Entscheidungsdatum
12.02.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W179 2183620-1/ 2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über den Antrag der XXXX , vertreten durch Diwok Hermann Petsche Rechtsanwälte LLP & Co KG, in 1010 Wien, Schottenring 25, ihrer gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom XXXX , GZ XXXX , erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
A) Aufschiebende Wirkung
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird nicht stattgegeben.
B) Revision
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Telekom-Control-Kommission (TKK) wie folgt aus:
"1 Folgende Verstöße der XXXX gegen die VO (EU) 2015/2120 werden festgestellt:
XXXX verstößt gegen Art 3 Abs 3 UAbs 3 VO (EU) 2015/2120, indem sie im Rahmen des von ihr angebotenen Produktes " XXXX in ihrem Netz den Datenverkehr zwischen teilnehmenden Inhalte-/Anwendungs-/Dienstanbietern und teilnehmenden Endnutzern (Endkunden) bei den Produkten
* " XXXX " auf max 1,7 Mbit/s Bandbreite
* " XXXX ” auf max 1,7 Mbit/s Bandbreite bzw auf eine Video-/Bildauflösung von max 360p,
* " XXXX " auf max 3 Mbit/s Bandbreite bzw auf eine Video-/Bildauflösung von max 720p,
reduziert ("traffic shaping").
2 Gemäß Art 5 Abs 1 VO (EU) 2015/2120 werden XXXX aufgrund der in Spruchpunkt 1 festgestellten Verstöße zur Sicherstellung der Einhaltung des Art 3 leg cit die folgenden notwendigen und geeigneten Maßnahmen vorgeschrieben:
XXXX hat die in Spruchpunkt 1 festgestellten Bandbreitenreduzierungen und/oder Reduzierungen der Video-/Bildauflösung im Datenverkehr ("traffic shaping") unabhängig davon, wie diese technisch realisiert sind, binnen einer Frist von acht Wochen ab Bescheidzustellung zu unterlassen. XXXX hat der Regulierungsbehörde nach Umsetzung dieser Maßnahme umgehend darüber zu berichten.
3 Der Antrag der XXXX , "die Telekom-Control-Kommission möge einen (von der Entstehung der BEREC Leitlinien) unabhängigen Gutachter bestellen, um das verfahrensgegenständliche Angebot der XXXX auf dessen Vereinbarkeit mit der TSM-VO prüfen zu lassen", wird abgewiesen.
4 Der Antrag der XXXX , die Telekom-Control-Kommission möge die von ihr in ihrer Stellungnahme vom 11.12.2017 bezeichneten Fragen gemäß Art 267 AEUV dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen, wird zurückgewiesen."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich das Rechtsmittel der Beschwerdeführerin, mit der sie ua beantragt, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
3. Am XXXX bringt die belangte Behörde beim Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid samt dagegen erhobener Beschwerde in Vorlage, behält sich das Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich vor und erstattet keine Gegenschrift noch stellt sie (zu diesem Zeitpunkt) Anträge.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erschließt sich zum einen aus dem Verfahrensgang.
2. Die Beschwerdeführerin legt ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (bis auf den Einzahlungsbeleg über die hiergerichtliche Eingabegebühr) keine Bescheinigungsmittel bei.
3. Den Antrag, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, begründet die Beschwerdeführerin (wortwörtlich) wie folgt:
"III. Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 121a Abs 1 Satz 2 TKG 2003
Schließlich beantragt die Beschwerdeführerin, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:
Derzeit haben mehr als XXXX Teilnehmer das Produkt XXXX bei der Beschwerdeführerin gebucht. Müsste die Beschwerdeführerin die Beschränkung der Bandbreite unterlassen, würde dies zu einem schlagartigen Anstieg der insgesamt im Netz der Beschwerdeführerin erforderlichen Bandbreite führen, der derzeit nicht einmal mit Sicherheit prognostiziert werden kann. Dies würde die Beschwerdeführerin dazu zwingen, zur Unzeit Neztwerkinfrastruktur zu modifizieren. Denn um eine erhöhte Netzwerkkapazität zu gewährleisten, müssten tiefgreifende Änderungen in der Infrastruktur des von der Beschwerdeführerin betriebenen Netzes vorgenommen werden. Da diese Änderungen nicht planmäßig und mit der für eine ordnungsgemäße Konzeption notwendigen Vorlaufzeit, sondern ad hoc erfolgen müssten, sind Nachteile für die Integrität und Stabilität des Netzwerkes zu befürchten. Darüber hinaus würde ein planwidriger Ausbau bestehender Infrastruktur bewirken, dass die Beschwerdeführerin ad hoc in alternde Technologie investieren muss, statt in angemessener Zeit neue Technologien anzuschaffen, was die Qualität des Netzwerks der Beschwerdeführerin langfristig beeinträchtigen würde.
Gemäß § 121a Abs 1 Satz 2 TKG 2003 stellt die Beschwerdeführerin daher den
Antrag,
der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen."
