TE Vwgh Erkenntnis 2018/1/30 Ra 2017/08/0042

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §242;
ASVG §410;
ASVG §44;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse in Graz, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Wastiangasse 7, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. März 2017, Zl. G305 2117951- 1/42E, betreffend Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (weitere

Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz in 1010 Wien, Stubenring 1; mitbeteiligte

Partei: Mag. B in G, vertreten durch Dr. Florian Perschler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4/6), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 4. November 2009 erkannte die Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) der Mitbeteiligten eine Alterspension zuzüglich Kinderzuschuss in Höhe von EUR 1.198,80 zu. Die Mitbeteiligte erhob eine auf Zuerkennung einer höheren Pension gerichtete Klage. Diese wurde vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht mit Urteil vom 24. Jänner 2011 abgewiesen. Die Mitbeteiligte erhob Berufung an das Oberlandesgericht Graz (im Folgenden: OLG).

2 Dieses unterbrach gemäß § 74 Abs. 1 ASGG mit Beschluss vom 10. November 2011 das Berufungsverfahren, bis über die strittige Vorfrage der Höhe der Beitragsgrundlagen der Mitbeteiligten in den Jahren 1965 bis 2008 als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofsverfahrens entschieden worden sei. Bei den jeweils zuständigen Versicherungsträgern werde die Einleitung des Verfahrens in Verwaltungssachen angeregt.

3 Mit Bescheid vom 9. April 2013 stellte die revisionswerbende Gebietskrankenkasse (im Folgenden: GKK) fest, dass die Mitbeteiligte im Zeitraum 3. Jänner 1966 bis 29. Februar 2000 mit jeweils näher bezeichneten Beitragsgrundlagen (allgemeinen Beitragsgrundlagen und Beitragsgrundlagen für Sonderzahlungen) "zur Sozialversicherung gemeldet" gewesen sei. Der Einwand der Mitbeteiligten bezüglich der Höhe der Beitragsgrundlagen habe sich nicht bestätigt. Die von den Dienstgebern jährlich gemeldeten Beitragsgrundlagennachweise und die gespeicherten Beitragsgrundlagen stimmten überein, die gespeicherten Beitragsgrundlagen seien sozialversicherungsrechtlich korrekt.

4 Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Einspruch, der ab dem 1. Jänner 2014 als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) zu behandeln war.

5 Auf Grund dieses Rechtsmittels hob das BVwG den bekämpften Bescheid mit Beschluss vom 11. September 2014 gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die GKK zurück.

6 Begründend führte es - unter umfangreicher Zitierung von Rechtssätzen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - im Wesentlichen aus, dass im Verfahren vor der GKK die Wahrung des Parteiengehörs mangelhaft geblieben sei und die GKK die Grundsätze eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens nicht eingehalten habe. Die GKK habe gegen das im Verwaltungsverfahren geltende Überraschungsverbot verstoßen. Im weiteren Verfahren werde es der Mitbeteiligten von der GKK im Rahmen des zu wahrenden Parteiengehörs zu ermöglichen sein, vom Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und dazu Stellung zu beziehen; die GKK werde schon im Bescheid auf allfällige substantiierte Einwendungen sachgerecht einzugehen haben. Die Begründung des bekämpften Bescheides entspreche insgesamt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine notwendige Begründung könne nicht außerhalb des angefochtenen Bescheides nachgeholt werden, wie es die GKK in ihrer Stellungnahme vom 26. Juni 2013 versucht habe. Das BVwG gehe davon aus, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG für eine meritorische Entscheidungspflicht nicht gegeben seien. Um eine abschließende Beurteilung, in welcher Höhe die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen der Mitbeteiligten für die Pensionsberechnung der Jahre 1965 bis 2008 gegeben seien, vornehmen zu können, wären weitere konkrete Feststellungen und Ermittlungen notwendig gewesen. Mangels eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens fehle dem BVwG eine ausreichende Beurteilungsgrundlage betreffend die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen. Die GKK werde sich im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen der Mitbeteiligten (Einspruch vom 10. Mai 2013, Äußerung vom 9. August 2013) auseinanderzusetzen und auf die diesbezüglichen Einwände im Rahmen des vorzunehmenden Parteiengehörs einzugehen haben. Die Feststellung der Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen der Mitbeteiligten werde von der GKK durch ein ordnungsgemäßes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen sein, da nur so eine "zulässige" Entscheidungsgrundlage im gegenständlichen Verfahren geschaffen werden könne, die eine begründete Sachentscheidung über die verfahrensgegenständliche Rechtsfrage erst ermögliche.

