Index
L37293 Wasserabgabe Niederösterreich;Norm
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und Hofrat Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der B Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr. P und Dr. T, Rechtsanwälte in P, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Februar 1995, Zl. II/1-BE-521-6/1-94, betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde H), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Begehren der mitbeteiligten Marktgemeinde H auf Ersatz ihrer Aufwendungen wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Eingabe vom 25. Februar 1986 beantragte die beschwerdeführende Partei beim Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die Abbruchbewilligung für die im Plan dargestellten Bauteile auf den Grundstücken 861 und 862 sowie die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Geschäftsgebäudes. Mit zwei Bescheiden vom 21. April 1986 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die Bewilligung zum Abbruch des bestehenden Gasthauses samt Nebenräumen, eines Teiles des Kinogebäudes sowie des ehemaligen Wohnhauses sowie die Baubewilligung zur Errichtung eines Geschäftsgebäudes.
Mit Eingabe vom 10. November 1986 übermittelte die beschwerdeführende Partei "die geforderten Atteste für die Errichtung des Geschäftsgebäudes" (Attest "E-Installation", Kaminbefund) und ersuchte "um die Erteilung der Benützungsbewilligung".
Mit Bescheid vom 21. März 1988 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die Benützungsbewilligung für das mit Bescheid vom 21. April 1986 bewilligte Bauvorhaben eines Geschäftsgebäudes.
Mit einem weiteren Bescheid vom 19. April 1991 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der beschwerdeführenden Partei die Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaues an der Südostseite des bestehenden Gebäudes, für die Erweiterung der Parkplatzfläche sowie für die Errichtung einer Einfriedungsmauer.
Hiefür wurde der beschwerdeführenden Partei antragsgemäß die Benützungsbewilligung mit Bescheid vom 29. November 1993 erteilt.
1.2. Mit Abgabenbescheid vom 10. Februar 1994 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der beschwerdeführenden Partei in ihrer Eigenschaft als Bauwerberin auf der gegenständlichen Liegenschaft gemäß § 7
NÖ GemeindewasserleitungsG 1978, LGBl. 6930 idgF, eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrage von S 39.083,-- (inklusive 10 % USt) vor.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe die beschwerdeführende Partei auf der Liegenschaft einen Abbruch durchgeführt und einen Neubau samt späterem Zubau errichtet. Der Bestand vor der Änderung habe für das Gasthaus, die Hofwohnung, die Abortanlage, die Kinokasse und das WC 325,36 m2, der Anteil der unbebauten Fläche 75 m2, somit insgesamt eine Berechnungsfläche von 400,36 m2 ergeben. Der Bestand nach der Änderung betrage für das Kaufhaus einen Anteil an bebauter Fläche von 995,73 m2, für den Anteil der unbebauten Fläche ein Ausmaß von 75 m2, somit insgesamt eine Berechnungsfläche von 1.070,73 m2.
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und machte geltend, die mitbeteiligte Gemeinde hätte bereits aus Anlass der Baubewilligung vom 21. April 1986 eine Ergänzungsgebühr vorschreiben müssen; es sei daher Verjährung eingetreten - dies jedenfalls in dem Ausmaß, in dem sich die Ergänzungsabgabe auf den im Jahr 1986 errichteten Neubau beziehe. Die Ergänzungsabgabe hätte lediglich für den im Jahr 1993 erfolgten Zubau vorgeschrieben werden dürfen.
1.3. Mit Bescheid vom 13. Juli 1994 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung teilweise statt und setzte die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe mit S 17.938,-- zuzüglich 10 % USt neu fest, weil die Ermittlung der Berechnungsfläche fehlerhaft erfolgt sei. Verjährung sei nicht eingetreten, weil sich die Verjährungsfrist auf Grund der am 16. September 1993 durchgeführten Amtshandlung (Aufnahme der angeschlossenen Geschoßflächen an das öffentliche Wasserleitungsnetz des gesamten Geschäftslokales) um weitere fünf Jahre verlängert habe.
Die beschwerdeführende Partei erhob Vorstellung. Die Aufnahme der Geschoßflächen im Jahr 1993 und das Festhalten des Ergebnisses dieser Aufnahme mit einem Mitarbeiter der beschwerdeführenden Partei könne an der bereits am 31. Dezember 1991 eingetretenen Abgabenverjährung nichts mehr ändern. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre lediglich ein noch nicht verjährter Abgabenanspruch für die im Jahr 1993 bewilligte Zubaufläche der Gebührenvorschreibung zu Grunde zu legen gewesen.
