TE Vwgh Erkenntnis 2018/1/24 Ra 2017/13/0023

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Veröffentlicht am 24.01.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

BAO §201;
BAO §217 Abs7;
BAO §217;
BAO §271;
EStG 1988 §93;
UStG 1994;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der Z GmbH in E, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Laudongasse 25/III, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. Jänner 2017, Zl. RV/7103166/2016, betreffend Festsetzung erster Säumniszuschläge (§ 217 BAO), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 15. Jänner 2016 wurde u.a. ausgeführt, die Revisionswerberin (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich, deren Allein-Gesellschafter und Geschäftsführer seinen Wohnsitz in der Slowakei hat) habe im Zeitraum 2010 bis 2013 sieben Subfirmen beauftragt, welche vom Finanzamt als Firmen eingestuft würden, die Schein- bzw. Deckungsrechnungen ausstellten. Die Revisionswerberin habe im genannten Zeitraum selbst über kein eigenes Personal verfügt; für alle ausgeführten Arbeitsleistungen hätten Subunternehmen beauftragt werden müssen. Das Finanzamt habe umfangreiche Ermittlungen im Zusammenhang mit den Subfirmen durchgeführt. Dabei sei festgestellt worden, dass die vorgelegten Dienstnehmeranmeldungen der Subfirmen bei der Gebietskrankenkasse Fälschungen gewesen seien. Die angegebenen Personen hätten entweder überhaupt nicht existiert oder sie seien nie für die genannten Unternehmen tätig gewesen. Fünf Personen, die als Dienstnehmer ausgegeben worden seien, seien befragt worden; sie hätten alle angegeben, dass sie weder die Revisionswerberin noch deren Auftraggeber oder die Subfirma kannten. Auch die Arbeitszeitaufzeichnungen hätten sich als Fälschungen herausgestellt. Es seien auch die Auftraggeber überprüft worden; bei keinem Auftraggeber habe festgestellt werden können, welche Arbeitnehmer die Tätigkeiten tatsächlich ausgeführt hätten. Beim Abgleich der Unterschriften auf den vorgelegten Belegen für die getätigten Barzahlungen durch die Revisionswerberin sei festgestellt worden, dass die Unterschriften auf den Belegen nicht mit den Musterzeichnungen der Zeichnungsberechtigten laut Firmenbuch übereinstimmten. Ein Vorsteuerabzug sei ausgeschlossen, da die Aussteller der Rechnungen nicht die leistenden Unternehmer gewesen seien. Es stelle sich die Frage, ob es sich nicht um bloße Deckungsrechnungen gehandelt habe, somit überhaupt kein Unternehmen beauftragt worden sei und die Arbeitnehmer als Schwarzarbeiter von der Revisionswerberin beschäftigt worden seien. Der Vorsteuerabzug sei auch deshalb nicht möglich, weil es sich bei allen Subfirmen im Zeitpunkt der Leistungserbringung um Scheinfirmen gehandelt habe und die handelnden Organe der Revisionswerberin ihre kaufmännische Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hätten. Als Betriebsausgaben seien (gemäß § 184 BAO) lediglich 50% der geltend gemachten Ausgaben im Zusammenhang mit den angeführten Subfirmen anzuerkennen. Die sich aus der Nichtanerkennung der Betriebsausgaben ergebenden Mehrgewinne, die in den Büchern nicht erfasst worden seien, begründeten eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Geschäftsführer (und Allein-Gesellschafter) der Revisionswerberin.

2 Mit Bescheid vom 9. Februar 2016 setzte das Finanzamt erste Säumniszuschläge betreffend Umsatzsteuer 2010 (Frist: "15.02.2011"), 2012 (Frist: "15.02.2013") und 2013 (Frist: "17.02.2014") sowie betreffend Kapitalertragsteuer 11/2013 (Frist: "15.01.2014") fest. Begründend wurde ausgeführt, die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil die Revisionswerberin die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der genannten Fristen entrichtet habe.

3 Die Revisionswerberin erhob (u.a.) gegen diesen Bescheid Beschwerden; bekämpft wurden (u.a.) weiters die ebenfalls in der Folge der Außenprüfung ergangenen Bescheide betreffende Wiederaufnahme (Umsatzsteuer 2012), Umsatzsteuer 2010, 2012 und 2013 sowie Kapitalertragsteuer 2013.

4 Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 13. April 2016 wies das Finanzamt die Beschwerden betreffend "Nebengebühren" (Säumniszuschläge betreffend Umsatzsteuer 2010, 2012 und 2013 sowie betreffend Kapitalertragsteuer 11/2013) als unbegründet ab.

5 Die Revisionswerberin beantragte die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, laut Aktenlage seien die Umsatzsteuer 2010, 2012 und 2013 sowie die Kapitalertragsteuer 11/2013 nicht zu den Fälligkeitstagen entrichtet worden, sodass objektiv Säumnis eingetreten sei.

