ursprünglich gegen die Umweltverschmutzung in XXXX zu protestieren.

Der BF1 habe einmal im Vorbeifahren eine Menschenansammlung gesehen und weiter, dass von Beamten in Zivil – wie auch schon zuvor immer wieder an Tagen mit hoher Feinstaubbelastung – Schutzmasken und Milch verteilt worden wären. Der BF1 habe nicht angeben können, an welchem Tag das war, lediglich, dass es Ende des 11. Monats 1393 gewesen sei. Bei dieser Demonstration seien ca. 200 Personen gewesen. Der BF1 sei ausgestiegen, habe sich Milch und Maske abgeholt und sich bei den Leuten informiert, worum es ginge. Als er erfuhr, dass es eine Demonstration gegen die Feinstaubbelastung sei, habe er mitgemacht und die Staubmaske, welche aus Papier war und Mund und Nase bedeckte, aufgesetzt. Bei dieser Demonstration sei nichts gesagt worden, man habe nur Plakate gehalten, Staubmasken getragen und man sei im Großen und Ganzen am selben Ort geblieben, höchstens ein paar Meter auf und ab gegangen. Es seien weder Polizisten gekommen noch habe es Handgemenge gegeben. Nach ca. 1 Stunde habe der BF1 die Demonstration wieder verlassen, da er noch etwas zu erledigen hatte. Nach ca. 2 Stunden sei der BF1 erneut vorbeigekommen und habe im Vorbeifahren vom Auto aus gesehen, dass sich die Demonstration auflöste. Danach habe man immer wieder gehört, dass es ähnliche Demonstrationen gegeben habe. Der BF1 sei aber nur bei dieser einen Demonstration gewesen, da er mit solchen Sachen nichts zu tun habe, ein einfacher Händler sei.

Ca. 5 bis 6 Monate nach dieser Demonstration habe dem BF1 ein Cousin seines Vaters, ein pensionierter Oberst der Sicherheitskräfte, wegen Fotos von der Demonstration, auf denen auch der BF1 zu sehen sein soll, geraten, das Land zu verlassen.

Dazu sei anzumerken, dass diese Demonstration in einer Folge von mehreren stattfand, an denen nach und nach immer mehr Personen teilnahmen und bei denen die Stimmung immer aggressiver wurde. Am 10.2.2015 seien es noch 100 Demonstranten gewesen, die mit Plakaten und Masken vor dem Regierungsgebäude von der Regierung verlangten, etwas gegen die Staubentwicklung zu unternehmen. Dies sei noch während der bis 12.2.2015 anhaltenden Sandstürme gewesen. Am Samstag, den 14.2.2015, hatten sich dort bereits etliche 100 Demonstranten versammelt. Es wurden regierungskritische Slogans geschrieen, Regierungsautoritäten wurden beleidigt und der Protest beschränkte sich auch nicht mehr nur auf den Platz vor dem Regierungsgebäude und fand auch schon an anderen Orten statt. Mehrfach in sozialen Medien geteilte Handyvideos zeigen, dass nach dem Rücktritt des örtlichen Gouverneurs gerufen wurde. Zunächst wurde auch im Staatsfernesehen groß von den Protesten berichtet. Als die Demonstranten immer mehr wurden, verstummten die Berichte in den öffentlichen Nachrichtenmedien. Die örtliche Polizei gab am 14.2.2015 die Erklärung ab, dass die Menschen nicht an den illegalen Versammlungen teilnehmen sollen, da es ansonsten Konsequenzen gebe. Bereitschaftspolizei wurde in die Strassen von XXXX entsandt. Es kam zu Übergriffen und Verhaftungen seitens der Polizei, eine Brücke wurde gesperrt, massive Barrikaden errichtet, um ein Vorrücken der Demonstranten an andere Orte zu verhindern. Es kam zu Massendemonstrationen hunderter wütender XXXX und Menschen aus anderen Städten und Regionen, die durch die Strassen von XXXX marschierten, dabei Gesichtsmasken und Banner tragend und Parolen gegen die Regierung skandierend, die dabei des Rassismus, der Feindseligkeit gegen Araber aus XXXX angeklagt wurde. Die Polizei griff brutal durch, es wurden Schlüsselfiguren der Proteste und Organisatoren verhaftet. Als bereits in der ersten halben Stunde Slogans gegen die "kriminelle Polizei der Besatzungsregierung" geschrieen wurden, kam es zu Massenverhaftungen. Am 15.2.2015 ebbten die für illegal erklärten Demonstrationen ab.