7 In der Folge erließ die GKK den Bescheid vom 27. August 2015. Sie stellte in den Spruchpunkten 1. bis 3. (getrennt nach den jeweiligen Dienstgebern Steiermärkische Landesregierung, OLG Graz und Steirische Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH) neuerlich fest, dass die Mitbeteiligte im Zeitraum 3. Jänner 1966 bis 29. Februar 2000 mit jeweils näher bezeichneten Beitragsgrundlagen (allgemeinen Beitragsgrundlagen und Beitragsgrundlagen für Sonderzahlungen) "zur Sozialversicherung gemeldet" gewesen sei. Mit Spruchpunkt 4. sprach sie aus, dass mangels Zuständigkeit nicht über Ersatzzeiten oder neutrale Zeiten abgesprochen werde. Mit Spruchpunkt 5. sprach sie aus, dass mangels Zuständigkeit nicht über die höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen abgesprochen werde.

8 Zum Spruchpunkt 1. führte die GKK aus, dass die Prüfung von strittigen Beitragsgrundlagen grundsätzlich dahingehend erfolge, dass alle "sich im Haus befindlichen" Unterlagen gesammelt und mit dem Vorbringen der Versicherten verglichen würden. Darüber hinaus werde mit der PVA Kontakt aufgenommen, um Datenmaterial zur Einsichtnahme zu erhalten. Schließlich werde mit den ehemaligen und/oder aktuellen Dienstgebern Kontakt aufgenommen, um gespeicherte Grundlagen zu verifizieren. Im Zuge dessen habe die GKK das Amt der Steiermärkischen Landesregierung um Übermittlung der Lohnunterlagen der Mitbeteiligten für den Zeitraum 1966 bis 1998 ersucht. Es seien die Jahresgrundlagen für den Zeitraum 1979 bis 1998 übermittelt worden, da ältere Unterlagen nicht mehr vorhanden seien. Die Daten stimmten mit jenen überein, die der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeichert habe. Sie stimmten auch mit den originären Gehaltslisten überein. Hinsichtlich des Vorbringens, dass die Mitbeteiligte nicht korrekt eingestuft worden wäre, habe festgestellt werden können, dass sie am 27. September 1965 nach Ablegung der Staatsprüfung in Stenotypie um Aufnahme in den Landesdienst als Schreibkraft angesucht habe. Mit Dienstvertrag vom 8. Februar 1966 sei sie per 3. Jänner 1966 als Schreibkraft im Entlohnungsschema I/d eingestellt worden. Mit 1. April 1975 sei sie in den Verwaltungsfachdienst, Entlohnungsgruppe I/c, überstellt worden. Im Juni 1977 habe sie an einem Gymnasium für Berufstätige die Reifeprüfung abgelegt und um Überstellung in die Entlohnungsgruppe I/b ersucht. Nach Wiederantritt ihres Dienstes im April 1978 nach der Geburt des ersten Kindes sei seitens der Dienstgeberin versucht worden, diesem Wunsch nach b-wertiger Verwendung im Bereich der Landesbuchhaltung zu entsprechen, was aber mangels eines freien Dienstpostens gescheitert sei. Ab Juni 1980 bis November 1989 habe sich die Mitbeteiligte mit kurzfristigen Unterbrechungen auf Grund der Geburten ihrer weiteren fünf Kinder in Mutterschutz und Karenz befunden. Weitere Ansuchen auf Überstellung aus den Jahren 1984 und 1986 hätten ebenfalls nicht positiv behandelt werden können. Aus versicherungsbzw. beitragsrechtlicher Sicht sei die Mitbeteiligte immer ihrer Verwendung adäquat, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen, eingestuft gewesen. Die Ablegung der Reifeprüfung bzw. eines Universitätsstudiums alleine begründe keinen Anspruch auf ein höheres Entgelt. Die Voraussetzungen für eine höherwertige Verwendung seien von der Mitbeteiligten zwar geschaffen worden, allerdings sei sie tatsächlich nicht höherwertig eingesetzt worden. Sollte ihr in diskriminierender Weise ein höherwertiger Dienstposten verweigert worden sein, wäre es ihre Aufgabe gewesen, entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten, um einen solchen einzufordern. Ein höheres Entgelt als das gemeldete bzw. ein höherer Anspruchslohn lasse sich daraus nicht konstruieren oder ableiten. Die Beitragsgrundlagen für die im Spruch angegebenen Zeiten seien somit korrekt.