1.4. Mit Bescheid vom 7. Februar 1995 - dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid - gab die Niederösterreichische Landesregierung dieser Vorstellung Folge, behob den Abgabenbescheid des Gemeinderates und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde. Nach der Begründung dieses Vorstellungsbescheides entstehe der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige gemäß § 15 Abs. 1
NÖ GemeindewasserleitungsG 1978.
Zufolge den vorgelegten Gemeindeakten habe die Beschwerdeführerin bis zur Erlassung des Berufungsbescheides eine Veränderungsanzeige nicht erstattet.
Insbesondere vermöge aber die Aufsichtsbehörde in der von einem Angestellten der Beschwerdeführerin gefertigten Niederschrift vom 16. September 1993, in welcher unter anderem festgehalten worden sei, dass sich Wasseranschlüsse sowohl im Erd- als auch im Obergeschoß des Betriebsgebäudes, nicht aber im Zubau befänden, keine Veränderungsanzeige im Sinne des Gesetzes zu erblicken. Nach Ausweis der Abgabenakten sei nämlich dieser Angestellte zur Abgabe abgabenrechtlicher Erklärungen, insbesondere zur Erstattung einer Veränderungsanzeige namens der beschwerdeführenden Partei nicht ermächtigt gewesen. Im Gemeindeakt erliege nämlich weder eine Vollmachtsurkunde noch fänden sich Anhaltspunkte für die Annahme, vor der Abgabebehörde sei eine Vollmacht mündlich erklärt worden oder es liege ein Fall nach § 60 Abs. 4 NÖ AO 1977 vor. Seine mit der eigenhändigen Unterschrift versehene Erklärung, in der er "als Alleineigentümer (Unterschriftsbevollmächtigter) der an das Wasserleitungsnetz und die Ortskanalisation angeschlossenen Liegenschaft ..." bekannt gegeben habe, dass das Erdgeschoß und das Obergeschoß des Betriebsgebäudes Wasseranschlüsse aufwiesen, sei sohin keine der Beschwerdeführerin zurechenbare Veränderungsanzeige.
Infolge Fehlens einer Veränderungsanzeige sei der Anspruch der Gemeinde auf die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe noch nicht entstanden. Die Beschwerdeführerin sei sohin durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten verletzt worden. Der Vorstellung sei Folge zu geben gewesen.
1.5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Auf Grund "der Bindungswirkung des angefochtenen Bescheides in seinem Begründungsteil" werde dieser trotz Aufhebung der bekämpften Berufungsentscheidung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogen. Nach der Begründung dieser Beschwerde sei die Feststellung der belangten Behörde aktenwidrig, die Beschwerdeführerin habe bis zur Erlassung des Berufungsbescheides eine Veränderungsanzeige nicht erstattet. Die Beschwerdeführerin habe vielmehr bereits durch ihren Antrag an die mitbeteiligte Gemeinde auf Erteilung einer Baubewilligung im Jahr 1986 und ihren Antrag auf Erteilung einer Benützungsbewilligung, die im Jahr 1988 erteilt worden sei, eine Veränderungsanzeige gemäß § 13 Abs. 1
NÖ GemeindewasserleitungsG 1978 erstattet, weshalb gemäß § 15 Abs. 2 leg. cit. der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe bereits im Jahr 1986, längstens jedoch im Jahr 1988, entstanden sei. Das Bauansuchen habe alle jene Elemente enthalten, die eine Veränderungsanzeige nach § 13 Abs. 1 leg. cit. zu enthalten habe. Die mitbeteiligte Marktgemeinde sei bereits seit diesem Bauansuchen in der Lage gewesen, die Abgaben vorzuschreiben. Jedenfalls sei sie aber seit der Erteilung der Benützungsbewilligung am 21. März 1988 in Kenntnis der Vollendung des Bauwerkes und aller für eine Abgabenfestsetzung erforderlichen Einzelheiten, sodass - spätestens - am 31. Dezember 1993 Abgabenverjährung eingetreten sei. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde die erfolgte Aufhebung des gemeindeabgabenbehördlichen Bescheides auf diesen Umstand zu gründen gehabt.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
2.1. Gemäß § 15 Abs. 2 NÖ GemeindewasserleitungsG 1978 entsteht der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe (zur Wasseranschlussabgabe) mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige (bei der Abgabenbehörde).