Der 13.2.2015 sei ein Freitag gewesen und der BF1 hätte sich wohl an diesen Feiertag erinnern können müssen, zumal es an einem Freitag unüblich sei "etwas erledigen zu müssen", weshalb ausgeschlossen werden könne, dass der BF1 an diesem Tag bei der Demonstration war. Auch aus seinen weiteren Angaben, dass es weder Eingriffe der Polizei noch Slogans gegeben habe, ergibt sich, dass die Demonstration des BF1 entweder am 10., 11. oder 12.2.2015 abgehalten wurde. Zu dieser Zeit seien aber die Demonstrationen noch nicht für illegal erklärt worden. Es habe sich um Proteste gegen die Umweltverschmutzung gehandelt. Zu dieser Zeit seien auch noch keine regierungskritischen Parolen ausgegeben worden. Der BF1 sei einer von 200 Teilnehmern in einem Stadtteil gewesen, wo er wie er selbst angab, niemand persönlich kannte. Bei dieser Demonstration seien nach den Worten des BF1 auch Beamte anwesend gewesen, die diese Staubmasken ausgeteilt hätten, ohne dass sie Anstoß an der schweigenden Menschenansammlung genommen hätten. Auch hätten sich diese Beamten in Zivil nicht dazu berufen gefühlt, die Demonstration der Polizei zu melden und um deren Auflösung zu ersuchen. Daher könne man davon ausgehen, dass diese Protestkundgebung auch nicht bedrohlich und daher "verfolgenswert" empfunden wurde.

Zudem sei der BF1 lediglich eine Stunde bei diesem Aufmarsch gewesen. Er habe die Versammlung freiwillig lange vor deren Ende verlassen und auch an keiner weiteren Kundgebung teilgenommen, da er nichts mit derartigen Dingen – sprich arabisch politische Aktivitäten – zu tun haben wollte. Somit entspreche der BF1 in keiner Weise dem "Feindbild" des politischen Aktivisten, dem man regimefeindliche Propaganda, Beleidigung des obersten Führers, etc. zutrauen würde. Auch könne man dem BF1 nicht vorwerfen, dass er eine Führungsrolle bei der Mobilisierung lokaler Proteste gespielt habe, da er erst im Verlauf der Versammlung zu dieser gestoßen war und er diese zudem auch noch lange vor deren Auflösung wieder verlassen hat. Der BF1 hatte zudem noch nie zuvor etwas mit Demonstrationen oder politischen Aktivitäten zu tun gehabt, sei nie negativ in den Fokus der Behörden gerückt. Die Familie sei ebenfalls nicht für Opposition gegen den iranischen Staat bekannt.

Auch habe der BF keine Plakate getragen, die die Verletzung seiner politischen, kulturellen und sprachlichen Rechte kritisiert hätten, sondern lediglich solche, die saubere Luft als Recht forderten sowie mit abgeänderten Sprichwörtern, die den Staub kritisierten, etwa "Der eigene Vater hat Staub gebracht und wurde selbst zu Staub."

Ferner habe der BF1 die ganze Zeit eine Staubschutzmaske getragen, die sein Gesicht bedeckte, womit eine Identifizierung fast unmöglich gemacht wurde. Fotos dieser Demonstrationen zeigen Massen von zum Teil sogar unmaskierten Personen. Auf den Videos seien Personen erkennbar, die regierungskritische Slogans rufen oder singen. Es sei daher insgesamt nicht anzunehmen, dass ausgerechnet der BF1 wegen der Teilnahme an einer "stummen" Kundgebung für saubere Luft, Baumpflanzungen und gegen Staub als politisch engagierter separatistischer Feind der Regierung gelten sollte, dem Verfolgung seitens der Regierung droht.