9 Zum Spruchpunkt 2. führte die GKK aus, dass sie das OLG um Übermittlung von Lohnunterlagen für die Mitbeteiligte ersucht habe. Es seien daraufhin Protokolle über die An- und Abmeldung, Krankenstandsbestätigungen und Amtsbestätigungen übermittelt worden. Weitere Unterlagen - wie die angeforderten Lohnkonten oder Beitragsgrundlagennachweise - seien laut Auskunft des OLG nicht vorhanden. Auch ohne Lohnkonten könne aber festgestellt werden, dass die gemeldete und beim Hauptverband gespeicherte allgemeine Beitragsgrundlage korrekt sei, da als Ausbildungsbeitrag gemäß § 17 des Rechtspraktikantengesetzes - RPG für einen Kalendermonat 70% des monatlichen Gehalts eines Richteramtsanwärters anzusetzen seien. Zur Nichtleistung von Sonderzahlungen sei festzuhalten, dass die Mitbeteiligte im Zeitraum 1. bis 28. April 1998 tätig gewesen sei. Nach dem RPG in der demnach maßgeblichen Fassung habe (wie die GKK näher erläuterte) kein Anspruch auf Sonderzahlungen bestanden. Die Nichtmeldung bzw. Nichtauszahlung einer Sonderzahlung sie somit korrekt gewesen.

10 Zum Spruchpunkt 3. wurde erklärt, dass die GKK die Steirische Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträger GmbH um Übermittlung von Lohnunterlagen ersucht habe. Es seien jedoch weder bei der Dienstgeberin noch bei deren Steuerberater Unterlagen für die Jahre 1999 und 2000 aufgelegen.

11 Unter der Überschrift "Beweiswürdigung" führte die GKK aus, dass die übermittelten Unterlagen - soweit vorhanden - keinen Zweifel an ihrer Richtigkeit ließen. Die Mitbeteiligte habe bis dato keine substanziellen Anmerkungen zur möglicherweise nicht korrekten Höhe der Beitragsgrundlagen gemacht, wozu ihr im Rahmen des Parteiengehörs ausreichend Gelegenheit geboten worden sei. Es sei lediglich moniert worden, dass die GKK die maßgeblichen Datenquellen von Amts wegen in geeigneter und zielführender Weise erheben hätte müssen. Dies sei nunmehr, soweit möglich, geschehen. Darüber hinaus habe die Mitbeteiligte keine Unterlagen zur Verfügung gestellt, die darauf schließen ließen, dass ihr im Zuge der Beschäftigungsverhältnisse mehr ausgezahlt worden sei als nach den vorgemerkten Beitragsgrundlagen. Dazu könne noch angemerkt werden, dass sie im Rahmen der diversen Beschäftigungsverhältnisse zB Krankengeld bezogen habe, das aus den von der Dienstgeberin gemeldeten Entgelten berechnet werde. Auch diesbezüglich habe die Mitbeteiligte die Zahlungen der Höhe nach offensichtlich akzeptiert und keine Leistungsklage erhoben. Auch zu den beim Hauptverband gemeldeten Versicherungszeiten seien keine Argumente vorgebracht worden, die eine Korrektur notwendig machen würden. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass die von den Dienstgeberinnen ursprünglich gemeldeten Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen die richtigen seien.

