TE Lvwg Erkenntnis 2017/12/1 LVwG-AV-1130/001-2017

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Veröffentlicht am 01.12.2017
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Entscheidungsdatum

01.12.2017

Norm

ApG 1907 §29 Abs1
StVO 1960 §76b Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Wimmer als Einzelrichter über die Beschwerde der L-Apotheke *** KG, ***, ***, vertreten durch den alleinvertretungsbefugten Konzessionär und Komplementär Mag.pharm.Dr. FBH, vertreten durch die Thurnher-Wittwer-Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 9. August 2017, Zl. AMA5-S-175/001, mit welchem Frau Dr. KF die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke im Standort ***, im als Bauland-Wohngebiet gewidmeten Bereich des Grundstücks mit der Gst.Nr. *** (zukünftige Gst.Nr. ***),

KG ***, erteilt wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG und

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.       Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Schreiben vom 15. März 2017 beantragte Frau Dr. KF die Genehmigung einer Hausapotheke im Standort ***, GZ.: ***.

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten veranlasste, dass die Kundmachung dieses Antrages am *** in den amtlichen Nachrichten des Landes Niederösterreich verlautbart wurde.

Gegen diesen Antrag wurden Stellungnahmen von der Bürgermeisterin der Marktgemeinde ***, von der öffentlichen Apotheke zum Hl. M in ***, von der Österreichischen Apothekerkammer, von der Öffentlichen Apotheke R sowie von der L-Apotheke *** KG, abgegeben. Seitens der Ärztekammer für Niederösterreich wurde mitgeteilt, dass gegen den Antrag auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke kein Einwand bestehe und Frau Dr. KF seit 01. Juli 2016 in einem dem § 342 Abs.1 ASVG entsprechendem Vertragsverhältnis stehe. Schließlich wurde auch vom Bürgermeister der Gemeinde *** zum gegenständlichen Antrag Stellung bezogen.

Die Bezirkshauptmannschaft Amstetten erteilte – nach Parteiengehör - mit Bescheid vom 9. August 2017 Frau Dr. KF die Bewilligung zur Erhaltung einer ärztlichen Hausapotheke im Standort ***, im als Bauland-Wohngebiet gewidmeten Bereich des Grundstücks mit der Grundstücks-Nummer *** (zukünftige Grundstücks-Nummer ***), KG ***.

Der Begründung dieses Bescheides ist insbesondere Nachstehendes zu entnehmen:

„[…]

Die Behörde hat hiezu erwogen:

Zum Fehlen eines tatsächlichen Bedarfes:

Die Marktgemeinde *** hat in ihrer Stellungnahme datiert mit 7.4.2018, welche bei der Behörde am 18.4.2017 eingelangt ist, angeführt, dass kein tatsächlicher Bedarf an einer weiteren ärztlichen Apotheke zur Versorgung der Bevölkerung erkannt wurde. Auch die Konzessionärin der Apotheke zum heiligen M in *** hat in ihrem schriftlichen Einspruch vom 30.4.2017 ausgeführt, dass ein konkreter Bedarf an der Hausapotheke nicht gegeben sei.

Der Gesetzgeber nimmt schon dann einen Bedarf an einer ärztlichen Hausapotheke an, wenn die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 ApG erfüllt sind, d.h. wenn - nach der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage - keine öffentliche Apotheke in der Ortschaft des Berufssitzes besteht und die Entfernung zur Betriebsstätte der nächsten öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer beträgt (VwGH 28.1.2008, 2006/10/0152; vgl. auch VwGH 25.04.1985, 85/08/0048 und VwGH 21.11.1994, 91/10/0074). Ein Bedarf – ähnlich jener Bedarfsprüfung nach § 10 ApG bei der Konzession einer öffentlichen Apotheke – ist somit nicht Voraussetzung zur Erlangung einer Hausapothekenbewilligung.

Der Einwand, dass kein tatsächlicher Bedarf an einer weiteren ärztlichen Hausapotheke besteht, ist somit kein zulässiger Einwand.

Zum Vorbringen des nicht ausreichend konkretisierten Berufssitzes:

Die Konzessionärin der L-Apotheke in *** hat in ihrem Einspruch vom 5.5.2017 vorgebracht, dass der Berufssitz der Antragstellerin nicht ausreichend konkretisiert ist, da eine genaue örtliche Lokalisierung der Lage von „***, GZ 9404/17“ nicht möglich ist.

Im Ansuchen von Frau Dr. KF vom 15.3.2017 wurde folgendes ausgeführt: „Berufssitz, für den angesucht wird: GZ 4904/17 in ***“. Eine Suche nach dieser Grundstückszahl im geografischen Auskunftsdienst des Landes Niederösterreich verlief ohne Ergebnis.

Im geodätischen Gutachten, das diesem Antrag beigelegt wurde, wird ausgeführt wie folgt:

„Der Standort der geplanten Arztapotheke liegt auf dem Grundstück *** (Bauplatzschaffung derzeit in Durchführung) der Katastralgemeinde ***, direkt neben dem Gemeindefriedhof.“ Auch findet sich als Beilage 3 zu diesem Gutachten eine Konkretisierung des entstehenden Grundstückes durch eine optische Kennzeichnung des entsprechenden Grundstückteils:

Somit ist aufgrund des Ansuchens in Zusammenschau mit dem eingereichten geodätischen Gutachten der Standort des neuen Berufssitzes, für den die Antragstellerin die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke beantragt hat, hinreichend konkretisiert.

Auch in der schriftlichen Stellungnahme der Antragstellerin vom 12.6.2017 im Zuge des Parteiengehörs wird Bezug auf die Grundstücksnummer *** genommen, sodass bei der Behörde kein Zweifel darüber besteht, dass es sich bei der ursprünglichen, im Ansuchen gewählten Bezeichnung „GZ 9404/17“ um ein Versehen oder einen Schreibfehler handelt und der Antrag auf das Grundstück Nr. *** KG *** lautet.

Das Grundstück mit der Grundstücksnummer ***, KG *** besteht laut Auskunft der Gemeinde *** zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht, allerdings wurde jener Bereich des Grundstückes Nr. ***, KG ***, welcher für Zwecke der Errichtung der neuen Arztpraxis durch Teilung zu Grundstück *** wird, bereits als Bauland-Wohngebiet gewidmet.

