TE Vwgh Beschluss 2018/1/24 Ra 2015/13/0002

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Veröffentlicht am 24.01.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/04 Steuern vom Umsatz;
41/05 Stiftungen Fonds;

Norm

BAO §22;
B-VG Art133 Abs4;
PSG 1993 §1 Abs1;
UStG 1994 §2 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und den Hofrat Dr. Nowakowski sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. Oktober 2014, Zl. RV/7100291/2011, betreffend Umsatzsteuer 2006 bis 2009 sowie Umsatzsteuerfestsetzung für April und Mai 2010 (mitbeteiligte Partei: M Privatstiftung in W, vertreten durch die Deloitte Audit Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1/Freyung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge, weil die Privatstiftung eine Vermietungstätigkeit ausgeübt habe, aufgrund derer ihr die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 UStG 1994 zugekommen sei (den Missbrauchsüberlegungen des Finanzamtes sei nicht zu folgen). Weiters sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgrund der einheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen einer Privatstiftung und deren Stifter bzw. Begünstigen nicht zulässig sei.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der Amtsrevision wird zur Begründung der Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das Bundesfinanzgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere den Erkenntnissen vom 7. Juli 2011, 2007/15/0255, VwSlg 8654/F, und vom 19. Oktober 2011, 2008/13/0046, VwSlg 8671/F, abgewichen.

6 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen wird nicht konkret dargelegt, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von den genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. zu diesem Konkretisierungserfordernis z.B. VwGH 13.9.2017, Ra 2017/13/0058, mwN).

7 Im Übrigen hat das Bundesfinanzgericht nach eingehender Auseinandersetzung mit der (auch oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung, ob eine fremdübliche Vermietung vorliegt, an Hand des Gesamtbilds der Verhältnisse vorgenommen und insbesondere der, bereits von der Betriebsprüfung zugestandenen, Angemessenheit des vereinbarten Mietzinses wesentliche Bedeutung beigemessen (vgl. dazu zuletzt auch VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0033, und VwGH 18.10.2017, Ra 2016/13/0050, mwN). Dabei ist es den im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt nicht bestrittenen Ausführungen der Mitbeteiligten in ihrer Beschwerde zur Fremdüblichkeit der Mietkonditionen hinsichtlich des Entgelts, der Vertragsdauer und der Kündigungsmöglichkeit gefolgt. Das angefochtene Erkenntnis enthält dazu auch die Feststellung, dass das Finanzamt die Berufung (Beschwerde) ohne Stellungnahme zur Entscheidung vorgelegt habe.

8 Soweit die Amtsrevision in der Zulässigkeitsbegründung für die Fremdunüblichkeit des Mietverhältnisses nun erstmals darauf hinweist, der Mietvertrag sei am 13. August 2008 rückwirkend zum 1. Jänner 2008 abgeschlossen worden, sodass die Stifterin die Liegenschaft mehr als ein halbes Jahr ohne einen schriftlichen Mietvertrag genutzt habe, und die ermittelte Renditemiete sei derart hoch, dass die mitbeteiligte Partei die Wohnimmobilie an einen fremden Dritten nicht rentabel vermieten könnte, ist auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) zu verweisen.

9 Zum Zulässigkeitsvorbringen, wonach sich die Mieterin das laut Mietvertrag zu entrichtende Mietentgelt von der Stiftung zuwenden lasse, sodass es auf der Ebene der Privatstiftung durch das Mietverhältnis zu keiner Vermögensvermehrung komme bzw. der Mietzins vom Vermieter wirtschaftlich getragen werde, ist weiters auf das auch im angefochtenen Erkenntnis angesprochene Trennungsprinzip aufmerksam zu machen. Da einer Privatstiftung eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, ist die Stiftung von der Person des Stifters bzw. des Begünstigten ebenso zu trennen wie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung von ihren Gesellschaftern (vgl. etwa VwGH 23.2.2010, 2008/15/0097, VwSlg 8519/F; 26.1.2011, 2007/13/0084, VwSlg 8607/F; 15.6.2014, 2010/13/0105). Dass eine - von der Betriebsprüfung ohnedies auch nur hinsichtlich Umsatzsteuer angenommene - rechtsmissbräuchliche Gestaltung vorliegen würde, hat das Bundesfinanzgericht ausdrücklich verneint, wogegen sich die Revision auch nicht mehr wendet.

10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1  und 3 VwGG zurückzuweisen.

11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015130002.L00

Im RIS seit

23.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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