Die freie Schilderung des Fluchtgrundes, bei der BF1 ausdrücklich aufgefordert worden war, so detailliert zu schildern, dass es auch für eine unbeteiligte Person zu verstehen ist bzw. anzugeben, was er alles erlebt, gesehen, gedacht und befürchtet habe, habe sich auf lediglich 12 Sätze beschränkt, wovon sich 2 Sätze auf den befreundeten, pensionierten Oberst bezogen, von dem die BF2 gar nichts wisse und der darum gebeten habe, seinen Namen nirgendwo zu nennen. Der BF1 habe vage und emotionslos geschildert, dass er an einer Demonstration teilgenommen habe und 5 bis 6 Monate danach wegen Fotos von der Demonstration, auf denen auch der BF1 zu sehen gewesen wäre, zur Ausreise aufgefordert worden sei. Detaillierte Informationen sei der BF1 dabei schuldig geblieben. Erst auf konkretes Nachfragen nannte er den Namen des Oberst und gab er an, dass er ein Cousin seines Vaters sei oder wo die Demonstration gewesen sei und was der BF1 dabei gemacht hat. Der BF1 berichtete auch von einer Maske, ohne dabei von sich aus zu erzählen, dass er diese erst unmittelbar vor seiner Teilnahme an der Demonstration erhalten habe.

Ferner sprach der BF1 zunächst von einer etwa 3 Stunden dauernden Demonstration, an der er teilgenommen habe, auch auf die Frage, ob es während der dreisstündigen Demonstration zu irgendwelchen Vorfällen gekommen sei. Spätestens hier hätte der BF1 darauf hinweisen können, dass er selbst nur eine Stunde dabei war und daher nicht wisse, ob nicht nach seinem Fortgang etwas passiert ist. Erst bei der Frage nach dem Auslaufen der Demonstration gab der BF1 an, dass es lediglich eine Vermutung, dass es sich um 3 Stunden gehandelt hat, da er selbst nur 1 Stunde dort gewesen sei. Das Ende habe er nur nach 2 weiteren Stunden im Vorbeifahren wahrgenommen.

Insgesamt sei die Schilderung detailarm und ohne erkennbare Gefühglsregungen erfolgt. So gab der BF1 weder an, was er sich dachte, als er die Demonstration gesehen und daran teilgenommen hat, noch ob er irgendwelche Befürchtungen in der Zeit bis zur Ausreise hatte oder welche Gefühle die gravierende Eröffnung durch den Oberst nach sich zog, die sogar zum Verlassen der Heimat führte. Auch konnte der BF1 nicht sagen, wann er genau an der Demonstration teilgenommen hat, wann ihm der Oberst von den Fotos erzählte oder wie die Situation war, als der BF1 die BF2 informierte. Er konnte nicht einmal angeben, wo das war, ob es vor oder nach dem Abendessen war und wie die Reaktion der BF2 war. Aufgrund der oberflächlichen Angaben sei von deren Unglaubwürdigkeit auszugehen.

Widersprüchlich hatte der Bf1 bei der Erstbefragung angegeben, kurz vor der Ausreise an Demonstrationen teilgenommen zu haben, während er beim BFA nur mehr von einer Demonstration sprach, welche allerdings bereits 7 Monate vor der Ausreise stattfand. Ein weiterer Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit sei, dass der BF1 bei der Erstbefragung angab, selbständig im Bereich Brunnenbau tätig gewesen zu sein, während er beim BFA behauptete, er habe im eigenen Geschäft Trockenfrüchte verkauft und sei zuvor Geschäftsführer eines Hallenbades gewesen.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiter keine Hinweise für Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stellen die Rückkehrentscheidungen auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

I.3. Gegen diese Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde neben Wiederholungen und allgemeinen Angaben vorgebracht, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Die Länderfeststellungen seien unvollständig und veraltet. Berichte zur Verfolgung sunnitischer Araber sowie zur Verfolgung politisch kritischer Personen im Iran würden fehlen. Dazu werde auf den Bericht des deutschen AA sowie den AI Report 2015/2016 verwiesen. Der Grundsatz des parteiengehörs sei verletzt, da die BF nicht ausreichend Zeit hatten, zu den Länderfeststellungen eine Stellungnahme abzugeben. Sie seien von der belangten Behörde auch nicht auf deren Bedeutung hingewiesen worden. Hätten die BF ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt, hätten sie präzisieren können, dass sie wegen der Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe der XXXX und wegen der Zugehörigkeit der BF2 zur sozialen Gruppe der westlich orientierten Frau verfolgt werden.

