TE Lvwg Erkenntnis 2017/6/23 VGW-141/025/15280/2016

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Veröffentlicht am 23.06.2017
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Entscheidungsdatum

23.06.2017

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §21 Abs1
WMG §21 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Frey über die Beschwerde der Frau O. M.-P. vom 28.11.2011 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Region … Sozialzentrum …, vom 03.11.2016, Zl. SH/2016/942207-001, betreffend Rückforderung von Leistungen der Mindestsicherung gemäß § 21 WMG

zu Recht e r k a n n t:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:

„I.)

Sie haben die für den Zeitraum von 3/2016 bis 11/2016 zu Unrecht empfangenen Leistungen der Mindestsicherung in der Höhe von EUR 7383,98 in Teilbeträgen zurückzuzahlen.

Die Ratenzahlung hat ab 12/2016 in 36 Rate/n in der Höhe von EUR 200 monatlich und einer Rate in der Höhe von EUR 183,98 zu erfolgen.

Rechtsgrundlagen:

§ 21 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) in der geltenden Fassung.

II.)

Gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in der geltenden Fassung wird die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I.) im öffentlichen Interesse ausgeschlossen.“

Begründend führt die Verwaltungsbehörde – nach Wiedergabe einschlägiger Bestimmungen – aus:

„Das Ermittlungsverfahren hat Folgendes ergeben (Einkommen, Ausgaben, etc.):

O. M.-P., 1976

Notstandshilfe AMS

€ 30,87 tgl.

17.07.2016

 

Arbeitslosengeld AMS

€ 32,34 tgl.

05.03.2016

16.07.2016

Lohn und Gehalt aus unselbständiger Arbeit

€ 1.000,00 mtl.

01.06.2015

30.11.2015

S. P., 1977

Notstandshilfe AMS

€ 20,44 tgl.

01.05.2015

 

Wohnung

Miete

€ 540,13

01.09.2012

 

Kein Anspruch WBH oder MMB

€ 0,00

01.09.2012

 

Aufgrund des ALV-Bezuges seit 3/2016 von Fr. M.-P. entstand ha. ein Überbezug

Zeitraum

tatsächlicher Anspruch (EUR)

ausbezahlte Leistung – hierzu gehören auch Einbehalte (EUR)

Differenz (EUR)

Dez. 15

135,06

135,06

0,00

Jän. 16

1301,6

1278,63

22,97

Feb. 16

1301,6

1278,63

22,97

Mär. 16

1342,48

1319,51

22,97

Apr. 16

428,42

1278,63

-850,21

Mai. 16

351,84

1299,07

-947,23

Jun. 16

299,06

1278,63

-979,57

Jul. 16

351,84

1299,07

-947,23

Aug. 16

321,11

1278,63

-957,52

Sep. 16

344,63

1278,63

-934,00

Okt. 16

395,94

1299,07

-903,13

Nov. 16

344,63

1278,63

-934,00

Überbezug (EUR): -7.383,98

Auf Grund geänderter Verhältnisse (Vermögen-, Einkommens-, Familien- bzw. Wohnverhältnisse) ergeben sich die zu Unrecht empfangenen Leistungen.

Das Verschulden ist weder geringfügig noch wird durch die Rückforderung eine Notlage herbeigeführt.

Da die Rückforderung in einem Betrag auf Grund Ihrer finanziellen Verhältnisse nicht zumutbar ist, war die Rückforderung in angemessenen Teilbeträgen zu bewilligen.

Da das öffentliche Interesse des Landes Wien als Träger der Mindestsicherung, die Erfüllung von Rückforderungsansprüchen gemäß § 21 WMG sicherzustellen, höher zu bewerten war als das Interesse anspruchsberechtigter Personen an einem Zahlungsaufschub, war die aufschiebende Wirkung im öffentlichen Interesse auszuschließen.“

In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor:

Die Rückforderung sei nicht berechtigt, da die Forderung entstanden sei, weil die Behörde einen gravierenden Fehler gemacht habe.

