TE Lvwg Beschluss 2018/1/23 VGW-001/032/17190/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2018
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Entscheidungsdatum

23.01.2018

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §10
AVG §13 Abs3
VwGVG §31 Abs1
AWG 2002 §66 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerde des Z. P. gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 20. November 2017, Zl. MBA … - S 42768/17, betreffend Übertretung des § 66 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002 iVm Art. 3 und 18 sowie Anhänge III und VII der Verordnung EG Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen – EG-VVA, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 10 iVm § 13 Abs. 3 AVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

1.       Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 20. November 2017 wurde über den Beschwerdeführer, dem gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufenen der S. z.o.o., wegen einer Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 iVm der Verordnung Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen, eine Geldstrafe in der Höhe von € 360,—, falls dies uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden, verhängt. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG wurde die Haftung der S. z.o.o. für die verhängte Geldstrafe, die Verfahrenskosten und die sonstigen in Geld bemessenen Unrechtsfolgen ausgesprochen.

2.       Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich das E-Mail vom 29. November 2017, mit dem Betreff "zahl: MBA … – S 42768/17" und folgendem Inhalt:

"Guten Morgen,

Wir stimmen den Gebühren, die wir von Ihnen erhalten haben, nicht zu. Im Anhang legen wir eine Zahlungsbestätigung der Strafe vom 20.03.2017 durch unseren Fahrer vor Ort Sr. L. vor. Die Zahlung für das Mandat erfolgte mit einer Karte gemäß dem Anhang. Bitte überprüfen Sie Ihre Zahlung. Bitte bestätigen Sie, dass unser Einspruch wirksam ist.

Mit freundlichen Grüßen

Pi. Si."

Die Signaturleiste enthielt ua. das Firmenlogo der haftungspflichtigen Partei S.

3.       Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien samt dem verwaltungsbehördlichen Akt vor.

4.       Mit Schreiben vom 4. Jänner 2018, nachweislich zugestellt am 9. Jänner 2018, wurde Pi. Si. aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens, zum einen klarzustellen, wem die Vertretungshandlung zuzurechnen sei und zum anderen eine Vollmacht des oder der Adressaten des Straferkenntnisses beizubringen, aus welcher hervorgeht, dass er zur Vertretung im gegenständlichen Verfahren und zur Einbringung der Beschwerde berechtigt war.

5.       Am 18. Jänner 2018 langte folgendes Schriftstück vom 12. Jänner 2018 beim Verwaltungsgericht Wien ein:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich, der Unterzeichnende Z. P., Vorstandsvorsitzender des Unternehmens S., alleiniger Stellvertreter des Unternehmens, gemäß beigefügter KRS-Unterlage, im Zusammenhang mit der Angelegenheit MBA …-SS 42768/17, reiche hiermit das Dokument, welches bestätigt, dass unser Fahrer das Bußgeld am Ereignisort am 20.03.2017 mittels MasterCard-Zahlkarte beglichen hat, ein. Angesichts dessen, beantrage Ich den Erlass der Strafe.

Hochachtungsvoll

[Stampiglie 'S. z.o.o., …, Z. P.'

Unterschrift Z. P.]"

Dem Schreiben waren Ausdrucke der Bank … sowie aus dem Register "…" jeweils in polnischer Sprache beigelegt.

6.       Vom Verwaltungsgericht Wien wird der Entscheidung folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. z.o.o.. Ihm und der Gesellschaft gegenüber ist das angefochtene Straferkenntnis durch Zustellung am 27. November 2017 ergangen. Dagegen wurde durch Pi. Si. das unter Pkt. 2 genannte E-Mail vom 29. November 2017 mit dem dort wiedergegebenen Inhalt eingebracht.

7.       Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus der Aktenlage und sind nicht weiter strittig.

8.       Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis. Nach Abs. 2 par. cit. richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen. Die Behörde kann nach § 10 Abs. 4 leg. cit. von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige, Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

Infolge § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur sofortigen Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Einschreiter schon zum Zeitpunkt seines Handelns zumindest schlüssig zu erkennen geben, dass er als Vertreter eines bestimmten Dritten tätig wird. Der Mangel an Vollmacht bei einer auf ein Vertretungsverhältnis hinweisenden Eingabe ist als Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zu werten, der durch einen entsprechenden Verbesserungsauftrag zu beheben ist (vgl. zB VwGH 24.2.2005, 2004/07/0170).