12 Zum Spruchpunkt 4. führte die GKK insbesondere aus, dass ein Gericht (mit einem Unterbrechungsbeschluss) den Verwaltungsbehörden nicht mehr sachliche und örtliche Zuständigkeiten zusprechen könne, als ihnen gesetzlich zukämen. Die Mitbeteiligte weise in ihrem Versicherungsverlauf eine Reihe von Versicherungszeiten auf, die nicht auf eine Tätigkeit bei einem Dienstgeber zurückzuführen seien, also sich nicht auf eine Pflichtversicherung gründeten, sondern als Ersatzzeiten möglicherweise pensionsrelevant seien. Dabei handle es sich um Zeiten, in denen Krankengeld bzw. Wochengeld oder Karenzurlaubsgeld bezogen worden sei. Weiters fänden sich Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bezogen worden sei oder ein Ausschluss von einer solchen Leistung gegolten habe. Darüber hinaus seien Zeiten der Kindererziehung, eines Schulbesuchs und Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung der Mitbeteiligten gespeichert. Zu all diesen Zeiten lasse sich feststellen, dass sie als anspruchs- oder leistungswirksame Zeiten für die Pensionsberechnung Berücksichtigung fänden, ohne dass ein Beitrag entrichtet worden wäre. Zur Feststellung und Bewertung sei nicht die GKK, sondern der Pensionsversicherungsträger sachlich zuständig. Dies sei dem § 29 ASVG eindeutig zu entnehmen. Es sei auch kein Zufall, dass der vierte Teil des ASVG mit "Pensionsversicherung" betitelt sei. Die Aufgaben und gesetzlichen Vorgaben, die sich hier in den §§ 221 ff fänden, seien vom sachlich und örtlich zuständigen Pensionsversicherungsträger wahrzunehmen.

