Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der M P in P, U, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. Juli 2017, LVwG- 411698/10/ZO, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
5 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände in der vom Gericht entschiedenen Rechtssache nicht entgegen.
6 Im Übrigen moniert die Revisionswerberin im Zulässigkeitsvorbringen die unterlassene Beiziehung eines in der Verhandlungstagsatzung vor dem Verwaltungsgericht vom 1. Juni 2017 zum Beweis der "Funktionsweise der gegenständlich beschlagnahmten Terminals" beantragten Sachverständigen aus dem Fachgebiet Nr. 60.87 (Verkaufsautomaten, Spielautomaten, Feuerzeuge) als Verfahrensmangel.
7 Die Zulässigkeit der Revision setzt bei Geltendmachung eines Verfahrensmangels neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage auch tatsächlich abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass es möglich sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 30.12.2016, Ra 2016/17/0267).
8 Das Verwaltungsgericht begründete die Annahme von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetzes (GSpG) in Bezug auf die beiden konkreten Eingriffsgegenstände dahin, dass, selbst wenn die Erzielung von Gewinnen oder Verlusten bei Betätigung des "Miniaturwalzenlaufs" möglich gewesen sein sollte und ein Spieler durch Geschick ohne größere Schwierigkeiten (gezieltes Stoppen des "Miniaturwalzenlaufwerks") das zu Spielbeginn gewählte virtuelle Walzenspiel bei den großen Walzen habe auslösen können, das Ergebnis dieses Walzenspiels und die damit verbundene Möglichkeit, für den geleisteten Einsatz einen Gewinn zu erzielen, überwiegend vom Zufall abhängig gewesen sei.
9 Soweit die Revisionswerberin demgegenüber erstmals zur Zulässigkeit vorbringt, die Entscheidung über Gewinn oder Verlust finde gegenständlich ausschließlich durch das Stoppen der Kartenfelder des "Miniaturwalzenspiels" mit dem Ziel, dass die drei Kartenfelder ("Miniaturwalzen") Ziffern zwischen 1 und 9 aufwiesen und in diesem Fall der Spieler gewonnen habe, statt, während beim "großen Walzenspiel" weder ein Gewinn, noch ein Verlust eintreten könne, weshalb der beantragte Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt wäre, die Entscheidung über das Spielergebnis im Sinne der Herbeiführung eines Gewinns oder Verlusts sei ausschließlich vom Geschick des Spielers abhängig, steht diesem Vorbringen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot entgegen.
10 Mit einem solchen unter das Neuerungsverbot fallenden Vorbringen kann jedoch nicht die Zulässigkeit einer Revision begründet werden (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/17/0035). Auch sonst vermag die Revisionswerberin in ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht darzulegen.
11 Eine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision auch sonst nicht auf.
12 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 8. Februar 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170771.L00Im RIS seit
21.02.2018Zuletzt aktualisiert am
27.11.2018