In Entsprechung eines derartigen Auftrags kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch – bei mündlicher Bevollmächtigung im Innenverhältnis – erst im Nachhinein errichtet werden. Entscheidend ist nämlich nicht die – möglicherweise nach der Setzung der Verfahrenshandlung liegende – Datierung der Bevollmächtigungsurkunde, sondern dass das Vertretungsverhältnis tatsächlich im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung durch den Einschreiter bereits bestanden hat (vgl. VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093; 21.5.2012, 2008/10/0085).

Dies bedeutet aber, dass nur der Mangel des Vollmachtnachweises, nicht aber jener der Bevollmächtigung – zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung – selbst behebbar ist (vgl. zB VwGH 26.1.1982, 0577/80). Das Vollmachtverhältnis selbst muss daher vor dem Ablauf der Frist für eine Verfahrenshandlung begründet
oder die Verfahrenshandlung innerhalb dieser Frist nachträglich genehmigt werden (vgl. zB VwGH 8.7.2004, 2004/07/0101; 8.9.2009, 2009/21/0072). Ist dies nicht der Fall, so kann der vom Einschreiter gesetzte Akt der Partei selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn die Bevollmächtigung innerhalb der Verbesserungsfrist erfolgt (vgl. VwGH 24.2.1995, 94/09/0296).

9.        Im vorliegenden Beschwerdeschriftsatz vom 29. November 2017 hat sich der Einschreiter als Vertreter der Bescheidadressaten – implizit durch die Verwendung des Wortes "wir" in Verbindung mit der Signaturzeile, die das Firmenlogo der Gesellschaft enthält – zu erkennen gegeben. Ein Fall des § 10 Abs. 4 AVG liegt nicht vor. Es wurde keine mündliche Vollmacht vor der Behörde erteilt und ist auch keine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person eingeschritten, bei der die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht den urkundlichen Nachweis derselben ersetzt hätte. Die für die beschwerdeführende(n) Partei(en) einschreitende Person hätte sich daher gemäß § 10 Abs. 1 zweiter Satz AVG durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen müssen. Auf diesen Umstand wurde der Einschreiter vom Verwaltungsgericht Wien mit Schreiben vom 4. Jänner 2018 auch ausdrücklich hingewiesen. Das Fehlen der schriftlichen Vollmacht stellt somit einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar (vgl. § 10 Abs. 2 letzter Satz AVG).

10.      Es wurde daher der Einschreiter aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung vom 4. Jänner 2018, zum einen klarzustellen, für wen er einschreitet und zum anderen die Bevollmächtigung glaubhaft zu machen und eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, aus welcher hervorgeht, dass das Vollmachtverhältnis bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bestanden hat.

11.      Daraufhin wurde dem Verwaltungsgericht Wien binnen offener Frist das unter Pkt. 5 zitierte Schreiben vom 12. Jänner 2018 übermittelt. Jenem ist nicht zu entnehmen, dass ein Vollmachtverhältnis zwischen dem Einschreiter und dem Beschwerdeführer – wie gefordert – bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bestanden hat. Vielmehr tritt der Beschwerdeführer in diesem Schreiben im eigenen Namen auf und nimmt auf eine mögliche Vertretungsbefugnis des Einschreiters gar nicht Bezug. Dem Mängelbehebungsauftrag wurde damit in keinster Weise entsprochen.

12.      Die Beschwerde ist daher gemäß § 10 iVm § 13 Abs. 3 AVG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen.

13.      Eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da die gegenständliche Beschwerde zurückzuweisen war. Im Übrigen hat keine Verfahrenspartei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt und hätte eine solche der vorliegenden Aktenlage nach auch nicht zur Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts beitragen können.

14.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (obzitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal auch die Gesetzeslage eindeutig ist (vgl. etwa VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053; 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).

Schlagworte

Vollmacht; Vertretungshandlung; Mängelbehebung; Verbesserungsauftrag; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.001.032.17190.2017

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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