Weiters hat die Gemeinde *** mit Schreiben vom 31.5.2017 die Verkaufsabsicht über die Teilfläche 1, neue Grundstücksnummer ***, im Ausmaß von 608 m² vom Grundstück Nr. ***, KG ***, an Frau Dr. KF gemäß dem Vorplan- Vermessungsurkunde GZ Nr. 4904/17 der Fa. Prof. DI Dr. Techn. WD, ***, ***, bestätigt.

Auch in diesem Zusammenhang wird ersichtlich, dass es sich bei der im Antrag angeführten Grundstücksnummer „***“ um einen Schreibfehler handelt und womöglich die Nummer der Vermessungsurkunde mit der Grundstücksnummer verwechselt wurde.

Der zukünftige Berufssitz, für den die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen

Hausapotheke beantragt wurde, ist aus Sicht der Behörde ausreichend konkretisiert. Die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke wird für den Standort ***, für jenen Bereich des Grundstücks der KG *** mit der Grundstücksnummer *** erteilt, der bereits als Bauland-Wohngebiet gewidmet wurde.

Dieser Bereich entspricht dem zukünftig entstehenden Grundstück mit der Grundstücksnummer ***.

Zum Vorbringen des fehlenden Berufssitzes:

In der Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer vom 9.5.2017 wurde ausgeführt, dass die Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einen tatsächlichen bestehenden Berufssitz der antragsstellenden Ärztin voraussetze. Die Antragstellerin habe ihren Berufssitz an einem derzeit unbebauten Grundstück angegeben, das zweifellos nicht die Anforderungen eines ärztlichen Berufssitzes im Sinne des § 45 Ärztegesetz 1998 erfüllt.

Aus dem Ansuchen von Frau Dr. KF geht hervor, dass diese beabsichtigt, ihren derzeitigen Berufssitz in ***, *** an die Adresse ***, Gst.Nr.*** zu verlegen und dort eine Kassenordination mit Hausapotheke zu betreiben.

Grundeigentümer des Grundstückes ***, Gst.Nr.*** ist die Gemeinde

***. Diese hat mit Schreiben vom 31.5.2017, welches als Anhang zur

Stellungnahme der Gemeinde *** vom 30.5.2017 übermittelt wurde, die

Verkaufsabsicht über die Teilfläche 1, neue Grundstücksnummer ***, im Ausmaß von 608 m² vom Grundstück Nr. *** an Frau Dr. KF gemäß dem Vorplan - Vermessungsurkunde GZ Nr. 4904/17 der Fa. Prof. DI Dr. techn. WD, bestätigt. Weiters wurde ausgeführt, dass diese Teilfläche des Grundstücks Nr. *** zu diesem Anlass der Errichtung einer Arztpraxis im Zuge des Umwidmungsverfahrens im Dezember 2016 auf Bauland-Wohngebiet umgewidmet worden sei. Der Gemeinderat von *** habe in seiner Sitzung vom 7. März 2017, Top 9, einstimmig dem Grundverkauf an Frau Dr. KF zugestimmt. Ein entsprechender Entwurf des Kaufvertrages sei bereits durch den öffentlichen Notar Herrn Mag. EKG in *** erstellt worden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auffassung, dass die Antragstellung durch den Arzt das Bestehen eines Berufssitzes voraussetzt, in dem die ärztliche Tätigkeit ausgeübt wird, durch das Apothekengesetz nicht gestützt (vgl. VwGH 03.10.2008, Zl 2007/10/0266).

Im Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung des ApG hat der VwGH ausgeführt, dass für die Auffassung, dass die Antragstellung durch den Nachfolger eines

hausapothekenführenden Arztes bereits das Bestehen eines Berufssitzes, an dem die ärztliche Tätigkeit als Nachfolger ausgeübt wird, voraussetzt, sich im ApG keine die Antragstellung in dieser Weise einschränkende Norm findet. Eine derartige Bestimmung hätte im Übrigen zur Folge, dass der Nachfolger eines hausapothekenführenden Arztes erst nach Einrichtung der Ordinationsräume - unter Berücksichtigung des Raumbedarfs für die Hausapotheke - und Aufnahme seiner Tätigkeit die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke beantragen könnte, was dazu führen würde, dass die Patienten während der Verfahrensdauer nicht mit Medikamenten aus der ärztlichen Hausapotheke versorgt werden könnten. Derartiges kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden (VwGH 3.10.2008, 2007/10/0266).

Dem folgend kann somit auch für einen künftigen Berufssitz die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke beantragt werden. Es ist nicht erforderlich, dass die antragstellende Ärztin bereits ihren Berufssitz an der beantragten Örtlichkeit hat. Eine Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke kann auch für einen künftigen Berufssitz erteilt werden.

Zur Gesetzwidrigkeit der Wohnstraße-Verordnungen der Gemeinde ***:

Die Apothekerkammer führt in ihrer Stellungnahme vom 9. Mai 2017 aus, dass die vorliegenden Straßenabschnitte nicht die Erfordernisse einer Wohnstraße im Sinne des § 76b StVO 1960 erfülle. Die verordneten Wohnstraßen im Bereich der Passivhaussiedlung würden sich nicht als erforderlich im Sinne des § 76b StVO 1960 erweisen, um die Wohnbevölkerung an einer konkreten Straßenstelle oder in einem bestimmten Gebiet vor den Gefahren des Straßenverkehrs zu schützen.

Die L-Apotheke *** KG führt in ihrer Stellungnahme vom 4.8.2017

ebenfalls aus, dass die erforderliche Entfernung von sechs Straßenkilometer nicht erfüllt ist, da die Verordnungen nicht gesetzesgemäß kundgemacht wurden und auch mangels Rechtmäßigkeit rechtsunwirksam sind.

Hierzu wird von der Behörde ausgeführt, dass über die Existenz und der

ordnungsgemäßen Kundmachung der hier gegenständlichen Verordnungen seitens der Bezirkshauptmannschaft Amstetten keine Zweifel bestehen. Einerseits bestätigt der Bürgermeister von ***, dass entsprechende Verordnungen von der Gemeinde *** erlassen wurden, andererseits nimmt die Straßenmeisterei *** in ihrer Stellungnahme Bezug auf „die beschilderten bzw. gekennzeichneten Wohnstraßen“.

