TE Bvwg Beschluss 2018/2/7 L509 1421207-2

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Veröffentlicht am 07.02.2018
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Entscheidungsdatum

07.02.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L509 1421207-2/5Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien -Außenstelle, vom 30.12.2017, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.) Mit oa. Bescheid hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz vom 11.08.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I); ebenso den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.); einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Antragsteller einen Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt III.); gem. § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise erteilt (Spruchpunkt IV.); einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.); gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren erlassen (Spruchpunkt VI.) und schließlich festgestellt, dass der Antragsteller gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 11.09.2015 verloren hat (Spruchpunkt VII.).

2.) Gegen diesen Bescheid wurde binnen offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben und u.a. beantragt, aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid zur Gänze zu beheben und Asyl gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, das Einreiseverbot zu beheben; in eventu den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen, das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer herabzusetzen, dem Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sowie festzustellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist sowie in eventu die ordentliche Revision zuzulassen.

3.) In der Begründung der Beschwerde wird darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert sei und das dazu durchgeführte Ermittlungsverfahren mangelhaft sei. Der Iran stehe auf Platz 9 des Weltverfolgungsindex und der Abfall vom Islam stehe dort unter Todesstrafe. Der Beschwerdeführer habe sich in Österreich taufen lassen und er habe dies durch Vorlage eines Taufscheines belegt. Aus diesem Grunde drohe dem Beschwerdeführer bei Rückkehr in den Iran Gefahr einer Verfolgung. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft, da es die belangte Behörde es unterlassen habe zu ermitteln, was den Beschwerdeführer bewogen habe, den Islam zu verlassen und zum Christentum zu konvertieren. Der Beschwerdeführer habe sehr wohl einige Fragen über die Religion beantworten können, er besuche regelmäßig die Gottesdienste und bestünde kein Zweifel, dass er die Konversion aus innerer Überzeugung vollzogen hätte. Aufgrund dieser inneren Überzeugung würde sich der Beschwerdeführer auch im Falle einer Rückkehr in den Iran entsprechend seines christlichen Glaubens verhalten. Der Beschwerdeführer habe sich bereits vor 5 Jahren (3 Jahre vor der gegenständlichen Asylantragstellung) taufen lassen, was gegen die Ansicht spreche, er sei aus asyltaktischen Gründen konvertiert. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich bereits taufen lassen hatte, ließe vermuten, dass die iranische Vertretung in Österreich bereits Kenntnis davon hat. Im gegebenen Fall würde bei einer Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegen und diese wäre damit unzulässig. Der Beschwerdeführer befinde sich seit knapp 8 Jahren in Österreich, sei hier sozial stark verankert und habe er sich vorbildlich integriert. Er verbessere seine Sprachkenntnisse dank seiner vielfältigen Interessen und Aktivitäten stetig. Er fühle sich der österreichischen Werteordnung sehr verbunden und habe ambitionierte Pläne für seine Zukunft. Dies alles spräche für das Überwiegen der Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib gegenüber den öffentlichen Interessen. Die belangte Behörde habe hinsichtlich der Verurteilung des Beschwerdeführers keine Prognoseentscheidung im Rahmen einer Einzelfallprüfung vorgenommen und die Rechte des Beschwerdeführers gemäß Art. 8 EMRK nicht berücksichtigt. Die Zeit, welche seit der Verurteilung des Beschwerdeführers vergangen ist und das darauffolgende "langjährige" Wohlverhalten sei nicht berücksichtigt worden. Die rechtskräftige Verurteilung alleine sei nicht ausreichend für die Feststellung, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft nicht davon abgehalten werde, weitere Straftaten zu begehen. Mit der Art und Schwere der der Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten und mit dem Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer sei ein arbeitsamer Mensch, der die Begehung der strafrechtlichen Delikte nunmehr sehr bereue. Dies führe zu einer positiven Zukunftsprognose. Es bliebe im Hinblick auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung unbegründet, woraus die belangte Behörde "schwerwiegende Gründe" erkenne, zumal die vom Beschwerdeführer begangene Straftat lange zurückliege und sich der Beschwerdeführer seither wohlverhalten habe. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Gattin und der Sohn des Beschwerdeführers weiterhin in Österreich aufhältig seien. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei unvermeidlich, weshalb diese beantragt werde.

4.) Der Beschwerde sind eine Taufbestätigung der Evangelikalen Gemeinde Hamgam Wien, ein Antrag auf Feststellung der Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft an den Magistrat der Stadt Wien vom 04.12.2017 sowie ein aufgrund dieses Antrags ergangener – dem Antrag stattgebender – Feststellungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien sowie ein Sprachdiplom über die bestandene Deutschprüfung auf Niveau A2, eine Unterstützungserklärung und zwei schriftliche Einstellungszusagen angeschlossen.

5.) Es ist festzustellen, dass auch betreffend die Ehegattin des Beschwerdeführers und den Sohn des Beschwerdeführers unter den GZ 1427421-2/1 und 1427422-2 jeweils ein Asylbeschwerdeverfahren hg (Gerichtsabteilung L508) anhängig ist und in beiden Fällen die aufschiebende Wirkung durch die belangte Behörde nicht ausgeschlossen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der für diesen Beschluss maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage.

1. Feststellungen:

Siehe I.

2. Beweiswürdigung:

Der hierfür maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels anderweitiger gesetzlicher Anordnung liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

"§ 18 BFA-VG

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) [...]

(4) [...]

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt. (6) [...]

(7) [...]"

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Das Bundesamt hat hier gem. § 18 Abs 1 Z 2 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und begründet wie oben unter I.3. .

Im vorliegenden Fall kann nach derzeitiger Aktenlage innerhalb der gesetzlichen Frist nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden, dass die Effektuierung der Rückkehrentscheidung in den in Aussicht genommenen Zielstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde, zumal dies im gegebenen Fall voraussichtlich Gegenstand einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung sein wird.

Darüber hinaus lassen sich weder aus der angeführten Begründung des Bescheides zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung noch aus der Aktenlage konkrete Umstände entnehmen, welche die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich machen würden. Die belangte Behörde hat nicht begründet, inwieweit der Aufenthalt des Beschwerdeführers bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit konkret gefährdet. Der Pauschalverweis auf das Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist keinesfalls ausreichend um eine nachvollziehbare Begründung für diese Entscheidung der belangten Behörde darzustellen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG entfallen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L509.1421207.2.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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