Der BF1 sei seit 2005 politisch aktiv gewesen und habe an Versammlungen gegen Diskriminierung und Rassismus gegen XXXX und gegen das politische System teilgenommen. Teilweise habe er sogar eine Führungsrolle gehabt, indem er andere über Ort und Datum von Versammlungen informierte. Der BF1 sei heute ebenfalls noch politisch aktiv und veröffentliche Videos auf Youtube, wehalb die Auswertung seines Youtubekanals beantragt werde. Die BF2 hätte bei entsprechender Befragung angegeben, dass sie froh ist, kein Kopftuch mehr tragen zu müssen und Gleichberechtigung will.

Es sei auch zu Mängeln bei der Protokollierung gekommen, Antworten seien teilweise durch vorgefertigte Textblöcke ersetzt worden, eine Rückübersetzung sei nicht erfolgt. Außerdem sei die Beweiswürdigung mangelhaft und der Erstbefragung ein zu hoher Stellenwert beigemessen.

I.4. Für den 27.12.2017 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, an der die BF1 und BF2 mit ihrer Rechtsvertretung teilnahmen.

I.5. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Die Beschwerdeführer:

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um iranische Staatsangehörige, welche zur Volksgruppe der Araber gehören, aus XXXX stammen und sich zum schiitischen Islam bekennen. Die BF sind damit Drittstaatsangehörige.

Der BF1 und die BF2 sind verheiratet und Eltern der mj. BF3 bis BF5. Die BF1, BF2 und BF3 sind gesunde, arbeitsfähige Menschen mit einer im Iran – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherten Existenzgrundlage. Die BF1 und BF2 sind gegenüber den BF4 und BF5, welche ebenfalls gesund sind, sorgepflichtig.

BF1 und BF2 haben die Schule mit Matura abgeschlossen und sprechen neben arabisch auch farsi. Die BF3 bis BF5 sprechen ebenfalls arabisch und farsi.

Im Iran leben nach wie vor die Mutter und 6 Geschwister des BF1 sowie der Vater und 6 Geschwister der BF2.

Die strafmündigen BF sind in Österreich strafrechtlich bislang unbescholten. Sämtliche BF befinden sich in Grundversorgung.

Die BF haben über ihre eigene Kernfamilie hinausgehend keine familiären oder relevanten privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die Identität der BF steht fest.

Die BF reisten unrechtmäßig in die Europäische Union und in weiterer Folge in das österreichische Bundesgebiet ein.

Die BF halten sich lediglich aufgrund der Bestimmungen des Asylgesetzes vorübergehend legal in Österreich auf und besteht kein Aufenthaltsrecht nach anderen gesetzlichen Bestimmungen.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Iran:

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran werden folgende

Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene’i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt. Leiter der Exekutive ist der iranische Staatspräsident, seit August 2013 Dr. Hassan Rohani, der vom Volk in direkten Wahlen auf vier Jahre gewählt und vom Revolutionsführer bestätigt wird. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im Juni 2013 statt. Der Staatspräsident bildet ein Kabinett; das Parlament muss den einzelnen Ministern zustimmen und kann ihnen das Vertrauen auch wieder entziehen. Auch das Parlament wird auf vier Jahre direkt vom Volk gewählt. Sowohl Parlament als auch Regierung haben legislatives Initiativrecht. Als Kontrollinstanz fungiert im Gesetzgebungsverfahren der "Wächterrat" (bestehend aus sechs vom Revolutionsführer ausgewählten islamischen Rechtsgelehrten und sechs vom Parlament bestellten juristischen Experten), der auch über weitreichende Befugnisse der Verfassungsauslegung und bei der Vorauswahl der Kandidaten bei Parlaments-, Präsidentschafts- und Expertenratswahlen verfügt. Der "Schlichtungsrat" fungiert im Gesetzgebungsverfahren als vermittelndes Gremium und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der "Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 6.2016a, vgl. ÖB Teheran 10.2016).