8 Soweit in den Beschwerden Einwendungen gegen die zugrunde liegenden Abgaben- und Haftungsbescheide betreffend Umsatzsteuer und Kapitalertragsteuer vorgebracht würden, könne dieses Vorbringen im vorliegenden Verfahren der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages trete unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides ein. Ein Bescheid über einen Säumniszuschlag sei auch dann rechtmäßig, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig sei. Im Falle einer Herabsetzung der zugrunde liegenden Abgabenschuldigkeiten seien die Säumniszuschläge amtswegig anzupassen.

9 Zu prüfen sei jedoch der Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO. Es gehe dabei um die Frage, ob die Revisionswerberin ein grobes Verschulden bei der unrichtigen Selbstberechnung bzw. bei der unterbliebenen Abfuhr der den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Umsatz- und Kapitalertragsteuerschuldigkeiten anzulasten sei. Im vorliegenden Fall seien Sachverhaltsfragen strittig, bei deren Lösung bzw. Beantwortung die rechtlichen Schlüsse eindeutig und unzweifelhaft getroffen werden könnten. Die Klärung von strittigen Sachverhaltsfragen könne nur dem Abgabenverfahren vorbehalten und nicht Gegenstand eines Einbringungsverfahrens betreffend Säumniszuschlag sein. Bei Klärung der Sachverhaltsfragen sei die rechtliche Konsequenz eindeutig, sodass vordergründig der Sachverhalt strittig sei.

10 § 217 Abs. 7 BAO normiere einen Begünstigungstatbestand. Ein Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet sei, werde vom Antragsprinzip beherrscht. Der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung trete gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der Begünstigungswerber habe selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne.

11 Im vorliegenden Fall hänge die Verschuldensbeurteilung klarerweise von der vollständigen Klärung der Sachverhaltsfragen ab. Mit ihrem Beschwerdevorbringen sei es der Revisionswerberin jedoch nicht gelungen, sämtliche im Rahmen der Außenprüfung aufgezeigten Anhaltspunkte zum Vorliegen eines groben Verschuldens von vornherein auszuräumen, sodass der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein könne. Dies umso mehr, als sich aus der umfangreichen Begründung des zugrunde liegenden Berichtes über die Außenprüfung gravierende Anhaltspunkte hinsichtlich des Vorliegens eines groben Verschuldens der handelnden Personen der Revisionswerberin ergäben.

12 Das Bundesfinanzgericht sei daher im vorliegenden Einbringungsverfahren betreffend Säumniszuschlag nicht gehalten gewesen, die von der Revisionswerberin beantragten Beweise (Einvernahme des Geschäftsführers sowie des ehemaligen Prokuristen) aufzunehmen; es wäre vielmehr Aufgabe der Revisionswerberin selbst gewesen, einen derartigen Nachweis bzw. eine Glaubhaftmachung zu erbringen. In Anbetracht der Vielzahl der im Rahmen der Außenprüfung aufgezeigten Sorgfaltsmängel (seit vielen Jahren bekannte Betrugsanfälligkeit des Bau- und Baunebengewerbes; Urkunden von Subunternehmern seien offenkundig unkontrolliert entgegen genommen worden; die Subfirmen seien niemals am Firmenort aufgesucht worden; es seien gefälschte Dienstnehmeranmeldungen der Subfirmen bei der Gebietskrankenkasse sowie gefälschte Arbeitsaufzeichnungen vorgelegt worden; mehrere Eingangsrechnungen verschiedener Firmen wiesen nahezu gleiches Aussehen und Schriftbild auf und verwendeten teilweise dieselben Kontonummern; zum überwiegenden Teil seien Barzahlungen erfolgt, ohne die Identität der Bargeldempfänger zu überprüfen und deren Unterschriften zu kontrollieren) sei der Beweisantrag im Rahmen des Verfahrens zur Erlangung eines Begünstigungsbescheides nicht geeignet, das "Nichtvorliegen" eines groben Verschuldens an der unrichtigen bzw. unterbliebenen Selbstberechnung (Kapitalertragsteuer) von vornherein "auszuräumen". Auch wenn den für die Revisionswerberin handelnden Personen die Fälschung der vorgelegten Anmeldung und der vorgelegten Ausweise nicht erkennbar gewesen sei, was für sich vom Bundesfinanzgericht nicht bezweifelt werde, sei in Anbetracht des Gesamtbildes der Sachverhaltsfeststellungen und der Vielzahl der von der Betriebsprüfung aufgezeigten Sorgfaltsverletzungen damit das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO an der Unrichtigkeit der Selbstbemessung und an der nicht erfolgten Abfuhr der in Rede stehenden Selbstbemessungsabgaben keinesfalls erwiesen.

13 Das Erkenntnis weiche nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab und habe auch die Klärung von Sachverhaltsfragen im Einzelfall und keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand. Eine ordentliche Revision sei daher nicht zulässig.

14 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. 15 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung

("Antwortschrift") eingebracht.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Die Revision ist zulässig und begründet.

18 Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde nach § 198 Abs. 1 BAO die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.

19 Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (§ 201 Abs. 1 BAO).

20 Nach § 210 Abs. 1 BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig.

21 Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten.

22 Nach § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

23 Nach § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

24 Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich (vgl. VwGH 24.3.2015, 2012/15/0206).