13 Zum Spruchpunkt 5. erklärte die GKK wie schon zum Spruchpunkt 4., dass ein Gericht den Verwaltungsbehörden nicht mehr sachliche und örtliche Zuständigkeiten zusprechen könne, als ihnen gesetzlich zukämen. Die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen zu ermitteln und zu berechnen, liege ausschließlich im Zuständigkeitsbereich des Pensionsversicherungsträgers. Dazu lieferten die Krankenversicherungsträger bzw. das AMS nur die Vorarbeit, indem zum einen Beitragsgrundlagen aus den Zeiten der Pflichtversicherung festgestellt und zum anderen Leistungsbezugszeiten eingespeichert würden. Die Versicherungspflicht und die Höhe der jährlichen Beitragsgrundlagen aus den drei Beschäftigungsverhältnissen seien in den Spruchpunkten 1. bis 3. festgestellt worden. Für die restlichen Zeiten seien zum Teil keine Grundlagen vorgemerkt (Schulzeiten, Nachkauf von Versicherungszeiten, Zeiten der Kindererziehung), weil es sich um Ersatzzeiten handle, die nur vom Pensionsversicherungsträger im Leistungsfeststellungsverfahren zu bewerten seien. Selbst jene Grundlagen für Ersatzzeiten, die beim Hauptverband aufschienen, basierten auf den festgestellten Beitragsgrundlagen aus den Beschäftigungsverhältnissen und reflektierten die Höhe der Leistungszahlung; es sei Aufgabe des zuständigen Pensionsversicherungsträgers, diese Zeiten pensionsrelevant zu bewerten. Die vom OLG in seiner Begründung angesprochene Beitragsgrundlage, die für die Berechnung der Bemessungsgrundlage von Bedeutung sei, ergebe sich aus den Beitragsgrundlagen der Beschäftigungsverhältnisse. Zu den von der Mitbeteiligten geforderten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen sei anzumerken, dass das Sozialversicherungsrecht die Übermittlung eines Beitragsgrundlagennachweises respektive Lohnzettels durch den Dienstgeber an den Krankenversicherungsträger vorsehe, auf dem das jährliche sozialversicherungsrelevante Entgelt als Jahresbeitragsgrundlage gemeldet werde (Sonderzahlungen würden extra gemeldet). Eine monatliche Aufteilung dieser Jahresbeitragsgrundlage sei gesetzlich nicht vorgesehen. Benötige man eine monatliche Betrachtung, werde die Jahresbeitragsgrundlage in zwölf gleich hohe monatliche Grundlagen aufgeteilt. Es komme also stets zu einer Durchschnittsbetrachtung. Da die spezifische monatliche Grundlage keine Relevanz in der Krankenversicherung habe, der Dienstgeber sie nicht übermitteln müsse und auch keine Möglichkeit zur EDV-technischen Vormerkung bestehe, werde eine solche monatliche Grundlage nicht festgestellt. Die Bildung von monatlichen Grundlagen werde nur im Fall der Pensionsfeststellung benötigt, wobei die sachliche Zuständigkeit wie auch die Fachkompetenz bei der PVA lägen. Bedenke man überdies, dass im Fall der Mitbeteiligten mehrere Gebietskrankenkassen beteiligt seien (darüber hinaus noch das AMS und die PVA selbst), stelle sich die Frage, welcher Träger oder ob alle gleichzeitig die besten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen festzustellen hätten. Gerade aus diesem Grund habe der Gesetzgeber diese Aufgabe dem zuständigen Pensionsversicherungsträger übertragen. Dieser habe festzustellen, wie sich diese Zeiten für die Pensionsberechnung auswirkten. Die einschlägigen Bestimmungen seien im vierten Teil des ASVG unter der Überschrift "Pensionsversicherung" zu finden. Auch aus dieser Gliederung des ASVG sei zu schließen, dass für die pensionsrechtlich relevante Berechnung einer Bemessungsgrundlage oder für das Feststellen der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen immer die PVA zuständig sei. Ähnlich verhalte es sich mit der Nichtberücksichtigung der Überschneidung von Zeiten der Kindererziehung mit anderen Versicherungsmonaten; die Pensionsrelevanz dieser Frage falle nicht in den Zuständigkeitsbereich der Gebietskrankenkassen.

14 Abschließend ging die GKK noch im Einzelnen auf verschiedene von der Mitbeteiligten angesprochene Schriftstücke und Verfahrensschritte ein.

15 Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Beschwerde an das BVwG. Sie rügte in der Beschwerde und drei ergänzenden Stellungnahmen auf das Wesentlichste zusammengefasst, dass die GKK ihre Versicherungszeiten und Ersatzzeiten nur teilweise berücksichtigt habe. Sie habe überdies nur - auf der Grundlage nicht nachvollziehbaren sekundären Datenmaterials - jährliche Meldungen von Beitragsgrundlagen zur Sozialversicherung festgestellt. Stattdessen hätte der Bescheid für die Berechnung der Alterspension der Mitbeteiligten die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen in Euro festzustellen gehabt. Das Land Steiermark habe sie nicht ausbildungsadäquat beschäftigt und entlohnt. Überdies sei die Festsetzung des Vorrückungsstichtages mit Vollendung des 18. Lebensjahres diskriminierend und daher rechtswidrig gewesen.