Gemäß § 13 Abs. 1 NÖ GemeindewasserleitungsG 1978 sind Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige). Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Abgabenbehörde, wenn ihr ohne Einreichung dieser Veränderungsanzeige anzeigepflichtige Veränderungen bekannt werden, dem Abgabenschuldner die Einreichung einer Veränderungsanzeige auftragen.
Gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ist die Wasseranschlussabgabe für den Anschluss an die Gemeindewasserleitung zu entrichten. Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die Höhe der Wasseranschlussabgabe derart zu berechnen, dass die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft so zu ermitteln, dass die Hälfte der bebauten Fläche a) bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschoße vervielfacht, b) in allen anderen Fällen verdoppelt und das Produkt um 15 v.H. der unbebauten Fläche vermehrt wird.
§ 7 leg. cit. ordnet an, dass im Falle der Änderung der der Berechnung der Wasseranschlussabgabe zu Grunde gelegten Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft die Wasseranschlussabgabe um mindestens 10 v.H., mindestens jedoch um S 100,-- höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.
2.2. Die beschwerdeführende Partei bekämpft einen aufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheid, also einen Bescheid, dessen Spruch zufolge die beschwerdeführende Partei durch den Abgabenbescheid des Gemeinderates in ihren Rechten verletzt worden sei. Sie wendet sich gegen die Feststellung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, sie habe eine Veränderungsanzeige bis zur Erlassung des Berufungsbescheides nicht erstattet. Sie vertritt nämlich die Auffassung, bereits das Bauansuchen aus dem Jahr 1986 oder der Antrag aus dem Jahr 1986 auf (die im Jahr 1988 erteilte) Benützungsbewilligung sei als Veränderungsanzeige zu werten, weswegen Verjährung eingetreten sei.
Die eben erwähnte Feststellung in der Begründung des angefochtenen Vorstellungsbescheides ist sprachlich, was den umschriebenen Zeitraum, innerhalb dessen eine Veränderungsanzeige nicht eingelangt ist, betrifft, untrennbar und für den aufhebenden Spruch des angefochtenen Bescheides tragend, weil damit festgestellt wurde, dass der Abgabentatbestand bis zur Erlassung des gemeindebehördlichen Berufungsbescheides (noch) nicht verwirklicht worden war (siehe dazu Punkt 2.3.)
Bekämpfte die beschwerdeführende Partei diese Feststellung nicht, so blieben die Gemeindebehörden daran gebunden, sei es in einem Verfahren zur Erzwingung der Veränderungsanzeige, sei es in einem Verfahren betreffend die Abgabenfestsetzung nach rechtswirksamer Erstattung einer Veränderungsanzeige im Sinne des § 13 NÖ GemeindewasserleitungsG 1978. Die Beschwerdelegitimation ist daher zu bejahen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0197, auf das unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG Bezug genommen wird).
2.3. Die Beschwerde ist jedoch nicht berechtigt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls in dem eben zitierten hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1985 ausgeführt hat, verwirklicht der Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung nicht den Ergänzungsabgabentatbestand nach § 15 Abs. 2 leg. cit., weil dieser Tatbestand auf eine Veränderungsanzeige, also auf eine die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende Parteienerklärung abstellt, was auf die vorliegende Eingabe - sie wurde oben unter Punkt 1.1. wiedergegeben - nicht zutrifft. Gleiches gilt umso mehr für das seinerzeitige Bauansuchen, zumal dieses über den tatsächlich ausgeführten Anschluss der Geschoßflächen und das tatsächliche Ausmaß der Berechnungsflächen nichts auszusagen vermag (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1996, Zl. 95/17/0484, wonach das seinerzeitige Ansuchen um Wasseranschluss nicht als Veränderungsanzeige gelten kann). Da vom Gesetz eine Veränderungsanzeige, also eine Parteienerklärung gefordert wird, ist es auch bedeutungslos, dass die Abgabenbehörden allenfalls in der Lage wären, sich Kenntnis der abgabenrechtlichen Umstände durch Einsichtnahme in die Bauakten - soweit sie daraus überhaupt ersichtlich sind - zu verschaffen.
Aus diesen Erwägungen folgt, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen kassatorischen Vorstellungsbescheid nicht wegen der von ihr in der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdegründe in ihren Rechten verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 abzuweisen, weil sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 94/17/0385).
2.5. Hinsichtlich der zitierten, nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlichten hg. Entscheidung wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 15. Mai 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1995170104.X00Im RIS seit
28.11.2000