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den vorliegenden unzweifelhaften Aktenbestandteilen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Aufschiebende Wirkung:
1. Zu den verfahrensgegenständlichen relevanten gesetzlichen Grundlagen:
1.1. § 13 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017 normiert: "Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung."
1.2. § 121a Abs 1 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003), BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 96/2013, lautet: "Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörden haben abweichend von § 13 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht (Art. 131 Abs. 1 B-VG) kann die aufschiebende Wirkung im betreffenden Verfahren auf Antrag zuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung für den Berufungswerber ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre."
1.3. Die Gesetzesmaterialien zu § 121a Abs 1 TKG 2003 in der zitierten Fassung (RV 2194 BlgNR 24. GP) führen aus: "Die Notwendigkeit einer Abweichung vom Grundsatz der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ergibt sich unmittelbar aus den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 4 der Richtlinie 2002/21/EG idF der Richtlinie 2009/140/EG (‚Rahmenrichtlinie‘)."
1.4. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung (ua) der Richtlinie 2002/21/EG hält fest: "Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit für Marktakteure sollten die Beschwerdestellen ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen; insbesondere sollten die Beschwerdeverfahren nicht ungebührlich lange dauern. Einstweilige Maßnahmen zur Aussetzung der Wirkung eines Beschlusses einer nationalen Regulierungsbehörde sollten nur in dringenden Fällen erlassen werden, um schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden von der die Maßnahmen beantragenden Partei abzuwenden, und wenn dies zum Ausgleich der Interessen erforderlich ist."
2. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde stellt vor diesem Hintergrund den Normalfall und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Ausnahme dar. Die aufschiebende Wirkung ist gemäß § 121a Abs 1 TKG 2003 nur zuzuerkennen, wenn nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung für den Beschwerdeführer ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre.
3. Mangels Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen des § 121a Abs 1 TKG 2003 wird von einer Orientierung an der zu § 30 Abs 2 VwGG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen sein, wobei das Vorliegen noch strengerer Voraussetzungen anzunehmen ist; § 121a Abs 1TKG 2003 spricht von einem "schwere[n] und nicht wiedergutzumachende[m] Schaden", § 30 Abs 2 VwGG von einem "unverhältnismäßigen Nachteil" (vgl Müller, in Riesz/Schilchegger [Hrsg], TKG [2016] § 121a Anm 3).
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl für viele zB VwGH vom 16.04.2014, AW 2013/03/0027, mit Hinweis auf VwGH (verstärkter Senat) vom 25.02.1981, Slg Nr 10.381/A) hat ein Beschwerdeführer – unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen – im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil (im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG) gelegen wäre, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.
In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen – auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl ua VwGH 28.05.2015, Ra 2015/13/0019).
5. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung lässt auf dem Boden dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein zentrales und unbedingt notwendiges Begründungselement vermissen, nämlich die konkrete Darlegung ihrer gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse, enthält der Antrag doch dazu, wie dargestellt, keinerlei Angaben.
Schon aus diesem Grunde ist dem Antrag nicht stattzugeben. Denn erst bei Kenntnis der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin könnte das erkennende Gericht diese in Verhältnis zu den allenfalls im Antrag monierten Umsetzungskosten des angefochten Bescheides setzen – zumal letztere ebenfalls nicht (auch nicht schätzungsweise) beziffert sind – um sodann im Zuge einer Interessensabwägung zu beurteilen, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführerin ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden verbunden wäre.
Vor diesem Hintergrund ist dem Bundesverwaltungsgericht eine Beurteilung, ob die nur pauschal behaupteten Nachteile als unverhältnismäßig anzusehen sind, nicht möglich.
6. Schließlich werden die allgemein behaupteten Nachteile für die Integrität und Stabilität des Netzwerkes nicht substantiiert moniert. Für das Bundesverwaltungsgericht lassen sich die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch nicht ohne weiteres erkennen.
7. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war somit gemäß § 31 Abs 1 VwGVG iVm § 121a Abs 1 TKG 2003 nicht stattzugegeben.
8. Ergänzend ist festzuhalten, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu prüfen (vgl zB VwGH 11.01.2012, AW 2011/07/0062).
3.2. Zu B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl Nr 10/1985 idF BGBl I Nr 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG idF BGBl I Nr 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu insbesondere ausgesprochen (VwGH 24.02.2015, Ro 2014/05/0097): "Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (Hinweis B vom 24. Juni 2014, Ra 2014/05/0004). Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung [ ] auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarerer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (Hinweis B vom 25. April 2014, Ro 2014/21/0033)."
Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten (VwGH 18.03.2015, Ra 2015/04/0005): "Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (Hinweis B vom 28. Mai 2014, Ro 2014/07/0053)."
Vor diesem Hintergrund und auf dem Boden der zitierten Entscheidungen des VwGH ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil sich im konkreten Fall die Rechtslage als klar und eindeutig erwiesen hat.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, Bescheinigungsmittel, drohende Schädigung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W179.2183620.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.02.2018