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E6J;Norm
61997CJ0437 Evangelischer Krankenhausverein Wien VORAB;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: 98/16/0147 B 30. April 1999 * EuGH-Entscheidung: EuGH 61997CJ0437 9. März 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, in der Beschwerdesache des W in W, vertreten durch Dr. Georg Kahlig, Mag. Gerhard Stauder und Mag. Michael L. Lang, Rechtsanwälte in Wien VII, Siebensterngasse 42, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 27. März 1998, Zl MD-VfR-G 49/97, betreffend Haftung für Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für Getränkesteuer als unbegründet abgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Begründung
Mit Haftungsbescheid vom 29. Jänner 1997, Zl MA 4/7-1394/96, wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der L GmbH für Schuldigkeiten an Getränkesteuer samt Säumniszuschlag für Jänner bis August 1995 in Höhe von S 25.483,--, für Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag für August 1995 in Höhe von S 7.263,--, für Dienstgeberabgabe für August 1995 in Höhe von S 500,-- und für Vergnügungssteuer samt Nebengebühren für Jänner 1994 bis August 1995 in Höhe von S 772.021,-- haftbar gemacht. In der Begründung verwies die Abgabenbehörde darauf, dass die Abgaben bei der L. GmbH uneinbringlich seien und der Beschwerdeführer als Geschäftsführer verantwortlicher Vertreter gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben. Dabei bezog sich das Rechtsmittel nach seinem gesamten Inhalt allein gegen die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung. Eine Haftung des Beschwerdeführers bestehe nicht, "bzw allenfalls (nur) quotenmäßig". Neben Ausführungen hinsichtlich der Vergnügungssteuer für 1994 wurde zur Vergnügungssteuer für 1995 angegeben, die ursprünglichen Pauschalbeträge für Jänner und Februar 1995 seien bis 29. Mai 1995 bezahlt worden. Die Nachzahlungen auf Grund der erhöhten Pauschalbeträge für Jänner und Februar 1996 seien durch Teilzahlungen getilgt worden. Die Abgabenschuld an Vergnügungsteuer für Mai 1995 sei entrichtet worden. Da in den Monaten März und April sowie Juni bis August 1995 keiner der Gläubiger mehr voll befriedigt worden sei, treffe den Beschwerdeführer allenfalls eine quotenmäßige Haftung. Dies gelte auch hinsichtlich der Rückstände an Getränkesteuer, Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es treffe ihn allenfalls eine quotenmäßige Haftung, hielt die belangte Behörde entgegen, dass der Beschwerdeführer einen Nachweis der Gleichbehandlung aller Verbindlichkeiten nicht erbracht habe.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, "nur nach Maßgabe und allenfalls im Ausmaß der schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher oder sonstiger Verpflichtungen zur Haftung herangezogen zu werden".
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Heranziehung zur Haftung für Getränkesteuer richtet, erwogen:
Im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/97, wonach sich niemand auf Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 berufen könne, um Ansprüche betreffend Abgaben wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlass dieses Urteils entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt, ist zunächst festzustellen, dass sich der Beschwerdeführer in seinem im Verwaltungsverfahren eingebrachten Rechtsmittel wie auch in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich gegen die Heranziehung zur Haftung gewandt hat. Aus der Bestimmung des § 193 WAO, wonach der Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen bzw bei Selbstbemessungsabgaben eine Berichtigung der Abgabenerklärung einbringen kann, ergibt sich - ebenso wie aus dem Vorbild dieser Bestimmung, dem § 248 BAO -, dass das Verfahren hinsichtlich Haftung und jenes hinsichtlich Abgabenanspruch durchwegs getrennt ist. Demzufolge ist auch eine Verbindung der Verfahren über Berufungen gegen solche Bescheide nicht möglich (vgl Ritz, BAO-Kommentar2, 596 und die dort angeführte Rechtsprechung). Gegen den Anspruch an Getränkesteuer selbst hat der Beschwerdeführer keine Klage erhoben und keinen Rechtsbehelf (Berichtigung der Abgabenerklärung) eingelegt. Da der Abgabenanspruch nur in jenen Fällen durch das oben angeführte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften berührt ist, in denen gegen diesen Anspruch eine Klage erhoben oder ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist, folgt auch aus der grundsätzlichen Akzessorietät der Haftungsschuld nicht, dass sich der Beschwerdeführer als Haftungsschuldner im Verfahren über die Inanspruchnahme der Haftungsschuld auf dieses Urteil berufen kann.
In der Sache selbst ist darauf zu verweisen, dass der Geschäftsführer einer GmbH im Sinne des § 7 WAO für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann haftet, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden.
Nach der Aktenlage wurde der in Rede stehende Getränkesteuerbetrag zur Gänze nicht entrichtet. Es unterblieb also auch eine bloß anteilige Entrichtung im Verhältnis der übrigen Verbindlichkeiten. Damit ist das Schicksal der Beschwerde - die im Übrigen nahezu ausschließlich Ausführungen hinsichtlich der Haftung für die Vergnügungssteuerschuld enthält - bereits entschieden: Die Auffassung des Beschwerdeführers, er hafte nur in Höhe jenes anteiligen Abgabenbetrages, den er bei Wahrung der Gleichbehandlung aller Gläubiger hätte entrichten müssen, ist unrichtig. Vielmehr haftet der Vertreter bei einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot für die in Betracht kommenden Abgaben zur Gänze (vgl zB das hg Erkenntnis vom 19. Februar 1997, 96/13/0079).
Die Beschwerde erwies sich daher insoweit, als sie die Heranziehung zur Haftung für Getränkesteuer betraf, als unbegründet, sodass sie insoweit gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung bleibt der weiteren Entscheidung über die vorliegende Beschwerde hinsichtlich Vergnügungssteuer vorbehalten.
Wien, am 11. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000160347.X00Im RIS seit
27.08.2001Zuletzt aktualisiert am
05.03.2012