TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/17 2000/09/0002

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Veröffentlicht am 17.05.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §51g Abs3 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. J in Graz, vertreten durch Dr. Werner Klement, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 17. November 1999, Zl. UVS 303.11-9/1999-28, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. November 1999 wurde der Beschwerdeführer der Begehung von zwei Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG - schuldig erkannt, weil er als Gewerbeinhaber der Peep-Show, Standort Bruck an der Mur, Bahnhofstraße Nr. 14, in der Zeit vom 29. Juni 1998 bis 22. Juli 1998 zwei ungarische Staatsangehörige beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei und die Ausländer keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen hätten. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen von jeweils S 15.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall jeweils drei Tage Ersatzarrest) und ein Kostenbeitrag verhängt. Die belangte Behörde führte eine öffentlichen mündlichen Verhandlung durch und legte die darin vorgekommenen Beweismittel ihrer Entscheidung zu Grunde. Sie begründete ihren Schluss, die beiden Ungarinnen seien zumindest als arbeitnehmerähnliche Beschäftigte anzusehen, im Wesentlichen folgendermaßen:

"Die beiden ungarischen Mädchen waren während der gesamten Öffnungszeit der Peep-Show von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr im Lokal anwesend, sodass die Arbeitszeit vorgegeben war. Der Organisationsablauf in der Peep-Show war auch dadurch vorgegeben, dass sich die Mädchen auf der Drehbühne nach einer gewissen Zeit abwechselten und die Zeit bis zu ihrem nächsten Auftritt auf der Drehbühne entweder bei einer entsprechenden Nachfrage in der Solokabine verbrachten oder im Aufenthaltsraum. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass während des gesamten Tatzeitraumes vom 29.6. bis 22.7.1998 außer den beiden ungarischen Frauen keine sonstigen Frauen im Lokal tätig waren. Es kann also keine Rede davon sein, dass die beiden Ungarinnen in der Wahl ihrer Arbeitszeit bzw. in der Form ihrer Tätigkeit selbstständig waren. Gesteuert wurde der Ablauf einerseits durch den Kassier, der wenn ein Gast in das zuvor leere Lokal kam, die Mädchen aufforderte, auf die Bühne zu kommen und andererseits bei seinen Durchsagen auch für die Solokabinen warb. Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Solokabinen einzig und allein dazu dienten, dass die Mädchen für ihre 'Soloauftritte' ein entsprechendes Entgelt von den Kunden erhalten sollten. Bevor es dazu kam, war es nämlich erforderlich, dass ein Kunde in der Solokabine insgesamt mindestens S 50,-- in den Münzautomaten warf, damit überhaupt ein Blickkontakt zum Mädchen zu Stande kam. Diese Einnahmen aus dem Münzautomaten - ebenso wie jene Einnahmen aus Münzautomaten für die Drehbühne - kamen ausschließlich dem Berufungswerber zugute. Das Kernstück einer Peep-Show liegt darin, dass Mädchen 'live' mit erotischen Darbietungen auftreten. Dies bedeutet, dass auftretende Mädchen einen wesentlichen Bestandteil einer Peep-Show ausmachen. Die Auftritte in der Solokabine sind ebenfalls eine Folge der Auftritte der Mädchen auf der Drehbühne. Die Auftritte auf der Drehbühne, die dem Kunden pro Minute S 10,-- kosten, kommen ebenfalls ausschließlich dem Berufungswerber zugute. Auch der Ort der Arbeitsleistung der Ungarinnen war vorbestimmt, nämlich die Drehbühne oder die Solokabine. Die Fotos der Mädchen im Schaukasten gleich am Eingang dienten zur Animierung der Kunden, damit diese die Münzautomaten in den Kabinen der Drehbühne bzw. Solokabine füllen. Es ist somit für die erkennende Behörde erwiesen, dass die beiden ungarischen Mädchen eindeutig in den Betriebsablauf der Peep-Show voll eingegliedert waren und andererseits die Leistungen der Mädchen durch die Einnahmen aus den Münzautomaten dem Berufungswerber zugute kamen. Hinsichtlich der Entgeltlichkeit ist darauf hinzuweisen, dass unter dem Begriff des Entgeltes nicht nur ein laufend bezahlter Lohn oder ein Gehalt zu verstehen sind, sondern auch sonstige Leistungen. Darunter fällt zum Beispiel auch, dass die beiden ungarischen Mädchen unentgeltlich in der Nähe der Peep-Show befindlichen Wohnung in der Pischkerstraße 5 in Bruck nächtigen konnten. Auf Grund der Art der Tätigkeit und der organisatorischen Eingliederung in den Betrieb waren die beiden Ungarinnen auch nicht in der Lage, ihre Arbeitskraft anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen. Bei einer Gesamtbetrachtung all dieser Faktoren ist zumindest von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis der beiden ungarischen Frauen zum Berufungswerber als Betreiber der Peep-Show auszugehen, zumal die beiden Ungarinnen nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeiten unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer verwendet wurden. Nachdem der Berufungswerber keine Beschäftigungsbewilligung für die beiden ungarischen Frauen hatte und diese auch nicht im Besitz eines Befreiungsscheines oder einer Arbeitsbewilligung waren, ist der objektive Tatbestand der illegalen Beschäftigung als erwiesen anzusehen."