Die Beschwerdeführerin habe am 18.12.2015 einen Antrag auf Mindestsicherung gestellt, nachdem sie ihre Arbeit mit 30.11.2015 verloren hätte. Als sie den Antrag gestellt habe, hätte sie bereits Arbeitslosengeld vom AMS bezogen. Die Unterlagen, die von ihr verlangt worden seien, habe sie rechtzeitig nachgereicht. Sie habe dann Ende Februar einen Bescheid bekommen, mit dem ihr die Mindestsicherung ab 18.12.2015 zuerkannt wurde. Bei diesem Bescheid sei offenbar durch einen Fehler der MA 40 ihr und ihrer Familie zu viel Geld zuerkannt worden, weil offenbar vergessen worden sei, ihr Arbeitslosengeld in der Berechnung zu berücksichtigen.

Da sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nie Sozialhilfe oder Mindestsicherung bezogen hätte, habe sie nicht wissen können, dass ihr dieser monatliche Betrag gar nicht zusteht.

Sie stelle daher den Antrag, von einer Rückforderung dieses hohen Betrages anzusehen, da dieser durch das Verschulden der MA 40 entstanden sei, also durch einen Fehler der Behörde, der niemandem aufgefallen sei.

Unbestritten steht aufgrund der Aktenlage folgender Sachverhalt fest:

Am 18.12.2015 langte ein Antrag der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten auf Mindestsicherung bei der Behörde ein. Diesem Antrag lag unter anderem eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice Wien vom 18.12.2015 bei, wonach die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Arbeitslosengeld eingebracht bzw. elektronisch per eAMS-Konto übermittelt habe.

Mit Bescheid vom 16.02.2016 zur Zahl MA 40-SH/2016/00138784-001 wurde der Beschwerdeführerin Mindestsicherung zuerkannt, wobei laut Begründung dieses Bescheides bei der Berechnung der Leistung von einem Lohn bzw. Gehalt der Beschwerdeführerin aus unselbstständiger Arbeit in Höhe von 1.000,-- Euro monatlich für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.11.2015 ausgegangen wurde. Eine Notstandshilfe oder ein Arbeitslosengeld scheint in dieser Berechnungsgrundlage in der Begründung des Bescheides vom 16.02.2016 nicht auf.

Mit Antrag auf Mindestsicherung vom 24.10.2016 legte die Beschwerdeführerin unter anderem eine Mitteilung des AMS vom 11.08.2016 vor, wonach sie von 05.03.2016 bis 16.07.2016 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 32,34 Euro bezog und von 17.07.2016 bis 15.07.2017 ihr ein Leistungsanspruch auf Notstandshilfe in Höhe von täglich 30,87 Euro gebührt.

Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes:

Gemäß § 10 Abs. 1 des Wiener Mindestsicherungsgesetzes (WMG) ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen.

Gemäß § 10 Abs. 2 WMG erfolgt bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

Gemäß § 21 Abs. 1 WMG haben Hilfe empfangende Personen jede Änderung der für die Bemessung der Leistung maßgeblichen Umstände, insbesondere der Vermögens-, Einkommens-, Familien- oder Wohnverhältnisse sowie Aufenthalte in Kranken- oder Kuranstalten oder sonstige, voraussichtlich länger als zwei Wochen dauernde Abwesenheiten vom Wohnort unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien anzuzeigen.

Gemäß § 21 Abs. 2 WMG sind Leistungen, die aufgrund einer Verletzung der Anzeigepflicht gemäß Abs. 1 zu Unrecht empfangen wurden, mit Bescheid zurückzufordern. Die Behörde ist berechtigt, die Aufrechnung gegen Ansprüche auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zu verfügen.

Gemäß § 21 Abs. 3 WMG kann die Rückforderung in Teilbeträgen erfolgen oder unterbleiben, wenn die anzeigepflichtige Person glaubhaft macht, dass die Verletzung der Anzeigepflicht auf einem geringfügigen Verschulden beruht, die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde, der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre oder der Betrag unbedeutend ist.

Im vorliegenden Fall blieb die Höhe des Rückforderungsbetrages unbestritten.

