Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §250 Abs1 litc;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2017/13/0092 B 24. Jänner 2018Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des P in G, vertreten durch Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 31. März 2017, Zl. RV/7100296/2014, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Im vorliegenden Fall wurden Einkünfte des Revisionswerbers in den Jahren 2008 bis 2010 im Rahmen einer die Jahre 2007 bis 2011 betreffenden Außenprüfung und danach wiederaufgenommener Verfahren vom Finanzamt nicht - wie vom Revisionswerber - als Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert. In seiner im September 2013 eingebrachten Berufung, die sich (in Bezug auf die Jahre 2007 und 2011 ohne nähere Begründung) gegen die neuen Sachbescheide für die Jahre 2007 bis 2011 richtete, widersprach der Revisionswerber der "Auslegung" des Finanzamtes, bei den strittigen Einkünften habe es sich um solche aus Gewerbebetrieb gehandelt. Es seien Beträge in Dubai "als Kapitalanlage investiert" worden, und die zurückgeflossenen Beträge (in Höhe mehr als des Zehnfachen des veranlagten Betrages) hätten sich "aus der Veranlagung" ergeben. Vorgelegt wurde dazu nun eine Bestätigung der Gesellschaft in Dubai, wonach der Revisionswerber von dieser Gesellschaft "kein Einkommen und kein Gehalt" erhalten und für sie "keine Vertriebstätigkeit durchgeführt" habe. Alle Zahlungen an ihn seien "Investmentrücküberweisungen" gewesen. Eine angeschlossene Liste mit Zahlenkolonnen sollte nach dem Vorbringen in der Berufung "die enormen Erträge der Anlageform" wiedergeben. Um welche Art von "Anlage" es sich gehandelt habe, ging daraus nicht näher hervor.
5 Der Berufungsantrag lautete: "Es wird der Antrag gestellt, die Einkünfte in der jeweils festgestellten Höhe als Kapitaleinkünfte einzustufen und die Bescheide dahingehend abzuändern".
6 In seiner Stellungnahme zur Berufung, die dem Revisionswerber zur allfälligen Gegenäußerung bis zum 8. November 2013 übermittelt wurde, verwies der Prüfer umfangreich auf Ermittlungsergebnisse (u.a. des Landeskriminalamtes Linz), wonach der Revisionswerber sowohl seinen eigenen Angaben nach als auch nach Aussagen von Zeugen von der Gesellschaft in Dubai Provisionen für das Anwerben von Anlegern erhalten habe, er angegeben habe, eine Aufteilung der bezogenen Beträge in Entgelt für das zur Verfügung gestellte Kapital und für das Werben von Kunden sei nicht möglich, er auch erklärt habe, es gebe keine unterschriebenen Verträge, und die Gesellschaft in Dubai es abgelehnt habe, eine "Aufgliederung zu produzieren". Es sei daher die Verzinsung des Kapitals im Schätzungsweg festgelegt und der strittige Rest der zugeflossenen Beträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert worden.
7 Abschließend merkte der Prüfer an, die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen würde "keine wesentliche Änderung der Steuernachzahlung nach sich ziehen (Wegfall der Betriebsausgaben)". Der Beweggrund für die Berufung scheine eine befürchtete Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen zu sein.
8 Mit Schreiben vom 8. November 2013 ersuchte der Revisionswerber um Verlängerung der Frist zur Gegenäußerung bis zum 20. Dezember 2013.
9 Im Vorlagebericht vom 5. Dezember 2013 legte das Finanzamt dar, Streitpunkt sei die Einkunftsart. Die Qualifikation unter eine bestimmte Einkunftsart sei bei Einkommensteuerbescheiden aber kein Teil des Spruches, sondern nur ein Element der Bescheidbegründung.
10 Mit Schreiben vom 16. Juni 2014 gab die nunmehrige Revisionsvertreterin dem Bundesfinanzgericht ihre Bevollmächtigung bekannt. Ein Vorbringen zur Sache - etwa in dem Sinn, dass sich die (nunmehr als Beschwerde zu behandelnde) Berufung auch gegen die Höhe der Abgaben richte - enthielt dieses Schreiben nicht.
11 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 31. März 2017 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unzulässig zurück. Es verwies auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Qualifikation von Einkünften unter eine bestimmte Einkunftsart kein Spruchbestandteil und eine Bescheidbeschwerde, die sich nicht gegen den Spruch, sondern nur gegen die Begründung eines Bescheides richte, unzulässig sei.