Darüber hinaus ist es nicht Inhalt des Verfahrens zur Bewilligung zur Haltung einer

ärztlichen Hausapotheke nach dem Apothekengesetz, die Rechtmäßigkeit des

Zustandekommens und des Inhalts von Gemeindeverordnungen gemäß § 76b StVO 1960 zu überprüfen. Eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Wohnstraßen-Verordnungen der Gemeinde *** durch die Bezirkshauptmannschaft Amstetten würde mangels entsprechender Kompetenz eine Entscheidung einer unzuständigen Behörde darstellen.

Auch kann eine Verordnungsprüfung des VfGH gemäß Art 139 B-VG von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten mangels Antragslegitimation nicht eingeleitet werden.

Die Verordnungen der Gemeinde ***, mit denen die hier gegenständlichen

Straßenabschnitte zu Wohnstraßen erklärt wurden, sind somit für die

Bezirkshauptmannschaft Amstetten im vorliegenden Verfahren aufgrund der Definition von „Straßenkilometer“ für die Abstandsberechnung zu beachten.

Es wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass der VfGH in diesem Zusammenhang bereits erkannt hat, dass Verordnungen betreffend Erklärung bestimmter Straßenstellen zu einer Wohnstraße von ihrem Zweck und Inhalt her keinesfalls die "Konzessionärin und Mitinhaberin der öffentlichen Apotheke ..." zur Normadressatin haben und darum auch nicht in ihre so gestaltete Rechtssphäre iSd Art139 Abs1 letzter Satz B-VG unmittelbar eingreifen können (VfGH 6.6.2005 V 41/05).

Zur Entfernung zwischen den zukünftigen Berufssitz von Frau Dr. KF und der Betriebsstätte der nächsten öffentlichen Apotheke:

Die Einwendung, dass der zukünftige Berufssitz von Frau Dr. KF von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke in *** weniger als 6 Straßenkilometer entfernt ist, wurde sowohl von jeweiligen Vertretern der L-Apotheke *** KG, der öffentlichen Apotheke zum heiligen M in *** und der öffentlichen Apotheke in *** eingewendet, als auch in der Stellungnahme der österreichischen Apothekerkammer ausgeführt.

Hierbei ist festzuhalten, dass Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken nur geltend machen können, dass die Entfernung zu ihrer öffentlichen Apotheke weniger als sechs Straßenkilometer beträgt (vgl. VwGH 12.11.2001, 2000/10/108, zur Entfernung im Apothekenkonzessionsverfahren). Diese Einwendung kann daher im vorliegenden Fall nur von der von der behaupteten Entfernungsunterschreitung betroffenen L-Apotheke in *** zulässig eingewendet werden.

Wie bereits ausgeführt wurde, sind die von der Gemeinde *** verordneten

Wohnstraßen für die Abstandsberechnung im vorliegenden Verfahren zur Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zu beachten.

Gemäß § 76b Abs. 1 StVO 1960 ist in einer Wohnstraße der Fahrzeugverkehr verboten; ausgenommen davon sind der Fahrradverkehr, das Befahren mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr in Ausübung des Dienstes sowie das Befahren zum Zwecke des Zu- und Abfahrens.

Die im § 29 Abs 1 ApG genannten "Straßenkilometer" sind auf einer Straße zu messen, die grundsätzlich ganzjährig und nicht auf die Anrainer beschränkt dem Kraftverkehr dient (VwGH 27.03.1991, 90/10/0026; 27.03.1991, 90/10/0029). Einbahnregelungen sowie Regelungen hinsichtlich einer Beschränkung der Straßenbenützer nur auf den Anrainerverkehr sind mit jenem Regelungsinhalt beachtlich, wie er im Bescheiderlassungszeitpunkt vorliegt (VwGH 27.03.1991, 90/10/0026).

Somit geht aus der Judikatur des VwGH eindeutig hervor, dass Wohnstraßen bei der

Berechnung der Mindestentfernung zwischen dem Berufssitz des Arztes und der nächsten öffentlichen Apotheke iSd § 29 Abs 1 Z 3 ApG nicht herangezogen werden dürfen.

Das vom Antragsteller beigebrachte geodätische Gutachten hält als Entfernung 6458 m und die von der Behörde in Auftrag gegebene Streckenmessung durch die

Straßenmeisterei *** 6448 m als kürzeste Entfernung fest. In diesen beiden

Entfernungsmessungen sind die verordneten Wohnstraßen entsprechend den

gesetzlichen Bestimmungen nicht zur Berechnung der Wegstrecke herangezogen worden.

Hierzu wird von der Behörde abschließend festgestellt, dass somit die dem
§ 29 Abs. 1 Z. 3 entsprechende Entfernung des zukünftigen Berufssitzes von Frau Dr. KF zu der Betriebsstätte der nächsten öffentlichen Apotheke – der L-Apotheke in *** – mehr als sechs Straßenkilometer beträgt.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs 1 ApG zur Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

[…]“

2.       Zum Beschwerdevorbringen:

Dagegen wurde von der L-Apotheke *** KG, damals vertreten durch den alleinvertretungsbefugten Konzessionär und Komplementär Mag. pharm. RK, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH, („Beschwerdeführerin“) fristgerecht Beschwerde erhoben.

Dieser ist insbesondere Nachstehendes zu entnehmen:

„[…]

I.           Erklärung über den Umfang der Anfechtung

Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 9.8.2017, GZ:AMA5-S-175/001, wird in vollem Umfang bekämpft.

II.          Beschwerdepunkte

Als Beschwerdepunkte werden insbesondere die Verletzung von Verfahrensvorschriften, die mangelhafte und unrichtige Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts, Begründungsmängel sowie die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

III.         Begründung

1.       Sachverhalt

Die belangte Behörde hat mit dem hier bekämpften Bescheid der Antragstellerin, Dr. KF, die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke am Standort ***, im als Bauland-Wohngebiet gewidmeten Bereich des Grundstücks mit der Gst Nr *** (zukünftige Gst Nr ***), KG ***, erteilt.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde, ohne im Detail

auf diese einzugehen, pauschal und — wie die nachstehenden Ausführungen zeigen — zu Unrecht verworfen.