Das iranische Volk hat am 26. Februar 2016 das Parlament und den Expertenrat gewählt. Während Letzterer weiterhin stark konservativ dominiert ist, ist das neue Parlament deutlich zentristischer als zuvor. Der wiedergewählte traditionell-konservative Parlamentspräsident Larijani und Teile seiner Unterstützer haben sich im Zuge des Konflikts um die Verabschiedung des Nuklearabkommens im letzten Sommer der Regierung sichtbar angenähert. Die pragmatische Unterstützung Rohanis durch Larijani dürfte sich auch in Zukunft fallabhängig wiederholen und wirkt insgesamt systemstabilisierend. Weiterhin zeigen institutionelle Vetorechte des konservativen Establishments der Regierung Rohani und ihrer innenpolitischen Agenda von mehr Bürgerrechten und mehr Freiheiten Grenzen auf. Die Regierung Rohani ist überdies weiterhin bestrebt, den Iran aus seiner außenpolitischen Isolierung herauszuführen. Wichtige Grundlage hierfür war der Abschluss des Nuklearabkommens. Die Revolutionsgarden (IRGC) bleiben militärischer, politischer und wirtschaftlicher Machtfaktor im Gefüge der Islamischen Republik. Sie begrenzen die Macht des Staatspräsidenten in grundsätzlichen Fragen. Es gelang der Regierung, den dramatischen Rückgang der Wirtschaftsaktivität seit 2011 aufzuhalten, die Inflation auf unter 10 % zurückzufahren und die Währung zu stabilisieren (AA 8.12.2016).

Seit 1979 ist der Iran eine Islamische Republik, wobei versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Kriterien beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden. Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami / Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer, seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran; Abk.: IRGC) und damit auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Für die entscheidenden Fragen der Islamischen Republik ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich (ÖB Teheran 10.2016).

Ausschließlich politische Parteien und Fraktionen, die sich dem Establishment und der Staatsideologie als loyal erweisen, ist es erlaubt, im Iran zu arbeiten. Reformistische Parteien und Politiker sind seit 2009 immer wieder unter Druck geraten (FH 2017).

Das Parlament, der Expertenrat sowie der Präsident werden in geheimen und direkten Wahlen vom Volk gewählt. Dabei sind Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert. Den OECD-Standards entspricht das Wahlsystem jedoch schon aus dem Grund nicht, dass sämtliche Kandidaten im Vorfeld durch den vom Revolutionsführer und Justizchef ernannten Wächterrat zugelassen werden müssen (AA 8.12.2016, vgl. IPG 27.1.2014). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Parteien [im westeuropäischen Verständnis] gibt es in Iran nicht. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Aufgrund der schwierigen Lage der reformorientierten Opposition unterstützt diese im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems Islamische Republik angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 8.12.2016).

Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft:

Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte im Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden; insbesondere für einige religiöse Minderheiten, wie die Bahai, und Journalisten wird eher von einer Verschlechterung der Situation im Jahr 2015 ausgegangen. Dies zeigt sich gegenwärtig etwa in der Vorlage einer Gesetzesnovelle für das Medienrecht, welche die Meinungsfreiheit von Journalisten weiter einschränkt. (ÖB Teheran 10.2016).

Die Machtkämpfe zwischen Hardlinern und Reformern dauern im Iran schon fast vierzig Jahre an. Nie zuvor jedoch disqualifizierten die greisen Kleriker des allmächtigen Wächterrates so viele Bewerber bei einer Parlamentswahl [26.2.2016] wie diesmal. Sieben lange Wochen dauerte das Ringen hinter den Kulissen, sieben kurze Tage der eigentliche Wahlkampf. Am Ende kam auf den Stimmzetteln ein Reformkandidat auf 30 Hardliner. Landesweit lag die Zahl der zugelassenen Politiker, die für eine Öffnung der Islamischen Republik eintreten, bei kümmerlichen 200 und damit sogar unterhalb der Gesamtmenge von 290 Wahlkreisen. Und trotzdem erteilte das Volk den durch beispiellose klerikale Machtwillkür dezimierten Mitstreitern des moderaten Präsidenten Hassan Rohani ein eindeutiges Mandat. In der 16-Millionen-Metropolregion Teheran eroberten die Reformer sämtliche Sitze. In der Provinz verschoben sich ebenfalls die Gewichte, wenn auch nicht so fundamental wie in der Hauptstadt. Doch die lähmende Dominanz der Erzkonservativen ist vorbei. Die Mehrheit der Iraner zeigte auf dem Stimmzettel, dass sie dem Ende des Atomkonflikts zustimmt und für mehr Offenheit und Pluralität im Inneren votiert. Hassan Rohani, der den Wahltag zu einem Referendum über seine Politik erklärt hatte, ist gestärkt. Er kann künftig bei der Regierungsbildung freier agieren. Zudem sind die Hardliner durch diese Niederlage mit ihrem Ziel gescheitert, den Handlungsspielraum des Präsidenten in einer möglichen zweiten Amtszeit ab 2017 einzuschränken. Nun aber hat Rohani gute Chancen, während der ersten Neuwahl eines Revolutionsführers in der Geschichte der Islamischen Republik Präsident zu sein. Machthaber Ali Chamenei ist betagt [76 Jahre] und hat [Prostata]Krebs. 2009 verhinderten er und seine erzkonservative Gefolgschaft den Ansturm der Reformer mit einer Unterdrückungskampagne. Doch seit dem Atomkompromiss verschieben sich die innenpolitischen Gewichte massiv. Das Volk will nach dem außenpolitischen Aufbruch nun auch die Umsetzung der Reformen im Inneren. 2013 bei seiner Wahl hatte Rohani den Bürgern sogar eine Grundrechtecharta in Aussicht gestellt, die die Willkürmacht der islamischen Herrschaft begrenzen soll. Gut zwei Jahre hielten die 81 Millionen Iraner still und ertrugen die Betonfraktion, wohl wissend, dass ihr Präsident zunächst den Atomstreit lösen würde. Die Zahl der Hinrichtungen stieg auf ein Rekordniveau, politische Aktivisten und sogar Musiker wurden zu drakonischen Haftstrafen verurteilt, Zeitungen geschlossen. Entsprechend lang ist die politische, soziale und kulturelle Forderungsliste der Menschen für die nächsten beiden Jahre – angefangen von Pressefreiheit und Parteienvielfalt bis hin zur Freilassung aller politischen Häftlinge, allen voran der Ikonen der Grünen Bewegung von 2009, die damaligen Präsidentschaftsbewerber Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi. Ob Rohani diese Erwartungen erfüllen kann, ist ungewiss (Zeit Online 29.2.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (8.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