16 Das BVwG führte am 11. April 2016 eine mündliche Verhandlung durch, an welcher die Mitbeteiligte - nach ihrem Vorbringen aus gesundheitlichen Gründen - nicht teilnahm. Mit Schreiben vom 15. April 2016 forderte das BVwG die Mitbeteiligte auf, Lohnunterlagen für die Jahre 1999 bis 2000 und 1966 bis 1976 vorzulegen, ein detailliertes Vorbringen zu ihrem Ausbildungsgang und ihrer praktischen Verwendung bei der Steiermärkischen Landesregierung unter Namhaftmachung von Zeugen zu erstatten, bekanntzugeben, ob und wann sie ihre Einstufung im Landesdienst bekämpft habe, eine Antragstellung gemäß § 68a ASVG zur Nachentrichtung verjährter Beiträge sowie den Nachkauf von Versicherungszeiten nachzuweisen und sämtliche Ersatzzeiten darzustellen. Mit Eingabe vom 4. Mai 2016 legte die Mitbeteiligte ein Urkundenkonvolut vor (insbesondere Beitragsgrundlagen-Nachweiskarten für die Jahre 1966 bis 1971, Computerausdrucke mit je einer - nicht erläuterten - Zeile für die Jahre 1972 bis 1976, einen Dienstvertrag samt Nachträgen und einen Bescheid betreffend den Nachkauf von Versicherungszeiten für das Jahr 1965). Ergänzend verwies sie insbesondere auf die Bindungswirkung des Unterbrechungsbeschlusses des OLG und des Beschlusses des BVwG vom 11. September 2014. Außerdem nannte sie EDV-Fortbildungen, die sie absolviert habe, und beschrieb ihre verschiedenen Tätigkeiten im Verwaltungsdienst.

17 Mit Schreiben vom 12. Mai 2016 forderte das BVwG die GKK auf, eine Auflistung sämtlicher von der Mitbeteiligten erworbenen Pensionsversicherungszeiten zu übermitteln, bekanntzugeben, ob sie während ihrer Dienstzeit beim Land Steiermark korrekt eingestuft gewesen sei bzw. ob und unter welchen Bedingungen nachträglich eine Höhereinstufung möglich wäre. Die GKK teilte daraufhin mit, dass es ihr nur möglich sei, die Zeiten der Pflichtversicherung festzustellen; in weiterer Folge habe der Pensionsversicherungsträger (Versicherungs-)Zeiten als pensionswirksam zu erklären. Außerdem nahm die GKK zu den von der Mitbeteiligten angegebenen Zeiten Stellung. Eine Fehleinstufung der Mitbeteiligten beim Land Steiermark sei nicht ersichtlich. Die Behauptung der Dienstnehmerin allein, in gewisser Art und Weise tätig gewesen zu sein, reiche für eine Änderung der Einstufung nicht aus. Die Mitbeteiligte habe niemals gegenüber ihrer Dienstgeberin eine unrichtige Einstufung geltend gemacht.

18 Die Mitbeteiligte replizierte darauf mit Schreiben vom 8. Juli 2016. Sie erklärte unter anderem, dass sich die "außergewöhnliche Dimension" ihrer unrichtigen Einstufung erst auf Grund der "Beschäftigung mit der niedrigen Pension" in Höhe von EUR 1.169,73 herausgestellt habe.

19 Das BVwG beraumte für den 7. November 2016 neuerlich eine mündliche Verhandlung an. Die Mitbeteiligte begehrte mangels klärungsbedürftigen Sachverhalts die Abberaumung dieser Verhandlung und wiederholte ihren Beschwerdeantrag, den Bescheid vom 27. September 2015 zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die GKK zurückzuverweisen.

20 Die Verhandlung wurde am 7. November 2016 in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Mitbeteiligten, die sich nach dessen Angaben auf einer Kur befand, durchgeführt. Dem Rechtsvertreter wurde aufgetragen, verschiedene näher bezeichnete Gehaltsnachweise vorzulegen. Das Vollmachtsverhältnis zwischen der Mitbeteiligten und dem Rechtsvertreter wurde sodann mit 1. Dezember 2016 gelöst. Die Mitbeteiligte erstattete eine weitere Stellungnahme vom 19. Dezember 2016.