2.       Mindestentfernung nach § 29 ApG. angebliche Wohnstraßen-Verordnungen

2.1.    Gemäß § 29 ApG ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem praktischen Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Kilometer entfernt ist.

Zentrale Bedeutung kommt somit der Frage zu, ob der Berufssitz der Antragstellerin

von der Betriebsstätte der Beschwerdeführerin mehr als sechs Straßenkilometer entfernt ist.

2.2.     Genau mit dieser Frage setzt sich die belangte Behörde aber nicht bzw nur völlig oberflächlich auseinander. Die belangte Behörde geht in ihren Feststellungen nämlich — ohne dies näher zu begründen und ohne entsprechende Beweismittel aufzunehmen, geschweige denn zu würdigen — willkürlich und damit rechtswidrig davon aus, dass die beiden Siedlungsstraßen nördlich und südlich des Gst Nr ***, KG ***, sowie das Straßenstück östlich desselben Grundstücks von der Gemeinde *** im September 2015 bzw im Dezember 2016 durch Verordnung zu Wohnstraßen erklärt worden sein sollen.

Die Beschwerdeführerin hat diese Mutmaßungen der belangten Behörde wiederholt in Zweifel gezogen und bestritten, ohne dass die Behörde zur Frage, ob die angeblichen Wohnstraßen-Verordnungen tatsächlich existieren und — falls ja — geltendes Recht sind, Ermittlungen angestellt hätte. Diese Frage ist somit nach wie vor gänzlich unbeantwortet und ungeprüft.

Ebenso hat es die belangte Behörde durch ihre einseitige und antizipierende Beweiswürdigung unterlassen, weitere Ermittlungen und/oder Feststellungen zu alternativen Streckenführungen anzustellen bzw zu treffen.

2.3.    Hätte die belangte Behörde den Grundsätzen der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit entsprechende Ermittlungen angestellt, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass die fraglichen Verordnungen gar nicht existieren oder — falls doch — nicht mit der gesetzlich geforderten Willensbildung zustande gekommen sind und auch nicht ordnungsgemäß kundgemacht wurden (OGH 15.2.1979, ZVR 1980/59).

Die kürzeste Wegstrecke hätte dann, wie von der Österreichischen Apothekerkammer richtig und unstrittig berechnet, deutlich weniger als sechs Straßenkilometer betragen und hätte der gegenständliche Antrag somit abgewiesen werden müssen.

Bereits dadurch hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zum Nachteil der Beschwerdeführerin mit Rechtswidrigkeit behaftet und wird der Beschwerde Folge zu geben sein.

3.       Interessensabwägung gemäß § 76b StVO

3.1.    Soweit im vorliegenden Fall überhaupt Verordnungen erlassen und gesetzesgemäß kundgemacht wurden (wofür es bisher im gesamten Akt keinen Anhaltpunkt gibt), sind diese rechtsunwirksam; jedenfalls die angebliche Verordnung vom Dezember 2016 (siehe oben 2.2.).

Voraussetzung für deren Rechtmäßigkeit ist nämlich nach § 76b StVO, dass es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, die Entflechtung des Verkehr oder die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebiets erfordert, durch Verordnung, Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig zu Wohnstraßen zu erklären.

3.2.    Aus der Stellungnahme der Gemeinde *** vom 30.5.2017 ergibt sich nicht, welche Verordnungen tatsächlich erlassen wurden und ebenfalls nicht, warum oben angesprochene Kriterien bei einer allfälligen Verordnungserlassung im vorliegenden Fall erfüllt sein sollten.

3.3.    Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshof hat die Behörde vor Erlassung einer Verordnung einer Verkehrsbeschränkung die im Einzelnen umschriebenen Interessen an der Verkehrsbeschränkung mit dem Interesse an einer ungehinderten Benutzung der Straße abzuwägen und dabei die (tatsächliche) Bedeutung des Straßenzuges zu berücksichtigen (zu § 43 StVO 1960, VfGH 1.1.2008, V2-07 ua mit Verweis VFSIG 9089/1981). Die sohin gebotene Interessensabwägung erfordert sowohl die nähere sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, also auch eine Untersuchung der „Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse“ durch ein entsprechendes Anhörungs- und Ermittlungsverfahrens (VfGH 1.10.2008, V2-07 ua mit Verweis auf VFSLG 12485/1990, 16.805/2003).

So judiziert der VfGH, dass die zuständige Behörde bei der Erlassung von Geschwindigkeitsbeschränkungen durch Verordnung einen Vergleich der Verkehrs- und Umweltverhältnisse anzustellen hat: Die betreffenden Verhältnisse an den Straßenstrecken, für welche eine Geschwindigkeitsbeschränkung in Betracht gezogen wird, müssen derart beschaffen sein, dass sie eine Herabsetzung der vom Gesetzgeber selbst allgemein für den Straßenverkehr in § 20 Abs 2 StVO festgesetzten Höchstgeschwindigkeiten rechtfertigen (VfGH 28.11.2000 , V 101/99).

Wurde die Erforderlichkeit der durch eine Verordnung bewirkten Verkehrsbeschränkung nicht in einem ausreichenden Ermittlungsverfahren iSd § 43 StVO festgestellt und keine ausreichende lnteressenabwägung iS dieser Bestimmung durchgeführt, erweist sich die Verordnung als rechtswidrig (Grundtner, Die Österreichische Straßenverkehrsordnung [34. Lfg 2015] zu § 43 StVO, E 1a; VfGH 18. 9. 2014, ZVR 2015/11).

Verkehrsbeschränkungen dürfen daher auch nur in jenem sachlichen, zeitlichen, örtlichen und personellen Umfang erlassen werden, in dem der im Einzelnen angestrebte, vom B-VG und der StVO geschützte Zweck dies rechtfertigt. Die Schwere des Eingriffs in die ungehinderte Benützung der Verkehrswege und der vom Gesetz gebilligte und von der Behörde beabsichtigte Zweck der Verkehrsbeschränkung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Ist diese Verhältnismäßigkeit anders nicht gewährleistet, müssen erforderliche Einschränkungen oder Ausnahmen von der Verkehrsbeschränkung zugelassen oder eine weniger eingriffsintensive Verkehrsbeschränkung verfügt werden (Pürstl, StVO14.00-ON § 43 StVO, Erl 7).

