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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §34 Abs8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Oststeiermark in 8330 Feldbach, Gnaserstraße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. Oktober 2017, Zl. RV/2100812/2017, betreffend Einkommensteuer 2015 (mitbeteiligte Partei: F H in H), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 beantragte der Mitbeteiligte u.a. den Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung seiner Tochter für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015. Die Tochter sei Lehrling in einem Restaurant in einem Nachbarort; ihre Arbeitszeit sei täglich von Montag bis Sonntag ab 11:30 bis 21 bzw. 22 Uhr, weshalb kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung stehe.
2 Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid vom 16. März 2017 u.a. den Pauschbetrag für die auswärtige Berufsausbildung lediglich für drei Monate, woraufhin der Mitbeteiligte Beschwerde erhob.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten teilweise Folge und änderte den bekämpften Bescheid ab. Begründend führte das Bundesfinanzgericht u.a. aus, von Montag bis Freitag hätten für die Hinfahrt mehrere Verkehrsverbindungen (die schnellste mit 18 Minuten) und für die Rückfahrt nur eine Verbindung mit einer Fahrzeit von 1 Stunde 16 Minuten festgestellt werden können. Am Samstag und Sonntag hätten jedoch gar keine öffentlichen Verkehrsverbindungen bestanden, obwohl die Tochter als Lehrling in Ausbildung zu einer Restaurantfachfrau auch an diesen Tagen hätte arbeiten müssen. Auch wenn die Ausbildungsstätte nur 7 km vom Wohnort entfernt sei, könne aufgrund der mangelnden öffentlichen Verkehrsverbindungen daher nicht davon gesprochen werden, dass die Ausbildungsstätte gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995, innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen sei (Hinweis auf VwGH 20.12.2016, Ra 2014/15/0011).
4 Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für unzulässig, weil die Rechtsfrage, wann von einem Ausbildungsort im Einzugsbereich des Wohnortes auszugehen sei, durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hinlänglich geklärt sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts.
6 Zur Zulässigkeit bringt die Revision vor, dass entgegen der Begründung zur Nichtzulässigkeit der Revision im angefochtenen Erkenntnis die Rechtsfrage, wann von einem Ausbildungsort im Einzugsbereich des Wohnortes auszugehen sei, durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht hinlänglich geklärt sei, zumal sich der VwGH in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 2016, Ra 2014/15/0011, nicht mit der in § 2 Abs. 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes festgelegten Mindestentfernung von 25 km für die Definition des Einzugsbereiches befasst habe. Dem Verordnungsgeber dürfe angesichts der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht unterstellt werden, dass schon bei geringsten Entfernungen zwischen Wohnort und (außerhalb des Wohnortes liegender) Ausbildungsstätte (im Revisionsfall ca. 7 km) eine steuerlich begünstigte auswärtige Berufsausbildung vorliegen könne.
7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 EUR pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
12 Gemäß § 2 Abs. 1 der zu dieser Bestimmung erlassenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001, gelten "Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum
Wohnort ... dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des
Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden".
13 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 2016, Ra 2014/15/0011, zu dieser Bestimmung ausgeführt hat, muss es sich beim "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" iSd § 2 Abs. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 - ungeachtet dessen, ob die Auszubildende dieses auch tatsächlich benutzen kann - um ein solches handeln, welches während des Tages Verkehrsverbindungen mit einer Fahrtdauer von höchstens einer Stunde sicherstellt. Aus der Zusammenschau von Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Satz der Verordnung ergibt sich aber, dass die "tägliche Fahrt" maßgeblich ist. Die Zumutbarkeit ist somit nur gegeben, wenn an jedem Tag, an dem die Ausbildungsstätte aufgesucht werden muss, eine solche Verkehrsverbindung (mit einer Fahrtdauer von je höchstens einer Stunde) besteht.
14 Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist dem Bundesfinanzgericht nicht entgegen zu treten, wenn es schon angesichts der fehlenden öffentlichen Verkehrsverbindung am Wochenende - ungeachtet der räumlichen Nähe der revisionsgegenständlichen Ausbildungsstätte zum Wohnort - davon ausgegangen ist, dass die Ausbildungsstätte nicht im Einzugsbereich des Wohnorts gemäß § 2 Abs. 1 der zitierten Verordnung gelegen ist.
15 An diesem Ergebnis ändert auch der Hinweis des Finanzamts auf § 2 Abs. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 idF BGBl. II Nr. 449/2001 nichts, wonach "Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km ... als nicht im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen (gelten), wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen (zB Unterbringung in einem Internat)." Mit dieser Regelung wird nämlich - wie das Bundesfinanzgericht zu Recht bereits ausgeführt hat - lediglich für Schüler oder Lehrlinge mit einer Zweitunterkunft am Ausbildungsort eine begünstigende Sonderregelung getroffen, wonach diesfalls ab Überschreiten einer solchen Entfernung ein Pauschbetrag auch ungeachtet einer zumutbaren Erreichbarkeit ihres Hauptwohnortes mit öffentlichen Verkehrsverbindungen zustehen kann. Eine allgemeine Mindestentfernung von 25 km für die Definition "Einzugsbereich des Wohnortes" in § 34 Abs. 8 EStG 1988 ist dieser Bestimmung jedoch nicht zu entnehmen.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Jänner 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150104.L00Im RIS seit
23.02.2018Zuletzt aktualisiert am
12.04.2018