TE Bvwg Erkenntnis 2018/2/13 W125 2185698-1

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Veröffentlicht am 13.02.2018
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Entscheidungsdatum

13.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W125 2185698-1/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, vertreten durch die Österreichische Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.1.2018, Zahl 1177845205-171428758, zu Recht erkannt:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG im Umfang des Spruchpunktes IV. ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, Angehöriger der Volksgruppe der Punjabi und der Religion des Sikhismus zugehörig, stellte am 28.12.2017 den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung am darauffolgenden Tag brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt vor, in einem Fitnesscenter gearbeitet und dort drei Männer kennengelernt zu haben, die eines Tages von der Polizei mit Drogen im Wert von ungefähr einer Million Euro erwischt worden seien. Da diese erwähnt hätten, nachfolgend den Beschwerdeführer im Fitnessstudio treffen zu wollen und die Polizei auch aufgrund der vielen Anrufe gesehen habe, dass diese guten Kontakt zum Beschwerdeführer gehabt hätten, sei auch der Beschwerdeführer verdächtigt worden. In der Folge sei er von der Polizei auf die Polizeistation mitgenommen und befragt worden. Da ein Freund des Beschwerdeführers von der Polizei getötet worden sei, habe er große Angst gehabt und sei schließlich auf Anraten seiner Mutter aus dem Heimatland ausgereist. Die Polizei habe in der Folge regelmäßig die Mutter des Beschwerdeführers aufgesucht und belästigt. Im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland habe der Beschwerdeführer Angst davor, sein Leben lang in Haft zu sitzen, da es eine falsche Anzeige gegen ihn gebe.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 15.1.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Punjabi niederschriftlich einvernommen.

Dazu aufgefordert, seine Fluchtgründe zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er, nachdem Freunde von ihm mit einer großen Menge Drogen erwischt worden seien, auch selbst von der Polizei wegen Suchtgiftdelikten verdächtigt worden sei und auch gegen ihn Ermittlungen begonnen hätten. Einer der Freunde des Beschwerdeführers sei von der Polizei derart brutal behandelt worden, dass dieser sein Leben verloren habe. In der Folge sei die Polizei öfter beim Beschwerdeführer zu Hause gewesen und hätten diese auch seine Eltern mitgenommen. Dem Beschwerdeführer sei vorgeworfen worden, Drogen von den drei Freunden gekauft und weiterverkauft zu haben. Der Beschwerdeführer habe aufgrund der Probleme auch seinen Job im Fitnesscenter verloren und sei schließlich nach Delhi gereist, wo er für einige Monate verblieben sei, bevor er das Land verlassen habe.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.1.2018 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 28.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), diesem gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 AsylG nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). In Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs 1a FPG nicht bestehe.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 26.1.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass ihm für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe zur Seite gestellt werde.

5. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der Österreichischen Flüchtlings- und MigrantInnenhilfe vom 31.1.2018, mit der die Entscheidung wegen inhaltlich falscher Entscheidung und mangelhafter Verfahrensführung im vollen Umfang angefochten wurde.

Begründend wurde insbesondere geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer in logischer Art ein Bedrohungsszenario vorgebracht habe, das jedenfalls einer genaueren Überprüfung bedurft hätte. Eine Pauschalbegründung dahingehend, das Vorbringen sei unglaubwürdig und von Vornherein nicht asylrelevant, sei keinesfalls ausreichend.

6. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 9.2.2018.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchteil A)

1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (1.) der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

(2.) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG kann das Bundesamt einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn (1.) der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt, (2.) schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

(3.) der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat, (4.) der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat, (5.) das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, (6.) gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

(7.) der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

2. Im vorliegenden Fall stützte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine Begründung hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG, weil der Beschwerdeführer Verfolgungsgründe im Verfahren nicht vorgebracht habe.

Wie sich aus dem Verfahrensgang ergibt, begründet der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz damit, dass er im Heimatland Angst davor habe, von der Polizei wegen Suchtmitteldelikten falsch verdächtigt, misshandelt und zu Unrecht verurteilt zu werden.

Der Beschwerdeführer hat damit Verfolgungsgründe vorgebracht, die potentiell auch einen Bezug zu Aspekten des internationalen Schutzes aufweisen können, jedenfalls hinsichtlich subsidiären Schutzes.

Die Behebung von Spruchpunkt IV. erweist sich daher als notwendig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die vorgebrachten Fluchtgründe bei seiner Beweiswürdigung im Übrigen auch gänzlich außer Acht gelassen. Für das Beschwerdeverfahren ergibt sich bei dieser Sachlage unter Beachtung der höchstgerichtlichen Judikatur daher auch die Notwendigkeit, eine Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers abzuhalten.

Es war zusammengefasst Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben. Um einen gravierenden Nachteil für den Beschwerdeführer zu verhindern, wurde dieser Spruchpunkt vorab behandelt. Über die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird in einem weiteren Erkenntnis nach Durchführung einer zeitnah angesetzten mündlichen Verhandlung gesondert entschieden.

3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2). Da der entsprechende Spruchpunkt des Bescheides aufzuheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 VwGVG unterbleiben.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung der
Entscheidung, ersatzlose Behebung, Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W125.2185698.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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