3.4.    lm vorliegenden Fall wurde offenkundig, soweit überhaupt eine ordnungsgemäß erlassene und kundgemachte Verordnung vorliegt, weder die Erforderlichkeit des Verkehrsverbots in eine ausreichenden Ermittlungsverfahren iSd § 76b bzw § 43 StVO festgestellt, noch hat eine ausreichende lnteressenabwägung stattgefunden. Soweit nämlich die Gemeinde *** ausführt, dass die Gemeinde dafür zu sorgen habe, dass Gefahrenquellen des Verkehrs weitestgehend minimiert werden, um so die hier lebenden Kinder und Erwachsene bestmöglich zu schützen, geht daraus nicht hervor, warum eine allfällige Verordnung einer Wohnstraße tatsächlich erforderlich sein sollte. Dass

nämlich eine Gemeinde tatsächlich dafür zu sorgen hat, dass Gefahrenquellen des

Straßenverkehrs minimiert werden, ist eine Selbstverständlichkeit und keine nachvollziehbar und gesetzeskonforme Begründung.

Eine Geschwindigkeitsbeschränkung oder die Einrichtung einer Begegnungszone gemäß § 76c StVO — als im obigen Sinne weniger eingriffsintensive Verkehrsbeschränkungen — wäre im vorliegenden Fall bei Abwägung aller Interessen ausreichend und angezeigt gewesen.

lm weiteren Verfahren wird daher zu klären sein, welche Gefahren für die Bevölkerung tatsächlich vorhanden sind, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll. Da dies bislang nicht erfolgt ist, ist der angefochtene Bescheid auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit behaftet.

4.       Das Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken

4.1. Im österreichischen Apothekenrecht gilt im Verhältnis zwischen öffentlicher Apotheke und ärztlicher Hausapotheke das Primat der Heilmittelversorgunq durch öffentliche Apotheken. Dieses Primat der Heilmittelversorgung durch öffentliche Apotheken findet ungeachtet der weitgehend formalisierten Trennung der beiden Versorgungsteilsysteme noch immer im § 29 Abs 4 bis 8 Apothekengesetz seinen normativen Niederschlag (VwGH 3.7.1990. 86/08/0125).

Der VfGH hat zuletzt in seinem Beschluss vom 16.12.2009, B 990/09-5, neuerlich das Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken ausführlich betont. Dieser grundsätzlichen Systementscheidung entspricht es, dass bei Erteilung einer Konzession für eine öffentliche Apotheke die benachbarten ärztlichen Hausapotheken innerhalb eines Umkreises von vier Straßenkilometern zurückzunehmen sind.

Dem Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken liegt der Kerngedanke zugrunde, dass die Heilmittelversorgung durch öffentliche Apotheken der zu versorgenden Bevölkerung ua höhere Standards (inkl rund um die Uhr Wochenend- und Bereitschaftsdienste), ein größeres Sortiment und eine bessere Beratung gewährleistet.

4.2. Demgemäß würde es dem Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken offenkundig widersprechen, wenn einzig und allein aufgrund eines willkürlichen Behördenakts erreicht wird, dass eine Hausapotheke als außerhalb des 6-Km-Radius der nächsten öffentlichen Apotheke liegend dargestellt wird, obwohl dies faktisch, tatsächlich und — bei richtiger Beurteilung auch — rechtlich nicht der Fall ist.

Auch aus diesem Grund sind die von der belangten Behörde behaupteten Verordnungen gesetzwidrig.

Insbesondere die angeblich im Dezember 2016 erlassene Wohnstraßen-Verordnung steht in verdächtig engem/nahem zeitlichen Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Antragstellung. Die Erfahrungen zeigen leider (siehe zB Gemeinde Mooskirchen, LVwG Steiermark, LVwG 48.30-3000/2015), dass Gemeinden fallweise dazu tendieren, ihre Verordnungskompetenz aus völlig sachfremden Motiven zum Nachteil der öffentlichen Apotheken dafür einsetzen, um die Umgehung der Mindestentfernung gemäß § 29 ApG zu ermöglichen.

Auch und besonders aus diesem Grund ist es im vorliegenden Fall zur Wahrung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt, die Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit des Zustandekommens der hier seitens der belangten Behörde behaupteten Verordnungen besonders genau zu prüfen.

5.       Anregung gemäß Art 139 B-VG

Die Beschwerdeführerin regt an, beim Verfassungsgericht einen Antrag auf Aufhebung der von der belangten Behörde behaupteten Verordnung/en gemäß Art 139 B-VG zu stellen, zu dem jedes Gericht verpflichtet ist, wenn es aus dem Grunde der Gesetzwidrigkeit Bedenken gegen eine von ihm anzuwendende Verordnung hat (Mayer/Mutzak, B-VG5 Art 139 llI.1).

6.       Ergebnis

Hätte die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Umstände geprüft, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass die kürzeste Wegstrecke zwischen dem in Aussicht genommenen Berufssitz der Antragstellerin und der nächst gelegenen öffentlichen Apotheke der Beschwerdeführerin nur ca fünf Straßenkilometer beträgt und somit ein zwingender Versagungsgrund gemäß § 29 ApG vorliegt.

Auch bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre der Antragstellerin die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in *** zu versagen gewesen. All dies ist in rechtswidriger Weise und zum Nachteil der Beschwerdeführerin jedoch nicht erfolgt.

IV.      Anträge

Es werden daher gestellt folgende

A N T R Ä G E :

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge

1.     der Beschwerde Folge geben und die hier beantragte Hausapothekenbewilligung versagen;

in eventu

2.       bei der Gemeinde *** jene Verfahrensakten einholen, in denen die von der belangten Behörde behaupteten Wohnstraßen-Verordnungen gemäß § 76b StVO erlassen wurden;

in eventu

3.       den angefochtenen Bescheid gemäß § 23 Abs 3 VwGVG aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neues Bescheids an die belangte Behörde zurückverweisen;

4.       die Vertretung der Beschwerdeführerin jedenfalls von den Ergebnissen eines allfälligen weiteren Ermittlungsverfahrens (im Rahmen des rechtlichen Gehörs unter Einräumung einer angemessenen Frist zur Stellungnahme) verständigen.“

Von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten wurde mit Schreiben vom 12. September 2017 die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsverfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde verzichtet.