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AA – Auswärtiges Amt (6.2016a): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Iran/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.3.2017

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FH – Freedom House (2017): Freedom in the World 2017, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/iran, Zugriff 25.4.2017

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IPG – Internationale Politik und Gesellschaft (27.1.2014): Wer jetzt Druck fordert, versteht den Iran nicht!

http://www.ipg-journal.de/kommentar/artikel/wer-jetzt-an-druck-glaubt-versteht-den-iran-nicht-244/, Zugriff 13.3.2017

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ÖB Teheran (10.2016): Asylländerbericht

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Zeit Online (29.2.2016): Neue Aufgabe für den Meisterstrategen, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-02/iran-wahl-parlament-reformer-hassan-ruhani, Zugriff 13.3.2017

Sicherheitslage

Auch wenn die allgemeine Lage als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land, speziell in den größeren Städten. Sie haben in der Vergangenheit gelegentlich zu Kundgebungen geführt, besonders während (religiösen) Feiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das Risiko von Anschlägen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 21.3.2016). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 10.5.2017b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 10.5.2017b, vgl. BMEIA 10.5.2017).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gab es vor einigen Jahren wiederholte Anschlagsserien gegen lokale Repräsentanten aus Justiz, Sicherheitskräften und sunnitischem Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr bereits seit Frühjahr 2009 intensiviertes Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt Kampfhandlungen zwischen Militär und kurdischen Separatistenorganisation wie PJAK und DPIK, mit mehreren Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am 6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. In Kurdistan besteht ein erhöhtes Aufkommen an Sicherheitskräften, mit häufigen Kontrollen bzw. Checkpoints ist zu rechnen (AA 21.3.2016b, vgl. BMeiA 10.5.2017).

Quellen:

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AA – Auswärtiges Amt (10.5.2017b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/IranSicherheit.html, Zugriff 10.5.2017

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BMeiA – Bundesminsterium für europäische und internationale Angelegenheiten (10.5.2017): Reiseinformation Iran, http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/iran-de.html, Zugriff 10.5.2017

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (10.5.2017): Reisehinweise Iran, http://www.eda.admin.ch/eda/de/home/travad/hidden/hidde2/iran.html, Zugriff 10.5.2017

Rechtsschutz/Justizwesen

Seit 1979 ist der Iran eine Islamische Republik, wobei versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Kriterien beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 10.2016). In der Verfassung ist eine unabhängige Justiz verankert, in der Praxis steht sie unter politischem Einfluss. Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Der Oberste Führer ernennt den Chef der Judikative. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 3.3.2017, vgl. AI 22.2.2017).

Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Er ist laut Art. 157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz formalen Verbots in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 8.12.2016).