12 Ergänzend wies das Bundesfinanzgericht darauf hin, dass die im Hinblick auf die Judikatur zum Sozialversicherungsrecht neu eingeführte Bestimmung des § 293a BAO in der ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung einen an das Finanzamt zu richtenden Antrag auf Berichtigung der Angabe der Einkunftsart in der Begründung eines Abgabenbescheides ermögliche, sofern diese Angabe rechtliche Interessen der Partei verletze. Der Antrag sei nicht durch die Bemessungsverjährung befristet.
13 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 20.4.1995, 92/13/0086, VwSlg 6997/F; 9.4.1997, 95/13/0145; 18.11.2003, 2003/14/0083; 24.3.2004, 98/14/0179, VwSlg 7921/F; 28.11.2007, 2006/14/0057, VwSlg 8289/F) für gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
14 Gegen diesen Beschluss erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, worin er - ohne Berufung auf ein bestimmtes Erkenntnis - behauptete, es sei "gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass zum Spruch eines Einkommensteuerbescheides nach dem EStG auch die Feststellung der Einkünfte und deren Zuordnung zu einzelnen Einkunftsarten gehört". Verwiesen wurde auf die sozialversicherungsrechtlichen Folgen der Zuordnung zu den Einkunftsarten, wobei auf § 293a BAO nicht eingegangen wurde.
15 In dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 21. September 2017, E 1779/2017-9, mit dem er die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat, verwies der Verfassungsgerichtshof auf die schon vom Bundesfinanzgericht zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf § 293a BAO.
16 Das Vorbringen zur Zulässigkeit in der außerordentlichen Revision (§ 28 Abs. 3 VwGG) lautet:
"Die gegenständliche Revision hängt von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Der angefochtene Beschluss weicht von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, wonach der Beschwerdeführer ein Recht darauf hat, dass die richtige und nur die richtige Norm im Spruch des Bescheides aufscheint (vgl. ua VwGH, 2010/02/0161 vom 15.10.2013).
Der angefochtene Beschluss ignoriert dies und weist die Beschwerde des Revisionswerbers mit der Begründung zurück, dass eine Beschwerde, die sich nicht gegen den Spruch, sondern lediglich gegen die Begründung des Bescheides richtet, unzulässig sei.
In diesem Fall führt aber die unrichtige Einordnung der Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb dazu, dass damit gleichzeitig eine Abgabenpflicht an die GSVA entsteht.
Ist daher eine Beschwerde, die sich gegen die falsche Ermittlung der Einkunftsart wendet, und eine unrichtige Begründung bemängelt, unzulässig, wenn durch diese falsche Ermittlung der Einkunftsart und die unrichtige Begründung eine weitere nachteilige Rechtsfolge eintritt, welche bei richtiger Würdigung und richtiger Begründung nicht eintreten würde?
Damit aber weicht der angefochtene Beschluss wiederum von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, wonach ein Beschwerdeführer nur dann nicht in seinen Rechten verletzt ist, wenn der Bescheid auf einer verfehlten Begründung beruht, die richtige Beurteilung aber zum selben Ergebnis führt (vgl. ua VwGH, 2011/09/0096 vom 15.09.2011).
Die richtige Beurteilung würde im konkreten Fall aber zu einem für den Revisionswerber anderen Ergebnis führen, da dann erstens der günstigere Steuersatz des § 27a EStG zur Anwendung gelangen würde und zweitens die Abgabenpflicht an die GSVA nicht eintreten würde."
17 Dieses Vorbringen stützt sich zunächst auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, wonach "nur die richtige Norm im Spruch" eines Bescheides aufscheinen dürfe. Davon sei das Bundesfinanzgericht abgewichen, weshalb die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
18 Das angeführte Erkenntnis betraf eine Verwaltungsstrafsache und beruhte in den vom Revisionswerber gemeinten Teilen auf § 44a ("Der Spruch hat (...) zu enthalten") Z 2 ("die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist") und Z 3 ("die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung") des Verwaltungsstrafgesetzes 1991. Mit dem vorliegenden Verfahren steht dies in keinem Zusammenhang, wobei die Revision auch nicht darlegt, welche falsche "Norm" nach Meinung des Revisionswerbers im "Spruch" der vor dem Bundesfinanzgericht bekämpften Bescheide "aufscheint".