Zur subjektiven Tatseite führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe als Inhaber und Betreiber der Peep-Show keine Delegierung seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit behauptet. Er habe sich bei der Führung des Lokals bzw. der Einstellung der Mädchen auf den Kassier und seinen Sohn verlassen, diesen bei der Anstellung ausländischer Frauen keine Anweisungen gegeben und sich auch nicht bei den zuständigen Stellen erkundigt, ob ausländische Frauen in seiner Peep-Show ohne Weiteres tätig sein dürften. Das vom Beschwerdeführer vorgelegte Schreiben der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, wonach derzeit keine Versicherungspflicht nach dem ASVG für die in seiner Peep-Show in der vom Beschwerdeführer der Gebietskrankenkasse mitgeteilten Weise (die Damen seien nicht weisungsgebunden, nicht zeitlich gebunden, wirtschaftlich nicht von ihm abhängig, sie würden kein Geld erhalten, sondern direkt von den jeweiligen Kunden in der Solokabine für die diversen Darbietungen und Tätigkeiten entlohnt, lediglich die Einnahmen für die Miete der Solokabine, die die diversen Kunden durch Münzeinwurf bewerkstelligten, seien sein Gewinn als Betreiber dieser Peep-Show) bestehe, beruhe einerseits auf einer ungeprüften Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers und sei andererseits keine Aussage einer in Angelegenheit der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte nach dem AuslBG zuständigen Stelle über die Notwendigkeit arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit sich der Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob der Sachverhalt, der in diesem Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 549 ff abgedruckte hg. Judikatur). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen.

Insbesondere fällt auf, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerde einzelne Sätze aus den Aussagen der Zeugen aus dem Zusammenhang reißt und zu Gunsten seines Standpunktes interpretiert. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Vorbringens zur angeblichen freien Anwesenheit der Ungarinnen, zu deren behaupteter freien Arbeitszeiteinteilung, zu deren behaupteter Weisungsfreiheit und zur Beistellung einer angeblich nicht unentgeltlichen Übernachtungsmöglichkeit. Betrachtet man allerdings insbesondere die Aussage des als Zeugen vernommenen Kassiers Retter in seiner Gesamtheit, welcher auch der Inhalt der beiden mit den Ungarinnen aufgenommenen Niederschriften vom 22. Juli 1998, die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesen wurden, entspricht, so findet sich der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt in eindeutiger Weise bestätigt. Dass gerade diese Beweismittel entgegen der Ansicht der belangte Behörde aber nicht glaubwürdig wären, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.

