TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/7 LVwG-AV-862/001-2017

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Veröffentlicht am 07.12.2017
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Entscheidungsdatum

07.12.2017

Norm

BAO §4 Abs1
KanalG NÖ 1977 §1a Z9
KanalG NÖ 1977 §2 Abs4
KanalG NÖ 1977 §3 Abs6
KanalG NÖ 1977 §14 Abs1 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau MK, vertreten durch
Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft, ***, ***, vom 6. Juni 2017 gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** vom 2. Mai 2017, Zl. KA-31650/2016, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 22. Dezember 2016 betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.       Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) stattgegeben und der angefochtene Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde *** dahingehend abgeändert, dass in Stattgebung der gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** erhobenen Berufung dieser ersatzlos behoben wird..

2.       Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Frau MK (in der Folge: Beschwerdeführerin) ist grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***, EZ ***, KG *** mit der topographischen Anschrift *** gewesen. Auf diesem Grundstück befand sich ein Wohngebäude, welches mit zwei Geschoßen an die Ortswasserleitung und den Ortskanal angeschlossen ist. Weiters ist die Beschwerdeführerin grundbücherliche Eigentümerin der Grundstücke *** und *** EZ *** KG *** mit der topographische Anschrift *** gewesen, welche an das Grundstück *** (KG ***, EZ ***, unmittelbar angrenzten. Auf diesem Grundstück befand sich ein Wohngebäude, welches an die Ortswasserleitung und den Ortskanal angeschlossen ist:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: imap geodaten des Landes Niederösterreich, Abfrage vom 14. September 2017)

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 7. Juli 2017, Zl. ***, wurden die Grundstücke *** und *** EZ ***, KG *** mit dem Grundstück Nr. ***, EZ *** KG *** zum Grundstück Nr. ***, EZ *** KG *** vereinigt.

1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 13. Juli 2009 wurde dem damaligen Eigentümer (JK, Ehegatte der Beschwerdeführerin) aufgrund seines Ansuchens die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Zubaus am bestehenden Wohnhaus erteilt.

1.2.2.

Mit Schreiben vom 9. November 2011 wurde von Herrn JK eine Fertigstellungsmeldung nach § 30 der NÖ Bauordnung mit allen notwendigen Unterlagen erstattet.

1.2.3.

Im Jahre 2016 erfolgte ein weiterer Zubau, der mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** nachträglich bewilligt wurde.

1.2.4.

Mit Schreiben vom 27. März 2017 wurde von der Beschwerdeführerin eine Fertigstellungsmeldung nach § 30 der NÖ Bauordnung 2014 mit allen notwendigen Unterlagen erstattet.

1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.3.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde *** vom 22. Dezember 2016, Zl. KA-31650/2016, wurde der Beschwerdeführerin für die in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft *** unter Zugrundelegung einer Differenz-Berechnungsfläche von 126,46 m² und eines Einheitssatzes von € 12,- eine Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe im Betrag von € 1.669,27 (inkl. USt.) vorgeschrieben. Begründend wird ausgeführt, dass als Berechnungsfläche vor der Änderung eine Fläche von 403,07 m² ermittelt worden sei, während als Berechnungsfläche nach der Änderung eine Fläche von 529,53 m² herangezogen worden wäre. Insgesamt sei von der Abgabenbehörde I. Instanz eine Differenz-Berechnungsfläche von 126,46 m² ermittelt worden.

1.3.2.

Gegen diesen Abgabenbescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. Jänner 2017 durch ihre ausgewiesene Vertretung fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründete diese umfangreich.

1.3.3.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Gemeindevorstandes des Gemeinde *** vom 3. Mai 2017, Zl. KA-31650/2016, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

1.4. Beschwerdevorbringen:

Mit Schreiben vom 6. Juni 2017 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertretung das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein und begründeten diese im Wesentlichen wie ihre Berufungsschrift.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

1.5.1.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2017 legte die Gemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten sowie Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Gemeindevorstandes) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den bezughabenden Akt der Gemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.5.2.