Die Beschwerdeführerin hat mit Antrag vom 18.12.2015 zwar eine Bestätigung darüber vorgelegt, dass sie einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hatte, das bedeutet aber noch nicht, dass dieser Antrag auch bewilligt wurde. Es lässt sich aus dieser Bestätigung über die Einbringung des Antrages auch nicht erkennen, in welcher Höhe das Arbeitslosengeld dann gewährt wurde.

Da die Beschwerdeführerin den Umstand der tatsächlichen Gewährung des Arbeitslosengeldes und dessen Höhe erst mit Antrag vom 24.10.2016 bekanntgab, obwohl sie bereits ab 05.03.2016 Arbeitslosengeld bezog, hat sie die Änderung der Einkommensverhältnisse nicht unverzüglich dem Magistrat der Stadt Wien angezeigt.

Die Unterlassung einer solchen Anzeige bedeutet ein nicht bloß geringfügiges Verschulden, da der Beschwerdeführerin auffallen musste, dass sich ihre Einkommensverhältnisse ab 05.03.2016 anders darstellten, als in der Begründung des Bescheides vom 16.02.2016 angegeben, weil dort ein Arbeitslosengeld bzw. eine Notstandshilfe für die Beschwerdeführerin nicht aufscheint.

Da die Möglichkeit einer Ratenzahlung besteht, kann nicht erkannt werden, dass die Rückforderung eine Notlage herbeiführen würde oder dass der Anspruch voraussichtlich uneinbringlich wäre, zumal die festgesetzten Raten nicht unangemessen hoch erscheinen, selbst wenn man die Mietkosten berücksichtigt.

Der Rückforderungsbetrag ist im Hinblick auf seine Höhe nicht als unbedeutend einzustufen.

Somit wurde der angefochtene Bescheid zu Recht erlassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

In der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides findet sich der ausdrückliche Hinweis, dass dann, wenn eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gewünscht wird, diese gleichzeitig mit der Erhebung der Einbringung der Beschwerde beantragt werden muss. Eine mündliche Verhandlung wurde jedoch nicht beantragt.

Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war auch gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen, da der für diese Entscheidung relevante Sachverhalt unbestritten blieb und da im Ergebnis nur die rechtliche Beurteilung zu überprüfen war. Aus diesem Grund stehen die in § 24 Abs. 4 VwGVG genannten Bestimmungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einem Entfall der Verhandlung nicht entgegen, zumal der Akt erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Dies entspricht insbesondere auch der Rechtsprechung des EGMR, der (siehe etwa das Urteil vom 18. Juli 2013, Nr 56422/09, Schädler-Eberle /Liechtenstein, Rz 97 ff) ebenfalls ausgesprochen hat, dass eine Verhandlung nicht geboten ist, wenn etwa keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann. Die staatlichen Behörden können auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (vgl. anknüpfend an diese Rechtsprechung auch die Erkenntnisse vom 29. Jänner 2014, Zl. 2013/03/0004, mwN, sowie vom 16. Oktober 2013, Zl. 2012/04/0086; VwGH 16.11.2015, Zl. Ra 2015/11/0091).

Zur Frage der Manuduktionspflicht des Verwaltungsgerichtes über die Möglichkeit eines Verhandlungsantrages genügt der Hinweis, dass gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG die Durchführung einer Verhandlung schon in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen ist, sodass eine Manuduktion durch das Verwaltungsgericht insoweit nicht in Betracht kommt, weil sie einen Informationsmangel des unvertretenen Beschwerdeführers betreffend die Notwendigkeit eines Verhandlungsantrages nicht mehr wirksam sanieren könnte (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 10 zu § 13a; VwGH 16.11.2015, Zl. Ra 2015/11/0091).

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche (über den Einzelfall hinausgehende) Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Rechtsfrage der Zulässigkeit der Rückforderung von Leistungen der Mindestsicherung).

Schlagworte

Mindestsicherung; Rückersatz; Anzeigepflicht; Rückforderung; Meldung; Arbeitslosengeld

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.141.025.15280.2016

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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