3.       Zum durchgeführten Ermittlungserfahren:

Vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wurde Frau Dr. KF, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Markus Lechner, die gegenständliche Beschwerde mitgeteilt und Gelegenheit eingeräumt von dieser Kenntnis zu nehmen und sich allenfalls schriftlich zu äußern.

Mit Stellungnahme vom 25. September 2017 beantragte Frau Dr. KF der Beschwerde keine Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid vollinhaltlich zu bestätigen.

Begründet wurde dies wie folgt:

„[…]

1.)          

Zur Unzulässigkeit des angeregten Normprüfungsverfahrens:

In einem Normprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof wären die gegenständlichen Verordnungen überhaupt nicht zu überprüfen:

a.)      

Fehlende unmittelbar anzuwendende Verordnungen:

Gemäß Art 139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die "unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist." Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger - mit VfSlg. 805 8/1977 eingeleiteter Rechtsprechung ausführt, ist es daher eine grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Betroffenen unmittelbar eingreift und sie – im Fall der Gesetzwidrigkeit - verletzt (ständige Rechtsprechung, vgl. auch den unter b. zitierten Beschluss V 41/2005 vom 6.6.2005).

Die gegenständlichen Verordnungen der Gemeinde *** sind im vorliegenden Verfahren aber nicht unmittelbar, sondern allenfalls höchstens mittelbar anwendbar, nämlich bei der Messung der Entfernung der beabsichtigten Ordinationsstätte vom Betriebsstandort der beschwerdeführenden Apotheke.

b.)

Fehlender Eingriff in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Apotheke:

Im Übrigen fehlt auch ein Eingriff/eine Beeinträchtigung der Rechtssphäre der beschwerdeführenden Apotheke, was ebenfalls Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Normprüfungsverfahren wäre: Der VfGH hat — von der belangten Bezirkshauptmannschaft richtigerweise zitiert — bereits darauf hingewiesen, dass einer öffentlichen Apotheke kein Recht auf Stellung eines Individualantrags auf Normenkontrolle gegen eine verkehrsbeschränkende Verordnung wegen fehlenden Eingriffs in die Rechtssphäre der Öffentlichen Apoptheke zukommt; eine Beeinträchtigung nur wirtschaftlicher Interessen reicht zur Antragslegitimation nicht aus.

Amtlicher Rechtssatz VfGH V 41/2005 vom 6.6.2005:

Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung zweier Verordnungen des Bürgermeisters der Gemeinde *** jeweils vom 01.12. 04, womit gemäß

§ 76b StVO bestimmte Straßenstellen zu einer Wohnstraße erklärt wurden, sowie einer Verordnung des Bezirkshauptmannes von Mistelbach vom 14.12.04 über ein Fahrverbot mangels Legitimation.

Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass die bekämpften Verordnungen von ihrem Zweck und Inhalt her keinesfalls die Antragstellerin als ”Konzessionärin und Mitinhaberin der Öffentlichen Apotheke ” zur Normadressatin haben und darum auch nicht in ihre so gestaltete Rechtssphäre iSd Art139 Abs 1 letzter Satz B- VG unmittelbar eingreifen können.

Diese Ausführungen des Höchstgerichts zu einem Individualantrag auf Normenkontrollen haben im Bereich von Normprüfungsverfahren durch Gerichte oder durch Parteien genauso zu gelten.

c.)

Die Durchführung des angeregten Normprüfungsverfahrens durch das angerufene Landesverwaltungsgericht wäre daher wegen fehlender unmittelbarer Anwendbarkeit der gegenständlichen Verordnungen und wegen fehlenden Eingriffs in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Apotheke unzulässig; der VfGH würde ein solches Normprüfungsverfahren daher mangels Legitimation als unzulässig zurückweisen.

2.)

Zur Gesetzmäßigkeit der gegenständlichen Verordnungen:

Selbst für den Fall, dass das angerufene LVwG NÖ wider Erwarten der Rechtsansicht sein sollte, die gegenständlichen Verordnungen meritorisch prüfen zu müssen, sind diese ordnungsgemäß zustande gekommen und ordnungsgemäß kundgemacht:

a.)

Im Übrigen sind die gegenständlichen Verordnungen gesetzmäßig zustande gekommen und auch ordnungsgemäß kundgemacht; es verwundert daher auch nicht, dass die Beschwerdeführerin nur ganz allgemein und ohne konkretes Vorbringen zu erstatten auf ein gesetzwidriges Zustandekommen und eine nicht ordnungsgemäße Kundmachung verweist. So wäre es zB für den Konzessionär der Beschwerdeführerin ein Leichtes gewesen, sich davon selbst an Ort und Stelle zu überzeugen, dass die Verordnungen gehörig kundgemacht sind (dass nämlich die entsprechenden Verkehrsschilder angebracht sind, was auch schon die belangte Bezirkshauptmannschaft festhält). Ein bloßes Zitieren gesetzlicher Bestimmungen und von Gerichtsentscheidungen vermag ein konkretes Vorbringen auch nicht zu ersetzen, sodass diesbezüglich die Beschwerde auch nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

b.)

Im Übrigen hat bereits der Bürgermeister der Gemeinde *** der belangten Bezirkshauptmannschaft gegenüber im Verfahren darauf hingewiesen, dass die gegenständlichen Verordnungen zur Verkehrsberuhigung in einem Wohngebiet dienen, in dem auch viele Familien mit Kindern wohnen (werden). Demgegenüber tritt ein Interesse von Fußballplatzbesuchern an einer nur unwesentlich kürzeren Zufahrtsstrecke zum Fußballplatz jedenfalls zurück, sodass die gegenständlichen Verordnungen nach einer umfassenden Interessensabwägung betroffener Interessen im öffentlichen Interesse zustande gekommen sind. Dieses öffentliche Interesse ist im Übrigen auch offenkundig.

c.)

Wie der Bürgermeister der Gemeinde *** weiter in seiner Stellungnahme an die belangte Bezirkshauptmannschaft ausführt, wurden Stellungnahmen zu den Verordnungsentwürfen eingeholt. Sogar ein Amtssachverständiger für Verkehrswesen der NÖ Landesregierung wurde beigezogen; auch dieser befürwortete die gegenständlichen Verordnungen. Von keiner Stelle wurden gegen die geplanten Verordnungen Einwände erhoben, sondern wurden die Verordnungen vielmehr genehmigt.

d.)