21 Nachdem das BVwG einen weiteren Verhandlungstermin für den 13. März 2017 festgesetzt hatte, erklärte die Mitbeteiligte, dass sie auf die Durchführung der Verhandlung verzichte und beantragte deren Abberaumung. Mit Schriftsatz vom 1. März 2017 stellte sie einen Fristsetzungsantrag. Mit Schreiben vom 8. März 2017 teilte sie dem BVwG mit, dass sie verhindert sei, an der Verhandlung am 13. März 2017 teilzunehmen. Die Verhandlung wurde daraufhin abberaumt.

22 Mit dem angefochtenen Beschluss behob das BVwG schließlich gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den Bescheid der GKK vom 27. September 2015 und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die GKK zurück.

23 Begründend verwies es insbesondere auf die Bindungswirkung des Beschlusses des BVwG vom 11. September 2014. Es sei verfehlt, wenn die GKK der Erfüllung des verwaltungsgerichtlichen Auftrages, der unbekämpft geblieben sei, nunmehr mit einer nicht nachvollziehbaren Unzuständigkeitseinrede begegne. An der Zuständigkeit der GKK zur Feststellung der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen könne kein Zweifel bestehen. Die GKK habe den Auftrag des BVwG, die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen festzustellen und ein ordnungsgemäßes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen, mit der Erlassung des "Beharrungsbescheides" vom 27. August 2015 nicht erfüllt und damit den Eindruck erweckt, wie schon im Erstverfahren die komplexe und aufwendige Angelegenheit wieder an das BVwG delegieren zu wollen. Dies würde das BVwG zu jener Instanz machen, die "quasi in Vollziehung ihres Auftrages" im Verfahren erstmals eine Erledigung erlasse, womit zwangsläufig eine Einschränkung des Rechtsschutzes der Mitbeteiligten verbunden wäre. Vorliegend habe das BVwG schon im Hinblick auf den Beschluss vom 11. September 2014 davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG nicht gegeben seien.

24 Im fortgesetzten Verfahren werde die GKK den Auftrag, die Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen der Mitbeteiligten festzustellen, durch ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren vollständig zu erfüllen haben. Bei der Berechnung der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen sei die Anordnung des § 242 ASVG zu berücksichtigen. In der "Gesamtschau" werde sich die GKK überdies mit dem Vorbringen der Mitbeteiligten (Einspruch vom 10. Mai 2013, Äußerung und Stellungnahme vom 9. August 2013, Bescheidbeschwerde vom 25. September 2015 und das gesamte, im Zweitverfahren erstattete Schriftsatzvorbringen der Mitbeteiligten vor dem BVwG) auseinanderzusetzen haben.

25 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

26 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der GKK.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:

27 Die GKK bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, dass sich das BVwG mit der Zurückverweisung über das Prinzip der Trennung von Leistungs- und Verwaltungssachen hinweggesetzt habe und der GKK den Auftrag zu einer Entscheidung (betreffend die Ersatzzeiten und die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen) erteile, für die sie nicht zuständig sei. Weiters bestreitet sie, dass die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG vorgelegen seien. Die GKK habe sich mit dem Vorbringen der Mitbeteiligten auseinandergesetzt; für das erst im Beschwerdeverfahren erstattete neue Vorbringen sei allerdings das BVwG zuständig. Überdies fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, wie weit die Prüfverpflichtung der Krankenversicherungsträger hinsichtlich der Höhe der Beitragsgrundlagen gehe, wenn der Versicherte in der Vergangenheit nichts zur Richtigstellung unternommen habe und auch während des Verfahrens nichts zur Feststellung beitrage.

28 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

29 Im gegenständlichen Feststellungsverfahren nach § 410 ASVG war es Aufgabe der GKK, die Beitragsgrundlagen der Mitbeteiligten nach den §§ 44 ff ASVG auf Grund der Beschäftigungsverhältnisse, die zu einer Pflichtversicherung nach dem ASVG in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich geführt hatten, festzustellen. Hingegen war sie nicht dafür zuständig, auch die Ersatzzeiten und/oder monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen festzustellen. Die monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen nach § 242 ASVG dienen (nur) der Bildung der Bemessungsgrundlage für die Pension nach § 238 ASVG. Ihre Ermittlung, bei der im Übrigen Beitragsgrundlagen aus dem Zuständigkeitsbereich verschiedener Krankenversicherungsträger maßgeblich sein können, ist daher Teil des Leistungsfeststellungsverfahrens, was auch der systematischen Stellung des § 242 ASVG im Vierten Teil betreffend die Pensionsversicherung entspricht. Sie hat demgemäß durch den Pensionsversicherungsträger zu erfolgen.