Im Rahmen der für den 31. August 2017 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass sie Eigentümerin sowohl des (verfahrensgegenständlichen) Grundstückes Nr. *** als auch des unmittelbar angrenzenden Grundstückes Nr. *** gewesen sei, zumal ein Teil des errichteten Zubaus über dieses zweitgenannte Grundstück rage. Der erste Zubau sei 2009 fertiggestellt worden und wäre die Fertigstellungsmeldung wurde 2011 erstattet worden. Zur zweiten Fertigstellungsmeldung vom März 2017 gab die Beschwerdeführerin an, dass dieses Vorhaben errichtet worden sei. Dazu wurde von Seiten der belangten Behörde ausgeführt, dass das dazugehörige Bauverfahren vor kurzem abgehandelt und beendet worden sei. Von Seiten der Beschwerdeführerin wurde zu einem bestätigt, dass die Flächen des Hauses und der Zubauten von der Gemeinde nachgemessen worden wären und dass diese dem Grunde nach nicht bestritten werden.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.3. NÖ Kanalgesetz 1977idF LGBl. 8230-9:

§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:

1. bebaute Fläche: Die bebaute Fläche ist diejenige Grundrissfläche, die von der lot-rechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt wird. Unberücksichtigt bleiben: bauliche Anlagen, welche die Geländeoberfläche nicht oder nicht wesentlich überragen, nicht konstruktiv bedingte Außenwandvorsprünge, untergeordnete Bauteile. ...

6. Geschossfläche: die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschosses ergebende Fläche; …

9. Liegenschaften: Grundstücke, die an eine öffentliche Kanalanlage anzuschließen bzw. bereits angeschlossen sind sowie solche Grundstücke, die an ein anzuschließendes oder angeschlossenes Grundstück unmittelbar angrenzen und dem gleichen Liegenschaftseigentümer gehören;

§ 2. (1) Für den möglichen Anschluss an die öffentliche Kanalanlage ist eine Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten. …

(4) Bei einer späteren Änderung der seinerzeit der Bemessung zugrunde gelegten Berechnungsgrundlagen (§ 3 Abs. 2) ist eine Ergänzungsabgabe zu der bereits entrichteten Kanaleinmündungsabgabe zu entrichten, wenn sich durch diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Bestand nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 6, eine höhere Abgabe ergibt.

§ 3. (1) Die Höhe der Kanaleinmündungsabgabe ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche (Abs. 2) mit dem Einheitssatz (Abs. 3).

(2) Die Berechnungsfläche wird in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschosse multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlussverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.

(3) Die Berechnungsfläche wird in der Weise ermittelt, dass die Hälfte der bebauten Fläche mit der um 1 erhöhten Zahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschosse multipliziert und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird. Nicht angeschlossene Gebäude oder Gebäudeteile zählen zur unbebauten Fläche. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlussverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre. ….

(6) Die Ergänzungsabgabe ergibt sich aus dem Differenzbetrag zwischen der Abgabe für den Bestand nach der Änderung und der Abgabe für den Bestand vor der Änderung, wobei beide Abgaben nach dem bei Entstehung der Abgabenschuld geltenden Einheitssatz zu berechnen sind. Die Berechnungsfläche ist für den Bestand vor der Änderung und für den Bestand nach der Änderung jeweils gemäß § 3 Abs. 2 zu ermitteln.

Abgabepflichtiger

§ 9. Die Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr sind unabhängig von der tatsächlichen Benützung der öffentlichen Kanalanlage von jedem Liegenschaftseigentümer zu entrichten, für dessen Liegenschaft die Verpflichtung zum Anschluß besteht oder der Anschluß bewilligt wurde. …

§ 12. Die Abgabenschuld für die Kanaleinmündungsabgabe (Sonderabgabe, Ergänzungsabgabe) entsteht

a)   im Falle der Neuerrichtung eines Kanals in dem Zeitpunkt, in dem der Anschluß der anschlußpflichtigen Liegenschaft an den Kanal möglich ist;

b)    im Falle einer Bauführung mit dem Einlangen der Fertigstellungsanzeige im Sinne der Bauordnung bei der Behörde bzw.

c)    wenn eine solche nicht erforderlich ist, mit der Fertigstellung des Vorhabens oder mit dem Eintritt der Änderung.