Die gegenständlichen Verordnungen sind daher nicht zu beanstanden und jedenfalls der Entfernungsmessung zugrunde zu legen.

3.)

Zum Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für die Erteilung der gewünschten Konzession:

a.)

Die Antragstellerin erfüllt die persönlichen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Konzession, was im Verfahren auch unstrittig ist und nicht einmal von der Beschwerdeführerin in Zweifel gezogen wurde.

b.)

Dass nach der Judikatur des VwGH und des angerufenen LVwG NÖ Hausapothekenkonzessionsanträge „im Grünen“ zulässig sind, wird in der Beschwerde nicht weiter angezweifelt; auf die rechtsrichtigen Entscheidungsgründe im angefochtenen Bescheid und das diesbezügliche umfassende Vorbringen der Antragstellerin im Verfahren I. Instanz wird verwiesen.

c.)

In der Beschwerde wird auch nicht weiter bestritten, dass in Anwendung der gegenständlichen Verordnung die Entfernung der beabsichtigten Ordinationsstätte der Antragstellerin und der Betriebsstätte der beschwerdeführenden, nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als 6 Straßenkilometer beträgt. Im Übrigen wird auf das im Akt erliegende, von der Antragstellerin vorgelegte Vermessungsgutachten verwiesen.

4.)

Zum angeblichen Primat der Heilmittelversorgung durch öffentliche Apotheken:

Dem Apothekengesetz ist eindeutig zu entnehmen, dass die Medikamentenversorgung der Bevölkerung in dünn besiedelten, ländlichen Gebieten vorrangig durch ärztliche Hausapotheken zu erfolgen hat. Dies betrifft insbesondere sogenannte „Ein-Arzt-Gemeinden“, also Gemeinden, in denen nach dem Stellenplan nur ein Kassenvertragsarzt für Allgemeinmedizin ordiniert. Dies ist auch folgerichtig: Kassenvertragsärzte haben nicht nur Ordinationszeiten, sondern führen Visiten in entlegene Gebiete durch, dies auch während der Wochenenddienste, in denen sie sogar ein noch größeres Gebiet als das im Stellenplan festgelegte zu versorgen haben. Es mag zwar sein, dass immer irgendwo eine öffentliche Apotheke dienstbereit ist. Diese kann aber — wie Beispiele in NÖ zeigen — über 30 Kilometer entfernt sein. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass es im Sinne der Bevölkerung ist, dass der Arzt am Wochenende zwar auf Visite zum kranken Patienten kommt, der kranke Patient dann aber über 30 Kilometer fahren muss, um die verordneten Medikamente zu bekommen, nur weil am konkreten Wochenende zufälligerweise die am weitesten entfernte öffentliche Apotheke dienstbereit ist.

Im Übrigen sind die Ausführungen der Beschwerdeführerin hiezu (und auch die gegenständlichen in Pkt 4.) nicht rechtserheblich.

[….]“

Mit Stellungnahme vom 13. November 2017 teilte die L-Apotheke *** KG mit, dass sich die Person ihres Konzessionärs/Komplementärs mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 17.10.2017 in „Dr. et Mag. pharm. FBH“ geändert hat. Zudem wurde Nachstehendes vorgebracht:

„[…]

Zu den Absichten der hier Beteiligten, die Bestimmung des § 29 Abs 1 Z 3 ApG rechtswidrig zu umgehen, wird – um Wiederholungen zu vermeiden – auf das Vorbringen in der Beschwerde vom 7.9.2017 verwiesen. Die nachstehenden Umstände untermauern und bestätigen die Einwände der Beschwerdeführerin.

1. Entfällt die Entfernungsvoraussetzung gemäß § 28 Abs 3 oder gemäß Abs 1a auf

Grund der Verlegung des Berufssitzes des hausapothekenführenden Arztes, so hat die Behörde die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke von Amts wegen oder auf Antrag des betroffenen Konzessionsinhabers zurückzunehmen (§ 29 Abs 1b ApG).

Das bedeutet, dass die beantragte Hausapothekenbewilligung im vorliegenden Fall bei Auflassung der strittigen Wohnstraße – mangels Verlegung des Berufssitzes – aufrecht bliebe (bzw nicht entzogen werden könnte) und das Ziel der hier beabsichtigten Umgehung endgültig erreicht würde.

2. Die örtlich Situierung der beantragten Hausapotheke sowie der hier strittigen Wohnstraße ergibt folgendes Bild (siehe auch Beilage./2 bis Beilage./6):

- Die behauptete Wohnstraße ist gerade einmal um die 100 m lang.

- Die Verordnung zur Wohnstraße hätte zur Folge, dass sämtliche Besucher/Sportler

künftig nicht mehr direkt vom Ortszentrum aus zum Friedhof und zu den Sportstätten zufahren könnten.

- Die Verordnung zur Wohnstraße hätte aber außerdem – und das ist der zentrale Punkt – zur Folge, dass die beantragte Hausapotheke vom Ortszentrum praktisch abgeschnitten würde und zu ihr vom Ortszentrum aus nicht mehr (bzw nur noch über den Umweg der ***) zugefahren werden könnte (siehe insbesondere Beilage./3).

3. Die Darstellung der Gemeinde ***, wonach der Standort der geplanten Arztpraxis aufgrund der bevorstehenden Siedlungsentwicklung ins dicht besiedelte Gebiet mit Jungfamilien rückt, ist schlichtweg falsch:

Eine kurz- bis mittelfristige Siedlungsentwicklung in Richtung Norden ist aufgrund der aktuellen Flächenwidmung als Grünland, Grünland Land- und Forstwirtschaft bzw Grünland Freihalteflächen (Beilage./7) nicht zu erwarten.

Von einem ins dicht besiedelte Gebiet Rücken kann im vorliegenden Fall daher nicht die Rede sein. Vielmehr tritt bei richtiger (lebensnaher) Betrachtung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls die eigentliche Motivation der Beteiligten, nämlich § 29 Abs 1 Z 3 ApG rechtswidrig zu umgehen, offen zu Tage.