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung des Iran steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß Art. 167, 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

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Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

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Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

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Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

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Spionage für fremde Mächte;

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Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

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Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Das Sondergericht für Geistliche und die Revolutionsgerichte waren besonders empfänglich für Druck seitens der Geheimdienste und anderer Sicherheitsbehörden, die darauf drängten, Angeklagte schuldig zu sprechen und harte Strafen zu verhängen (AI 22.2.2017).

Im Juni 2015 trat die neue Strafprozessordnung in Kraft, die nahezu ein Jahrzehnt in Arbeit war. Es sind nun einige überfällige Reformen im Justizsystem enthalten, wie Einschränkungen der provisorischen Untersuchungshaft bei Fällen von Fluchtgefahr oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit, striktere Regulierungen betreffend Befragungen von beschuldigten Personen und die Ausweitung des Rechts auf einen Anwalt. Nichtsdestotrotz scheitert die Strafprozessordnung an vielen großen Mängeln im iranischen Strafjustizsystem (AI 11.2.2016). Justizbedienstete des Ministeriums für Geheimdienste, der Revolutionsgarden und anderer Behörden setzten sich ständig über Bestimmungen hinweg, die die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsah, wie das Recht auf einen Anwalt unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft und das Recht auf Aussageverweigerung. Strafverteidiger erhielten oft keine vollständige Akteneinsicht und konnten ihre Mandanten erst unmittelbar vor Prozessbeginn treffen. Untersuchungshäftlinge befanden sich über lange Zeiträume hinweg in Einzelhaft und hatten entweder überhaupt keinen Kontakt zu einem Rechtsbeistand und ihrer Familie oder nur sehr selten. Unter Folter erzwungene "Geständnisse" wurden vor Gericht als Beweismittel zugelassen. Richter begründeten ihre Urteile häufig nicht ausreichend, und die Justizverwaltung machte die Urteile nicht öffentlich zugänglich. Die Staatsanwaltschaft nutzte Paragraph 48 der Strafprozessordnung, um Gefangenen einen Rechtsbeistand ihrer Wahl zu verweigern (AI 22.2.2017, vgl. ÖB Teheran 10.2016).

Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt. Es ist kodifiziert im "Gesetz über die islamischen Strafen" vom 30. Juli 1991. Die letzte Änderung des Gesetzes trat am 18.06.2013 in Kraft. Zudem existieren einige strafrechtliche Nebengesetze, darunter das Betäubungsmittelgesetz sowie das Antikorruptionsgesetz. Die statuierten Straftatbestände und Rechtsfolgen enthalten zum Teil unbestimmte Formulierungen. Den Kern des "Scharia-Strafrechts", also des islamischen Strafrechts mit seinen z.T. erniedrigenden Strafen wie Auspeitschung, Verstümmelung, Steinigung, sowie der Todesstrafe bilden die Abschnitte zu den Qesas-und Hudud-Delikten:

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"Hudud" (Verstoß gegen das Recht Gottes) enthält Straftatbestände, die im Koran und in der Sunna genauer beschrieben sind, wie z.B. Diebstahl, Raub, Alkoholgenuss, Sexualstraftaten inkl. Homosexualität und Unzucht, sowie Verbrechen gegen Gott. Zu all diesen Tatbeständen enthält das Gesetz detaillierte Beweisregelungen, nach denen der Täter jeweils nur bei Geständnis oder ihn belastenden Aussagen mehrerer Zeugen verurteilt werden soll.

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"Qesas"(Vergeltung) ist gekennzeichnet durch das Prinzip der körperlichen Vergeltung für die Tatbestände Mord und Körperverletzung mit Folge des Verlustes von Gliedmaßen. Hierbei können Geschädigte oder deren Familie selbst bestimmen, ob sie auf Vergeltung bestehen oder sich mit einer Schadensersatzzahlung zufrieden geben ("Diyeh" oder "Dyat", sog. Blutgeld; Minimalsatz rund 31.500 €). Für die in Art. 13 der Verfassung genannten religiösen Minderheiten ist Blutgeld in gleicher Höhe zu zahlen wie für die Tötung von Muslimen (AA 9.12.2015).