Abgabenbescheid

§ 14. (1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

a)   die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);

b)    die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);

c)   Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit.b festgesetzten Gebühren;

(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung als Abgabenbescheid;

b) den Grund der Ausstellung;

c) bei der Fäkalienabfuhr die Zahl der jährlichen Einsammlungen;

d) die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe;

e) den Fälligkeitstermin, im Falle des Abs. 1 lit.b und c die Fälligkeitstermine und die Höhe der jeweiligen Teilbeträge;

f) die Rechtsmittelbelehrung und

g) den Tag der Ausfertigung.

(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.

(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit. c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.

2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist begründet.

3.1.1.

Grundsätzlich ist hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr. ***, EZ *** KG *** (topographische Anschrift ***) und der Grundstücke Nr. *** und *** EZ *** KG *** KG (topographische Anschrift ***) gewesen ist, welche unmittelbar aneinander angrenzten. Diese Grundstücke wurden mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 7. Juli 2017 zu einem einzigen Grundstück Nr. ***, EZ *** KG *** vereinigt.

3.1.2.

Der im NÖ Kanalgesetz 1977 verwendete Begriff „Liegenschaft“ wurde vom Landesgesetzgeber im § 1a Z.9 dieses Gesetzes auch näher definiert. Demnach umfasst eine Liegenschaft sämtliche Grundstücke, die an eine öffentliche Kanalanlage anzuschließen bzw. bereits angeschlossen sind sowie solche Grundstücke, die an ein anzuschließendes oder angeschlossenes Grundstück unmittelbar angrenzen und dem gleichen Liegenschaftseigentümer gehören.

Der hier verwendete Begriff „Liegenschaft“ wird somit durch den Begriff „Grundstück (Parzelle)“ definiert, kann aber weder mit dem Begriff „Grundstück (Parzelle)“ noch mit dem Liegenschaftsbegriff im Sinne des Grundbuchsrechtes gleichgesetzt werden. Aus der Definition des § 1a Z. 9 NÖ Kanalgesetz 1977 ergibt sich, dass sich eine Liegenschaft auch aus mehreren Grundstücken zusammensetzen kann. Allerdings ist ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang erforderlich. Damit bei mehreren Grundstücken von einer Liegenschaft gesprochen werden kann, müssen diese unmittelbar aneinander angrenzen. Außerdem müssen bei den aneinander angrenzenden Grundstücken die gleichen Eigentumsverhältnisse vorliegen.

Die Berechnung der Kanaleinmündungsabgabe (und der Ergänzungsabgabe) erfolgt liegenschaftsbezogen, wie sich aus dem NÖ Kanalgesetz 1977 unmittelbar ergibt (vgl. z.B. § 3 Abs. 1 oder § 9 leg.cit.). Es ist dabei nicht maßgebend, ob eine Liegenschaft aus einer Parzelle oder aus mehreren Parzellen bzw. Grundstücken besteht. Es ist stets die gesamte an die öffentliche Kanalanlage anzuschließende bzw. angeschlossene Liegenschaft zu erfassen.

3.1.3.

Im gegenständlichen Fall wurden die Grundstücke *** und *** (KG ***, EZ ***, topographische Anschrift ***) und das Grundstücke *** (KG ***, EZ ***, topographische Anschrift ***) durch zwei Abgabenbescheide getrennt erfasst.

Beide Grundstücke standen im bücherlichen Eigentum der Beschwerdeführerin und grenzten unmittelbar aneinander an (und sind mittlerweile vereinigt). Im Sinne der zitierten Begriffsbestimmung des § 1a Z.9 NÖ Kanalgesetz 1977 handelt es sich daher um eine einheitliche Liegenschaft im Sinne des NÖ Kanalgesetzes 1977, für welche die Kanaleinmündungsabgabe (und die Ergänzungsabgabe) mit einem einheitlichen Abgabenbescheid festzusetzen ist. Liegenschaftsteile können nicht Gegenstand einer Gebührenvorschreibung sein.

Die Festsetzung der Ergänzungsabgabe zur Kanaleinmündungsabgabe nur für einen Liegenschaftsteil (hier nur für das Grundstück *** alt) erweist sich daher schon dem Grunde nach als rechtswidrig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Gemeinderecht; Finanzen; Ergänzungsabgabe; Kanaleinmündungsabgabe; Berechnung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.AV.862.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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