25 Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig, rechtskräftig, mit Beschwerde angefochten oder richtig selbst berechnet wurde (vgl. VwGH 17.9.2014, 2012/17/0552, mwN). Damit stößt es im Allgemeinen auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, wenn über Beschwerden gegen die Säumniszuschlagsbescheide entschieden wird, obwohl über die gegen die Stammabgabenbescheide gerichteten Beschwerden noch nicht abgesprochen wurde (vgl. neuerlich - unter Hinweis auf § 217 Abs. 8 BAO - VwGH 24.3.2015, 2012/15/0206).

26 Nimmt ein zur Selbstberechnung verpflichteter Eigenschuldner oder Abfuhrpflichtiger die Selbstberechnung vor und entrichtet er (zeitgerecht) den selbst berechneten Betrag, so ist für die Beurteilung nach § 217 Abs. 7 BAO ausschlaggebend, ob ihn an der Fehlberechnung (d.h. an der zu niedrigen Berechnung) ein grobes Verschulden trifft. Dies wird beispielsweise nicht der Fall sein, wenn der Selbstberechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt (vgl. VwGH 6.4.2016, Ro 2016/16/0007, mwN).

27 Sowohl die Umsatzsteuer (vgl. etwa VwGH 24.2.2004, 99/14/0278; 24.3.2009, 2006/13/0156) als auch die Kapitalertragsteuer (vgl. etwa VwGH 10.11.1993, 91/13/0181; 27.1.2009, 2006/13/0096) sind vom Abgabepflichtigen (Abfuhrpflichtigen) selbst zu berechnen.

28 Dass die selbst berechneten Abgaben zeitgerecht entrichtet wurden, ist nicht strittig.

29 Entscheidend ist demnach, ob die Revisionswerberin ein grobes Verschulden an der (allfälligen: das Rechtsmittel der Revisionswerberin zu den Stammabgaben ist noch unerledigt) Unrichtigkeit der Selbstberechnung trifft. Diese Rechtsfrage kann freilich nur auf Basis des konkreten Sachverhalts beantwortet werden. Demnach wäre es aber im vorliegenden Fall erforderlich gewesen, Feststellungen zu den strittigen Umständen des Sachverhalts zu treffen; hiezu wären auch die von der Revisionswerberin beantragten Beweise aufzunehmen gewesen.

30 Wenn das Bundesfinanzgericht hiezu ausführt, es wäre an der Revisionswerberin gelegen gewesen, unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne, so hatte die Revisionswerberin zum Sachverhalt ohnehin umfangreich und konkret Vorbringen erstattet und hiezu auch Beweisanträge gestellt. Dass die Revisionswerberin die sie treffende Behauptungslast und Konkretisierungspflicht nicht erfüllt hätte (vgl. VwGH 4.9.2008, 2007/17/0118, mwN), ist damit nicht ersichtlich.

31 Im Übrigen ist die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts nicht nachvollziehbar, wenn dieses zwar nicht bezweifelt, dass die Fälschungen (der Anmeldungen und der Ausweise) den Vertretern der Revisionswerberin nicht erkennbar gewesen seien, es aber meint, im Hinblick auf die Vielzahl der von der Betriebsprüfung aufgezeigten Sorgfaltsverletzungen sei das Nichtvorliegen eines groben Verschuldens keinesfalls erwiesen. Ein erheblicher Teil der - auch im angefochtenen Erkenntnis dargelegten - Sorgfaltsmängel steht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der vorgelegten Urkunden (und den daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen). Schließlich handelt es sich bei der Frage, ob grobes Verschulden vorliegt (oder nicht), entgegen den Darlegungen des Bundesfinanzgerichts nicht um eine Frage, die zu beweisen wäre ("erwiesen"); es handelt sich vielmehr um eine Rechtsfrage.

32 Das Bundesfinanzgericht wird sohin im fortgesetzten Verfahren die beantragten Beweise aufzunehmen und die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen zu treffen haben, um sodann beurteilen zu können, ob die Revisionswerberin grobes Verschulden an der angenommenen Unrichtigkeit der Selbstberechnung trifft. Dem Bundesfinanzgericht wird es aber auch offen stehen, das Verfahren zu den Säumniszuschlägen gemäß § 271 BAO - bis zur Entscheidung über die Stammabgaben - auszusetzen, was von der Revisionswerberin auch beantragt worden war. Entgegen dem Revisionsvorbringen liegt die Aussetzung aber im Ermessen des Bundesfinanzgerichts; die Partei hat keinen Rechtsanspruch auf Aussetzung des Verfahrens (vgl. Ritz, BAO6, § 271 Tz 17).

33 Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts zu prüfen hat. Dass - wie in der Revision gerügt wird - nicht bereits in der Beschwerdevorentscheidung auf den in der Beschwerde gestellten Antrag der Revisionswerberin nach § 217 Abs. 7 BAO eingegangen wurde, berührt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aber nicht; insbesondere führt dies nicht zur Unzuständigkeit des Bundesfinanzgerichts.

34 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

35 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017130023.L00

Im RIS seit

21.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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