19 Im weiteren Vorbringen zur Zulässigkeit wird - anders als im eben behandelten Vorbringen - davon ausgegangen, dass das Rechtsmittel "eine unrichtige Begründung bemängelt" habe. Auf die vom Bundesfinanzgericht und vom Verfassungsgerichtshof jeweils zutreffend zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit eines solchen Rechtsmittels wird nicht eingegangen. Kritisiert werden sozialversicherungsrechtliche Folgen, wobei die vom Bundesfinanzgericht und vom Verfassungsgerichtshof erwähnte Bestimmung des § 293a BAO unberücksichtigt bleibt.
20 Als Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Bundesfinanzgericht abgewichen sei, wird nur noch das Erkenntnis vom 15. September 2011, 2011/09/0096, ins Treffen geführt. In diesem Erkenntnis legte der Verwaltungsgerichtshof an der gemeinten Stelle dar, er sei (gemäß § 41 VwGG) an den in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Sachverhalt gebunden, nicht aber an die darin vorgenommene Beurteilung der Rechtslage, und der (damals:) Beschwerdeführer sei durch eine verfehlte Begründung nicht in Rechten verletzt, wenn "die richtige Beurteilung zum selben Ergebnis" führe.
21 Mit der Berufung auf dieses Erkenntnis macht der Revisionswerber der Sache nach geltend, eine gegen eine falsche Bescheidbegründung gerichtete Bescheidbeschwerde dürfe nicht gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen werden, wenn sich die falsche Begründung auf das "Ergebnis" ausgewirkt habe. Dazu ist zunächst anzumerken, dass das Gesetz für die Entscheidung über das Rechtsmittel keine Bindung an die gemäß § 250 Abs. 1 lit. c BAO zu stellenden Anträge ("Erklärung, welche Änderung beantragt werde") vorsieht (vgl. VwGH 1.10.2008, 2006/13/0036, VwSlg 8371/F) und Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, mit denen Zurückweisungen von Berufungen gegen Begründungselemente bestätigt wurden, wiederholt darauf abstellten, dass die Berufung weder darauf gerichtet "noch geeignet" gewesen sei, eine Änderung im Spruch herbeizuführen (vgl. VwGH 20.4.1995, 92/13/0086, VwSlg 6997/F; 20.6.1995, 92/13/0093; 18.11.2003, 2003/14/0083).
22 Mit dem Hinweis auf sozialversicherungsrechtliche Folgen - zu denen nun auf § 293a BAO verwiesen werden kann - zielt der Revisionswerber von vornherein nicht darauf ab, die Eignung seines Rechtsmittels zur Herbeiführung einer Änderung im Spruch der vor dem Bundesfinanzgericht angefochtenen Bescheide zu behaupten. In diese Richtung zielt nur die ganz am Schluss des Zulässigkeitsvorbringens - anders als im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht und auch noch in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - erstmals erhobene Behauptung, bei Annahme einer anderen Einkunftsart hätte "der günstigere Steuersatz des § 27a EStG zur Anwendung" gelangen (und damit eine Änderung im Spruch der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 erfolgen) müssen. In diesem Zusammenhang wird nun auch als einer der Revisionspunkte die Verletzung im Recht auf "Anwendung des begünstigten Steuersatzes nach § 27a EStG" geltend gemacht.
23 § 27a EStG 1988, auf dessen ersten Absatz sich die Revision dabei zu beziehen scheint, wurde erst mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, eingeführt und kommt für die Besteuerung der in den Jahren 2008 bis 2010 zugeflossenen Beträge nicht als Rechtsgrundlage in Betracht. Ein konkretes Vorbringen darüber, um welche nach früherer Rechtslage (vgl. § 37 Abs. 8 EStG 1988 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011) zur Anwendung eines besonderen Steuersatzes führende Veranlagungsform es sich gehandelt haben solle, enthält auch die Revision nicht ("Er veranlagte 2007 eigenes Geld, indem er es der (...) in Dubai gab und hoffte, es mit Verzinsung oder sonstiger Rendite wieder zu bekommen") und könnte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) auch nicht mehr erstattet werden.
24 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017130093.L00Im RIS seit
23.02.2018Zuletzt aktualisiert am
04.04.2018