30 Entgegen dieser Rechtslage würde ein Beschluss gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG, in dessen tragender Begründung der GKK ein Auftrag zur Feststellung der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen erteilt wird, für das folgende Verfahren vor der GKK sowie für ein daran anschließendes Rechtsmittelverfahren und auch für den Verwaltungsgerichtshof Bindungswirkung entfalten (vgl. etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2016/04/0118). Als tragende Gründe für die Aufhebung im Beschluss des BVwG vom 11. September 2014 können indes nur die der GKK vorgeworfenen Verfahrens- und Begründungsmängel angesehen werden. Im genannten Beschluss wird zwar auch die von der GKK vorzunehmende "Feststellung der Höhe der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen" erwähnt. Es gibt aber keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass damit wirklich die Gesamtbeitragsgrundlagen im Sinn des § 242 ASVG - der an keiner Stelle zitiert wird - gemeint sind und der GKK ein Auftrag außerhalb ihrer Zuständigkeit erteilt werden sollte. Das BVwG hat in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, dass der Spruch betreffend die Feststellung der allgemeinen Beitragsgrundlagen und Sonderbeitragsgrundlagen (im Sinn des § 54 ASVG) - nicht aber der monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen - unvollständig gewesen sei, sondern nur das Ermittlungsverfahren und die Begründung der GKK bemängelt. Die GKK war daher auf Grund des Beschlusses vom 11. September 2014 (nur) verpflichtet, das Ermittlungsverfahren und die Begründung zu ergänzen und darauf einen neuen Bescheid betreffend die Feststellung der Beitragsgrundlagen zu gründen.

31 Dieser Verpflichtung ist die GKK nachgekommen, indem sie der Mitbeteiligten Parteiengehör gewährt hat und auf ihr Vorbringen in der oben wiedergegebenen Bescheidbegründung ausführlich eingegangen ist. Es kann keine Rede davon sein, dass es sich um einen bloßen "Beharrungsbescheid" handelte und die Ermittlungstätigkeit an das BVwG delegiert werden sollte. Zwar ist es richtig, dass die bloße Feststellung, mit welchen Beitragsgrundlagen die Mitbeteiligte gemeldet war, insofern nicht ausreichend war, als die Beitragsgrundlagen selbst festzustellen gewesen wären. Aus der Bescheidbegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass sich die GKK nicht mit der Wiedergabe der gemeldeten Beitragsgrundlagen begnügt, sondern deren sachliche Richtigkeit überprüft hat. Das BVwG hätte daher die Möglichkeit gehabt, den insoweit missverständlichen Spruch in einer Maßgabebestätigung zu korrigieren.

32 Ebenso wäre es Sache des BVwG gewesen, sich mit dem im Lauf des Beschwerdeverfahrens geäußerten weiteren Vorbringen der Mitbeteiligten auseinanderzusetzen. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es in erster Linie der Mitbeteiligten im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht oblegen wäre, ihre Vorwürfe hinsichtlich einer hinter dem Anspruchslohn zurückbleibenden Bezahlung so weit zu konkretisieren, dass eine Beurteilung in einer zeitlichen Distanz von einigen Jahrzehnten noch möglich ist.

33 Da die Behebung und Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht nach dem Gesagten insgesamt zu Unrecht erfolgt ist, war der angefochtene Beschluss gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

34 Ein Aufwandersatz war nicht zuzusprechen, weil die GKK selbst Rechtsträger im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG ist.

Wien, am 30. Jänner 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017080042.L00

Im RIS seit

21.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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