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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §162;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und den Hofrat Dr. Nowakowski sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des A L in W, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 27. April 2015, Zl. RV/7100326/2013, betreffend Wiederaufnahme der Umsatzsteuer für 2005 bis 2009 und Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006 bis 2009 sowie Umsatzsteuer und Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2005 bis 2010, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Gesamtrechtsnachfolger der L & L OG (Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB im März 2015).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 27. April 2015 wies das Bundesfinanzgericht eine Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Umsatzsteuer für 2005 bis 2009 und die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006 bis 2009 sowie gegen die Umsatzsteuerbescheide und die Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für 2005 bis 2010 ab. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.
3 Das Bundesfinanzgericht vertrat, wie das Finanzamt nach einer im März 2012 abgeschlossenen Außenprüfung, die Auffassung, dass Leistungen von 14 Subunternehmen nicht von diesen an die L & L OG erbracht worden seien. Da die L & L OG den im Jahr 2011 erfolgten Aufforderungen zur Empfängerbenennung nach § 162 BAO nicht entsprochen habe, seien die verbuchten Fremdleistungsaufwendungen nicht anzuerkennen. Die gemäß § 19 Abs. 1a UStG 1994 auf die L & L OG als Leistungsempfängerin übergegangene Umsatzsteuerschuld sowie die Vorsteuern aus Bauleistungen seien im selben Ausmaß zu kürzen.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, ist mit der Nennung von Personen, die als Empfänger bezeichnet werden, der Aufforderung nach § 162 BAO dann nicht entsprochen, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind. Hat die namhaft gemachte Person eine Leistung nicht erbracht, sei es, dass es sich dabei um eine "Briefkastenfirma", d.h. um ein Unternehmen handelt, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann, sei es aus anderen Gründen, so kann diese Person auch nicht als Empfänger im Sinne des § 162 BAO angesehen werden (vgl. VwGH 31.5.2006, 2002/13/0145, und VwGH 28.2.2012, 2008/15/0005). Die Antwort des Steuerpflichtigen auf Verlangen nach exakter Empfängerbenennung ist - wie alle anderen Sachverhaltsangaben - im Rahmen der freien Beweiswürdigung von der Abgabenbehörde zu würdigen (vgl. VwGH 14.10.2010, 2008/15/0124).
8 Dass das Bundesverwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, zeigt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen, wonach die nötige Beweisvorsorge getroffen und die Empfänger genau benannt worden seien, nicht auf.
9 Soweit zur Zulässigkeit der Revision ausgeführt wird, das Bundesfinanzgericht habe ohne nachvollziehbare Begründung die von der L & L OG beauftragten Subunternehmen als Betrugsfirmen eingestuft, ist auf die detaillierten Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zu den einzelnen Unternehmen zu verweisen. Dabei hat das Bundesfinanzgericht zu jedem der 14 Subunternehmen dargelegt, aufgrund welcher konkreten Umstände (Unauffindbarkeit des Geschäftsführers des Subunternehmens, kein Firmensitz an der Rechnungsadresse, Kassaquittungen nicht vom Geschäftsführer unterzeichnet, keine Nennung der Personen, die an Stelle des Geschäftsführers die Gelder in Empfang genommen hätten, Aussagen vorgeblicher Arbeitnehmer, etc.) es im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt ist, dass die genannten Subunternehmen nicht als Leistungserbringer und damit auch nicht als Empfänger der abgesetzten Beträge anzusehen sind. Dass das Bundesfinanzgericht seine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise gepflogen hätte (vgl. etwa den Beschluss VwGH 31.5.2017, Ro 2014/13/0025), zeigt die Revision nicht auf.
10 Wenn der Revisionswerber vorbringt, die L & L OG habe ihre Vertragspartner laufend überprüft, Firmenbuchabfragen durchgeführt, die Gewerbeberechtigungen dokumentiert und ab September 2009 auch die "HUF-Abfragen" vorgenommen, ist dies im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht stichhaltig, wonach die L & L OG damit ihren Sorgfaltspflichten bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen nicht ausreichend nachgekommen sei. Der Revisionswerber tritt den Ausführungen des Bundesfinanzgerichts nicht konkret entgegen, wonach die L & L OG etwa die für das Bestehen solcher Geschäftsbeziehungen üblichen Unterlagen über die Leistungserbringung selbst (insbesondere Stundenaufzeichnungen der Arbeiter, Besprechungsprotokolle, Bautagebücher, diversen Schriftverkehr) nicht habe vorlegen können.
11 Soweit der Revisionswerber vorbringt, die Bauleistungen seien tatsächlich erbracht und die Zahlungen geleistet worden, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Umstand, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der behaupteten Zahlungen sind, einer Absetzung der geltend gemachten Zahlungen als Betriebsausgaben iSd § 162 BAO selbst dann entgegensteht, wenn vom tatsächlichen Vorliegen - an unbenannt gebliebene Empfänger - geleisteter Zahlungen auszugehen ist (vgl. z.B. VwGH 28.5.1997, 94/13/0230, VwSlg 7186/F, VwGH 15.9.1999, 99/13/0150, und - zuletzt - VwGH 20.12.2017, Ra 2016/13/0041).
12 Wenn der Revisionswerber - unter Bezugnahme auf für Abgabenverfahren vor dem Bundesfinanzgericht im Übrigen nicht maßgebliche Bestimmungen des AVG - eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht durch das Bundesfinanzgericht rügt, ohne dies näher zu begründen, wird damit ein relevanter Verfahrensfehler nicht dargetan. Ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen wird durch das ebenfalls weitgehend unbestimmt bleibende Zulässigkeitsvorbringen, wonach "die wesentlichen Umstände bereits im Jahr 2009" bekannt gewesen seien, weiters nicht aufgezeigt, wobei die Revision auch hier auf die Begründung des Bundesfinanzgerichtes zu den Wiederaufnahmebescheiden nicht eingeht.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
14 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015130032.L00Im RIS seit
23.02.2018Zuletzt aktualisiert am
30.07.2018