4. Erforderlich ist eine Verkehrsbeschränkung gemäß § 43 Abs 1 lit b StVO nach ständiger Rechtsprechung des VfGH dann, wenn sie auf Grund der örtlichen und verkehrsmäßigen Gegebenheiten der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs oder der Ordnung des ruhenden Verkehrs dient und sich auf Grund des Anhörungs- und Ermittlungsverfahrens ergibt, dass dieses Interesse das persönliche oder wirtschaftliche Interesse der Verkehrsteilnehmer an der ungehinderten Benützung der Verkehrswege überwiegt.

Verkehrsbeschränkungen dürfen daher auch nur in jenem sachlichen, zeitlichen, örtlichen und personellen Umfang erlassen werden, in dem der im Einzelnen angestrebte, vom B-VG und der StVO geschützte Zweck dies rechtfertigt. Die Schwere des Eingriffs in die ungehinderte Benützung der Verkehrswege und der vom Gesetz gebilligte und von der Behörde beabsichtigte Zweck der Verkehrsbeschränkung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Ist diese Verhältnismäßigkeit anders nicht gewährleistet, müssen erforderliche Einschränkungen oder Ausnahmen von der Verkehrsbeschränkung zugelassen oder eine weniger eingriffsintensive Verkehrsbeschränkung verfügt werden (Pürstl, StVO-ON14.00 § 43 StVO, Erl 7).

Der vorliegende Fall zeigt, dass die Verordnung der hier strittigen Wohnstraße zu dem geradezu grotesken Ergebnis führen würde, dass die antragstellende Arztpraxis vom gesamten Siedlungsgebiet der Gemeinde *** verkehrsmäßig abgeschnitten wird.

*** hat derzeit rund 2.250 Einwohner (Beilage./8). Auch vor diesem Hintergrund wäre es völlig widersinnig, für (künftig vielleicht) gerade einmal 100 Einwohner die Notwendigkeit einer Hausapotheke zu argumentieren und gleichzeitig alle anderen rund 2.150 Einwohner (insbesondere Kranke und Ältere) durch eine Wohnstraße von dieser Hausapotheke verkehrsmäßig abzuschneiden.

Die einzig logische Erklärung für das Vorgehen der Gemeinde *** kann nur

sein, die Vorgabe des § 29 Abs 1 Z 3 ApG in unsachlicher Art und Weise durch Üben

von blanker Willkür zum Nachteil der Beschwerdeführerin gesetz- und verfassungs-

widrig zu umgehen, um die strittige Wohnstraße nach Rechtskraft der Hausapothekenbewilligung wieder aufzuheben (siehe auch oben 1.).

Weiteres Vorbringen und das Stellen weiterer Beweisanträge – insbesondere die Namhaftmachung von Zeugen, die es anlässlich der mündlichen Verhandlung zu ermitteln gilt – bleibt ausdrücklich vorbehalten; ebenso, den vorliegenden Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zu Prüfung weiterzuleiten.

Ergänzend wird gestellt der

A N T R A G :

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge (anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2017) einen Ortsaugenschein (durchführen) anberaumen.“

Vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wurde von der Gemeinde *** die verfahrensrelevanten Verordnungen zur Bestimmung der Wohnstraßen angefordert.

Demnach verordnete der Bürgermeister der Gemeinde *** gemäß § 76b Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, dass die Gemeindestraßen *** *** *** und *** (*** West) im gesamten Bereich von der Kreuzung mit der Landesstraße *** (auf Parzelle Nr. ***, KG ***), bei Straßenkilometer *** und bei Straßenkilometer *** bis zur *** (Parzelle Nr. ***, KG ***), zur Wohnstraße erklärt werden. Diese Verordnung war vom 14. September 2015 bis 29. September 2015 an der Amtstafel der Gemeinde *** angeschlagen.

Zudem verordnete der Bürgermeister der Gemeinde *** gemäß § 76b Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, dass die Gemeindestraße Nr. ***, vom Pfarrhof, *** zum Friedhof, *** und weiter Richtung Sportstätte, *** im Bereich vom süd-westlichen Grundstückspunkt *** der Parzelle Nr. *** bis zum süd-westlichen Beginn des Parkplatzes für den Friedhof auf Parzelle Nr. ***, jeweils KG ***, zur Wohnstraße erklärt wird.

Diese Verordnung war vom 06. Dezember 2016 bis 21. Dezember 2016 an der Amtstafel der Gemeinde *** angeschlagen.

Zu dieser zweiten Verordnung übermittelte der Bürgermeister der Gemeinde *** einen Aktenvermerk vom 9.2.2017, wonach eine eine Verordnungsprüfung durch die Abteilung Verkehrsrecht (RU 6) des Amtes der NÖ Landesregierung stattgefunden habe. Aus Sicht der Aufsichtsbehörde würden bei der vorgelegten Verordnung keine Mängel vorliegen. Auch die negative Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Amstetten könne die Rechtskonformität der Verordnung nicht erschüttern. Aus diesem Grund liege somit die Rechtskraft der Verordnung vor.

Zudem wurde eine Stellungnahme eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen zu dieser Wohnstraße, datiert mit 17. November 2016, übermittelt. Der verkehrstechnische Amtssachverständige legte darin dar, dass der Hauptzweck der Verordnung darin bestehe, eine Verkehrsberuhigung im gegenständlichen Bereich (***) zu erreichen. Dies sei aus verkehrstechnischer Sicht möglich. Hingewiesen wurde aber darauf, dass in einer Wohnstraße u.a. mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren ist und gemäß §§ 23, 2a StV0 1960 das Parken nur auf gekennzeichneten Stellen erlaubt ist. Empfohlen wurde zu prüfen, ob nicht die Verordnung einer Fahrradstraße gemäß § 67 StVO 1960 zweckdienlich wäre, was aus verkehrstechnischer Sicht auch möglich wäre.

Weiters wurde eine Stellungnahme des Amtes der NÖ Landesregierung, Abteilung Verkehrsrecht, datiert mit 21. August 2017, Zl. RU6-V-46/003-2016 von der Gemeinde *** vorgelegt, welcher insbesondere Nachstehendes zu entnehmen ist:

„[…]

Inhaltlich wird dazu festgehalten:

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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