Hinsichtlich der Rüge, die zwei Ungarinnen seien mangels Erforschung einer (ausländischen) Anschrift nicht als Zeugen einvernommen, sondern ihre niederschriftlichen Aussagen vom 22. Juli 1998 in der öffentlichen mündlichen Verhandlung verlesen worden, übersieht der Beschwerdeführer, dass aus dem Akt hervorgekommen ist, die beiden Ungarinnen befänden sich nicht (mehr) an der inländischen Anschrift (diese bestand nur an der vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Wohnung). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren (aber auch in der Beschwerde) nicht behauptet, dass sich die beiden Ungarinnen in Österreich an einer ladungsfähigen Anschrift aufhalten. Die Erforschung einer ausländischen Anschrift erübrigt sich aber, weil der Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht angibt, auf welcher Rechtsgrundlage die belangte Behörde ein Erscheinen der (vermutlich) in Ungarn aufhältigen Zeuginnen (eine konkrete Adresse gibt der Beschwerdeführer nicht an) hätte durchsetzen können. Eine Einvernahme dieser Zeugen im Rechtshilfeweg konnte schon mangels Unmittelbarkeit nicht in Betracht kommen; im Übrigen wird in dieser Hinsicht auf das hg. Erkenntnis vom 13. September 1999, Zl. 97/09/0228, mwN., verwiesen. Damit ist diese Verfahrensrüge unbegründet.

Wenn der Beschwerdeführer als weiteren Verfahrensmangel geltend macht, dass die in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgelegte Urkunde der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse "in der Berufungsverhandlung nicht erörtert" worden sei, so übersieht er, dass er sowohl anlässlich der Vorlage der Urkunde als auch in seinen Schlussausführungen Gelegenheit hatte, nähere Ausführungen dazu zu erstatten. Sollte der Beschwerdeführer unter "erörtern" eine Diskussion über die rechtliche Wertung dieses Beweismittels verstehen, so verkennt er, dass über die rechtlichen Auswirkungen eines vorgelegten Beweismittels keine "Erörterungspflicht" für die belangte Behörde besteht.

Die erstmalig in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe auch telefonische Erkundigungen beim Arbeitsmarktservice Bruck an der Mur eingeholt, unterliegt dem Neuerungsverbot. Insofern der Beschwerdeführer nunmehr Urkunden vorlegt, wonach er sich ständig bemüht habe, die gegenständliche Liegenschaft zu veräußern, weist die belangte Behörde in der Gegenschrift zu Recht darauf hin, dass der Beschwerdeführer solche Schreiben, die seine Anstrengungen bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides belegt hätten, vorlegen hätte können. Im Übrigen ist aber die Wertung der Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Verkaufsabsichten im gegenständlichen Verfahren ohnehin bedeutungslos, da es einerseits außer Streit steht, dass er zum Zeitraum der Beschäftigung der beiden Ungarinnen Betreiber und Inhaber der gegenständlichen Peep-Show war, andererseits die Verkaufsabsichten des Beschwerdeführers in der Beweiswürdigung seiner Angaben als (teilweise) unglaubwürdig durch die belangte Behörde lediglich eine untergeordnete Rolle spielten.

Da nach dem Vorgesagten aber die belangte Behörde auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung und einem mängelfreien Verfahren zu dem von ihr festgestellten Sachverhalt gelangen durfte, ist der auf einem anderen Sachverhaltsvorbringen aufbauenden Rechtsrüge des Beschwerdeführers, welche auch den Inhalt des Schreibens der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse umfasst, der Boden entzogen. Damit kann der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit vorgeworfen werden, dass sie im Beschwerdefall zum Ergebnis gelangte, die beiden Ungarinnen seien nach dem wirtschaftlichen Gehalt ihrer Tätigkeiten zumindest in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis verwendet worden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000090002.X00

Im RIS seit

03.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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