Die "Taazirat"-Vorschriften (vom Richter verhängte Strafen), Strafnormen, die nicht auf religiösen Quellen beruhen, bezwecken in erster Linie den Schutz des Staates und seiner Institutionen. Während für Hudud- und Qesas-Straftaten das Strafmaß vorgeschrieben ist, hat der Richter bei Taazirat-Vorschriften einen gewissen Ermessensspielraum (AA 9.12.2015).

Bei Delikten, die im krassen Widerspruch zu islamischen Grundsätzen stehen, können jederzeit Körperstrafen ausgesprochen und auch exekutiert werden. Bereits der Besitz geringer Mengen von Alkohol kann zur Verurteilung zu Peitschenhieben führen (eine zweistellige Zahl an Peitschenhieben ist dabei durchaus realistisch). Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Personen zu Peitschenhieben verurteilt werden, die selbst Alkohol weder besessen noch konsumiert haben, u.U. ist bereits die bloße Anwesenheit bei einer Veranstaltung, bei der Alkohol konsumiert wird, für die Betroffenen gefährlich. So wurden etwa im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt. Die häufigsten Fälle, für welche die Strafe der Auspeitschung durchgeführt wird, sind illegitime Beziehungen, außerehelicher Geschlechtsverkehr, Teilnahme an gemischtgeschlechtlichen Veranstaltungen, Drogendelikte und Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit. Auch Auspeitschungen wer-den zum Teil öffentlich vollstreckt. Berichten zufolge werden auch die Strafen der Amputation (z.B. von Fingern bei Diebstahl) und der Blendung noch angewandt – auf die Anwendung letzterer kann die/der ursprünglich Verletzte jedoch gegen Erhalt eines Abstandsgeldes verzichten (ÖB Teheran 10.2016).

Entgegen anfänglicher Erwartungen ist in der Strafrechtsnovelle die Steinigung als Bestrafung für Ehebruch noch immer vorgesehen, auch wenn der Richter auf eine andere Form der Hinrichtung ausweichen kann. Darüber hinaus wurden alternative Maßnahmen für Kinder im Alter von 9 bis 15 implementiert, wie zum Beispiel Besuche beim Psychologen oder die Unterbringung in einer Besserungsanstalt, Auch nach neuem Strafrecht ist die Verhängung der Todesstrafe für Minderjährige möglich, wobei im Einzelfall auch die mangelnde Reife des Täters festgestellt und stattdessen eine Haft- oder Geldstrafen verhängt werden kann (AA 9.12.2015).

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da diese sich durch scheinbare Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Häftlinge ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, weil ihnen dieses Recht verwehrt wird oder ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch. Hafterlass ist nach Ableistung der Hälfte der Strafe möglich. Amnestien werden unregelmäßig vom Revolutionsführer auf Vorschlag des Chefs der Justiz im Zusammenhang mit hohen religiösen Feiertagen und dem iranischen Neujahrsfest am 21. März ausgesprochen. Bei Vergeltungsstrafen können die Angehörigen der Opfer gegen Zahlung eines Blutgeldes auf den Vollzug der Strafe verzichten. Rechtsschutz ist oft nur eingeschränkt möglich. Anwälte, die politische Fälle übernehmen, werden systematisch eingeschüchtert oder an der Übernahme der Mandate gehindert. Der Zugang von Verteidigern zu staatlichem Beweismaterial wird häufig eingeschränkt oder verwehrt. Die Unschuldsvermutung wird mitunter – insbesondere bei politisch aufgeladenen Verfahren – nicht beachtet. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Es gibt zahlreiche Berichte über durch Folter und psychischen Druck erzwungene Geständnisse. Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach iStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind allerdings keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden. Hinsichtlich der Ausübung von Sippenhaft liegen gegensätzliche Informationen vor, sodass eine belastbare Aussage nicht möglich ist (AA 8.12.2016).

Körperstrafen sowie die Todesstrafe sind nach wie vor an der Tagesordnung. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, "Mohareb", Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, sowie auf Vergehen wie Drogenkonsum oder außerehelichen Geschlechtsverkehr (ÖB Teheran 10.2016).

Es gibt verfahrensrechtliche Bestimmungen, die den Richtern die Anweisung geben, Quellen zu kontaktieren, wenn es keinen Gesetzestext zum Vorfall gibt. Weiters gibt es eine Bestimmung im Strafgesetzbuch, die Richtern ermöglicht, sich auf ihr persönliches Wissen zu berufen, wenn sie Urteile fällen (ICHR 7.12.2010).

Quellen:

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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